Außerhalb der Forschungseinrichtung......
Zwei Wachmänner, schritten durch eine kalte Nacht aus dem Eingangstor, hinüber zu einem gänzlich anderen Gebäudetrakt. Genau genommen war dies der Ort, wohin unsere dahingeschiedenen Artgenossen gesteckt wurden, um später noch mal an ihnen zu Forschen.
„Also mir kommt die ganze Sache immer noch so merkwürdig vor!“, sagte der eine.
„Wieso?“
„Denk doch mal nach! Wieso müssen wir ausgerechnet jetzt hier her?!“
Der andere zuckte nur die Schultern und öffnete die Türe.
„Was glaubst du wohl? Wenn sie sterben, bringen wir sie hier her und wenn man weiter an ihnen forschen muss, holen wir sie halt wieder raus. Ganz einfach.“
„Ja aber.......wir machen das doch grade zum ersten mal! Wozu das ganze?!“
„Hab ich dir doch gerade erklärt! Und jetzt hör auf zu jammern und hilf mir. Ich habe genauso wenig Lust hier drin zu sein wie du.“
Sie schritten hinein und kamen an Leichensäcken und einigen Kryotanks vorbei.
„Welchen sollen wir noch mal mitnehmen?“
Sein Kollege zeigte auf einen der Kryotanks, ganz hinten im Raum.
„Ist einer der Klone von Nummer 10.“
Während einer von beiden den Tank auf einen der Wagen hob, schüttelte der andere beim Anblick des Datenblatts nur den Kopf.
„Ich dachte, Nummer 10 hätte all seine Klone selbst entsorgt. Wie konnte der hier zwar sterben, aber nicht von ihm verstümmelt werden?“
„Keine Ahnung. Aber das ist egal, tot ist nun mal.........Moment, waren seine Augen schon die ganze Zeit so halboffen?“
„Selbst wenn – wen interessierts? Jetzt mach endlich, damit wir hier raus können.......“
Plötzlich schrie der andere auf und wich vor dem Tank zurück.
„Vergiss es! Ich lass das Ding hier!“
„Wieso?“
„Er......er hat mich angesehen!“
Der andere trat neben ihn und schüttelte den Kopf.
„So ein Unsinn.“, erwiderte er genervt, “Hör auf dich so anzustellen und.....“
Große Luftblasen, stiegen aus dem Mund des vermeintlich Toten hoch. Vorsichtig gingen sie dichter an das Glas heran. Plötzlich, rollte ein Auge zu ihnen herum. Beide fielen erschrocken nach hinten und wollten hinausstürmen, doch die Tür, verschloss sich von alleine. Sie versuchten alles um sie wieder aufzubekommen, doch nichts klappte. Sie schrien verzweifelt um Hilfe, hämmerten gegen die Türe nur um nach einen lauten Scheppern, wieder zu verstummen. Langsam, drehten sie sich wieder um. Der Tank war zerbrochen und der Tote, war weg. Hastig, leuchteten sie mit der Taschenlampe alles aus, doch nichts war zu sehen. Auf einmal, öffnete sich wieder die Türe und sie stürmten hinaus. Der vermeintlich Tote, öffnete sie wieder nur einen Spalt breit und blickte mit roten Augen, in die Dunkelheit.
Im Hinata Ryokan, wachte Kaede erschrocken auf und wirbelte sogleich herum. Rasch, öffnete sie ihr Fenster und sah sich aufgeregt um. Irgendetwas schien da draußen zu sein, was sie beunruhigte und so in Panik versetzte. Und das musste schon was heißen, wenn die Königin höchstpersönlich so etwas wie Angst oder Panik verspürte. Also ging sie schnellen Schrittes nach unten und überraschte sogleich die anderen die frühstückten. Nur Muzumi und Su waren nicht da. Tomoe lag wahrscheinlich noch im Bett.
„Guten Morgen. Wir wollten gerade los und dich wecken.“, sagte Naru.
„Wo ist Rayo?“, entgegnete Kaede.
„Soll das ein Witz sein?“, fragte Kitsune.
„Er liegt doch noch im Krankenhaus.“, sagte Keitaro, “Hast du das schon vergessen?“
Sie wusste nicht so genau was sie darauf antworten sollte, also setzte sie sich erst einmal hin und legte die Stirn in tiefe Sorgenfalten.
„Hast du schlecht geschlafen?“, fragte Kanako und reichte ihr eine Tasse Tee.
„Nicht so wirklich.“, antwortete Kaede und bedankte sich für den Tee, “Ich werde gleich noch mal ins Krankenhaus gehen. Es gibt da etwas, das ich mit Rayo besprechen muss.“
„Sag mal, wie geht es ihm eigentlich nach deinen letzten Besuch?“, fragte Shinobu.
„Hat Tomoe euch das noch nicht erzählt?“, entgegnete die Königin.
„Nein. Sie war wieder äußerst müde und erschöpft als sie zurück kam.“, erklärte Motoko.
„Rising up, back on the street
Did my time, took my chances
Went the distance, now I'm back on my feet
Just a man and his will to survive...
It's the eye of the tiger
It's the thrill of the fight
Rising up to the challenge of our rival
And the last known survivor
Stalks his prey in the night
And he's watching us all with the eye of the tiger......“
„Verdammt noch mal, könnt ihr das nicht langsam mal ausmachen?!“, fluchte ich genervt und musste mich an der Holzstange abstützen.
„Aber der Song soll dich doch motivieren, weiter zu machen!“, sagte Su und schaltete den Ghettoblaster aus.
„Das habt ihr mir schon vor einer Ewigkeit gesagt, als ihr den Song gestartet habt! Aber jetzt läuft der schon seit Stunden in Dauerschleife! Und so langsam geht es mir auf die Nerven!“
Wir befanden uns in einer Art Turnhalle im Krankenhaus, wo Yanagi mich unter Protest hingebracht und dann zurückgelassen hatte, damit ich meine Beinmuskulatur wieder etwas stärke. Seit ich eingeliefert wurde, habe ich entweder nur im Bett gelegen oder im Rollstuhl gesessen. Das ganze hatte sich als Schmerzhaft herausgestellt. Aber ich musste durchhalten. Ich hatte schon ganz vergessen, wie lange ich schon hier eingesperrt war und so langsam musste ich hier verschwinden. Su und Muzumi hatten mir schon unter Sorge ihre Hilfe angeboten, doch die hatte ich, wenn auch etwas barsch, abgelehnt und versuchte die Schmerzen zu ertragen.
Inzwischen war der 28. Februar angebrochen, ein Sonntag wohlgemerkt. Heute, würde ich im laufe des Tages wieder ins Ryokan zurückkehren können. Ich schickte Su und Muzumi wieder zurück und bat sie darum, den Ghettoblaster mitzunehmen, denn dieser eine Song, würde auf alle Ewigkeit auf meiner Liste stehen, um ihn mir nie wieder anzuhören.
Von der Krankenschwester wurde ich zwar ins Zimmer gerollt, jedoch ins Bett, wollte ich es alleine schaffen. Und auch wenn es nur wenige Schritte waren, brach ich fast unter den Schmerzen zusammen. Die Schwester wollte mir jedoch beim Aufsteigen aufs Bett helfen, aber auch das lies ich nicht zu. Eine lange Weile lag ich also wieder im Bett, blätterte ein wenig in diesem Comicbuch herum und machte mir Gedanken darum, wie es in ein paar Wochen, mit der Uni weiter gehen sollte. Ich stellte mir die Frage, wie ich wohl mit so vielen Menschen auf einmal klar kommen sollte? Sicher würde ich mir früher oder später, wenn meine Hörner nachgewachsen sind, diese wieder abschleifen müssen.
In meiner Abwesenheit, schien sich einiges im Ryokan geregt zu haben. Die Erklärung dazu, kam geradewegs auf die Türe meines Zimmers zu. Es klopfte und ich war fast schon wieder dazu geneigt, den nächsten Besuch abzuweisen, da dieser mich dabei störte, dieses Comicbuch durchzulesen. Aber da ich wieder Herr meiner Selbst war und diese grausame, kalte Gleichgültigkeit seit der Operation abflaute, wollte ich mal nicht so sein. Also legte ich das Comicbuch leicht angesäuert hin und lies den nächsten Besucher herein.
„Komm rein.“, sagte ich und erschrak, als eine alte Bekannte in mein Blickfeld trat.
Sie war diesmal nicht in ihren weißen Kimono gehüllt, so wie auf der Feier an der Todai. Ein Tshirt, ihre komischen Sandalen, eine lange Hose und noch eine dünne Jacke trug sie. Jedoch hatte sie ihr Katana bei sich.
„Darf ich einwerfen, dass es mich freut, dich wieder wach zu sehen?“, sagte Isshina und verneigte sich.
„Das hast du doch gerade getan oder?“, erwiderte ich, “Ich nehme mal an, du bist nicht nur hier um nach meinem Befinden zu sehen, hab ich recht?“
Sie schenkte mir ein kühles Lächeln, was aber rasch aufhellte.
„Und trotz des langen Aufenthalts hier, hast du kein bisschen von deiner Scharfsinnigkeit verloren, Akumaru. Aber du hast recht. Ich gehe davon aus, dass es ein wenig überstürzt ist, dir noch mal das Angebot mit dem Essen zu zweit durch den Kopf gehen zu lassen. Oder?“
Ich verzog dabei das Gesicht und nahm mir wieder mein Comicbuch.
„Solange Tomoe damit einverstanden ist und sie das nicht stört, denk ich noch mal darüber nach.“
Daraufhin, zeichnete sich ein breites Grinsen auf ihrem Gesicht ab, was sich aber in glockenhelles Gelächter verwandelte.
„Du hast dich wirklich kein bisschen verändert, Akumaru! Aber, ich muss dir noch etwas geben.“
„Und das wäre?“
Sie bat mich darum aufzustehen, was ich ihr zu erst abschlug. Dennoch müsste ich heute so oder so noch mal aus diesem Laden verschwinden, also tat ich ihr diesen Gefallen.
„Bleib nur so stehen.“, sagte sie ruhig und musterte mich eingehend.
„Na großartig und was soll das jetzt schon wieder.........eh.....“
Sie kam kurzer Hand auf mich zu und umarmte mich. Ich wusste noch nicht, was sie damit bezwecken wollte, also seufzte ich erst mal und versuchte die Schmerzen zu unterdrücken.
„Bitte vergib mir.“, flüsterte sie.
„Das hier? Jetzt sei nicht albern. Sowas hab ich schon oft hinter mich gebracht. Keine große Sache.“
Und dann spürte ich, wie ihre Schultern erbebten und Moment......weinte sie etwa?
„Als ich davon gehört habe, dass du von tiefer Trauer und Depression geplagt wirst, wollte ich jeden Tag herkommen und dir beistehen. Jede einzelne Minute. Aber ich konnte nicht. Auch ich musste um jemanden bangen, der in diesen Krankenhaus gelegen hat und das......war alles was ich aufbieten konnte, um hierher zu kommen.“
Ich wollte schon einen Arm um sie legen, damit ich sie zumindest ein bisschen trösten konnte, doch etwas hielt mich dabei zurück.
„Nun sag doch sowas nicht. Gut, mag sein das du für mich keine Zeit hattest, aber das macht nichts. Schließlich, musstest du auch jemanden besuchen, der dir wichtig war. Ich hatte ja zum Glück Tomoe und die anderen. Auch wenn ich sie oft harsch zurückgewiesen habe.“
„Du musst furchtbar gelitten haben. Und ich konnte nichts dagegen unternehmen.“
„Auch wenn es nur dieser Schmerz war, so hatte er genau dasselbe Gewicht, wie all die Fehlschläge, die Trauer und Einsamkeit, die ich mein ganzes bisheriges Leben lang ertragen musste.“, sagte ich und löste mich aus ihrer Umarmung, um mich wieder aufs Bett zu setzen.
Offenbar hatte sie tatsächlich geweint, denn sie trocknete ihre Tränen mit einem Taschentuch und schnäuzte sich die Nase.
„Darakaija, kann sich wirklich glücklich schätzen, das es dir wieder besser geht.“
Ich nickte und hob meine Beine, die sich anfühlten als wären sie aus Beton, wieder aufs Bett.
„Auch sie hat viel durchgemacht in der Zeit, in der ich hier war. Hoffentlich kannst du ihr die Sprüche noch mal verzeihen.“
Wieder schenkte sie mir ein Lächeln und diesmal tätschelte sie mich.
„Ihre raue und direkte Art, stört mich nicht im geringsten. Es belustigt mich eher. Aber glaube mir: Wäre Darakaija in dieser kurzen Zeit ebenso von Trauer und Depression ins Nichts gestürzt, wäre ich wohl die nächste gewesen.“
„Wieso denn das? Ich dachte ihr beide könnt euch nicht ausstehen. So sah es für mich jedenfalls auf der Feier aus!“
„Du missverstehst das. Ja, es mag sein, dass wir Rivalinnen sind, aber das bedeutet nicht dass ich ihr solche Schmerzen wünsche, wie du sie ertragen musstest. Ich weiß wie es um sie steht, was sie schon alles durchgemacht hat und was sie anstrebt. Durch mich, hat sie ein Ziel was sie abseits ihrer blinden Rache verfolgt. Etwas, dass sie ablenkt und wieder zurück zu ihrer Menschlichkeit bringt. Natürlich werde ich nicht aufhören, mich in der Schwertkunst zu verbessern. Ich will es Darakaija nicht zu einfach machen. Und nun, machs gut. Ich habe noch einen Garten aus Lilien, der gepflegt werden muss.“, im hinausgehen, drehte sie sich aber noch einmal um, "Eine Bitte, habe ich noch an dich, Akumaru."
"Und was?", fragte ich leicht ungehalten , "Ich will nicht unhöflich sein, aber ich bin kaum über die ersten drei Seiten von diesem Buch hinaus gekommen!"
"Tu mir einen Gefallen, und verrate Darakaija nichts von dem, was ich dir gerade erzählt habe. Was meine Beziehung zu ihr angeht und darüber hinaus. Sie soll es selbst herausfinden."
Ich winkte nickend ab und wies auf den Flur, während ich meine Nase wieder ins Comicbuch steckte. Und damit, drehte sie sich um und ging stolz mit erhobenen Haupt hinaus.
Schwer seufzend nahm ich mir wieder mein Comicbuch und las darin weiter.
„Schon komisch, wie die Menschen sich gegenseitig ausspielen.“, murmelte ich, “Immerhin kann ich jetzt in Ruhe weiterlesen!“