Ich wusste nicht genau, wohin uns Tomoe führte, aber das wollte sie uns auch gar nicht verraten. Nach einer Ewigkeit, während wir durch einen Wald gerannt sind, einen Abhang als Abkürzung genutzt haben, um dann schließlich einen Pfad, weit nach oben zu nehmen, kamen wir letztendlich auf einem riesigen, verlassenen Baseballfeld an.
„Und nur um zu reden, hast du uns fast einmal quer durch ganz Japan geschleift?!“, knurrte ich.
„Jetzt bleib mal aufm Teppich. Hier sind wir ungestört.“
„Und worüber sollen wir reden? Mir tun die Beine weh und ich hab Hunger!“, beschwerte ich mich.
„Ich will mit euch beiden reden.“, erwiderte Tomoe, “Ich weiß, das ihr beide in der Vergangenheit, einige schwerwiegende Probleme hattet. Ihr habt euch bekämpft und fast gegenseitig umgebracht!“
„Er hat sich beeinflussen lassen.“, warf Kaede trocken ein.
„Und du hast mich ja auch getötet verdammt!“, antwortete ich.
„Weil du mich darum gebeten hast!“, zischte sie mich an.
Ein Schlag ihrer Vektoren, traf mich blitzschnell in die Magengrube, wodurch ich keuchend einknickte.
„Hey, Schluss jetzt ihr beiden!“, rief Tomoe, “Verdammt noch mal, das ist doch kein Grund sich an die Gurgel zu gehen!“
Ich rappelte mich wieder auf.
„Sag das mal dieser Irren!“, fluchte ich.
Ihr nächster Schlag riss mich herum und sofort stürzte sie sich auf mich. Die Hände auf meine Schultern gelegt, begann sie mich immer wieder auf den Boden zu rammen.
„Du hast überhaupt keine Ahnung, was du angerichtet hast!“, schrie sie mich an, “Warum konntest du damals nicht einfach ruhig zu Hause sitzen bleiben und auf mich warten?! Dann wäre das alles nicht passiert!“
„So ein Unsinn!“, konterte ich, “Du hattest gegen Katsubou nicht den Hauch einer Chance, hast du das schon vergessen?! Er hat dich mir, vor die Füße geworfen....ich dachte du wärst tot!“
„Und dabei hast du Kota mit hineingezogen! Du hättest ihn beinahe getötet! Ist dir das klar?!“
Entsetzen breitete sich auf meinem, Gesicht aus und ein paar alte Erinnerungen, blitzen auf.
Ich brach durch den Wald, immer dicht hinter Kaede her, Kota versuchte sie aus meinen Griff zu befreien und dafür........reichte nur ein Schlag meinerseits aus, um ihn das Leben zu nehmen. So dachte ich es zumindest. Ich hatte etwas furchtbares getan. Und......Nana hatte ich......nein, das durfte einfach nicht wahr sein!
Kaede saß immer noch über mir. Sie hatte eine Faust geballt und zum Schlag ausgeholt, jedoch, zögerte sie überhaupt erst zu zuschlagen.
Ich wandte den Blick von ihr und biss mir auf die Lippe.
„Glaubst du etwa, ich hätte das verdrängt?“, schluckte ich, “Ich war genauso hilflos wie du! Die ganze Zeit wurde ich kontrolliert......ich war bei Bewusstsein, konnte aber mein Handeln nicht steuern! Aber glaub ja nicht, das ich mich dadurch rausreden will! Ich weiß ich habe Fehler gemacht, aber die kann ich nun mal leider nicht ungeschehen machen.“
Sie lies die Faust sinken und bedachte mich mit einem Blick, der mir sowohl Mitleid, als auch Verachtung schenkte.
„Du bist ein Dummkopf.“, hauchte sie, “Ich verlange von dir, dass du zurück kommst und Buße tust, für das was du getan hast. Und außerdem, solltest du „IHR“ deutlich machen, dass du noch am leben bist.“
Tomoe die dem ganzen stumm gelauscht hatte, atmete tief durch.
„Wen meint sie damit?“, fragte sie.
Schuldgefühle plagten mich. Es war nicht leicht für mich, über die Vergangenheit zu reden. Das war es noch nie. Zu mal ich so unglaublich wenig darüber wusste.
„Unwichtig.“, sagte ich knapp, “Wars das jetzt? Können wir wieder zum Ryokan gehen?“
„Nein, noch nicht.“, sagte Tomoe,“Zu erst müssen wir noch einen kleinen Test durchführen.“
„Und wie soll der aussehen?“, fragte Kaede und verschränkte die Arme.
„Ganz einfach. Ich will, das ihr beide einmal alles aufbietet was ihr habt.“
Verwirrt starrte ich sie an.
„Wie ist das denn gemeint?“, fragte ich.
„Ihr sollt mir zeigen, was für Kräfte in euch stecken, damit ich mir ein Bild davon machen kann.“
„Und wozu soll das gut sein?“, erwiderte Kaede.
Tomoe zuckte die Schultern.
„Da euch immer noch dieser Konflikt inne wohnt, der euch immer wieder dazu anstachelt, euch gegenseitig umzubringen, schlage ich vor ihr demonstriert mir eure ganze Kraft, ohne zu kämpfen. Ich möchte sehen, wer von euch beiden stärker ist. Und wenn das erledigt ist, schließt ihr beiden zwar keinen endgültigen Frieden miteinander, aber wenigstens so lange wie Kaede noch im Ryokan bleibt. Einverstanden?“
Kaede und ich starrten uns an. Es dauerte eine ganze Weile, bis wir einander eine Reaktion zeigten. Zu erst, hielt ich ihr die Hand hin und wartete darauf, dass sie das gleiche tat. Doch sie zögerte noch.
„Glaubst du wirklich, dass es so einfach ist?“, sagte sie schließlich.
„Nein......“, gestand ich ihr, zog meine Hand aber nicht zurück, “Aber ich weiß, das wir beide eine Lösung finden werden, mit der wir leben können. Ich werde nach Kamakura zurückkehren, wenn die Zeit reif dafür ist. Aber zu erst, muss ich hier meine Aufgabe erfüllen.“
Doch Kaede zögerte immer noch, was Tomoe gar nicht zu gefallen schien.
„Jetzt schlag schon endlich ein! Du musst dir ja nicht gleich ein Bett mit ihm teilen oder, ihm nicht mehr von der Seite weichen! Ein schöner feuchter Händedruck voller Angstschweiß, dann ist es vorbei!“
Ich rollte mit den Augen und nickte Kaede zu.
„Sie wird keine Ruhe geben, bis du es hinter dir hast.“, murmelte ich.
„Warum sollte ich dir glauben?“, sagte sie, “Warum sollte ich glauben, dass du wieder zurückkehren wirst und dein Versprechen hältst?“
„Glaub mir, das wird er schon halten. Und wenn ich selbst dafür sorgen muss.“, antwortete Tomoe und warf mir einen ernsten Blick zu.
Sie schien meine Angst und meine Ehrfurcht zu spüren und auch das ich leicht nervös war. Letzteres galt diesmal aber Tomoe, denn sie war offensichtlich immer noch wütend auf mich. Also schlug Kaede kurzer Hand mit mir ein.
„Hättest du das nicht ein wenig stilvoller tun können?“, brummte ich und zog mein Hand zurück.
„Ich war ja auch noch nicht fertig.“, antwortete sie kühl.
Einer ihrer Vektoren schoss rasend schnell auf mich zu und riss mich mit einem Schlag auf die Wange herum, sodass ich in den Dreck fiel und scharf die Luft einzog.
„War das jetzt wirklich nötig?“, fragte Tomoe genervt.
„Nicht unbedingt. Aber es hat meine Forderung an ihm nur noch verstärkt. Find dich damit ab.“
Leicht benommen und mit der Befürchtung das sie mir einen Zahn ausgeschlagen hatte, richtete ich mich wieder auf.
„Dasch....kriegscht du irgendwann.......“, nuschelte ich doch Tomoe, hielt mich auf.
„Gar nichts wirst du tun, du Holzkopf.“, sagte sie, “Können wir dann weiter machen? Bis zum Abendessen will ich wieder zurück im Ryokan sein!“
Wir nickten einander zu. Ich lies Kaede den Vortritt und wartete ab, was geschah. Wir hörten das aufheulen ihrer Vektoren, spürten einen enormen Druck, als sie zum Vorschein kamen. Eine Druckwelle hätte mich fest wieder zu Boden geworfen, doch ich blieb standhaft und sorgte sogar dafür, dass Tomoe nicht den Halt verlor. Kaede brauchte nicht einmal ihren Zorn freien lauf zu lassen. Sie blieb weiterhin gelassen, dennoch konzentriert. Ein Krater bildete sich unter ihr und hatte uns erfasst. Meine Kleidung bekam Risse und langsam merkte ich, wie mich der Druck, langsam zu Boden zwang.
„Ok, das reicht!“, rief Tomoe.
Nach einem kurzen Ausatmen, ebbte es auch schon wieder ab und um Kaede herum, zogen sich tiefe Schneisen in den Boden.
„Ich hoffe, dass hat dich zumindest ein bisschen beeindruckt.“, sagte sie und schenkte mir ein eiskaltes Lächeln, so wie ich es von ihr gewohnt war.
„Ich bitte dich, das war doch gar nichts.“, winkte ich ab, “Gleich wirst du staunen, verlass dich drauf!“
Tomoe ging aus dem Weg und ohne lange zu fackeln, zog ich nun meine Vektoren und schrie wie üblich, meinen Zorn und meinen Schmerz raus. Auch bei mir, zeigten sich Druckwellen, allerdings entlockten diese bei Kaede nur ein schmales müdes Lächeln. Ich spürte wie meine Hörner länger wurden. Jedoch verblasste meine Vorführung recht schnell und ich ging schwer atmend in die Knie.
Die beiden sahen sich verwundert an.
„Moment........das war alles? Das war deine ganze Kraft?“, fragte Tomoe verblüfft.
„Scheint so.“, sagte ich und schüttelte den Kopf, “Na wie war ich?“
Ich erlaubte mir ein schmales Grinsen und richtete mich mit zitternden Knien wieder auf.
„Was auch immer das werden sollte,.......es war jämmerlich.“, sagte Kaede und schlenderte davon.
Schultern zuckend, gingen wir hinter ihr her. Nur Tomoe, lies sich etwas zurückfallen.
„Seltsam.“, murmelte sie, “Zu erst spüre ich Kaedes Vektoren und dann fängt Rayo an zu schwächeln. Dabei war er doch gestern noch in Topform. Als er den Mädels seine Kraft demonstriert hat, war er wesentlich stärker. Was zur Hölle geht hier nur vor?“