»Jetzt mach schon!«, stöhnte ich. Ich lag bäuchlings auf dem Tisch, die gefesselten Hände hatte ich in den Nacken gelegt und die Finger miteinander verhakt. So lag ich halbwegs bequem und hatte die Möglichkeit, mich in meine Haare zu krallen, wenn ich Halt brauchte.
Die ledernen Fesseln waren eher symbolischer Natur, denn sie schränkten mich kaum ein. Vielmehr erinnerten sie mich daran, dass meine Hände gebunden waren und ich mich in die eines anderen begeben hatte, der nun darüber bestimmte, auf welche Art ich Lust empfinden durfte.
Anders sah es da schon mit den Seilen um meine Beine aus. Sie fixierten meine Unterschenkel auf den Sitzflächen je eines Stuhls. Mein Arsch war so genau in der richtigen Höhe für den Mann, der zwischen den Stühlen stand und mich schon seit einer gefühlten Ewigkeit quälte.
»Was soll ich machen?«, fragte er mit einem süffisanten Unterton in der kalten, berechnenden Stimme. Hätte ich sein Gesicht sehen können, hätten mich graue Augen ebenso kalt gemustert. Seine Hände griffen hart an meinen Arsch, drückten die Backen auseinander und gaben ihm den Blick auf den Eingang frei.
»Fick mich endlich!«, quengelte ich ungeduldig. Wie lange wollte er dieses Spiel noch fortführen? Er wusste genau, was ich wollte. Und ich wusste, dass er es auch wollte.
»Tu ich doch schon«, gab er kalt zurück. Mit zwei Fingern drang er in mich ein, streifte meine Prostata – einmal, zweimal. Leise stöhnte ich. Das tat er nun schon eine ganze Weile: immer wieder berührte er mich, steigerte damit meine Lust, nur um sie dann wieder abflauen zu lassen.
Seine Finger waren schon wieder verschwunden! Lange hatte ich es still hingenommen, doch jetzt wollte ich endlich mehr. »Ich will deinen Schwanz!« Hätte ich gekonnt, hätte ich ihm meinen Arsch entgegengestreckt. Weit war er sicher nicht entfernt. Selbst wenn ich ihn nur leicht streifte, wäre das eine Genugtuung.
»Wer sagt denn, dass mein Schwanz dich will?« Die Finger wanderten über meinen Damm, drückten in der Mitte etwas zu, nur um ihren Weg zu meinem Schaft über die Eier hinweg fortzusetzen.
Als sie an der Eichel ankamen und dort die Lusttropfen verrieben, wimmerte ich. Meine Nerven waren aufs Äußerste gespannt und empfindlich. Es brauchte einen Moment, bevor ich mit belegter Stimme erwiderte: »Weil er es in mir geil findet.«
»Tut er das?« Die Finger wanderten zurück zu meinem immer noch offen dargebotenen Arsch.
Würde ein Kerl so vor mir liegen, ich könnte mich kaum beherrschen. Aber gerade lag ich auf dem Tisch und konnte das daher nicht entscheiden. Dennoch musste es eine Möglichkeit geben, ihn davon zu überzeugen, dass meine Idee gar nicht so schlecht war.
»Oh ja! Bis jetzt hat dir mein Arsch doch noch jedes Mal einen Höhepunkt verschafft«, pries ich lasziv an. Da es nicht zu wirken schien, sondern er nur mit einem leisen Lachen wieder seine Finger in mich schob, wurde ich provokant: »Oder bekommst du keinen mehr hoch und hast Angst, ich bemerk das, alter Mann?«
Die Provokation verfehlte nicht ihre Wirkung. Doch sie fiel nicht so aus, wie erhofft. Die Finger wanderten wieder in mich, drückten diesmal länger und stärker auf die Prostata. Im ersten Moment ließ es mich stöhnen, dann schmerzvoll keuchen. Dieser Mistkerl kannte meinen Körper viel zu gut.
»Wie war ...«
»Oh Gott, Roger! Bitte!«, flehte ich, ließ ihn nicht ausreden. Würde er jetzt nochmal etwas tun, dass nur geringfügig an meiner Schmerzgrenze kratzte – und die war gerade verdammt niedrig – wäre das hier vorbei. Und das nicht im positiven Sinne. Mehr hielt ich nicht aus.
»Das klingt doch schon viel besser, warum denn nicht gleich so?« Es raschelte, dann legten sich beide Hände auf mein Gesäß und er drang langsam in mich ein.
Geräuschvoll ausatmend schloss ich die Augen, spürte und genoss jeden Millimeter. Qualvoll langsam bewegte er sich, ließ mir Zeit, es zu genießen. Gleichzeitig quälte er mich. In diesem Tempo würde es ewig dauern, bis auch nur einer von uns befriedigt war. Doch für den Moment war es genau das, was ich brauchte.
»Hattest du heute nicht noch was vor?«, fragte ich nach einer Weile. Das Genießen war vorbei und ich wieder etwas heruntergekommen. Meine Frage würde ihm genau das zeigen. Das war das Schöne, wenn man sich so lange kannte: Man konnte darauf vertrauen, dass der andere wusste, wie man tickt.
»Soll das heißen, ich bin dir zu langsam?« Oh, da hatte ich wohl einen Nerv getroffen. Er klang gereizt.
Am Anfang hatte ich geglaubt, dass so etwas ihn wirklich wütend machte, dann, dass es gespielt war. Heute wusste ich, dass die Wahrheit irgendwo dazwischen lag. Vermutlich hatte er tatsächlich Zeitdruck und wollte nicht daran erinnert werden, aber die Reaktion war dennoch gespielt übersteigert. Es hatte eine Weile gebraucht, bis ich das verstanden hatte.
Bis zum Anschlag drückte er sich in mich, blieb es genau so lange, bis es leicht schmerzhaft wurde, und zog sich dann zurück. Jetzt stieß er schneller und kräftiger zu, krachte fast schon gegen mich, bremste wieder runter und drückte sich kraftvoll in mich. Immer im Wechsel. Es war das genaue Gegenteil zu vorher, lange hielten wir das nicht durch.
»Soll ich nachhelfen?«
»Nein«, stöhnte ich. Meine Hände hatten in meinen Haaren vergraben und ich presste meinen Mund gegen die Oberarme, um das Stöhnen zu dämpfen. Ich hatte keine Ahnung, ob unten in der Wohnung jemand war, aber aus Erfahrung wusste ich, dass es sehr hellhörig war. Gerade wollte ich nicht gehört werden.
»Gut.« Seine Stöße wurden noch schneller und trieben uns beide auf den Orgasmus zu.
Zufrieden lag ich auf dem Tisch und kam wieder zu Atem.
Roger warf das Kondom in den Müll direkt neben sich und strich mir über den Rücken. Auch er schien einen Moment zu brauchen, bis er wieder sprechen konnte. »Ist alles in Ordnung?«
»Ja, mir geht es gut.« Ich nahm die Hände aus dem Nacken und streckte sie über den Kopf, um die Arme zu lockern.
»Gut.« Er löste die Fesseln an meinen Beinen. Dabei strich er immer wieder sanft über meine Oberschenkel. Jetzt war er wieder ganz der offene, freundliche Mann, den ich kennengelernt hatte. Dieser Wandel faszinierte mich noch immer. »Ich hatte Angst, es könnte etwas zu viel gewesen sein. Du wirktest recht angepisst.«
»War es nicht das, was du erreichen wolltest?«
»Ich wollte dich betteln lassen, aber dir ganz sicher nicht wehtun.« Er half mir, von den Stühlen herunterzukommen und mich aufzurichten. »Du bist einfach zu süß, wenn du bettelst.«
Genervt verdrehte ich die Augen. Ich war fast 30, ich wollte ganz sicher nicht ›süß‹ genannt werden. »Ich kann ja das nächste Mal testen, ob du auch so betteln kannst.«
Er schnaufte. »Wird nicht passieren und das weißt du ganz genau.«
Ich drehte mich um und strecke ihm die Hände entgegen, damit er die Fesseln lösen konnte. Ich hätte das auch allein gekonnt, denn der Karabiner, der beide Armschienen zusammenhielt, war so konzipiert, dass ich ihn mit etwas Verrenken erreichen konnte, aber es gehörte dazu, dass er das übernahm. Im Moment löste er nur eine Seite, er war also noch nicht fertig mit mir. Ich jedoch auch nicht. »Ihr habt doch nur Angst, dass euch so ein junger Bursche mal zeigt, wie das richtig geht.«
»Du bist ein ganz schöner Rotzbengel geworden!«, echauffierte sich Roger und lachte dann herzhaft, während er die Seile einsammelte und zusammenrollte. Dann sah er mich an. »Weißt du, du warst mal niedlich und man konnte dich mit solchen Aussagen in Verlegenheit bringen. Da gab es keine solchen Widerworte.«
»Das halte ich für ein Gerücht. Dafür gibt es keine Beweise!«, rief ich ihm grinsend hinterher, als er mit den Seilen ins Schlafzimmer verschwand.
Natürlich wusste ich, dass es stimmte. Aber das war ein anderes Ich. Das damals war Isaac, nicht Samsa. Seither war mehr als eine Dekade vergangen und viel passiert.
»Kleiner?« Dass ich erwachsener geworden war, änderte leider nichts an meinem Spitznamen. Roger hatte mein Gesicht in seine Hände genommen und es in seine Richtung gedreht, um meine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass er aus dem Schlafzimmer zurück war. »Ist wirklich alles gut?«
»Ja, ich bin nur gerade in Gedanken versunken.«
»Was Schlimmes?« Er zog die Augenbrauen kraus. Schnell schüttelte ich den Kopf. »Und du bist du dir absolut sicher, dass das gerade wirklich eine gute Idee war?«
»Ja, mir geht’s schon deutlich besser als vorher.« Ich gab ihm einen Kuss auf die Wange. »Danke dir.«
»Ich versteh dich nicht, aber wenn du dir da sicher bist, ist es gut.« Er löste die Fesseln nun doch, was mich verwirrt aufblicken ließ. »Ich hab grad gesehen, dass ich doch schon losmuss.«
»Hmm. Schade. Aber danke, dass du so kurzfristig Zeit gefunden hast.« Ich hätte mich zwar durchaus über mehr Zeit mit ihm gefreut, aber er hatte es bereits angedroht, als ich ihn vor ein paar Stunden gefragt hatte, ob ich vorbeikommen könnte. Daher verbat ich mir, enttäuscht zu sein. Er zog sich bereits an. »Wie schnell musst du denn los? Soll ich fertig aufräumen? Ich würde nämlich gerne noch duschen.«
»Für dich hab ich doch immer Zeit, wenn es dir schlecht geht.« Er gab mir einen kurzen Kuss, nachdem er fertig angezogen war. »Wäre furchtbar lieb. Schmeißt du den Schlüssel in den Briefkasten?«
»Klar.« Schmunzelnd sah ich ihm hinterher, als er aus der Wohnung hetzte.
Ich zog mir meine Unterhose über und brachte die Wohnung in ihren Normalzustand, bevor ich unter die Dusche stieg. Während das warme Wasser auf mich herunterprasselte, wurde ich wieder sentimental und meine Gedanken schweiften zu der Zeit, als alles noch ganz anders war.
»Dort irgendwo ganz tief in mir
Verbirgt sich …«
ASP – Intro