In Trudes Kopf erschienen beim Lesen eines Buches merkwürdige Symbole, es schien eine kryptische Nachricht einer fremden Hexe zu sein. Allerdings wirkten diese Symbole merkwürdig fremdartig und nichts erinnerte sie an bekannte Schriftzeichen. Kurz darauf stand Asja vor ihr. "Sei gegrüßt Trude." Flötete die schlanke Dame in ihrem Ledermantel zu ihr rüber. "Bei den Göttern der Finsternis, das war eine aufregende Reise. Ich war zuerst in Brest, dann in Cannes, von dort nach Stonehenge und zurück nach Touluse, dann nach Lommel, nach Pennigbüttel, Ritterhude und von dort mit dem Zug nach Köln. Tja und der Rest war einfach. Ich flog von dort nach Madrid, stieg aber unterwegs aus. Sicher ist sicher!" Neugierig schaute Asja sich in dem Apartment um. "Huch, Du hast schon viele Geschenke erhalten. Aber schaue bitte auch hinter die Fassaden Deiner Schwestern. Einige sind leider dumm oder schon von Neid zerfressen oder streben höhere Weihen an, für die sie nicht erschaffen wurden. Andere sind leider in eine Art Traumwelt abgetaucht und kommen ihren Pflichten nur sehr schleppend nach. So ist es leider. Du wirst es sicherlich auch schon bald selbst erfahren, wenn es mal ärgere Probleme geben sollte."
Trude grübelte, warum die Schwester ihr gerade diese Dinge zutrug. Im nächsten Moment wusste sie es. "Wir müssen an einem geheimen und geschützten Ort sprechen, schließlich haben alle Wände dieser Welt Ohren und zu viele Schwestern erfahren immer alles, was nicht für sie bestimmt ist. Reiche mir deine Hand." Der Ruck war extrem fest und einen Moment später stand sie in einer unbekannten Landschaft mitten in einem Wald. Umrahmt wurden sie von einem hohen Wall aus Erde, der mit Farn bewachsen war. Nur knapp fragte Trude. "Wo sind wir?" "Junge Dame, diese Gegend ist ein sicherer Zufluchtsort, weil hier immer noch genug Magnetit im Boden liegt. In der Nähe liegt Altötting. Es ist ein alter und verwaister Thingplatz, der von einem Meteorit zerstört wurde. Das liegt aber schon über zweitausendzweihundert Jahre zurück. Der Magnetit verhindert, dass Magie oder die die davon ausgehende Strahlung aufgeklärt werden kann. Solche geheimen Plätze gibt es zum Glück in verschiedenen Regionen dieser Welt und dies ist einer der schönsten Plätze. Du wirst merken, dass Du hier keine rufe von Schwestern hören kannst. Zunächst suchen wir nach einem Stück Magnetit für Dich, damit Du und deine Magie kaum mehr aufgeklärt werden können. Als Richterin und Kriegerin solltest du stets im Verborgenen wirken können, damit man Dich nicht vorzeitig spürt." Zielstrebig schritt die schlanke Dame voran. Mit geschlossenen Augen suchte die Schwester nach den Objekten im Boden. Vorerst war es noch diffus, was Trude aufnahm. Die Gründe für diese Aktion blieb im Verborgenen.
Kurz darauf marschierte die Dame los. Zielstrebig wie ein Spürhund führte sie Trude vorbei an Eiben und Hainbuchen zu einem kleineren Areal, dass ebenfalls von einem Erdwall umgeben war. Mit der Sicherheit eines Detektors blieb sie vor einem Haufen Laub stehen. "Hier, warte ich extrahiere das Mineral und reiche es dir." Nur Sekunden später hielt Trude ein merkwürdig glänzendes Stück Metall in den Händen. Es war nicht sonderlich groß, aber sie spürte augenblicklich, dass dieses Material die elektromagnetischen Feldlinien krümmte. "Mehr braucht es nicht, um dich wirkungsvoll vor neugierigen Nachstellungen von Freund und Feind zu schützen. Ich beschaffe noch zwei Stücke, damit Du deine Reisewege verschleiern kannst." Rasch ließ sie weitere Metallfragmante auf sich zuschweben und übergab sie Trude.
Mitten im Betrachten des schweren Metalls griff Asja sie an der Hand und sie reisten zu einem unbekannten Ort. Sie fand kaum Zeit, um das Metall fest mit den Fingern zu umschließen. In Carnac sah sie die vielen aufrecht stehenden Menhire, die in langen Reihen in der Landschaft standen. Allerdings wirkte die Anlage nach ersten Blicken in die Umgebung mehr als weitläufig. Unbekümmert stellte Trude eine Frage. "Warum wurden die Steine aufgestellt? Bis heute weiß keiner so genau welche Bedeutung die Steine haben."
"Ach Kindchen, es liegt doch auf der Hand. Es sind Symbole von lodernden Flammen, jedes Jahr wurde ein Stein errichtet. Die Kelten glaubten einst, dass sie den Göttern ihre Tatkraft zeigen mussten, um als tapferes und ehrliches Volk vor den Göttern zu gelten. Und jeder Stein hat seine spezielle Bedeutung. Einige sind Schwursteine, andere sind heilige Steine von Clans und viele erfüllen eine spezielle magische Funktion. Aber uns interessiert nur ein Stein. Es ist der Hochzeitsstein, der natürlich eine wichtigere Funktion besitzt, als es in den alten Legenden erzählt wird. Der Stein spricht zu uns und verkündet stets die Wahrheit. Aber wichtiger ist, was der Stein mir sagt. Dazu musst Du nur Deine Hand in das Loch stecken, dann erlange ich Gewissheit über Deine Ehrlichkeit und Deine Absichten." Trude kannte keinen Grund, warum sie es nicht wagen sollte und steckte ihren Arm in das Loch. Spinnengewebe gab es kurioserweise nicht in der kreisrunden Aushöhlung in dem Granitriesen.
Nur einen Moment später umhüllten Trude bläuliche Flammen, dann hörte sie Asja in einer fremdartigen Sprache sprechen. Nein, es war nicht die Magie Asjas, sondern die Magie des Steins, der zu Asja sprach. "Sie ist rein, wie eine Rose kurz vor dem Erblühen, aber ihr Verstand birgt noch diverse Geheimnisse. Sie ist in der alten Kultur der Perser verwurzelt, hat Ahnen, die aus verschiedenen Kulturen stammen, wie Griechen und Kelten. Bedeutsam sind aber die Ahnen der Walchen, die sie formten. Ja, sie ist würdig das Flammenschwert der Wahrheit zu tragen."
Neugierig überlegte Trude, was ein Flammenschwert sein könnte. Dann spürte sie eine gewaltige Magie, die schroff in ihrer Hand fuhr. Es fühlte sich eisig an und lähmte sie für einen Moment. Mehr als ein Griff war es nicht, was sie zunächst in der Hand spürte. Rasch zog sie nach einigen Atemzügen ihren Arm aus dem Loch und dann sah sie, was sie in ihrer Hand hielt. Es war nur das Griffstück eines Schwertes. Mehr nicht! Seltsam gefärbtes Metall mit goldenen Runen auf den Parierstangen erkannte sie mit einem Blick. Es überraschte sie, denn sie hatte mit einem richtigen Schwert gerechnet. Asja beobachtete sie.
"Hattest Du etwa ein menschliches Schwert erwartet? Ich glaube kaum, dass so eine Klinge in das Loch gepasst hätte, obwohl wir mit Magie vieles beeinflussen können. Die Magie der Waffe muss erlernt werden. Mal erscheint nur eine kurze Klinge, dann eine lange Klinge oder auch ein tödlicher Flammenstrahl. Es hängt von Dir ab, was die Waffe leistet und von der Situation. Aber wichtiger ist die Tatsache, dass der flammende Stein der Wahrheit Dir die Waffe anvertraut hat." In ihren Gedanken tauchten Bilder auf, die die Bedienung der Waffe erklärten und sie sah das Potenzial, das in der Waffe existierte. Es er schien so, als sei die Waffe ein lebendiges Wesen. Nebenher dachte sie: "Eine Luger wäre mir lieber, aber wenn die Magie stark genug ist, dann kann man damit auch mehrere Angreifer gleichzeitig niederstrecken, die einem ans Leder wollen."
Asja lächelte dezent. "Ich weiß, Du bist eine menschliche Kriegerin gewesen, aber in der Welt von Hexen hat das keinerlei Bedeutung. Zudem das Schwert tötet lautlos, ist leichter und überall einsetzbar. Es durchtrennt mit seiner Magie Betonwände und Metall. Nicht zu vergessen ist der mächtige und angenehme Nebeneffekt, denn es schützt Dich vor magischen Angriffen. Bedenke, neben uns Hexen gibt es auch Schwarzmagier und männliche Magier, die glauben, dass sie die Krone der Schöpfung sein. Bedenke zudem! Es wird dich in dem Moment verlassen, in dem Du den Pfad der Gerechtigkeit verlässt. Deine Aufgabe wird es sein, uns zu schützen und dabei wird Dir diese Waffe jederzeit dienlich sein. Es erkennt jeden finsteren Gedanken von Dr und anderen Hexen und es macht dich auf diverse Gefahren aufmerksam. Sei es durch Feinde, Fallen oder Tiere. Nichts wird sich Dir in den Weg stellen, solange du das Schwert bei Dir trägst." Trude überlegte und realisierte, dass diese Waffe offenbar eine Art eigene Seele besaß, die lodernde Flamme hieß, weil es auch den Besitzer abstrafen konnte, wenn es nicht der Gerechtigkeit diente.
Trude nickte nur. "Danke, aber gibt es wirklich diese Gefahren, von denen du sprichst? Ich kenne leider erst einige Schwestern und wusste nicht, dass uns bedeutsame Gefahren drohen." Asja lächelte schief. "Was meinst du passierte deiner Vorgängerin? Zufälle gibt es nicht und daher erkläre ich Dir die Gründe. Druiden wollen zurück zu ihrer alten Macht. Also hüte Dich vor diesen finsteren Kerlen, die Frauen in die zweite Reihe stellen wollen. Den Rest werde ich Dir bei passender Gelegenheit zutragen, aber vergesse nie, dass die Waffe mächtiger ist, als Du und all unsere Magie. Sie kann und wird Dich beschützen, aber sie kann Dich auch jederzeit vernichten." Kaum einen Moment später stand sie mit der merkwürdigen Klinge in der Hand wieder in ihrem vertrauten Zimmer in Colmar. Rasch blickte sie sich um, da sie es nicht offen herumliegen lassen wollte. Das Schwert jedoch suchte sich selbst seinen Platz neben dem Bett, in einem Regal. Dort erschien es als getarntes Jerusalm-Kreuz.