Eine Sache vorweg:
Dieses Kapitel enthält mitunter Beschreibungen von Gewalt. Solltest du von diesen Themen persönlich betroffen sein oder durch diese gertriggert werden, ist dieses Kapitel vielleicht nichts für dich. Stelle alternativ sicher, dass du beim Lesen nicht allein bist oder anschließend mit jemanden über das Gelesene reden kannst.
Ich weiß erhlich gesagt nicht, was das hier soll Lt. Bates. Ich habe dem Inspector am - Scheiße - am - auf - ich habe dem Inspector vor Ort zumindest alles schon haarklein erzählt, was mir passiert ist. Und was meiner Frau widerfahren musste. Und was der Sohn ihres Partners erlebt hat. Sie wollen mich troztdem noch einmal durch diese Hölle jagen? Verstehe. Sie sind ein Drecksack. Beschweren Sie sich nicht, wenn nur Kauderwelsch bei meinen Erzählungen rumkommt.
Ich bin an diesem Sonntag schon früh mit Pheobe, meiner Ehefrau, unterwegs gewesen. Ich hatte meinem Bruder Laudrey zugesagt, ihm bei der Sechs-Uhr-Messe zuzusehen und anschließend hatten wir drei vor, gemeinsam zum Brunch in ein etwas feineres Lokal einzukehren. Das taten wir nur selten und ich wollte Pheobe mal wieder verwöhnen. Sie hatte in letzter Zeit einige ihrer Kunstwerke verkaufen können und ich fand, dass müssten wir feiern. Da sie keltischen Glaubens ist - war - ging sie nicht mit zur Messe. Doch ihr Dad ist auf dem Prospect Cemetry begraben, wie ich ein guter Katholik, und sie wollte ihn gern besuchen und dort auf mich warten.
Als der Kirchgang beendet war, schlenderten mein Bruder und ich über den Friedhof zum Grab von Sean Finnigan und - Lt. Bates - ich flehe Sie an - zwingen Sie mich nicht, diese Kacke noch einmal durchleben zu müssen. Verdammt! Bitte, wenn Sie es so haben wollen! Meine Frau lag auf dem Grab ihres Vaters. Ihr Sommerkleid war zerrissen und blutdurchtränkt. Ihr Körper hatte die frisch gepflanzten Primeln tief in die Friedhofserde gedrückt. Ihr platinblond gefärbtes Haar - wissen Sie, ihr Naturblond war ihr stets zu gewöhnlich erschienen - war schmutzbesudelt und hatte sich spinnennetzartig in den rauen Rillen des verwitterten Grabsteins verfangen. In ihren sonnengebräunten Rücken waren grässliche irische Worte geschnitten worden und Blut troff aus ihrem Intimbereich. Das riss mir den Boden unter den Füßen fort.
Ich stürmte auf Pheobe zu und kam kniend neben ihr auf dem harten Boden auf. Ich weiß noch, dass ich etwas umstieß. Eine Schüssel mit etwas darin, das mir das Hosenbein durchtränkte. Um ihren Kopf verstreut lagen Kleeblätter, angeordnet in Dreiergrüppchen. Pheobes hübsches Geischt war eingeschlagen. Dieser Bastard hatte ihr die Zähne aus dem Mund geschlagen und die Augen aus den Höhlen gedrückt. Es war barbarisch. Ich zog den toten Körper meiner großen Liebe an mich. Irgendwann rissen mich Beamte von ihr fort und man befragte mich. Was genau sie wollten? Die Befragung lief ungefähr so ab:
"Wen sollen wir benachrichtigen, Sir? Gibt es noch weitere Angehörige?"
"J-ja. Mr. und Mrs. Kane, ihre Eltern. Phelan Kane und Cian Finnigan, ihre Brüder-"
"Sagten Sie gerade Cian Finnigan? Der Kriminalpsychologe? Er ist - oh nein, das wussten wir nicht, denn sie hat ja einen anderen Nachnamen. Wir haben ihn zur Krisenbewältigung der Zeugen benachrichtigt."
Doch da war es schon zu spät und C stürmte uns entgegen, wissen Sie. Sie hätten sein Gesicht sehen müssen, Lt. Bates. Ich werde niemals den Ausdruck purer Verzweiflung darin vergessen.
Ich lief ihm entgegen, beschmiert mit dem Blut seiner Schwester. Ich fing ihn auf, als er mir in die Arme rannte und gemeinsam gingen wir zu Boden, blieben dort einfach sitzen. Mitten auf dem Friedhof hielt ich meinen besten Freund fest umschlungen, beruhigend irgendwelches Kauderwelsch vor mich hin murmelnd. Einen großen, muskulösen Kerl, der sich schluchzend auf meinem Schoß zusammengerollt hatte. Sie hätten da sein müssen Bates. Sie hätten es wissen müssen. Sie haben seinem Dad versprochen, auf die Kinder aufzupassen. Wo waren Sie, verdammt?!