Isshina und ich hatten uns wieder an den Tisch gesetzt, doch jetzt wurde mir ihre Gesellschaft zu viel. Denn die Tatsache, dass ich ohne dem Wissen der anderen, mitten in der Nacht davon getrottet war, hatte mir Hohn und Spott von ihr eingehandelt. Mit einer weiteren Tasse Tee in der Hand und dem abgespreizten kleinen Finger, wirkte sie auf mich nun sehr gehässig und ihr Lachen jagte mir Angst ein.
„Das ist wirklich köstlich!“, lachte sie, ohne auch nur einen Tropfen Tee zu verschütten,“Damit hast du Darakaija eine Menge Ärger eingehandelt! Sehr gut, das gefällt mir!“
„So witzig ist das ganze jetzt aber auch nicht.“, brummte ich, “Ganz toll, wegen dem ganzen Sake den Kitsune und Kanako mir eingeflößt haben, hab ich den anderen nur Ärger gemacht! Und Tomoe lässt das erst an den Mädels und dann an mir aus!“
Sie setzte die Tasse ab und lachte immer noch.
„Du musst mir das verzeihen. Aber der Gedanke daran, das Darakaija wegen deiner Schusseligkeit die Nerven verliert und alle wahnsinnig macht,....das ist einfach zu komisch!“
Langsam, neigte sich meine Geduld dem Ende zu, womit ich beschloss, endlich zu verschwinden.
Schon damals als ich mich in der „Roten Zone“ einleben musste, hatte ich für eine menge Ärger gesorgt. Natürlich unfreiwillig. Katsubou hatte mich zum Beispiel dauerhaft daran gehindert, mich zu den Mädchen zu gesellen. Seltsamer Weise war er da immer dicht bei Uso Sora und das nicht zu knapp. Aber warum erzähle ich das? Vielleicht weil mich beispielsweise, Youkou oder Hakuri oft gepisakt und ausgelacht hatten, weil ich in den ersten Wochen nichts richtig machen konnte. Mal habe ich mir ständig Verletzungen zugezogen, die aber meist auf Katsubous Konto gingen. Und Ametsuyu musste mich dann wieder verarzten und gegebenenfalls trösten, da ich das eine oder andere Mal, schlimme Nervenzusammenbrüche hatte und einfach nicht mehr weiter machen konnte. Shinkai, die „schweigsame Rose“, wie sie von allen genannt wurde, da sie seit ihrer Geburt stumm war, spielte allen immer etwas auf ihrer Geige vor. Meist war es die Melodie der Spieluhr, die ich damals in der Pension gefunden hatte. „Woher auch immer sie diese Melodie kannte.“
Und all die Schikanen der anderen Mitglieder der roten Zone, der Hohn und Spott den ich sogar gelegentlich von Uso Sora bekam, spiegelte sich gerade in Isshina wieder. Allmälig bekam ich das Gefühl, dass Tomoe gar nicht so unrecht damit hatte, was ihre Rivalin anging.
„Also Ella.“, sagte ich und ging in Richtung Haustüre, “Ich verschwinde dann mal.“
„Das kannst du gerne tun.“, erwiderte sie und zwinkerte mir zu, “Allerdings wirst du ein Problem haben.“
„Und welches?“, fragte ich und hielt Inne.
„Der Weg ist nicht gerade kurz und ich bin mir sicher, das du den nicht so ohne weiteres bewältigen kannst.“
Ich drehte mich zu ihr um und ballte die Fäuste.
„Ach wirklich? Dann kennst du mich aber schlecht! Ich habe bis jetzt noch jedes Hindernis irgendwie überwunden!“
Woher hatte ich plötzlich dieses Selbstbewusstsein? „Nein Dumpfbacke! Dein Orientierungssinn ist das Letzte!“
„Du bist lediglich etwas gereizt, weil ich über Darakaija hergezogen bin.“, sie stand auf und kam dann zu mir, “Aber glaube mir, ich führe nichts böses im Schilde, was dich oder Darakaija auch nur im entferntesten schaden könnte.“
Ich schnaufte und wandte mich zum gehen um.
„Und warum sollte ich dir glauben?“, konterte ich.
Sie verschränkte die Arme und schenkte mir wieder ein Lächeln.
„Ein scharfer Verstand. Es mag richtig sein, das du mir misstraust, aber ich bin nicht deine Feindin. Ich bin nur an dir interessiert.“
„Das haben auch schon andere vor dir behauptet und es ist nie gut ausgegangen. Jemand hat mir mal genau das selbe gesagt und wenig später hat man mich alleine gelassen. Auf den Trick fall ich nicht mehr rein. Nicht seit der Sache mit........“
Meine Schläfe, in der vor einiger Zeit noch ein kleiner Granatensplitter gesteckt hatte, schickte mir ein Signal, dass ich das Thema aus meinen Gedanken verbannen sollte. Bilder blitzten plötzlich vor mir auf. „Mirakou? Nein.....das ist sie nicht. Ich kenne sie nicht, aber warum taucht sie in meinen Gedanken auf?“
Ich stand wie angewurzelt vor ihr und konnte mich nicht bewegen.
„Akumaru?“, fragte Ella, “Alles in Ordnung?“
Dieses Mädchen, wer auch immer sie war,........sie hockte über mir....und grinste mich an. Ein Auge war blutunterlaufen und ich sah Fangzähne bei ihr, wie bei einem Raubtier.
Ich war zu Boden gesunken und hielt mir den schmerzenden Kopf.
„Verdammt noch mal tut das weh!“, fluchte ich.
Ella hatte sich vor mich gehockt und tastete meine Stirn ab.
„Hmm.....eigenartig.“, murmelte sie, “Warte hier. Ich hole noch etwas Tee. Dass sollte die Schmerzen etwas lindern.“
Gesagt, getan. Nach einer weiteren Tasse von ihrem Tee, hatte ich zwar immer noch Schmerzen, aber die Bilder waren verschwunden. Jetzt fühlte sich mein Kopf nur noch so an, als hätte ihn jemand mit einem Hammer bearbeitet. Ella hatte mich zum Katzentisch geführt und verschwand danach für kurze Zeit. Als mir die Augen zufielen und ich ein paar Augenblicke später wieder aufwachte, saß Ella neben mir
„Danke.“, sagte ich knapp.
„Treten diese Schmerzen öfters auf?“, fragte sie.
„Ach.....das ist nur ein altes Leiden was sich hin und wieder mal meldet.“, log ich, “Entschuldige bitte das ich dich vorhin so angefahren hab. Das war nicht richtig.“
Doch sie schüttelte den Kopf.
„Du brauchst dich für nichts zu entschuldigen. Wahrscheinlich habe ich dich etwas zu sehr gestresst und das obwohl du immer noch ziemlich mitgenommen bist von der Feier gestern Nacht.“
„Ich hoffe ich habe nichts unanständiges mit Kitsune und Kanako gemacht.“, sagte ich besorgt, “Großer Gott, ich hasse Partys!“
Ihr entfuhr ein kühles Kichern.
„Scharfsinnig und unterhaltsam, das erlebt man nicht jeden Tag.“, sagte sie und sah auf die Uhr, “Merkwürdig.........wo bleiben die bloß?“
Ich tat es ihr gleich und starrte sie dann fragend an. 15:56 Uhr.
„Wer soll denn bitte herkommen? Deine Eltern?“, fragte ich.
Zur Antwort, klingelte es an der Türe.
„Besser!“, rief sie und hob mich auf die Beine, “Komm schon!“
Zu erst schleifte sie mich hinter sich her und schob mich dann weiter in Richtung Haustüre. Sie überlies sogar mir die Ehre sie zu öffnen. Doch ich wollte sie sogleich wieder zuschlagen, denn Tomoes Faust, war schon zum Schlag ausgeholt und drohte damit, mir die Nase zu zertrümmern.
„Korukaw........“, begann sie, verschluckte sich jedoch und fiel mit nach vorne gestreckter Faust zu Boden, “Rayo, das zahl ich dir heim!“
Naru war natürlich auch dabei. Im Gegensatz zu Tomoe, grüßte sie mich erleichtert und fuhr mir durch die Haare.
„Du hast uns ganz schön viele Nerven gekostet, du Holzkopf!“, sagte sie.
„Kann ich was dafür das ich Sake nicht so gut vertrage? Wenn du jemanden anschwärzen willst, dann fang bitte bei Kitsune und Kanako an.“, sagte ich kleinlaut und erntete sogleich eine Kopfnuss von Tomoe.
„Werd hier ja nicht frech! Warum musst du eigentlich jedes mal abhauen, wenn eine Nacht mal nicht friedlich und ruhig abläuft?!“, fluchte sie, “Erst in Shinjuku und jetzt hier!“
„Das in Shinjuku war ja wohl ganz allein dein Verdienst!“, konterte ich.
„Geht das schon wieder los!“, stöhnte sie, “Immer musst du dich rausreden!“
Sie zerrte mich nach draußen und nahm mich in den Schwitzkasten. Naru und Ella, begutachteten das Trauerspiel seelenruhig und schüttelten die Köpfe.
„Ich weine um die Menschheit.“, murmelte Isshina.
„Ich bezweifle langsam, dass die beiden sich jemals zusammenraufen werden.“, erwiderte Naru, “Übrigens muss ich dir danken, dass du.....naja, ihn wieder auf die Beine gebracht hast.“
Doch Ella winkte ab.
„Ach bitte, das war keine große Sache. Wenn man erst mal sein Vetrauen hat, ist er pflegeleicht. Trotzdem muss ich zugeben, dass er immer noch eine harte Nuss ist, die sich nicht so einfach knacken lässt.“
„Das haben wir auch schon festgestellt. Er ist zwar erst seit ein paar Wochen bei uns, aber ich glaube die anderen haben ihn schon ins Herz geschlossen. Aber sag mal, was hat es eigentlich mit dir und Tomoe auf sich?“
Doch wieder, winkte Ella nur gelassen ab und schenkte ihr ein diabolisches Grinsen.
„Bitte. Das kann warten.“
Also versuchte Naru uns wieder zu trennen, was sie mit einem gezielten Schlag auch vollführen konnte.
„Jetzt ist aber mal gut ihr zwei!“, brüllte sie, “Verdammt noch mal, ihr könnt euch doch nicht jedes mal an die Gurgel gehen, wenn auch nur einer mal einen kleinen Fehler macht!“
Ella versuchte die Situation aber zu entschärfen.
„Wenn ich mich kurz einmischen dürfte.“, sagte sie und erntete einen finsteren Blick von Tomoe.
„Ist die immer so aufdringlich?!“, knurrte ich.
„Und ob!“, erwiderte Tomoe.
„Hört mal her, ich weiß ich bin bei euch beiden nicht gerade der beliebteste Mensch, aber ich möchte das wieder gut machen.“
Ohne Vorwarnung, lüftete sie kurz ihren Ausschnitt, woraufhin Naru sich mit hochroten Kopf umdrehte und Tomoe mir die Augen verdeckte. Doch das ganze diente Ella nur, um uns einen Gutschein in die Hand zu drücken.
„Und was ist das?“, fragte ich neugierig und las mir den Gutschein durch.
„Eine kleine Geste, die ihr gerne annehmen dürft.“, sagte Ella und verneigte sich, “Im Sommer, fliege ich jedes Jahr nach Hawaii und verbringe dort, ein bis zwei Wochen. Wenn du willst, lade ich dich ein, Akumaru.“
Doch Tomoe, die einen Hinterhalt spürte, hielt ihr den Gutschein unter die Nase und drohte ihr mit der Faust.
„Einen Moment mal, Korukawa! Was soll das werden?! Planst du etwa schon deine Flitterwochen mit dem armen Tropf?! Dabei kennt ihr euch doch kaum!“
Ella jedoch, blieb gelassen und schob Tomoe zur Seite.
„Natürlich darf dein Anhang vom Ryokan auch mitkommen, wenn du das möchtest. Und Darakaija selbstverständlich auch.“
„Wie bitte, „Anhang?“, wiederholte Naru gekränkt, “Ich hoffe ich habe mich da gerade verhört!“
Ella riss Tomoe den Gutschein wieder aus der Hand und verzog sich wieder in ihr Anwesen, doch ich, hatte noch Einwände.
„Halt! Wir werden mitfliegen!“, rief ich.
„Was?!“, zischten Naru und Tomoe mich an.
Lächelnd drehte sich Isshina wieder um und hielt mir wieder den Gutschein hin.
„Dachte ich mir doch das du vernünftig wirst. Also ist es beschlossen. Wir alle werden im Sommer nach Hawaii fliegen. Ich gebe euch natürlich Bescheid.“
Ich umarmte sie und erntete von Tomoe dann einen Blick, der mich in Flammen hätte aufgehen lassen können.
„Jetzt gehen wir aber wieder zurück zum Ryokan!“, rief Naru, “Wir müssen da noch eine Sache mit Kitsune und Kanako aufklären!“