Im Heerlager vor Asinat, Zweiter Tebilavstag des sechsten Lichttages des 11. Schattentages des Eraz’, MAE
Oh, welch zweifelhaftes Glück ist die Freundschaft eines Priesters!
- Sprichwort der Tiakar, geht angeblich auf Fandoric, den Schild des Volkes, zurück, ist angesichts der Sprache und Formulierung vermutlich eher seinem Enkel Tasiric zuzuschreiben -
Asarak war zornig. Er strich durch das Lager, mit dem Gefühl betrogen zu sein. Es brodelte tief in ihm und all der Frust und die Enttäuschung, die sich über die Schattentage angesammelt hatten, drängten darauf, hinaus zu brechen.
Er trat gegen einen Stein und fluchte leise, als der Schmerz seinen Fuß durchfuhr. Warum hatte er auch darauf gehofft, dass dieser Feldzug irgendetwas ändern würde?
Du hättest nicht vergessen sollen, dass du eben doch nur ein nebensächlicher Sohn bist, flüsterte es in ihm, doch es war ein allzu bitterer Fraß, an den er sich nie gewöhnen wollte.
All der Stolz darüber, dass er seinen Vater auf diesen Feldzug gegen Asinat begleiten durfte, war in dem Moment verpufft, als er bemerkte, dass Antirehm ihn nicht beachtete. Die wenigen Worte, die sie auf der Reise gewechselt hatten, waren nur Notwendiges gewesen. Nisirehm schien der Fürst wert genug zu sein, um große Reden zu schwingen, aber wozu sollte er auch nur wenige Worte der Anerkennung an seinen unehelich geborenen Sohn – ihn – verschwenden?
Im Gegensatz zu seinem Halbbruder galt Asarak schon lange als erwachsen, doch hatte er sich sowohl seine Frau als auch seinen Verdienst selbst suchen müssen, von seinem Vater war keine Hilfe gekommen. Wahrscheinlich sollte er Antirehm dankbar sein, dass er immerhin Lehrer gehabt hatte, die ihn in den sieben männlichen Tugenden unterrichtet hatten, auch wenn sie einiges Unnützes gelehrt hatten.
Er hätte auf seinen Freund Hayiur hören sollen, der geahnt hatte, dass dieser Feldzug rein nichts ändern würde.
Dabei gäbe es hier soviel zu entdecken. Die verschiedenen Akzente und Sprachfetzen, die durch das Lager hallten, die Stände der fahrenden Händler, die neben unterschiedlichsten Gerichten, von denen Asarak die meisten nicht kannte, auch andere Dinge des täglichen Gebrauchs mit sich führten. Spiele und Gebräuche, die die Soldaten in ihrer freien Zeit auslebten. Mit Ausnahme der Sklaven waren es alles Menschen seines Volkes, dennoch erschienen ihm manche von ihnen so fremd. Es hatte schon damit begonnen, dass er sich etwas hatte kaufen wollen und die Vielfalt der Währungen hatte feststellen müssen. Die Soldaten Nisorats nutzen eine Münzwährung, die Lizarater merkwürdige Edelsteine verschiedenster Farben, in Limisar gab es erst gar keine einheitliche, vom Fürsten vorgesetzte Währung, die getrockneten Früchte, die die Hasuharer nutzten, hätte er erst gar nicht als Zahlungsmittel erkannt. Doch anscheinend waren sie eine solche Delikatesse, dass sie dort als Währung gebräuchlich waren. Freilich war das nicht für alle so. Bei einigen Händlern war diese Währung und auch andere im Wert gefallen, während andere ihre Kaufkraft gesteigert hatten. Zu Asaraks Glück gehörte die Währung, die in Kantigark und Asinat gebräuchlich war, zu Letzterem. Salz war immer wertvoll und das Kantigarker Salz genoss einen ausgezeichneten Ruf. Aber was sollte er auch mit diesem anfangen, wenn er niemanden hatte, mit dem er seine Käufe teilen konnte?
„He!“, rief da jemand.
Asarak sah auf und erblickte eine Gruppe junger Männer, von denen einer ihn zu sich winkte.
Mit langsamen Schritten ging Antirehms Sohn auf sie zu.
„Guck nicht so trübsinnig, wenn der Tag noch nicht vorbei ist“, erklärte ein Mann, der die drei Zöpfe und das halboffene Haar des niederen Adels trug.
„Emereg“, stellte er sich mit einer erstaunlichen Offenheit vor, die Asarak sich nur dadurch erklären konnte, dass er betrunken war.
„Asarak“, entgegnete er und wusste sehr wohl, dass nun alle erfuhren, dass er Bastard eines Hochadeligen war, denn verrieten die letzten beiden Buchstaben ihn.
„Nun, Asarak“, mischte sich ein junger Offizier grinsend ein, „Hast du Durst?“
Als Asarak nickte, reichte er ihm eine Flasche.
Mit schnellen, großen Schlucken trank er, auch wenn ihm von dem billigen Blütergesöff übel wurde. Er war zornig genug, um sich zu betrinken.
Sobald er fertig war, reichte er die Flasche an den Nächsten weiter.
„Wie lange seit ihr schon hier?“, fragte er.
„Verdammte elf Tage“, antwortete Emereg, „Wenn ich nicht von Osirehms Gunst abhängig wäre, würde ich mich jetzt weiter um dieses hübsche Mädchen zu Hause bemühen können.“
Er hob die Flasche und seufzte. „Es ist eine Schande, denn als ich fort ritt, lag ihre Mutter im Sterben und nun wird ein anderer sie trösten.“
„W’n ich das Geld nicht bräucht, könnt ich jetzt bei meinem Weib sein und mein Kind sehn“, erklärte ein einfacher Soldat, während sich ein trauriges Lächeln über sein Gesicht zog.
„Ach, hört auf mit dem trübsinnigem Gelaber!“, mischte sich ein höhergestellter Diener ein. „Trinkt lieber noch ein wenig!“
Mit diesen Worten zog er eine weitere Flasche Alkohol hervor und öffnete sie grinsend.
„Wahnsinn“, entgegnete der Soldat, „Das’st Blaustern! Wo hast’n den her?“
„Mein Herr ist so betrunken, dass er nicht bemerkt, wenn mal eine Flasche fehlt.“
Blaustern war ein extrem teures Getränk, weil die Pflanze, deren Blüten den Grundbestandteil bildeten, nur inmitten der Wüste vorkam und die Herstellung somit bei Todesgefahr geschah. Selbst Antirehm trank es nicht häufig und es wurde nur an hohen Festtagen ausgeschenkt. Etwas zu trinken, was sein Vater sich verwehrte, reizte Asarak unermesslich und er wollte schon nach der Flasche greifen, doch dann hob der Soldat die Flasche an die Lippen und trank mit sichtlichem Genuss.
Doch der Offizier nahm ihm den Blaustern mit zornigem Gesichtsausdruck aus der Hand und schleuderte die Flasche auf den Boden. Mit lautem Geklirr zersprang das Glas und mit Bedauern blickte Asarak dem kostbaren Tropfen nach, der nun im Boden versickerte.
„Was soll denn das?“, murrte der Diener.
„Dieser Tropfen wird von Tiakarn hergestellt“, erklärte der Offizier im hochmütigen Ton.
„Und?“, entgegnete Emereg, „Nur weil du keine Tiakar magst, ist das noch lange kein Grund, so eine grausame Verschwendung zu begehen.“
„Ihr versteht mich nicht. Wenn wir ihre Produkte kaufen, unterstützen wir sie und ihre blasphemischen Werke.“
„Wo hast’n den Spruch her?“, lachte der Soldat im harschen Akzent Lizarats. „Wer soll den die Wüste durchqueren und handeln, wenn nicht die Tiakar? Wenn w’doch alle sterben, wenn w’den Versuch nur wagen.“
„Die Tiakar dienen nicht den wahren Göttern!“, schrie der Offizier zornig, sichtlich entsetzt, dass sie seine Meinung nicht teilten. „Wer sie unterstützt, erklärt unseren Göttern den Krieg!“
Mit diesen Worten marschierte der Mann davon.
„Was für’n Verrückter.“, murmelte der Soldat und äugte traurig zu den Flaschenresten.
„Nicht selten sind die Verrückten die Gefährlichsten“, meinte Asarak leise.
Nur Emereg hörte seinen Spruch und nickte nachdenklich.
In diesem Moment ging eine Priesterin im roten Kleid der Oandath inmitten von Soldaten unter dem Siegel des Götterschildes, der Wache des Hochtempels, vorbei.
Als sie ihn erblickte, blieb sie stehen und nur aus den Augenwinkeln nahm er war, wie seine Begleiter den Kopf senkten.
„Du bist Asarak aus Kantigark, nicht wahr?“, fragte sie höflich in einem Ton, der Anerkennung andeutete.
Er vermochte es, allein zu nicken. All die Höflichkeitsformeln, die er von klein auf eingetrichtert bekommen hatte, waren hinter dem Bild dieser Schönheit verschwunden. Vergessen waren seine Saufkumpane, der Alkohol und sein Eheweib in Kantigark, das er eigentlich nur ihres Bruders wegen geheiratet hatte und somit nur in den Stand einer Nebenfrau gehoben hatte.
Er war verloren an eine Frau, die er aufgrund ihres Priesterinnenstandes nicht heiraten konnte und die deutlich älter als er war.
„Begleitest du mich?“, fragte sie mit lieblicher Stimme.
Einen winzigen Moment zögerte er, dachte an seinen Vater, doch dann beugte Emereg sich zu ihm und zischte: „Eine Hohepriesterin lässt man nicht warten!“
Und so stolperte Asarak, Bastard von Kantigark, neben die Hohepriesterin Anasah, der man wahrscheinlich nicht ohne Grund nachsagte, die mächtigste Frau Eletaks zu sein.
Dennoch schien sie sich nicht, an seiner Befangenheit zu stören, sondern fragte mit einem strahlenden Lächeln: „Stimmt es wirklich, dass du der beste Reiter deiner Stadt bist?“
Einen winzigen Moment dachte er an sein letztes Rennen und an den Jungen auf der weißen Stute, doch dann schob er den Gedanken beiseite.
„Für meine Stadt mag das stimmen, doch ist Kantigark wahrlich nicht die bedeutendste Stadt der Pferderennen.“
„Wahrlich das ist sie nicht!“, erklärte die Priesterin leise, „Ich hatte bisher zweimal das Vergnügen ein Pferderennen in Nisorat zu erleben und muss sagen, dass ich wirklich beeindruckt war.“. Sie musterte ihn und er konnte nicht verhindern, dass er unter ihrem Blick errötete. „Du bist noch jung. Wer weiß, vielleicht wirst du einst auch in den Rennen Nisorats reiten.“
Er nickte. Dies war immerhin ein Vorteil, das sein Bastarddasein erbrachte: Solange er die Mittel hatte, konnte er reisen, wohin er wollte. Verantwortung – diesen Begriff kannte er nicht.
Ohne, dass er wirklich etwas davon mitbekam, gingen sie durch das Lager.
„Vielleicht kann ich dich ja Hohepriester Eraz vorstellen. Seine Pferdeleidenschaft lässt sich mit der deinen vergleichen.“
„Wirklich?“. Für einen Moment kam ein Erstaunen hoch, welches er nur zu gerne wieder verborgen hätte.
Ein Lächeln zog sich über ihr Gesicht und er fragte sich, ob sie sich über ihn belustigte.
„Natürlich. Seine höchste Demütigkeit schätzt jeden, der sich wie er mit Seele und Leib den Pferden verschrieben hat.“
„Es wäre mir eine Ehre.“, erinnerte er sich an seine Umgangsformen und legte seine rechte Hand auf sein Herz.
Sie lächelte erneut.
„Und es wäre mir eine Ehre, wenn du mich begleiten würdest.“
Sie deutete auf das rote Zelt, das einsam auf einer kleinen Anhöhe in der Höhle stand. Zwischen zwei Soldaten des Götterschildes wehte eine einzelne rote Flagge und weitere Soldaten standen an den Seiten und der Rückseite des Zeltes.
Asarak schluckte. Es war eine Sache mit einer Priesterin offen durch das Lager zu spazieren, aber eine ganz andere in ihre privaten Gemächer und damit in ihre Privatsphäre einzudringen. Wenn er das tat, würde jeder wissen, dass er die Hohepriesterin und ihre Ziele um jeden Preis unterstützte. Es war unwiderrufbar und würde bis ans Ende seines Lebens gelten. Selbst eine Ehe war nicht so bindend wie dieser Bund. Deshalb besuchte Fürst Antirehm seine Priester-Ratgeber nie in ihren privaten Räumlichkeiten, sondern ließ sie entweder zu sich rufen oder sie trafen sich auf neutralem Boden.
Andererseits war diese Einladung eine wahrlich bedeutende Ehre, die mit großer gesellschaftlicher Anerkennung geahndet werden konnte.
Aus den Augenwinkeln musterte er Anasah, die allmählich gelangweilt wirkte.
Die rote Seide, die sie trug, war mit silbernen Mustern und prächtigen Perlen bestickt, welche geschichtliche Ereignisse nachbildeten. Gerafft wurde es um die Hüfte mit einem schmalen, silbernen Gürtel, den winzige Bäume aus Edelsteinen, das Zeichen der Oandath, zierten. Die Ärmel waren kurz und bedeckten nur den oberen Teil des Oberarmes.
Ihr Haar hatte die Farbe von dunklerem Silber und fiel ihr wie allen Priesterinnen offen über den Rücken. Einzelne Perlenschnüre, gespickt mit Edelsteinen, wanden sich durch die Haarpracht und klimperten bei jeder Kopfbewegung leise.
Eine große Perle saß in einer Silberfassung auf ihrer nicht mehr ganz glatten Stirn. Ihre Haut und ihre Augen waren ein wenig zu dunkel, um die klassischen Schönheitsideale zu erfüllen und doch machte etwas, was er nicht genau benennen konnte, sie zu der schönsten Frau, die er kannte.
„Es ist mir eine Ehre, Demütige“, erklärte er schließlich, alle Bedenken davon werfend.
Gemeinsam stiegen sie die Anhöhe hinauf.
„Demütigkeit“, begrüßten die Wachen die Priesterin, während sie die dazugehörige Geste ausführten.
Hoheitsvoll nickte sie mit dem Kopf.
„Ich wünsche, nicht gestört zu werden.“
„Demütige.“ Eine der Wachen in Rot trat hervor. „Der Fürst von Kantigark kam mit der Bitte um eine Audienz.“
Asarak zuckte zusammen, als er den Titel seines Vaters hörte, wie ein Kind, das gescholten wurde.
Was tue ich nur hier? , fragte er sich, Habe ich etwa all meine Lektionen vergessen?
Noch war er nicht eingetreten, noch konnte er umkehren. Sein Vater hatte allen seinen Kindern eingebläut, nie auf die Güte von Priestern zu zählen. Wenn er von der Tat seines Bastards erfuhr, würde das Entsetzen seine Maske aus Freundlichkeit durchbrechen.
Asarak grinste unwillkürlich.
Ohne zu zögern, folgte er der Priesterin in das Innere des Zeltes, denn das Entsetzen seines Vaters war ihm alles wert.
Das Innere des Zeltes erschien ihm karg für das Lager der obersten Priesterin der Oandath, der zweiten Mondgöttin.
Der Boden war von einem einzigen, roten Teppich bedeckt. Eine Wasserschale aus Kupfer bildete den Mittelpunkt des Raumes, während Kissen und Bücherstapel an den Wänden lagen. Asarak fragte sich, wie ihre Titel lauteten.
Ein Teil des Raumes war von einem Vorhang abgetrennt und verbarg vermutlich ein Bett.
Zwei Feuerschalen erhellten den Raum und eine verschlossene Truhe aus kostbarem Holz stand an einer Seite
Nachdem er die Füße mit der bereitstehenden Schale von Sand gereinigt hatte, trat er zu der Frau, die diese Prozedur als Priesterin nicht durchführen musste und sich somit bereits auf eines der Kissen niedergelassen hatte.
Mit einer Handbewegung bedeutete sie ihn, es ihr nachzutun.
„Wünscht du etwas zu trinken oder essen?“
„Etwas Wasser“, bat er. In ihrer Gegenwart benötigte er keinen Wein mehr, um trunken zu werden.
Asarak errötete, als sie, anstatt nach einem Diener zu läuten, selbst aufstand und ihm einschenkte.
Sie schien seine Verlegenheit zu bemerken und nachdem sie ihm das Getränk gereicht hatte, erklärte sie: „Wieso werden Priester als die Demütigen bezeichnet, wenn nicht damit sie durch ihr Dienen den Menschen Ehre erweisen? Ich erweise dir Ehre, also lehne es bitte nicht ab.“
Ihre edle Gesinnung erstaunte ihn. Kein Priester, den er kannte, hätte so etwas zu sagen gewagt.
„Nun, Asarak. Wie gefällt dir das Lager?“
„Es ist beeindruckend.“, begann er zögernd. „Ich habe selten so viele Menschen an einem Ort erblickt. Es ist schön, die verschiedensten Dialekte zu hören und sich mit Menschen zu unterhalten, die aus den unterschiedlichsten Ecken des Landes kommen.“
Sie seufzte. „Ja. So ein Feldzug ist natürlich eine Zusammenkunft der verschiedenen Fürsten und Menschen, auch wenn der vordergründigste Grund natürlich ein anderer ist.“
Asarak nickte schweigend. Er wusste, dass sein Vater mit dem Fürsten von Asinat befreundet gewesen war und er selbst war dem Fürsten bisher viermal begegnet. Eigentlich war ihm dieser nie wie ein Verräter vorgekommen.
„Ich habe Dirasrehm nie für einen Verräter gehalten“, meinte er nachdenklich, „Doch ist dies eben das Gefährliche an Verrätern: Man erkennt sie erst, wenn es zu spät ist, weil sie einen so lange täuschen.“
Sanft legte sie die Hand auf die seine und er konnte nicht verhindern, dass er erschauderte.
„Dieses Mal haben wir es eben noch rechzeitig erkannt, um Fürst Dirasrehm zu stoppen.“
„Ja“, entgegnete er atemlos.
„Ich hoffe, dass uns dies auch in Zukunft bei anderen Verrätern gelingt.“
„Ich bin sicher, dass dir alles gelingt, was du dir vornimmst und was die Götter segnen.“
Sie lächelte. „Die Götter sind es, die Segen nehmen und geben. Ihnen verdanke ich alles, was ich habe.“
„Ja“, antwortete er. Sein Vater hatte nicht mehr als die Pflichten der Religion wahrgenommen, doch Asaraks Mutter Milasnau hatte in ihrem Glauben immer Trost gefunden und dies auch an ihren Sohn weitergegeben.
„Sag. Bist du auch so ein guter Kämpfer wie du ein Reiter bist?“, fragte sie.
„Ich kann sehr gut mit dem Säbel umgehen, sowohl vom Pferd als auch vom Boden aus. Auch die Lanze führe ich vom Pferd gut.“, entgegnete der Bastard wahrheitsgemäß. „Mit dem Bogen bin ich dagegen nur mäßig.“
„Sicherlich besiegst du dann deine Halbbrüder mühelos.“
Asarak konnte nicht verhindern, dass er aufschnaubte.
„Das ist keine große Kunst. Nisirehm wird zwar seit Jahren von sehr guten Lehrern unterrichtet, doch fürchtet er sich viel zu sehr vor den Waffen, als dass er je lernt, sie wirklich zu beherrschen. Lisarehm bekommt dagegen kaum Unterricht und selbst Isachan geht besser mit dem Dolch um als er.“
„Das ist schade“, bedauerte die Priesterin. „Ich erinnere mich noch, wie sehr sich meine Brüder daran erfreuten, miteinander zu raufen und zu kämpfen.
Allerdings seid ihr ja auch mehrere Schattentage auseinander, oder wie alt sind deine Geschwister?“
„Akalachan ist achtzehn“, erwiderte er bereitwillig, „Aber sie ist ein Mädchen und ich habe mich nie wirklich mit ihr verstanden. Nisirehm wird in wenigen Tagen volljährig, doch ist er wahrlich noch ein Kind und verbringt mehr Zeit mit dem Pinsel in der Hand in seinen Träumereinen, als das er sich mit Altersgenossen in Kampf und Spiel misst. Isachan zählt seit kurzem elf Schattentage und sie ist wohl die Vernünftigste von ihnen allen, wenn sie auch noch gerne spielt. Lisarehm ist sieben, doch ich sehe ihn nur selten. Er verlässt seine Räumlichkeiten kaum.“
„Das tut mir Leid für dich, Asarak. Ich kann mir vorstellen, wie schwierig das ist. Aber erzähl weiter. Ist es wirklich wahr, dass die goldenen Schalen des Rasov-Tempels in Kantigark so rein sind, dass man sich in ihren spiegeln kann?“
Eifrig beantwortete er die Fragen, die sie ihm zu seiner Heimatstadt und seinem Leben stellte. Noch nie hatte er so viel Aufmerksamkeit von einer hübschen, erwachsenen Frau erhalten, die nicht zu seinen Verwandten zählte.
Das machte ihn glücklich und vertrieb all die besorgten Gedanken, die er sich zuvor noch gemacht hatte.
Vergessen waren Zorn und Hass, es zählte nur noch die Aufmerksamkeit und den Zuspruch, den er in ihren Worten fand.