Der Weg zur Feier, kam mir noch länger vor als die Prüfung. Während Tomoe es langsam bereute, ihren Kimono mit den etwas zu sehr betonten Ausschnitt genommen zu haben, versuchten mir Naru und Keitaro zu erklären, wie es auf solchen Festen zugeht.
„Es ist, fast so wie auf dem Jahrmarkt.“, erzählte Naru, “Es gibt Stände mit Spielen, Imbissbuden.“
„Du kannst dir sogar Souvenirs besorgen.“, erwiderte Keitaro.
„Wozu sollte ich mir Souvenirs kaufen wollen? Ich lebe doch schon in Japan.“, konterte ich.
„Jetzt sei doch nicht schon wieder so mies gelaunt.“, sagte Naru lächelnd und stieß mir sanft ihren Ellbogen in die Rippen, “Bist du etwa immer noch sauer wegen vorhin?“
Ich schüttelte den Kopf und versuchte ihr Lächeln zu erwidern, jedoch machte sich meine Schläfe wieder bemerkbar. Es schien mir so, als wolle mich irgendetwas von dieser Feier fernhalten. In meinen Gedanken blitzten plötzlich Bilder auf. Es war ebenfalls ein Fest, die Nacht war herein gebrochen,.....überall waren Menschen und......konnte das sein ? Sah ich da......tatsächlich ein Kind mit einer verdächtig aussehenden Mütze? Doch es war nicht Kaede. Es wurde von den Umstehenden gemieden und angerempelt. Als es genug hatte, riss es sich die Mütze vom Kopf und zeigte allen.......diese furchtbaren, verdrehten Hörner. Sie bogen sich nach hinten und zeigten sich in Form einer Spirale. Plötzlich drehte es sich um und starrte mich mit glühend roten Augen an. „Nein das....das kann nicht sein! Bin ich das etwa?!“
Als mir Tomoe auf den Hinterkopf schlug, erwachte ich wieder aus meiner Trance. Wir waren inzwischen angekommen und es herrschte ein buntes treiben. Alle schwatzten wild durcheinander, überall sah ich Stände aneinander gereiht, soweit ich nur blicken konnte. Shinobu und die anderen, hatten sich direkt vor der Uni versammelt und ihren eigenen Stand aufgebaut, wo sie den umstehenden die verschiedensten Gerichte anboten. Mehr aber sprach mich das an, was Kanako mit Kitsune mir da unter die Nase hielten. „Nein, nicht da was ihr schon wieder denkt! Typisch Menschen, denken immer nur an das eine!“
„Das sagt dir doch sofort zu oder?“, fragte Kitsune schelmisch und reichte mir eine große Portion Takoyaki mit Curry.
Mir lief das Wasser im Mund zusammen und meine Unterlippe begann zu zittern.
„Wir kennen uns noch nicht so lange,....und dennoch weißt du was ich gerne esse!“
Ich vermochte kaum es auszusprechen aber.......ich strahlte regelrecht über das ganze Gesicht und als ich ihre Portion vernichtete, tätschelte sie mich noch.
„Na siehst du! Dachte ich mir doch das man dich besänftigen kann!“, lachte sie.
„Aber er hat noch gar nicht mein Takoyaki gekostet!“, meldete sich Kanako und reichte mir einen Teller.
Auf diesen Takoyaki war eine seltsame grüne Masse, die ich neugierig beäugte.
„Was ist das denn?“, fragte ich und schnalzte mit der Zunge.
„Du weißt nicht was das ist?“, fragte Naru.
„Sollte ich?“, erwiderte ich.
„Das nennt man Wasabi.“, erklärte Su, “Na los, probier schon!“
„Aber Vorsicht! Das Zeug ist verdammt scharf!“, warf Muzumi ein.
Sie wollten mich noch aufhalten, doch ich hatte schon den ersten Bissen genommen und bereute es sogleich. Zu erst, fühlte es sich so an, als würde mir die Kehle zugeschnürt. Darauf folgte ein Schock der mich in die Knie zwang und meine Nase begann zu brennen.
„Das du immer gleich so übertreiben musst!“, rief Tomoe und klopfte mir auf die Schulter.
Ich musste ein paar mal tief durchatmen um wieder zu Kräften zu kommen. Shinobu war so nett und reichte mir ein Glas Milch.
„Wozu das denn?“, fragte ich.
„Man soll Milch trinken, wenn man mit der Schärfe noch nicht so gut zurecht kommt und sich danach abkühlen will.“, sagte sie und half mir auf die Beine.
„Warum kein Wasser?“, fragte ich angestrengt und schüttelte mich.
„Weil Wasser den Nachgeschmack von Wasabi nur noch verstärkt.“, sagte Motoko,“Das jemand wie du, der sowas noch nie gegessen hat, nach einem Bissen bei der Menge von Wasabi wieder aufstehen kann, ist schon nicht zu verachten. Das muss man dir lassen.“
Ich würgte die Milch runter und sah mich um.
„Wollen wir nicht langsam mal losziehen und Spaß haben?“, fragte Naru.
Ich grinste sie an und ob man es nun glauben wollte oder nicht, aber so langsam fand ich Gefallen an diesem Fest.
„Wenn du immer noch bereit für eine Abreibung bist, von mir aus gerne!“
Narus Lächeln verwandelte sich in ein dämonisches Grinsen und sofort blitzte sie mich an.
„Wenn du darauf bestehst ungespitzt in den Boden gerammt zu werden! Können wir gerne anfangen!“
Und damit, ließen wir Tomoe, Keitaro und die anderen erst mal stehen. Naru führte mich zu erst zu einem Spiel, bei dem es darum ging bunte Ringe, auf einen bestimmten Pfosten zu werfen. Wir beide waren nicht sonderlich gut darin, bis sie das Ruder beim letzten Ring herumriss und mich mit einem Punkt besiegte. Beim nächsten Spiel, dominierte ich jedoch. Man musste ein Haufen bunter, etwas schwerer Flummis, die in einem Becken schwammen, in einen Korb stecken. Ich schaffte es mit Leichtigkeit Naru zu schlagen. Auch wenn ich nicht genau wusste, wo genau ihr Problem lag.
„Du hat mich doch absichtlich in dieses Becken geschubst, gibs zu!“, fluchte sie und kniff mir in die Wange.
„Warum soll ich etwas zugeben, was ich nicht gemacht habe! Du bist einfach zu ungeschickt du Trampeltier!“, höhnte ich und streckte ihr die Zunge raus.
„Wenigstens führe ich eine wundervolle Beziehung mit Keitaro! Im Gegensatz zu dir!“, sagte sie voller Stolz.
„Ja und? Schön für dich. Ich interessiere mich nun mal nicht für Jungs. Da kann man nichts machen.“, sagte ich kleinlaut und ging weiter zum nächsten Stand.
„Hä....aber.....Moment mal, so war das aber nicht gemeint! Komm wieder her!“
Später trafen wir auf Tomoe, die es bei einen Spiel besonders schwer machte. Diesmal, sollte man mit einem Gewehr, das mit Korken schoss, auf den Preis schießen den man haben wollte.
„Kein Glück?“, fragte ich.
„Nein......“, nörgelte sie und knallte das Gewehr auf den Tisch, “Es ist doch immer wieder das gleiche. Gerade solche Spiele sind auf Jahrmärkten immer gefilzt. Man kann nur verlieren!“
Doch ich bewies ihr zwei Minuten später das Gegenteil. „Zugegeben, ich musste ein wenig nachhelfen um überhaupt einen Preis zu gewinnen.“
Es war nämlich so, dass egal wie oft man irgendetwas traf, so wollte der Preis doch nicht umfallen. Auch wenn ich mich nicht für Plüschtiere begeistern konnte, sprang mir eines ganz besonders dreist ins Auge. Ohne das Naru etwas bemerkte, stieß ich den Korken mit meiner Telekinese etwas an, damit er genug Kraft aufbrachte, um das Ding zu Fall zu bringen.
Zu guter Letzt, gingen wir wieder zurück zu Shinobu und den anderen. Motoko, Su und Kitsune, wollten mir noch mehr, als nur Takoyaki mit Wasabi und Curry geben.
„Wehe es schmeckt dir nicht!“, drohte mir Motoko und hielt mir ihre Schüssel unter die Nase.
„Und was ist das?“, fragte ich.
„Gebratener Reis und gemischtes Gemüse.“, sagte sie.
„Er soll aber zuerst meins Probieren!“, mischte sich Su ein und drängte sich zwischen uns, “Bunte Nudeln frittiert und auch noch extra scharf gemacht! Nur für dich Rayo!“
„Augenblick mal und was ist bitte mit mir?!“, ergriff nun Kitsune das Wort, “Gegen mein Gericht stinken eure doch ab! Rote Beteklöße in Ochsenbouillon! Ich garantiere dir, danach willst du nichts anderes mehr essen!“
Ich verstand überhaupt nicht mehr was vor sich ging. Und warum wollten mir plötzlich alle etwas zu essen kochen?
„Könnt ihr mir mal verraten worum es hier geht?!“, fluchte ich.
„Wir dachten uns, dass wir dich etwas ablenken können. Nachdem was vor ein paar Wochen passiert ist.“, sagte Muzumi.
„Und da wir uns noch nicht richtig kennenlernen konnten, holen wir das jetzt eben nach, du alter Griesgram.“, grinste Kitsune.
„Geht das schon wieder los! Hört auf mich so zu nennen! Ich bin kein Griesgram!“
„Guckt mal, er wird schon wieder ganz griesgrämig.“, lachte Su mich aus.
„Ha ha, wirklich sehr witzig Leute! Wartet nur bis ich euch die Küche leer futtere, dann werdet ihr aber staunen!“
Plötzlich, erklang das laute Klacken von einem Absatz. Jemand bestimmtes war gerade eingetroffen und ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Und dann, hörten wir jemanden gebieterisch rufen.
„Der Gestank der Verzweiflung und Feigheit führte mich hierher! Ein wahrer Sturm der Eleganz wird über euch hereinbrechen! Gerechtigkeit führt meine Klinge! Ich zerschneide das Chaos, denn mein Herz schlägt nur für Ordnung und Disziplin! Verrat ist eine Sünde, Freiheit eine Tugend! Angst ist keine Schwäche, sondern Stärke! Gefühle sind Befreiung! Ihr erbärmlichen Schwächlinge, jetzt wird abgerechnet!“
Tomoe, lies augenblicklich ihren Teller stehen und stapfte durch die Menge.
„Warte mal, wo willst du denn hin?!“, rief ich mit vollem Mund und versuchte gerade allen Ernstes, alle drei Gerichte der Mädels, auf einmal zu verputzen.
Also lies ich ebenfalls alles stehen und liegen und ging ihr nach.
„Wenn ich die erwische.“, sagte sie immer wieder und gab sich keine Mühe, auf mich zu warten.
„Kannst du mir verraten was los ist?“, fragte ich.
„Wirst du gleich schon sehen!“, zischte sie mich an.
Wieder ertönte diese gebieterische Stimme.
„Angst ist Stärke! Disziplin ist eine Tugend! Verrat ist Sünde! Das sind die Regeln denen ihr euch alle unterwerfen müsst! Ihr jämmerlichen Versager werdet mich noch kennen lernen, wenn ihr euch diesen Regeln widersetzt!“, schrie ein Mädchen in unsere Richtung.
Tomoe blieb entsetzt stehen und ich erkannte auch warum.
Das Mädchen was sich soeben mit ehrfurchtgebietender Ansage, angekündigt hatte, hatte scheinbar nur auf uns gewartet. Sie stand da, mit der Spitze ihres Katanas auf den Boden gestellt, Beide Hände auf dem Griff und einen ernsten Blick aufgesetzt.
„Aufgeblasene......eingebildete.....“, murmelte Tomoe zornig und ballte die Fäuste.
Sie trug einen gänzlich weißen Kimono, der hier und da blaue Akzente aufwies. Beim Ausschnitt, meinte ich die gleichen Farben zu erkennen wie auf Tomoes linker Seite des Kimonos. Allerdings waren sie hier auf beiden Seiten zu erkennen und erinnerten mich an ein paar große, dämonische Augen die mich musterten. Sie hatte langes, dunkles Haar , das in der nächtlichen kühlen Brise wehte.
„Seid mir gegrüßt.“, sagte sie kühl und setzte ein dunkles Lächeln auf, “Ich bin überrascht, dich hier zu sehen. Dabei dachte ich das du die Prüfung nicht bestehen würdest. Aber, da habe ich mich wohl geirrt.“
Ich war verwirrt und hatte keine Ahnung wer das sein sollte.
„Darf man fragen wer du bist?“, fragte ich und musterte sie.
Ihre Augenbraue zuckte und scheinbar hatte ich sie gekränkt, denn ihr Lächeln verblasste schon wieder.
„Das kann ich dir auch beantworten.“, sagte Tomoe mit ernster Mine, “Das, ist meine Rivalin! Ella, oder wie sie eigentlich heißt, Isshina Korukawa! Eine arrogante, kaltherzige Dämonin die ganz solide mit ihrem Katana umgehen kann!“
Hörte ich da etwa einen Hauch von Bewunderung heraus? Rivalität unter Menschen, wird für mich wohl immer ein Rätsel bleiben.
„Und dich hier zu sehen, Tomoe Darakaija, verwundert mich. Ich hoffe du hast in den vergangenen Jahren dazu gelernt und deine Fehler ausgemerzt.“
„Jetzt blas dich nicht so auf, du verwöhnte Göre!“, spuckte Tomoe aus, “Im Gegensatz zu dir, musste ich mich mit echten Problemen herumschlagen, von denen du noch nicht einmal träumen kannst!“
Ihr Blick fiel wieder auf mich. Sie kam auf uns zu und drängte Tomoe beiseite.
„Es fällt mir nicht leicht das zu sagen, aber auch ich muss gestehen, das mir dein Name leider entfallen ist.“, sagte sie und beugte sich zu mir, “Dürfte ich wohl deinen vollen Namen erfahren?“
Wieder setzte sie dieses kalte Lächeln auf und es schickte mir eine Gänsehaut. Konnte man sich das vorstellen? Ich bekomme Gänsehaut, von einem Menschen! Allerdings, musste ich zugeben, das ihr Auftritt, wenn auch ein wenig arrogant und eingebildet, schon was hatte. Erst jetzt bemerkte ich, das auch ihr Ausschnitt etwas ausgeprägter war. In etwa so wie bei Tomoe. Jedoch lies ich mir nichts anmerken und konzentrierte mich wieder auf ihr Gesicht. Außerdem klang der Name „Ella“ so......seltsam gewöhnlich, so.....nichtssagend für mich.
„Rayo.“, sagte ich und verneigte mich, “Rayo Akumaru.“
Sie stellte sich wieder aufrecht hin und ihr Lächeln, hellte ein wenig auf.
„Akumaru.“, wiederholte sie, “Ein wirklich interessanter Name. Ich muss dir meinen Glückwünsch aussprechen, dass du die Prüfung bestanden hast. Aber das sei mal dahin gestellt. Bei einem feinen Essen zu zweit, könnten wir noch mehr von einander erfahren. Was hältst du davon?“
Ich wollte ihr gerade antworten, als sich Tomoe, schäumend zwischen uns drängte.
„Einen Moment mal, du bist doch wohl nicht hier um den armen Trottel falsche Hoffnungen zu machen, oder?!“, sagte Tomoe.
„Hey!“, beschwerte ich mich.
Ella, schüttelte den Kopf und zeigte ihr die kalte Schulter.
„Genauso wie damals. Ein loses Mundwerk und gleich immer so feindselig. Ein Fehler, der dein Versagen nur noch bestärkt.“
„Warte es nur ab, ich hab einiges gelernt, seid ich aus der Psychiatrie gekommen bin! Du ziehst zu erst.......Isshina!“
„Und wie immer überlässt du mir den Vortritt. Zu gütig von dir, Darakaija!“
Ich konnte ganz deutlich sehen, wie zwischen den beiden ein Blitz hin und her schoss. Während Tomoe in Flammen stand, fühlte ich bei Ella nur eine unangenehme Kälte, sodass man glatt denken könnte, das alles um sie herum zu Eis erstarrte. „Und da sollte man meinen, Katsubou und ich hätten uns bis aufs Blut gehasst und bekämpft. Aber die beiden schießen den Vogel ab.“