Niala und Synfera mussten ihren Urlaub um eine Woche verlängern, denn nur an diesem Ort ließen sich die Gedankenfäden bündeln. Zudem, hier gab es keine offene Opposition, die gleich alles zerreden würde. Achtzehn Schwestern waren bei ihnen eingeschwebt, um aus ersten Ideen ein Positionspapier zu erstellen. Die erste Hürde bestand darin genügend Laptops mit den richtigen Programmen zu beschaffen. Isolde schaffte es, ihnen die Geräte binnen Stunden zukommen zu lassen. Die Programme folgten nur einen Tag später. Die Zeit nutzten sie noch für einen erfrischenden Tauchgang am Riff und erste Yogaübungen, die von den anderen Gästen bestaunt wurden. Zaghaft schlossen sich ihnen mehrere jüngere Hexen an, die gerne etwas für ihren Körper taten. Immerhin war das Wetter ein Genuss und wer konnte an diesem Ort zu so einem Abenteuer nein sagen. Mit viel Vergnügen tauchten sie ab, um den Zauber der tropischen Meeresfauna auf sich wirken zu lassen. Noch erstaunter war Synfera, dass alle Damen ihnen folgten und dieses Vergnügen in vollen Zügen genossen. Leider wagten sich die Tümmler nicht bis zu ihnen so dass sie die munteren Tiere nur aus der Entfernung sahen. Hier und da sammelten sie noch die Hinterlassenschaften der modernen Zivilisation mit ihrer Magie auf. Mit kleinen Zaubern füllten sie zwei Container neben dem Hotel mit Plastikabfällen und Fischernetzen. Mit einem guten Gewissen kehrten sie erfrischt zum Hotel zurück. Das Essen war eine willkommene Stärkung nach dem Tauchgang und brachte die Energie zurück, die sie für ihre Arbeit brauchten.
Synfera übernahm die Grobplanung und stellte ihnen am frühen Abend mittels eines Beamers in dem kleinen Konferenzraum die ersten Ideen und das angedachte Vorgehen vor. Erst jetzt stellte sie fest, dass nur sechs Damen tatsächlich mit den Geräten umgehen konnten. Heidrun von Kolberg erwies sich als Glückstreffer, denn sie hatte das Zeug die Rechner für alle betriebsbereit zu machen und alle notwendigen Erklärungen zur Bedienung der Geräte sachlich an ihre Schwestern geben zu können. Andere Damen hatten deutlichen Respekt vor diesen Teufelsgeräten, wie sie diese Klappgeräte mit Elektronik und Monitor nannten. Vor allem bereitete es den Damen Probleme einfachste Texte und Ideen zu Papier zu bringen. Es war für die meisten Damen so, als würden sie eine vollkommen fremde Welt betreten, die offenbar mit finstersten Dämonen besiedelt war. Clarissa von Perleberg amüsierte sich köstlich über ihre Schwestern, denn sie konnte dies alles schon. "Seid nicht so ängstlich. Die Geräte beißen nicht, sie versprühen kein Gift und mit ihnen kann man eine Menge lernen, wenn man sie richtig nutzt." Ihr lächeln und offen gezeigte Hilfsbereitschaft motivierte viele zögerliche Schwestern.
Nach einem Tag einer intensiven Schulung konnten alle Damen das Gerät einschalten und mittels Sprachsteuerung zu ersten Aktionen bewegen. Word, Powerpoint und Emails wurden im Schnelldurchlauf in die Köpfe der Damen transferiert. Magie hatte dabei einen gewaltigen Nutzen, denn mittels der meditativen Synchronisation lernten die Damen erstaunlich schnell alle wesentlichen Funktionen und Arbeitsschritte der Geräte kennen. Bereits am dritten Tag gelang es allen Damen Bilder von den Handys auf die Geräte zu laden und danach für die Powerpoint Präsentationen zu nutzen. Niala zeigte sich erfreut, dass sie einen ersten Grundstein der Modernisierung an diesem Ort manifestierten, indem Schwestern basale Kenntnisse erwarben, um Computer zu bedienen. Am kommenden Abend hatten sie vor eine Art Musikveranstaltung zu organisieren. Mit Youtube konnten plötzlich alle Schwestern hören, dass diese kleinen schwarzen Geräte auch magische Momente zaubern konnten, indem sie verschiedenste Musiken abspielen ließen, die sie sich wünschten. Die Neugier, diese Geräte vollständig nutzen zu können wuchs bei der Damenriege. Genauso wuchs die Gewissheit, dass eine Computerschule für Hexen sicherlich keine verschwendete Zeit war. Nur mit so einer Schule wäre es möglich alle Damen mittels Quantensprüngen in die Jetztzeit zu befördern. Rasch wurde allen Damen bewusst, dass die Buchführung relativ simpel mit diesen Zauberkästen wurde. Die Geräte Addierten und Substrahierten ohne sich selbst anstrengen zu müssen, wenn man einmal bestimmte Zellenwerte in Access eingab. Alle Ergebnisse dieser Tabellen konnte man speichern und mittels Email sogar fehlerfrei versenden. Mit kleinen Übungen demonstrierten sie den Schwestern, dass es keine Magie war sondern einfach nur moderne Technik, die das Leben erleichterte und ihnen Zeit für andere Aufgaben schenkte.
Erst danach begann die geplante Arbeit. Sie entwickelten eine Strategie, um die Betriebe der Schwestern wirtschaftlicher zu gestalten und damit die Organisation der Schwesternschaft zu stärken. Erste Business-Konzepte wurden entwickelt und eben auch die Organisation, um die gesteckten Ziele umzusetzen. Sie benötigten mindestens sechs Standorte, um sämtliche geschäftlichen Aktivitäten aller Schwestern zu erfassen und einen Überblick über das Vermögen der Schwesternschaft zu erhalten. Aber im ersten Schritt mussten sie die Schwestern behutsam auf die Zukunft vorbereiten und zielgerichtet ausbilden. Während der Novizenzeit mussten alle jungen Damen mit dem PC vertraut gemacht werden. "Heidrun, Du entwickelst bitte ein Konzept , um alle Novizinnen an der modernen Technik auszubilden. Die Kurse werden bei Synfera stattfinden. Dort bauen wir unser erstes Testzentrum auf, um einen ersten Probelauf für die jungen Damen durchzuführen. Zudem bietet es uns die Gelegenheit pfiffige junge Damen abzugreifen. Die Frage ist jedoch, woher wir die Finanzmittel nehmen, ohne das andere Schwestern dadurch kiebig werden. Sie brauchen und sollen noch nicht wissen, dass die neue Zeit jetzt beginnt. Seit eintausend Jahren hat sich nichts in der Schwesternschaft bewegt. Ich bin es mehr als leid, ständig verwaschene Kritzeleien auf Schiefertafeln entziffern zu müssen, die mir ohne Absender zugesandt werden. Ich habe die Schnauze voll unvollständige Wirtschaftsberichte zu erhalten und ständig die Schwestern an ihre Pflichten erinnern zu müssen. Ich habe einige schwierige Fälle, die mir immer wieder erzählen, dass die netten Strickarbeiten in den nächsten zehn Jahren sicherlich irgendwann einen wirtschaftlichen Profit abwerfen werden." Niala verdrehte dabei die Augen.
"Liebe Schwestern, dieses Dasein von Schwestern in Schneckenhäusern aus Beton muss ein Ende haben. Ich verdiene mit meinen Produkten jedes Jahr über drei Millionen Euro und finanziere damit fünfzehn Trödelschwestern, die im Schneckentempo leben und bisher noch keinen Euro, Pfennig, Dinar oder Heller verdient haben." Synfera schaltete sich ein. "Na, dann starten wir doch mit diesen Damen einen Probelauf. Es kann doch nicht so schwer sein selbst diese Schwestern im Bewegung zu bringen. Ich benötige dafür jedoch ein wenig Unterstützung. Wenn es möglich wäre, würde ich Heidrun und ein paar andere Schwestern gerne bei mir aufnehmen. Dazu gesellen sich bitte vier andere Schwestern, die bereit sind, um über diverse Schatten zu springen. Allerdings müssen wir auch Isolde, Edeltraud und andere namhafte Hexen für uns gewinnen, damit wir keine wichtigen Mitglieder der Gemeinschaft verprellen oder verlieren. Immerhin sind sie es, die die Schwesternschaft genau kennen und den Zusammenhalt garantieren."
Heidrun meldete sich dezent. "Ist das ernst gemeint und ich hörte, dass wir auch mit menschlichen Frauen zusammenarbeiten werden?" Niala nickte zuerst nur. "Ja, es muss sein, denn ohne ein paar Fachkräfte werden wir nicht mehr auskommen. Wir brauchen eine Steuerberaterin, eine Lehrerin für EDV und eine Stilberaterin, die den Damen erklärt, dass man nicht mehr als Vogelscheuche durch die Straßen gehen sollte." Alle Damen klatschten sofort Beifall. "Dafür streichen wir zehn Stellen bei den Inquisitorinnen, die seit Jahrhunderten keinen Fall mehr bearbeitet haben, nachdem es keine Hexenverbrennungen mehr gab. Also lasst uns schon bald einen ersten Probelauf bei unseren Schwestern machen, damit wir nicht immer mehr Probleme mit den Finanzämtern bekommen. Ich bin es leid diesen tütteligen Damen ständig aus der Klemme zu helfen, weil sie sich weigern ihre Finanzen offenzulegen."