Ähnlich dem Fürstenstadtgesang ist auch die im sechsten Jahr der neuen Zeitrechnung im Apisarithtempel in Hasuhar gefundene Abschrift des Völkerspruchs ein wertvolles Zeugnis für die frühe Geschichte Eletaks. Zugleich ist uns mithilfe dieser in sieben Sprachen abgefassten Stele die Entschlüsselung von Früh-Soritisch, der harafikischen Keilschrift und Lakas gelungen. Die Bildschrift der nicht mehr zu lokalisierenden Farasung blieb aufgrund dem schlechten Zustand der Abschrift leider unentschlüsselt.
Von den im Völkerspruch benannten sieben Völker sind drei ausgestorben oder in anderen Völkern aufgegangen, deshalb sollen sie an dieser Stelle nicht behandelt werden.
Die Stele wurde zur Zeit des Adrussakischen Großreiches aufgestellt und diese ist auch die dominierende Sprache, weshalb dieses Volk zuerst behandelt werden soll.
Die Adrussak
In der Stele wird das adrussakische Meer als Herkunftsort dieses Volkes benannt, das möglicherweise gleichzusetzen ist mit der Sternbucht. Von dort aus breiteten sich die Adrussaker aus und innerhalb weniger Jahre gelang es ihnen, ein gewaltiges Reich zu errichten, das den gesamten Norden Eletaks beherrschte. Leider hinterließen sie uns nur wenige Zeugnisse ihrer großartigen Kultur, weshalb ich nicht weiter auf dieses Reich eingehen kann, das nach einem Jahrhundert wieder zerbrach. Über die späteren Jahrhunderte ist uns nur wenig überliefert, doch verlagerte sich ihr Volksgebiet gen Südosten, wo sie bis heute Spuren hinterlassen haben. Die Mondsteine, die bis heute stehen, wurden von ihnen errichtet. Doch in einem blutigen Krieg wurden sie von den Taksori endgültig zurückgedrängt, so dass sich ihr Herrschaftsgebiet seitdem auf die Seekönige beschränkte. Immer wieder führten sie Eroberungsfeldzüge gegen das Festland und immer wieder gelang es ihnen kleinere Reiche an den Küsten zu errichten, die nach wenigen Jahren wieder zerfielen.
Sie sind ein körperlich kleines und stämmiges Volk mit heller Haut und meist blonden Haaren. Da sie in den letzten Jahrhunderten auf ihren Inseln verblieben und lange Zeit unabhängig vom Festland waren, ähneln sie anderen Völkern wenig, was sich auch in ihrem Identitätsverständnis niederschlägt. Ihre Sprache ist azasitisch und sie besitzen eine ausgeprägte Schriftkultur, die in der heute als schriftlosen Zeit bezeichnete Jahren für von den Tempeln unabhängige Forscher, wertvolle Quellen darstellten. Viele Traditionen, die auf dem Festland verloren gegangen waren, überdauerten auf den Seekönigen die Zeit. So kennen sie noch das Königtum. Sie sind dafür bekannt, vielfach von der auf dem Festland gelebten Norm abzuweichen, was in ihrer Besatzungszeit unter den Taksori vielfach zu Problemen führte. Ihre Unabhängigkeit erreichten sie im ersten Jahr der neuen Zeitrechnung und sie sind es bis heute geblieben.
Die Taksori
Das Ursprungsgebiet der Taksori liegt im minosemitischen Halbmond, wo sie lange verblieben. Aus Gründen, die wir uns heute nicht erklären konnten, verließen sie zur Zeit der adrussakischen Eroberungsfeldzüge ihre Heimat und zogen nach Norden, um sich in den Landen Nialas’ niederzulassen. Dies führte sie in direkte Nachtbarschaft zu den Asrussakern, von denen sie gewaltsam in ihr Reich integriert wurden. Als dieses Reich aufgrund von innenpolitischen Schwierigkeiten und Thronwirren zerbracht, gelang es den Taksori ein unabhängiges Reich zu errichten. Im folgenden Jahrhundert eroberten sie ganz Eletak, vertrieben die Adrussak und wurden die neue vorherrschende Macht. Eine Position, die sie bis zur neuen Zeit halten konnten. Alle Fürsten und Adeligen, sowie die Priester entstammten den Taksori und herrschten über die unterworfenen Völker.
Ihre Männer sind meist großgewachsen, ihre Frauen klein. Sie sind außergewöhnlich hellhäutig und haben ebenso helles Haar. Wettstreite spielen in ihrer Kultur eine große Rolle. Die Volkssprache ist taksori, eine besondere Form, das so genannte Hohe Taksori, wird vom Adel gesprochen. Da in dem Tempeln nur Taksori dienen, kann auch die Tempelsprache Daerai als exklusive Taksori-Sprache bezeichnet werden.
Die Tiakar:
Über die Herkunft der Tiakar soll hier nicht weiter berichtet haben, außer, dass sie ein junges Volk sind, das sich ursprünglich aus verschiedenen Ethnien zusammensetzte. Sie entstanden erst während den großen Zeiten des taksorischen Reiches und entwickelten sich rasch zu einem Nomadenvolk der Wüste. Im Laufe der Zeit lernten sie sich an die Naturgewalt anzupassen. Eine Entwicklung, die Wissenschaftler bis heute nicht nachvollziehen konnten, weil sie in vergleichsweise kurzer Zeit vonstatten ging. Unter den Taksori galten sie als ein rechtloses Volk, das kein Land besitzen oder politischen Einfluss nehmen durfte. Dennoch war die taksorische Wirtschaft abhängig von ihren Handelsrouten, die sich bis heute quer durch das Land ziehen, weshalb dieses kleine Volk überdauern konnte. Bis auf den Handel, den sie treiben, leben sie isoliert in der Wüste und vermischen sich nicht mit anderen Völkern, weshalb auch über ihre Kultur nicht viel nach außen drang. Im Gegenzug wurden sie auch kaum von der taksorischen Leitkultur beeinflusst, auch wenn diese erkennbar gemeinsame Wurzeln haben.
Nicht nur von der Kultur, sondern auch vom Aussehen veränderten und unterscheiden sie sich stark von den anderen Völkern Eletaks. So sind sie das einzige dunkelhäutige Volk Eletaks (Falsch! Siehe Nachtrag), sind zumeist klein und geschmeidig, um das gefährliche Leben der Wüste zu überstehen und scheinen auch einige andere Veränderungen durchlebt zu haben, die die bessere Speicherung und Nutzung von Wasser ermöglichen. Doch um das herauszufinden, werden noch einige biologische Untersuchungen notwendig sein.
Ihre Sprache tiakar ist erkennbar verwandt mit taksori, unterlag aber auch Einflüssen des soritischen, was sich vor allem im Vokabular niederschlägt.
Die Jukarchv
Im Völkerspruch werden die Jukarchv als Wächter des Südens gegen die Grausamkeit der Tchiroshka beschrieben. Noch heute sind sie ein Volk des Südens, das zur Zeit des adrussakischen Reiches ein konkurrierendes Königtum des Südens errichtete. Nach dem Fall der letzten adrussakischen Dynastie verloren sie den Kampf um die Vorherrschaft im adrussakischen Reich gegen die Taksori und zogen sich wieder in ihre eigenen Grenzen zurück. Kurz darauf zerfiel das einst starke Reich aufgrund von Erbteilungen in kleine, unabhängige Sultanate, die zur leichten Beute für das aufstrebende taksorische Reich wurden. Im großen Eroberungsfeldzug fielen mit Silberdorn und Bronzestachel auch die letzten kleinen Sultanate. Aufgrund unterschiedlichen Rechts im Süden und Norden haben sie weitaus mehr politische Rechte als beispielsweise die Tiakar. So werden Silberdorn und Bronzestachel traditionell weiterhin im Auftrag der Fürsten von Lizarat von einem Rat aus Jukarchv’ regiert.
Sie sind von der Haut etwas dunkler als die Taksori, haben häufig dunkles Haar und sind ebenso groß gewachsen. Als Besonderheit zeichnen sie die roten Striemen aus, die ihre Haut überziehen.
Ihre Sprache Soritisch ist von Grammatik und Aufbau einzigartig und kein Teil der ursprünglichen Sprachfamilie Eletaks. Erstaunlicherweise blieb sie lange Zeit isoliert und wurde kaum von taksori und anderen Sprachen beeinflusst.
Die Visoniker
Die Visoniker sind ein in unserer Forschung kaum erforschtes Volk im Nordosten Eletaks, wahrscheinlich sind sie gleichzusetzen, mit dem in der Stele benannten Volk Harifik. Das kleine harifikische Reich wurde von Adrussak nie erobert und sie selbst scheinen keine Schriftkultur zu besitzen, weshalb die Stele eine unserer wenigen Quellen ist. Unter unbekannten Umständen zerfiel das Reich, und ein Großteil des Volkes fiel vielleicht einer Seuche zum Opfer. Als die Harifik wieder in den Quellen auftauchen, werden sie schon als Visoniker bezeichnet. In der dunklen Zeit hat sich aus dem Königtum eine lockere Stammeskultur entwickelt. Die verschiedenen Stämme werden von Königen regiert, die untereinander Kriege führen und Verträge abschließen.
Von der Statur sind sie klein, kräftig und gedrungen. Eine Besonderheit sind die schwarzen Augen, die sie ausnahmslos auszeichnen.
Die Utarek (Oselek)
Die Utarek waren - soweit es zu erschließen ist - schon immer im Gebiet Oselek beheimatet. Über ihre Geschichte ist nicht viel bekannt. Sie sind ein handwerklich sehr geschicktes Volk und ihre Schiffsbaukunst ist in allen Nationen gefragt. Die Schiffe, die sie bauen, widerstehen dem Sonnenlicht und sind somit wertvoll. Die Herstellungskosten sind exorbiant hoch, so dass ihr Verbreitungskreis lange auf Oselek begrenzt blieb. Die Kenntnis über ihre Fähigkeiten war wenig verbreitet, so dass das Volk eher als Sklaven denn aufgrund ihres Könnens gefragt war. Viele unbedeutende und abenteuerlustige Adelige vollführten immer wieder Raubzüge nach Oselek, weshalb die utarekischen Sklaven bald weithin bekannt waren.
Sie sind ein Volk von großer Körpergröße, mit einer dunkleren Haut als die der Taksori und einem stämmigen Körperbau. Ihr Haar ist ungewöhnlicherweise stets braun gewesen, obwohl auch sie dem Sonnenlicht nicht widerstehen können. Politisch besitzen sie viele Kleinreiche, die unter der lockeren Oberhoheit eines Rates stehen. Faktisch sind die Kleinreiche meist unabhängig.
Nachtrag: Die Morachoch
Wie jüngere Erkenntnisse zeigen, ist die Feststellung meines Gemahls, dass die Tiakar, das einzige dunkelhäutige Volk Eletaks sind, falsch. Ein weiterer, dunkelhäutiger Volksstamm wurde vor wenigen Schattentagen in den Schwarzen Wäldern entdeckt. Woher sie kommen, ist unbekannt. Möglicherweise sind sie mit den filkona al’korav gleichzusetzen, die Priester Djarotas bei einer Forschungsreise im Nordwesten Eletaks beschreibt. Sie leben zurückgezogen in einzelnen Clans, kennen weder Schrift, noch verstehen wir ihre Sprache. Auffällig ist die ausgeprägte Gesangskultur, die sie pflegen. Politisch scheinen sie keine Einhalt zu bilden und auch wenn sie nicht aggressiv auf unsere Erkundungstrupps reagierten, scheint es mir das Beste, sie in Frieden zu lassen.
Verfasst von Tavic dem Geschichtensammler, ergänzt und korrigiert von Sinal Tavic Rag-Hayiur.