Synfera klatschte in die Hände. "Los Schwestern, wir dürfen keine Zeit verlieren. Für die nächste Walpurgisnacht brauchen wir ein inspirierendes Programm für unsere Schwestern, die noch in der Historie festhängen oder sich nicht trauen als moderne Hexe durch das Leben zu schreiten. Ich denke, wir sollten uns ordentlich ins Zeug legen, um viele weiteren Mitstreiterinnen für die moderne Zeit und die Gleichberechtigung aller weiblichen Wesen zu gewinnen. Unsere Statistikabteilung hat mir folgende Zahlen bereitgestellt. Von den ehemals achttausendneunhundertzweiunddreißig Schwestern in unserem Wirkungsbereich haben wir bereits zweitausendeinhundert auf unserer Seite oder soweit bekehrt, dass sie nicht mehr wie Mumien durch die Welt laufen. Daher ist es erforderlich weitere zweitausendfünfhundert oder besser dreitausend Schwestern für unsere Sache, also die moderne Hexe, zu gewinnen. Dazu habe ich mir zunächst folgendes ausgedacht. Schaut euch dieses Video auf Youtube an: https://www.youtube.com/watch?v=pFSCVfDpdZQ ." Sie schaute in die Gesichter der Schwestern. "Natürlich reicht das nicht, um die Schwestern vom Besen zu hauen. Isabella hat sich diskret unter den Schwestern umgehört und stieß dabei immer wieder auf folgende Wünsche. Erstens, die Schwestern erwarten mehr Anerkennung für ihre Arbeit. Zweitens, viele wollen Verantwortung in bestimmten Bereichen übernehmen und die Pflichten von Schwestern übernehmen, die in den Ruhestand gegangen oder befördert worden sind. Drittens, viele junge Schwestern wollen mehr vom Leben haben und dabei auch Zeit mit Menschen verbringen. Insbesondere dieser Punkt birgt gewisse Risiken, denn wir leben gut von der Geheimhaltung unserer Schwesternschaft. Aber wir haben diskrete Wege gefunden, wie wir erste zarte Kontakte zu den Menschen ermöglichen können. Gerlinde, stellst Du uns bitte Dein Konzept vor."
Gerlinde trug einen flotten Hosenanzug, der die Figur betonte. Eigentlich ist so eine Kleidung bei altmodischen Hexen verpönt, aber Gerlinde störte es nicht. Dezent schob sie ihre modische Brille zurecht und schaute zu ihren Mitschwestern. "Ich fand bei meinen personenbezogenen und marktwirtschaftlichen Analysen heraus, dass viele menschliche Frauen Wellness Erlebnisse lieben und viel Geld dafür ausgeben. Nun wenn wir ein wenig unserer Magie einsetzen, ohne dass die Kundinnen es merken und ihnen unsere spezielle Schönheitscreme verkaufen, dann tun wir den Kundinnen und uns was Gutes. Dazu erwerben wir in einigen ansprechenden Regionen kleinere Hotels und richten sie so ein, dass in ihnen ein gesonderter Wellness Bereich integriert ist. Achten sie nun auf die nachfolgenden Objekte, die wir bisher ausgesucht haben." Der Beamer sprang an und Fotos erschienen auf der Leinwand. "Haus Sonnenblick am Kaiserstuhl, Haus Kaiserin in der Nähe von Ulm, Haus Limesblick im Spessart, das Wellness Resort Nonnenhaus nördlich von Köln. In Fulda, bei Erfurt, nahe Meißen, südlich von Berlin in Königswusterhausen, in Plauen, auf Rügen, auf Sylt, in Bremervörde und in Detmold werden wir der Damenwelt den Himmel auf Erden anbieten." Die Bilder strahlte der Beamer glasklar auf die Leinwand passend zu den Namen die genannt wurden.
Gerlinde zeigte Geduld. "Wir werben mit einer unserer ehemaligen Schwestern, also Hildegart von Bingen, die immerhin weltberühmt ist. Wir selbst können uns dabei als Beginen ausgeben und so den Kontakt zu den Damen der Welt herstellen. Das geht aber nur mit ausgebildeten Hexen, die ihre Zunge im Zaum halten können. Versierte Heilhexen vollführen sanfte Magie während der Behandlungen, die bitte nicht übertrieben werden darf, denn ansonsten kommen die Damen nicht wieder zu uns, um die ästhetische Verjüngung erneut einzufordern. Vierzig Heilhexen werden zukünftig die Creme herstellen, natürlich unter Aufsicht von Frau Dr. Tessa von Lippspringe und nach der Zertifizierung durch die entsprechenden Behörden. Diese Dame konnten wir gewinnen, da sie in Fachkreisen als Guru der Schönheitspflege gilt. Der Clou unserer Behandlungen ist, dass sich die menschlichen Damen nicht länger Botox oder andere giftige Medikamente in ihren Körper spritzen müssen und ebenfalls keine chirurgischen Eingriffe notwendig sind. Sie, also die angeworbene Dame, kennt bereits unsere geheime Welt, da es eine ehemalige Schwester ist, die eine gewisse Mitschwester aus dem Bereich Pflanzenkunde leider durch ihr unangemessenes Verhalten vergraulte. Insgesamt konnten wir in den letzten Tagen vierundachtzig ehemalige Mitschwestern gewinnen, die von Malkursen, Fitness, Stilberatung, Ernährungslehre und aus anderen Bereichen ihre Beiträge leisten wollen. Natürlich müssen wir auch diese Damen bezahlen, weil sie für uns und in unserem Sinne handeln."
Synfera klinkte sich jetzt in das Gespräch ein. "Für die Walpurgisnacht brauchen wir etwa zwanzig Stände, an denen wir für verschiedene Arbeitsbereiche Schwestern anwerben können. Die Berufsfelder reichen von Management, Hotellerie, Weinanbau, Kräuterschnäpse, Modeberatung, Heilung von Alltagsleiden und das persönliche Coaching. Alles muss pfiffig und dennoch ansprechend auf die Schwestern wirken. Zudem werden Küchenhexen und Floristikhexen benötigt, die für eine angenehme Atmosphäre in den Einrichtungen sorgen. Wir haben darüber hinaus eine Liste von Damen, die sich gerne mit ihrem Fachwissen oder ihrem Können in unseren Dienst stellen wollen. Als Beispiel nenne ich Baronin von Schönfeld aus Österreich, Freifrau von Bodelschwing, Hiltrud von Konz um nur einige bekanntere Damen zu nennen. Wichtig ist jedoch, dass wir Gewinne mit dieser Hotelkette erzielen. Die Kette der Hotels wird als Kurhäuser der Hildegart von Bingen an den Start gehen. Wir werden alles exklusiv für unsere Gäste gestalten und daher trägt jedes Haus den Namen einer berühmten Frau, wie Cecilie von Magdeburg, Elisabeth von Thüringen und so weiter. Wichtig ist in der Walpurgisnacht, dass unsere Schwestern Erlebnisse bei den Gesprächspartnerinnen generieren können, die die zögerlichen Schwestern fesseln. Wir müssen es also schaffen deren innigste Wünsche mit kleinen Gaben anzusprechen und ihnen zugleich eine wunschgemäße Zukunft mit mehr Anerkennung zusagen. Dazu haben wir eine Zeitung erschaffen, die zukünftig alle Schwestern monatlich erhalten. Darin sind neben Schönheitstipps und Modeberatung auch Kreuzworträtsel und Gewinne enthalten, wie ein kostenloses Styling, Stilberatung, Friseur Termine bei angesagten Hairstylistinnen. Ich denke schon, dass viele Hexen dadurch den Mief ihrer letzten Jahrhunderte abschütteln, um endlich auch einmal im Rampenlicht zu stehen. Mir persönlich fiel auf, dass wir zu wenig Lob aussprechen und alles als gegeben ansehen. Bedenkt dabei, dass seit Jahrhunderten alles in gleichen Bahnen lief und sich viele Schwestern nichts mehr wünschen als wahrgenommen zu werden. Ja, in diesem Bereich sind wir nachlässig geworden, weil wir dachten, dass jede Dame auf ewig den gleichen Job mit Hingabe erledigen wird. Aber das ist ein Fehler. Jede der Damen möchte sich entwickeln und wir haben verlernt genau zuzuhören."
Synfera schaute kurz zur Decke. "Was glaubt ihr, wie die Mädels darauf abfahren, wenn wir Bilder der Damen von vorher und nachher in die Zeitung stellen. Ein erstes Beispiel haben wir. Isolde, die vielen bekannt ist hat es zugelassen, dass wir von ihr einen ersten Erfahrungsbericht bekommen haben. Dazu einen spannenden Lebensbericht mit diversen Abenteuern. Ich zeige jetzt einige Fotos!" Ein Raunen ging dabei durch die Damenriege. "Irre, die sieht ja um tausend Jahre jünger aus!" Eine zweite Hexe stimmte ein. "Eine richtig flotte Dame! So kenne ich sie nicht, jetzt sieht sie wieder wie ein flotter Feger aus."
Synfera erntete sofort Zustimmung. "Liebe Mitschwestern, wenn Sie nette und zielführende Ideen haben, dann her damit, denn wir müssen unsere Schwestern rasch in die Gegenwart und nur einen Moment später in die Zukunft befördern. Alles andere wäre vergebliche Liebesmühe und verschwendetes Geld. Und vergesst bitte nicht! Es ist unsere Aufgaben die vielen Dornröschen wachzuküssen, damit sie sich aus ihrem Scheckenhaus herauswagen. Ich denke, dieser Schritt dient uns und unseren Schwestern."