Drei Tage. Drei verflucht lange Tage hatte Val nun schon nicht mehr mit Alexey gesprochen oder war mit ihm alleine gewesen.
Natürlich, sie hätte wie schon so oft nachts zu ihm schleichen können, doch Val war nicht gegangen. Sie konnte einfach nicht. Zum Teil lag es daran, dass sie sich immer noch für ihre kranke Aktion schämte, doch den Bärenanteil ihres Fernbleibens machte dann doch das aus, was danach gefolgt war. Das, was er ihr über sich und auch über sie erzählt hatte.
Es fiel Val immer noch unglaublich schwer, auch nur ein Wort davon zu glauben. Auf der anderen Seite war jedoch absolut nicht zu leugnen, dass Alexey anders als jeder andere Mensch oder Mann war, dem Val jemals begegnet war. Er heilte unglaublich schnell. Er konnte sich schneller bewegen, als sie blinzeln konnte und dann erst diese Fänge … Die waren nicht einfach nur zur Dekoration oder ein schönes Plastikgebiss, mit dem man zu Halloween angeben konnte. Nein, sie hatte selbst gesehen, wie sie sich aus seinem Oberkiefer geschoben hatten, sobald der entsprechende Anreiz da war. Dann auch noch die Sache mit seinem Speichel, von seinem Blut ganz zu schweigen …
Scheiße. Vampire? Echt jetzt?!
Schlimm genug, dass Val an diesen beschissenen Ort gelandet war, aber das war dann auch noch das Sahnehäubchen auf dem ganzen Scheißhaufen, der nun ihr Leben darstellte und die Kirsche zur Dekoration oben drauf war dann noch die Sache mit Jenen. Begabte Menschen. Freaks. Was auch immer. Sie war ja anscheinend auch eine davon und das konnte Val noch weniger glauben.
Dennoch, egal, wie oft sie darüber nachdachte, es gab da immer diese leise Stimme in ihr, die ihr zuflüsterte, dass sie genau das war – besonders begabt oder zumindest ein verdammter Freak. Denn mal ehrlich, wäre es anders, wäre sie dann nicht vielleicht doch einfach tot geblieben?
Mal von ihrer Wiederauferstehung abgesehen konnte Val das mit der Heilgabe überhaupt nicht glauben. Wäre schön gewesen, wenn sie es wirklich könnte, dann wäre sie nicht auch weiterhin auf Alexeys Salbe angewiesen und müsste sich nicht immer noch halbwegs vorsichtig bewegen, da sie seit Tagen durchgehend Schmerzen hatte und die so wenigstens auszuhalten waren. Aber da es nun mal war, wie es war, hielt sie das mit dem Heilen für absoluten Blödsinn. Früher einmal hätte sie es vielleicht irgendwie mit viel Augenzudrücken geglaubt, denn man hatte ihr schon ein paar Mal heilende Hände nachgesagt, so verdammt gut war sie mit dem Skalpell gewesen. Val hatte es zwar immer auf ihre Fähigkeiten und ihren ausgezeichneten Instinkt beim Operieren geschoben, aber in diesem neuen Licht betrachtet?
Das hier war aber nicht ihr früheres Leben, noch nicht einmal ihr richtiger Körper und das einzige Ungewöhnliche, das sie zuletzt bewirkt hatte, war der Umstand, dass sie offenbar den Perversen ordentlich zum Kotzen gebracht hatte und seither nicht wieder. Sie war also wirklich sehr begabt darin, nicht wirklich begabt in diesen Dingen zu sein.
Einmal von ihr selbst abgesehen fiel es Val jedoch gar nicht so schwer, das mit Jenen zu glauben. Also dass die Eiskönigin und ihre schrecklich netten Freundinnen zu diesen Freaks gehörten. Dabei musste Val nur an dieses satanische Ritual zurückdenken und wie seltsam sie sich dabei gefühlt hatte. Nicht wegen Alexeys Duftwaffe, sondern wegen dieser heftigen Energie, die dabei durch sie hindurch gegangen war. Die war nicht von irgendwoher gekommen. So viel konnte Val auf jeden Fall behaupten.
Oh Mann, diese Fähigkeiten, die er ihr beschrieben hatte … Von Telekinese hörte man ja häufiger, ob man es nun glauben wollte oder nicht, aber jemanden so zu bezirzen, dass man ihn zu allem zwingen konnte? Allerdings toppte die ‘Gabe’ von dieser Blonden das alles noch. Der Beschreibung nach schien das Weib so eine Art Succubus zu sein. DAS fand Val wirklich unheimlich, und allein die Vorstellung, dass Alexey auch mit ihr hatte Sex haben müssen … Dass sie ihn ebenfalls vergewaltigt hatte, um es mal richtig beim Namen zu nennen … Scheiße, sie konnte noch so viel über ihn erfahren, aber wirklich begreifen, wie groß sein Leid tatsächlich war, würde sie wohl nie. Noch dazu, wenn er wirklich schon so lange bei der Eiskönigin war, wie es zu sein schien. Diese Frau war auf eine Art und Weise grausam, wie Val sie sich niemals ausdenken könnte. Wer konnte schon sagen, was sie im Laufe dieser … Jahrhunderte Alexey alles angetan hatte?
So viel Val auch in diesen drei Tagen grübelte, zumindest eine Sache war für sie letztendlich vollkommen klar, ohne dass sie lange darüber nachdenken musste: Alexey war kein Monster.
Er war vielleicht kein Mensch und ganz sicher sogar sehr gefährlich, wenn er wollte, aber er war mit Sicherheit kein verdammtes Monster!
Der einzige Grund warum sie ihn dennoch mied, war sie selbst. Val musste erst einmal ihre Gedanken sortieren, ihre Mitte wiederfinden – zumindest halbwegs – und sich darüber klar werden, was sie eigentlich von ihm erwartete oder wollte.
All die schrecklichen Dinge, die er getan hatte – auch mit ihr –, hatte sie ihm längst verziehen. Sie kannte nun die Gründe dafür, weshalb sie ihm auch nicht die Schuld dafür geben konnte. Noch nicht einmal für Vanadis’ Tod.
Selbst die Tatsache, dass er offenbar ihr Blut getrunken hatte, schreckte Val nicht wirklich ab. Zum einen, weil es eine ziemlich seltsame Erfahrung gewesen war, die sie nicht als das erkannt hatte, was es offenbar gewesen war, und zum anderen war es wieder einmal ein Befehl dieser Bitch gewesen. Alexey hätte sich sicher nicht einfach an ihr bedient, wenn er eine Wahl gehabt hätte. Da war Val sich sicher.
Darüber hinaus … Gott, wie sehr sie ihn vermisste! Wie sehr sie doch die Geborgenheit und seine Wärme vermisste. Wie er es schaffte, einen beschissenen Tag wenigstens gut ausklingen zu lassen und wie liebevoll und aufmerksam er sich stets um sie kümmerte, wenn er konnte …
Obwohl Val in den letzten drei Tagen seinen Anblick gemieden hatte, hatte sie doch immer wieder Alexeys Blick auf sich gespürt. Nie hatte sie ihn als unangenehm empfunden oder aufdringlich. Auch nachts belästigte er sie nicht und blieb ihr fern, jedoch nicht so, dass Val das Gefühl hatte, er wäre beleidigt auf sie. Nein, obwohl sie nicht genau sagen konnte, woher sie es wusste, so spürte sie doch, dass er ihr ihren Freiraum ließ, um selbst entscheiden zu können, wann sie zu ihm kam oder ob sie überhaupt noch einmal zu ihm kommen wollte. Wobei Letzteres sowieso nicht zur Debatte stand. Sie würde zu ihm kommen – wenn sie soweit war.
Und so vergingen diese drei verflucht langen Tage und Nächte ohne seine Nähe. Ohne seine Wärme und ohne den angenehmen Ausklang.
Zu Vals Glück hatte sich wenigstens etwas im Verhalten des Perversen geändert. Er war tagsüber nicht mehr so sehr auf sie fixiert und vergaß auch häufiger, dass sie überhaupt da war und ihn bediente.
Die Hauptmahlzeiten nahm er mit der Eiskönigin und ihrem Gast ein, was ungewöhnlich war, zumindest soweit Val wusste. Vielleicht lag es auch einfach daran, dass die Bitch mit ihren Freundinnen bisher immer hatte alleine essen wollen und ihren neuen Macker dafür richtiggehend präsentieren wollte. So genau konnte Val es nicht sagen, aber das waren zumindest jene Zeiten, in denen sie sich versichern konnte, dass es Alexey soweit gut ging.
Von den Mahlzeiten jedoch abgesehen war der Perverse plötzlich äußerst geschäftig. Anstatt wie so häufig einfach in den Tag hinein zu bummeln, konzentrierte er sich offensichtlich auf seine Geschäfte oder die der Eiskönigin. Auch das konnte Val nicht richtig beurteilen. Auf jeden Fall war sie froh, dass er nun sehr viel mehr Zeit mit seinem Schreibkram verbrachte als mit ihr.
Der einzige Nachteil davon war, dass ihn das alles offenbar so sehr beschäftigte, dass er mit der Zeit immer länger brauchte, bis er mit ihr fertig war und sie auch grober behandelte, als wäre es ihre Schuld. Dabei konnte sie nun wirklich nichts dafür, dass er offenbar Probleme mit seiner Ejakulation hatte. Oder etwa doch?
So sehr sie dem Kerl auch Erektionsstörungen wünschte, zu glauben, sie könnte in dieser Sache auch nur irgendwas beeinflussen, war einfach unsinnig – und hatte zudem auch überhaupt nichts mit einer Heilgabe zu tun!
Viel eher glaubte Val, das der Kerl sich in seiner Männlichkeit beschnitten fühlte, nun, da seine Frau ihm einen Liebhaber vor die Nase gesetzt hatte, der diese Position auch freiwillig einnahm und vielleicht auch seine Position als Hausherr bedrohen könnte. Oder warum mimte er plötzlich das fleißige Arbeiterbienchen?
Wie dem auch sei, obwohl Val am Morgen des vierten Tages immer noch nicht wusste, was sie eigentlich glauben sollte und was nicht, so war ihr Verlangen nach Alexeys Nähe am Ende stärker als all das und sie beschloss, ihn in dieser Nacht aufzusuchen. Falls er sie überhaupt sehen wollte.
***
So ruhig, wie in den letzten Tagen, war Alexeys Leben schon lange nicht mehr gewesen. Dennoch war es die reinste Qual.
Obwohl er von Hedera und ihren täglichen Spielchen weitestgehend verschont blieb, da sie sich lieber mit dem blonden Schönling vergnügte und beschäftigte, gab das Alexey auf der anderen Seite sehr viel Zeit über seine kleine Kriegerin nachzudenken und darüber, dass sie ihn sehr deutlich mied. Nicht nur des Nachts, sondern auch ihr Blick berührte ihn kein einziges Mal, soweit er das sagen konnte, gerade weil er sie so gut wie nie aus den Augen ließ, wenn er einmal die Chance dazu hatte, in ihrer Nähe zu sein. Was lediglich bei den Mahlzeiten der Fall war.
Dennoch, obwohl sie ihn zu meiden schien und ihre Abwesenheit ihn von Nacht zu Nacht mehr quälte, war er innerlich von Ruhe erfüllt, da er genau wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis sie zu ihm kommen würde. Alexey wusste es, weil er nicht die geringste Angst, Abneigung oder sonst ein Gefühl an ihr wittern konnte, das ihn betraf und in diese Richtung ging. Zudem schien sie von Tag zu Tag … gefestigter. Obwohl sie zweifellos den gleichen Tagesrhythmus hatte wie schon in den vergangenen Tagen, schien sie besser zurecht zu kommen. Ihre Verletzungen heilten und obwohl er den einen oder anderen neuen Bluterguss an ihr entdecken konnte, wurde sie dennoch nicht noch einmal brutal von Vorenus verprügelt. Was gut war, denn der Kerl schien sich von Tag zu Tag unwohler zu fühlen und könnte dadurch sehr viel reizbarer werden, als er es ohnehin schon war. Er sah auch nicht allzu gut aus, obwohl Hedera ihm inzwischen etwas von Alexeys Blut hatte zukommen lassen. Doch das musste nicht unweigerlich an etwas Körperlichem liegen, vielleicht fürchtete er auch um die Position des Familienoberhaupts, das er inne hatte, nun, da Hedera einen Gleichgesinnten gefunden hatte, den sie stattdessen heiraten könnte.
Die Frage war nur, ob dieser auch weiterhin so gefällig sein würde, wie er es im Augenblick war, oder ihm seine neue Position am Ende zu Kopf stieg. Ein Argument, das Hedera bei ihren Überlegungen sicherlich nicht so einfach außer Acht lassen würde.
Momentan schien dieses Thema jedoch ohnehin nicht von Bedeutung zu sein, da es noch nicht einmal ansatzweise bei all den Gesprächen, bei denen Alexey dabei war, gestreift wurde. Viel interessanter war da offenbar Alexeys Natur, anregende Gespräche über Magie im Allgemeinen und bestimmte Zauber im Speziellen, aber allem voran körperliche Vergnügungen. Derlei gab es viele, was nicht besonders überraschte. Zumindest Alexey überraschte Hederas Hunger nach körperlicher Befriedigung nicht. Im Grunde genommen fand er es sogar bemerkenswert, wie gut sich Arum in dieser Sache hielt. Er schien ein erstaunlich hohes Maß an Energie zur Verfügung zu haben, was vielleicht mit seiner Fähigkeit zusammen hängen könnte, doch selbst er konnte am Ende nicht mit dem Zauber mithalten, den Hedera nur zu gerne immer wieder auf Alexey gelegt hatte.
Am Morgen des vierten Tages, den Valeria ihn nun schon mied, kam, was letztendlich hatte kommen müssen und mit dem Alexey gewissermaßen sehr viel früher gerechnet hätte: Arum verließen die Kräfte früher, als Hederas Hunger gestillt werden konnte, also wandten sie sich an ihn.
„Und es stört dich ganz bestimmt nicht, wenn er eine Weile für dich übernimmt?“, fragte Hedera ihren immer noch leicht keuchenden Liebhaber, dessen Körper von den wilden Aktivitäten am frühen Morgen von Schweiß bedeckt war.
„Gewiss nicht, meine schöne, unersättliche Göttin. Dein Vergnügen ist auch mir ein Vergnügen. Zudem reizt mich der Gedanke, deine Bestie einmal in Aktion zu erleben. Also nur zu.“ Er beugte sich über Hedera und küsste sie zart auf die Lippen, während er träge über ihre nackte Brust strich. „Gewiss werde ich dabei nicht lange brauchen, um schon bald zu euch zu stoßen“, hauchte Arum gegen ihren Mund und ließ sie leise aufstöhnen, als er mit seinen Fingern ihren Nippel reizte.
Der Gedanke, von zwei Männern gleichzeitig verwöhnt zu werden, schien ihre Erregung noch ums Vielfache anzuheizen. Gewiss würde das ihrer Laune nicht besonders zuträglich sein, wenn sie schon bald herausfand, dass Alexey gar nicht dazu in der Lage war, sie auf die Art zu befriedigen, die sie sich von ihm wünschte, da er ihren magischen Ring nicht länger um seinen Schwanz trug. Somit konnte sie ihn auch nicht dazu zwingen, für sie hart zu werden. Eine wahre Wohltat, die nun ihr Ende fand.
Schon als Hedera ihn zu sich ans Bett befahl, wusste Alexey, dass ihre Strafe für ihn schrecklich sein würde. Dennoch hatte er noch nicht einmal versucht, den verhassten Ring wieder überzustreifen, nachdem es Valeria so leicht gelungen war, ihn von ihm zu nehmen. Alexey hätte eigentlich gedacht, dass das nur Hedera vermochte, doch dem war offenbar nicht so. Vielleicht war das ein weiterer Beweis dafür, dass seine kleine Kriegerin zu Jenen gehörte, obwohl er selbst keine weiteren Beweise benötigte, um sich dessen sicher zu sein.
„Nimm den Helm ab, entblöße dich vollkommen und komm her.“ Hederas Stimme klang kühl, obwohl ihr Blut sich dabei noch eine Spur weiter erhitzte.
Alexey tat, wie ihm befohlen. Nahm zuerst den Helm ab, legte seine Schwerter zur Seite und zog sich dann mit starkem Unbehagen vollkommen aus. Seine Nacktheit war es nicht, die ihn sich unwohl fühlen ließ, sondern das Warten auf den Moment, bis Hedera endlich begriff.
„Halt!“ Alexey hatte das Bett noch nicht einmal berührt, da saß sie bereits aufrecht und starrte ihn ungläubig an.
„Wo ist dein Ring?!“
Alexey presste die Kiefer aufeinander und ballte die Hände zu Fäusten, ganz so, als würde er darum kämpfen, seine Antwort für sich zu behalten, doch tatsächlich verspürte er inzwischen nicht einmal mehr den leisesten Drang, ihr antworten zu müssen. Was auch immer seine kleine Kriegerin an ihm gewirkt hatte, es hatte ihn endgültig davon befreit, diesem verhassten Miststück Rede und Antwort stehen zu müssen.
„In meiner … Kammer …“, antwortete er schließlich zwischen seinen zusammengebissenen Zähnen hindurch.
Hederas Wut verpasste ihm einen solchen magischen Schlag, dass er zurücktaumelte. „Das war nicht meine Frage!“, schrie sie ihn an. „Ich will wissen, wie du ihn hast abnehmen können!“
Eine sehr gute Frage – auf die sie niemals eine Antwort von ihm bekommen würde. Eher starb er!
In den letzten Tagen hatte Alexey sich sehr genau überlegt, was er wegen des Rings tun sollte. Dass er ihn niemals freiwillig anlegen würde, stand außer Frage. Doch welche Lüge konnte er Hedera erzählen, ohne dass sie sofort wusste, dass er log – was ihm nicht möglich sein sollte?
Jede nur erdenkliche Antwort hatte Alexey erwogen, doch letztendlich war die sicherste Antwort, ohne sich zu verraten, keine Antwort. Daran hielt er sich. Auch wenn er nun den Kampf vortäuschen musste, den er schon einmal vor Hedera ausgefochten hatte, um seine kleine Kriegerin zu beschützen. Doch genau das tat er auch jetzt. Er beschützte Valeria und zugleich sich selbst, denn Hedera durfte niemals herausfinden, dass sich die magischen Ketten, die sie um ihn gelegt hatte, zu lockern begonnen hatten.
„ANTWORTE!“ Ein weiterer magischer Schlag und er ging in die Knie.
Alexey biss sich absichtlich auf die Zunge, um Blut über sein Kinn laufen zu lassen, als würde er sich lieber die Zunge abbeißen, als ihr zu antworten. Was auch der Fall war.
„Soll ich seine Zunge für dich lockern, Liebste?“, kam ihr Arum zu Hilfe, doch Hedera schüttelte aufgebracht den Kopf und sprang aus dem Bett. „Ich bin seinen Widerstand inzwischen so leid …“ Ihre Stimme klang wie das Fauchen einer wilden Katze. Oder eher einer frustrierten.
An Alexey gewandt zeigte sie ihm zudem auch noch ihre Krallen. „Geh in deine Kammer, hol den Ring und deinen Umhang und dann triff uns im Peristyl!“
Sie würde ihn also zur Strafe auspeitschen lassen. Das war allemal besser, als sich zu verraten, also erhob sich Alexey und wandte sich zum Gehen.
„Setz deinen verdammten Helm wieder auf, bevor du gehst!“, schrie sie ihm noch hinterher.
Alexey tat, wie ihm befohlen und hätte sich gewünscht, sie hätte das Gleiche von seinen Kleidern verlangt, doch tatsächlich war er gezwungen, nun nackt durch die Villa in seine Kammer und anschließend in den Garten zu gehen, während er den Geschichten, welche die Sklaven sich über ihn erzählten, neuen Zunder gab.
***
Val war so sehr in ihren Gedanken vertieft, während sie darauf wartete, den Weinbecher des Perversen auffüllen zu müssen, dass sie noch nicht einmal das leise Klatschen bemerkte, das mittlerweile beständig zum Fenster herein geweht wurde und ihr regelmäßig kalte Schauer über den Körper jagte. Es war, als wüsste ihr Unterbewusstsein etwas, von dem ihr abgelenktes Bewusstsein noch nicht einmal Wind bekommen hatte, obwohl sich ihr ganzer Körper mit jedem Klatschen immer weiter verspannte.
Erst, als der Perverse kurz von seiner Schreibarbeit hoch blickte, zum Fenster hinüber sah und etwas Unverständliches murmelte, riss er Val damit aus ihren Gedanken und machte sie auf das Geräusch aufmerksam.
Ihr brach kalter Schweiß aus, als sie den nur zu vertrauten Klang erkannte – jemand wurde ausgepeitscht!
Mit heftig pochendem Herzen fragte sie sich, wer es wohl war, der da bestraft wurde und für was. Schwer zu sagen ob Frau oder Mann, allerdings war klar, dass das Vergehen groß gewesen sein musste, denn es ging unablässig weiter.
Eine Weile zählte Val die Schläge noch mit, doch irgendwann hörte sie auf, als ihr bewusst wurde, dass derjenige das unmöglich überleben konnte. Was schrecklich genug war, doch das richtig Unheimliche an der Sache war, dass sie keine Schreie oder Schmerzenslaute gehört hatte und auch jetzt nicht hörte. Da war nur dieses beständige Klatschen, das irgendwann immer wieder ins Stocken geriet, als würde der ausführende Arm, der die Peitsche hielt, nicht mehr lange durchhalten. Dann hörte es plötzlich auf und die Stille, die daraufhin folgte, war kreischend laut.
Vals Puls raste und ihre Gedanken überschlugen sich. Sie hatte Angst um Ceara, glaubte aber nicht, dass ihre einzige Freundin da gerade zu Tode gepeitscht worden war. So tapfer das rothaarige Mädchen auch war, sie würde bestimmt vor Schmerz schreien, wenn man sie so quälte. So wie Val geschrien hatte, als ihr das angetan worden war. Doch sie hatte nichts dergleichen gehört und selbst so in Gedanken versunken, hätte sie zuvor auf jeden Fall mitbekommen, wenn ihre Freundin vor Schmerzen geschrien hätte. Wer war es also gewesen?
Sie erfuhr schon kurz darauf die entsetzliche Antwort, als ein markerschütterndes Brüllen die unheimliche Stille zerriss und mit ihr Vals wild schlagendes Herz.
Es war Alexey.