Eine Sache vorweg:
Wer so auf witzige unnütze Fakten steht, wie Fab und ich, der findet so manch amüsante Info hier: https://www.wattpad.com/186995804-die-t%C3%A4gliche-portion-unn%C3%BCtzes-wissen-22-mathematik
Mitch mixte Cocktails, schenkte Bier aus, reichte Snacks und sorgte allgemein dafür, dass die Gäste des Ol‘ Days eine richtig gute Zeit hatten. Er war zwar nicht leidenschaftlich gern Bartender, aber dafür hatte er eine Leidenschaft für Menschen.
Als es in seiner Brusttasche vibrierte, nahm er es gelassen hin, dass sein Kollege ihm einen bösen Blick zu warf. Pause war am heutigen Tag einfach nicht drin. Es war Urlaubszeit und der Laden brechend voll.
Ein Blick aufs Display aber ließ ihn den Anruf entgegen nehmen. Wenn C anrief, dann ging Mitch grundsätzlich ran.
"Du weißt schon, dass ich arbeite, Kumpel? Einige Leute müssen ackern für ihr sauer verdientes Geld“, scherzte er in den Hörer.
"M-Mitch – ich b-blaue Hopfen …"
Mitch gefror das Blut in den Adern. Da es einfach zu laut in dem Schuppen war, eilte er durch den Pausenraum, schnappte sich im Vorbeigehen seine Jacke und stieß den Hinterausgang auf.
"C? Wo bist du?"
"Heimat", stöhnte es aus dem Telefon.
Cians Stimme klang träge und total verwaschen. Mitch kannte diese Symptome und konnte sie von dem typischen Gelalle eines Betrunkenen unterscheiden. Das war kein Suff, sondern ein Anfall!
Nicht umsonst hatte der Bartender mit sechzehn eine dreimonatige Ausbildung zum Homecarer absolviert. Er hatte sich besser um seinen besten Freund kümmern und im Notfall vorbereitet sein wollen. Nur deswegen hatte Cian mit auf die Abschlussfahrt auf der High School gehen und sie beide eine Backpacking-Tour durch Gott und die Welt machen dürfen, als sie achtzehn waren.
"Hast du deine Medikamente genommen?“
"Nope.“
"Wieso nicht, verflucht?“
"Leer“, antwortete Cian und giggelte.
Währenddessen war Mitch bei seinem Auto angekommen und hatte sein Handschuhfach überprüft und das Ersatzset gefunden. Jep, alles da. Er brauste viel zu schnell los, aber das war ihm egal. Für Cian zählte jede Minute.
"Ich bin gleich da, Kumpel. Aber du musst wach bleiben, C! Okay?!“
"Mhm …“
"Cian?!"
Es blieb ruhig in der Leitung und nun hörte er auch das Bellen im Hintergrund. Mitch wurde es heiß und kalt zugleich.
Nein, nein, nein! Das darf nicht passieren!
Er legte auf und wählte den Notruf, als er mit quietschenden Reifen vor Cians Wohnung zum Stehen kam. Die Tür war offen und er fand seinen besten Freund am Boden liegend im Wohnbereich neben dem Küchentresen. Er hatte sich, als er gestürzt war, scheinbar den Kopf angeschlagen, denn aus einer Platzwunde lief Blut und bildete eine Pfütze. Mitch drehte den Bewusstlosen auf den Rücken und überstreckte seinen Nacken. Überprüfte, ob er noch atmete … Tat er nicht!
Mitch fackelte nicht lange und spritzte Cian die Notfallmedikamente.
Dann begann er mit der Wiederbelebung.
Irgendwann nahm er die Sirenen des Rettungswagens wahr und hörte, wie die Nachbarin die Sanitäter in Cians Wohnung führte.
Mitch dachte sich noch, dass der eine Notfallsani mit dem blauen Mohawk ziemlich fesch aussah. Absurd, welche Gedanken einem so durch den Kopf schossen, wenn man dabei zusah, wie dem besten Freund elektrische Impulse durch den Körper gejagt wurden.
"Oh mein Gott! Hat man dich auch angerufen? Ist es nicht furchtbar? Weißt du, wie es ihm geht? Hat man ihn wiederbeleben können? Ist er - er ist nicht - also …“
"Abgekratzt? Nein, sie konnten ihn reanimieren.“
Eddy seufzte erleichtert und ließ sich neben Fab auf den Plastikstuhl im Wartebereich der Notaufnahme im Krankenhaus fallen. Vor einer halben Stunde hatte Mitch sie angerufen und ihr mitgeteilt, dass Cian eingeliefert worden war. Ein Anfall. Herzstillstand. Eddy war geschockt aus ihrer Wohnung geeilt und in den Porsche gesprungen. Sie war hergefahren und an der Rezeption hatte man ihr mitgeteilt, dass man sie benachrichtigen würde, sollte es Neuigkeiten geben, aber nur Familienangehörige zum Patienten dürften. Dann hatte sie Fab und die anderen Teammitglieder im Wartebereich entdeckt und war auf den Analysten zugestürmt.
"Das ist doch furchtbar, oder?! Hast du sowas schon mal erlebt? Ich meine, mit ihm? War es schon mal so schlimm? Also das er -“
"Wusstest du, dass es in Guantanamo sowohl Starbucks, Subways als auch das goldene M gibt? Strange, wie ich finde, wenn man bedenkt, was da abgeht.“
Eddy hielt verblüfft inne. Was meinte der Kerl da bitte. War er mit dem Kopf angeschlagen oder Cian?!
"Fab, ist dir eigentlich klar, was passiert ist? Cian hatte einen Herzstillstand, er war zwei Minuten klinisch tot!“
"1811 floss der Mississippi aufgrund eines Erdbebens rückwärts. Statistisch gesehen liegt die Wahrscheinlichkeit eines solchen Ereignisses bei unter 1%.“
Eddy war fassungslos und entrüstet. War es Fab so egal, wie es um seinen Freund stand?
"Willst du mich veräppeln? Das interessiert mich nicht. Fab!“
Sie riss Fab zu sich herum und starrte ihn an, dann brüllte sie ihm ins Gesicht.
"Cian ist heute beinahe gestorben! Er hat nicht mehr geatmet! Sein Herz hat nicht mehr geschlagen! Ist dir das egal?!“
Fab schlang die Arme um seinen Körper und wippte leicht vor und zurück, schüttelte dabei seinen Kopf wild hin und her. Nun nahm Eddy auch die mühsam zurückgehaltenen Tränen in Fabs Augen war, die das Eisblau seiner Irden noch heller strahlen ließen.
"23% aller Schäden an Kopiergeräten werden von Leuten erzeugt, die ihren nackten Hintern kopieren wollen … Absurd, wenn man mich fragt. Warum sollte man seinen Hintern kopieren? Der Witz hat sich mir nie erschlossen. Geht man von 8.000 Schritten am Tag aus, so umrundet ein Mensch durchschnittlich fünf Mal in seinem Leben die Erde zu Fuß. Was erstaunlich ist. Wusstest du, dass das Sprichwort, etwas sei 08/15, daher stammt -“
Eddy seufzte und nahm Fab in den Arm. Fab ließ es geschehen und seinen Tränen endlich freien Lauf.
Ihm war heiß. Und das Gepiepe ging ihm gehörig auf die Nerven. Konnte das nicht mal einer abstellen? Sein Kopf müsste sonst sicher zerspringen von diesem Lärm. Waren das Stimmen, die er da wahrnahm? Vielleicht sollte er einfach mal die Augen öffnen und nachsehen. Aber das war so verflucht anstrengend und er war doch so müde und erschöpft und ausgelaugt und erledigt. Alles Synonyme. War ihm aber schnurz, war ja sein Zustand, den er hier in so vielfältiger Weise beschrieb.
"Ich glaube, er wird wieder wach!“
"Cian? Liebling, wach auf!“
Das war die Stimme seiner Mum. Ganz sicher. Aber was machte sie hier? Doofe Frage. Er wusste ja nicht einmal, wo hier überhaupt war.
Also doch die Lider auseinander. Vorsichtig … Ganz behutsam … Verdammt war das Licht grell! Oh und die Gesichter seiner Mutter und seines Stiefvaters waren sehr nah vor seinem. Unwillkürlich drückte sich Cian weiter ins Kissen. Aha! Er lag also in einem Bett.
"Da sind sie ja wieder, diese schönen Augen. Hallo mein Liebling.“
Sollte er jetzt antworten? Vermutlich schon.
Aber erstmal mehr Informationen sammeln. Vorsichtig blickte er sich um und drehte behutsam seinen schmerzenden Kopf hin und her. Mann, das kostete Mühe!
Na also. Geräte, die seine Vitalzeichen überwachten, sterile Einrichtung, Bett mit Geländer, damit er nicht herausfiel und Familie, die mit sanft lächelnden Gesichtern dastand und ihn betrachtete, als sei er dem Tode so gerade von der Schippe gesprungen. Er war im Krankenhaus. Fahrig hob er eine Hand und stellte fest, dass sich eine Kanüle in seinem Handrücken befand. Er betastete mit den Fingern sein Gesicht und fand den Schlauch, der unter seiner Nase befestigt war und ihn mit Sauerstoff versorgte.
"Alles gut, C. Du kommst wieder auf die Beine.“
Cian suchte nach dem Besitzer der Stimme und fand seinen kleinen Bruder auf einem Stuhl an der Fensterfront sitzend. Diese Richtung hatte er vermieden, da es dort einfach zu grell für seine empfindlichen Augen war. Nun erhob sich Phelan und kam an seine Seite. Er beugte sich zu seinem großen Bruder herunter und strich ihm eine Strähne aus der Stirn.
"Die Attacke war ziemlich heftig, Bro. Atemdepression, Krampfanfälle. Sie mussten dich eine Weile sedieren.“
"Wie - wie lange?“, krächzte Cian mit Reibeisenstimme.
"Fünf Tage. Aber die Ärzte sagen, deine Werte sehen vielversprechend aus. Du warst auch schon einmal kurz wach. Erinnerst du dich?“
Doch Cian konnte nur den Kopf schütteln.
"Die Ärzte wollen dich noch mindestens zwei Wochen hier behalten und dann in eine vier wöchige Reha schicken.“
Cian stöhnte. Diese Zwangspause konnte er jetzt gar nicht gebrauchen.