Währenddessen hatte sich jemand vor Omegas Haustüre eingefunden. Ohne groß zu überlegen, betätigte er die Klingel und erwartete sogleich, dass sich die Türe auftat. Vor ihm, trat Yu die fast zu Tode erschreckt wurde von der Erscheinung des Fremden. Seine gelben Augen, die unter seiner Kapuze herausstachen, durchbohrten sie und blickten in ihre Seele.
„W-was w-w-wollen sie hier?“, schluckte sie und schob die Türe bis zu einem kleinen Spalt zu.
„Eine eigenartige Erscheinung, die du an den Tag legst.“, sagte er kühl,“Ich bin hier, um den Plan in die Tat umzusetzen. Das Rennen hat längst begonnen. Wenn wir jetzt trödeln, verpassen wir unsere Chance.“
„Achso.......sie sind das schon wieder.“, nörgelte Yu,“Omega!“
„Was gibt’s?“, antwortete ihre Pflegemutter.
„Der komische Typ von der Eisdiele ist hier um dich abzuholen!“
„Sehr gut. Tu mir einen Gefallen und räum dein Zimmer auf! Ich bin heute schon drei mal über deine Puppen gestolpert!“
„Sofort!“, erwiderte Yu.
Sie ging rückwärts hinein, ohne den Fremden dabei aus den Augen zu lassen. Als sie dann beim Fuß der Treppe, hinter der Wand verschwunden war, schüttelte der Fremde nur den Kopf und lehnte sich mit den Rücken gegen die Hauswand.
„Ein merkwürdiges Kind. Aber erstaunlich, dass sie so gut mit Tomoe zurecht kommt.“, murmelte er.
„Was redest du da schon wieder über Tomoe?“, brummte Omega neben ihn.
„Du bist wahrlich vielschichtig.“, nickte er,“Wie lange bist du schon der Vormund von der Kleinen? Dabei bist du selbst doch kaum älter als 20.“
„Unwichtig.“, wehrte Omega ab,“Ziehen wir die Nummer einfach durch. Ich hab noch einiges vor.“
„Das wollte ich hören.“, sagte er dankend.
Sie schritten davon.
„Wie genau läuft das ganze jetzt eigentlich ab? Sollen wir, diesen Rayo ein Bein stellen? Graben wir ein Loch, wo er dann reinfällt?“, fragte Omega.
„Es ist nicht ganz so banal und verspielt wie du es dir vielleicht vorstellen magst. Eine Methode, die garantiert funktionieren wird.“
„Na dann schieß mal los äh.....wie war dein Name noch gleich?“
Er gluckste vergnügt.
„Immer mit der Ruhe. Sobald wir fertig sind, werde ich dir meinen Namen verraten. Aber, zu erst mal muss ich wissen, was für eine Kleidergröße du hast.“
Omega stoppte, packte ihn am Kragen und hob ihn mühelos hoch.
„Vorsicht, Perversling!“, knurrte sie,“Noch hab ich nicht entschieden , ob ich dich nicht doch einfach pulverisieren soll! Also Mund halten!“
„Behalte mal deine Nerven bei dir, meine Teure.“, sagte er gelassen,“Ich verspreche dir, dass ich keinerlei Hintergedanken hege. Das gehört alles zu meinem Plan.“
Sie lies ihn wieder runter und verpasste ihn einen Schlag in die Magengegend.
„Das will ich auch für dich hoffen. Und solltest du es dennoch wagen, Tomoe zu nahe zu kommen und ihr zu schaden, mach ich dich gleich nach Rayo fertig! Oder aber, vielleicht mache ich einen Umweg und befördere dich gleich ins Grab! Eigentlich wäre das überhaupt nicht mein Stil, aber irgendwie hat das was.“
„Viel Ehrgeiz und Anstand, das lobe ich mir.“, keuchte er,“Also......“
„Weswegen fragst du nach meiner Kleidergröße?“
„Um diesen Rayo abzulenken. Keine Sorge, deine Würde bleibt dir erhalten.“
Omega verdrehte die Augen.
„Gut, dann verrate mir mal wie dein ach so genialer Plan aussieht.“
„Zu aller erst, brauchen wir eine gewisse Menge an scharfem Takoyaki.“, sagte er.
„Ist das dein Ernst?! Du denkst jetzt ans essen?! Sag mal, willst du den Deal überhaupt noch durchziehen oder....“, beschwerte sich Omega
„Dein Misstrauen irritiert mich etwas.“, konterte er,“Das Takoyaki ist natürlich nicht für mich. Sondern für Rayo.“
„Wollen wir zusehen wie er daran erstickt? Willst du ihn vergiften oder wie darf ich das jetzt verstehen?“
„Bist du immer so ungeduldig?“
„Ja. Hast du ein Problem damit?“
„Warte es einfach ab. Der Plan mag wie gesagt banal und stumpfsinnig klingen, aber er ist auch gleichermaßen effektiv!“
Das große Rennen hatte bisher für uns einige Überraschungen offenbart. Die erste große Hürde, war ein Labyrinth. Zu erst wollte ich drum herum laufen, aber das war nicht erlaubt. Auch auf die Wände und und Türrahmen zu klettern und einfach drüber weg zu laufen, war untersagt. Und auf meine Frage hin, ob ich die Wände und Türen einfach eintreten oder zertrümmern dürfte, reagierte man zunächst mit immenser Verwirrung. Doch Tomoe und Isshina konnten mir noch mal den Weg weisen und ermahnten mich sogar, mich zu beherrschen. Die nächste große Station, war ein Wald. Tomoe und Isshina, waren die ersten die dort ankamen, allerdings etwas versetzt. Und beide, schnappten sich erst einmal eine Wasserflasche.
„Wie viel haben wir schon geschafft?“, fragte Tomoe erschöpft und lies sich auf der Bank nieder.
„Ich bin mir nicht sicher. Aber oh.....sieh mal.“, sagte Isshina und deutete auf ein Schild was auf dem Tisch stand.
„Hm? Was?! Erst 5 Kilometer? Ach komm schon, das kann doch nicht sein!“, nörgelte Tomoe.
„Außer uns ist auch noch keiner hier vorbei gekommen.“, hakte Isshina nach,“Noch erstaunlicher, das Rayo noch nicht hier ist.“
Tomoe blickte auf und sah sich um.
„Stimmt! Wo steckt denn unser Holzkopf? Ich meine gut, er hat zwar selbst gesagt, dass er nicht so wild auf den ersten Platz ist. Aber dass er noch nicht mal direkt hinter uns ist, verwundert mich.“
„Ich will ihm ja nicht zu nahe treten und dir schon gar nicht, aber.......kann es nicht sein, dass er sich verlaufen hat?“
„Ach Quatsch!“, winkte Tomoe ab,“Es ist doch alles ausgeschildert!“
Kurz darauf, stieß ich zu den Beiden und schnappte mir gleich eine Flasche.
„Hier seit ihr.“, sagte ich und trank einen großen Schluck.
„Sag mal wo warst du denn? Sag bloß, dass du dich verlaufen hast?“, fragte Tomoe.
„Nein.“, sagte ich Kopf schüttelnd und deutete auf mein aufgeschlagenes Knie,“Ich bin bei der Kurve vorhin nur über ein Seil gestolpert!“
„Hä? Kapier ich nicht. Wieso sollte da denn ein Seil sein? Bist du dir auch ganz sicher?“, sagte Tomoe.
„Ja doch!“, erwiderte ich und zog scharf die Luft ein,“Verdammt brennt das!“
„Kannst du so denn noch weiter laufen?“, kam es von Isshina.
„Klar. Von so was lass ich mich doch nicht zurückwerfen.“
Nach einer etwas längeren Pause, trafen auch die ersten anderen Teilnehmer ein und als diese dann sich ebenfalls aufgetankt hatten, konnte es weiter gehen. Der Weg war nun etwas sperriger und weniger gut begehbar. Spitze Steine und Wurzeln, erschwerten uns das Vorankommen. Und etwa bei der Hälfte der Waldstrecke, als wir Isshina und die anderen hinter uns gelassen hatten, packten mich und Tomoe wieder der Ehrgeiz und wir forderten uns gegenseitig heraus.
„Eine Frage!“, rief sie neben mir.
„Ja?!“
„Warum mussten deine Hose und dein Shirt bitte blau und deine Schuhe rot sein?!“, fragte sie,“Hatte das einen bestimmten Grund?“
Ich grinste.
„Erinnerst du dich noch an das Spiel von neulich?!“
„Ah!“, sagte sie,“Verstehe! Auch wenn ich diese Logik, warum ein Igel so schnell rennen kann, immer noch nicht ganz verstehe!“
„Ist doch egal!“, erwiderte ich,“Aber eine Sache muss ich dir noch sagen!“
„Und was?!“
„Du bist zu langsam!“
Ich legte noch mal einen Zahn zu und hing sie kurzer Hand ab.
„Oh! Na warte du....Holzkopf!“, fluchte sie und schloss rasant zu mir auf.
„Nicht schlecht! Ich bin fast beeindruckt, Feuerlöckchen!“, rief ich.
„Ich dachte du interessierst dich nicht für den ersten Platz!“, sagte sie verwirrt.
„Mag sein, aber einmal will ich sehen, wie du akzeptierst, dass ich schneller bin als du!“
„Ohoho, träum ruhig weiter! So leicht wirst du mich nicht los!“
Sogar Isshina holte nach und nach immer weiter auf. Bei einem Balanceakt auf ein paar Balken, gerieten wir beide kurz in Bedrängnis. Zwar hatten Tomoe und ich schon Erfahrung in so was, doch Isshina war dabei auf einem ganz anderem Niveau. Während wir uns etwas schwer taten, tänzelte sie viel mehr über die Balken und schaffte es sogar einmal uns abzulenken. Als das aber glücklicher Weise endete, konnten wir das Blatt wieder wenden. Doch alles nahm noch mal eine absurde Wendung, als wir kurz davor waren, den Wald endlich zu verlassen. Wie aus dem Nichts, wurden wir kurz vor dem Verlassen des Waldes, von einer Rauchwolke eingehüllt.
„Hey, was soll das denn jetzt?!“, fluchte ich.
„Frag mich nicht!“, kam es von Tomoe,“Das kam nicht von mir!“
„Sabotage!“, rief Isshina,“Ein Skandal ist das!“
Doch kurz darauf, kamen wir alle aus der Rauchwolke heraus und setzten das Rennen fort.
Ich wusste allerdings nicht wie ich es geschafft hatte, die anderen abzuhängen und bis an die Spitze zu kommen. „Vielleicht sind die anderen ja vom Weg abgekommen. Oder aber sie sind versehentlich wieder zurückgelaufen. Aber mir passiert so was garantiert nicht!“
Auf jeden Fall war der Weg weiterhin ausgeschildert. Zwar war ich in eine eigentlich bewohnte Gegend geraten, doch Anwohner konnte ich nicht sehen. Eine schmale Straße die bergab ging, führte mich weiter. Leicht verwirrt über diese leere Gegend, drosselte ich mein Tempo etwas und rannte ruhig weiter.
„Rolling around at the speed of sound,
Got places to go,
Gotta follow my rainbow......“, sang ich vor mich hin.
Doch nach einer gewissen Zeit, fand ich wieder einen dieser Stände, wo man uns Wasserflaschen geben sollte, um uns zu erholen. Doch hier, war es etwas anders. Auf dem Schild konnte ich etwas lesen, was mich vor Freude brüllen lies. „Scharfes Takoyaki!“
„Nein!“, rief ich begeistert,“Das kommt mir gerade recht! Eine Fresshütte! Und auch noch mein Lieblingsessen! Heute muss echt mein Glückstag sein! Und kein Nagaoda hier der mir das wieder versaut!“
Das Mädchen was den Stand betreute, grüßte mich freundlich.
„Wunderbar, du hast es bis hier her geschafft. Gratuliere!“, rief sie und klatschte.
„War sonst noch kein anderer Teilnehmer hier?“, fragte ich neugierig und sah mich um.
„Nein. Du bist der erste.“, versicherte sie mir und reichte mir eine Schale.
„Sehr gut, sehr gut, sehr gut!“, gluckste ich und rieb mir die Hände,“Besser kann es doch gar nicht mehr kommen!“
Ich nahm dankend meine extra große Portion entgegen und lies mir damit erst mal richtig Zeit. Jeden einzelnen Bissen genoss ich. Ohne mir großartig Sorgen zu machen, jeden Moment überholt zu werden, schlenderte ich einfach weiter die Straße runter. Doch plötzlich, hörte ich über mir ein lautes Donnern. Ich blieb stehen und blickte gen Himmel. Doch war nichts zu sein. Es war immer noch strahlend blauer Himmel und es war auch noch genauso heiß wie zuvor. Also drehte ich mich um, damit ich mich auch vergewissern konnte, dass der Sturm sich doch nicht hinter mir zusammenbraute. Aber dort war nichts. Auch der Stand, wo ich mir zuvor mein Takoyaki geholt hatte, war verschwunden. So auch das Mädchen. Verwirrt, wandte ich mich wieder meinem Weg zu und aß weiter. Das Donnern jedoch schien mir näher gekommen zu sein und wurde sogar lauter. Schultern zuckend ging ich einfach weiter. Nichts ahnend, was gleich geschehen sollte. Als ich nämlich stolperte und mein Essen fallen lies, zuckte ich beim nächsten Donnern zusammen und drehte mich wieder um. Ich musste in einen weiteren Albtraum geschlittert sein, denn dort oben, wo die Straße bergab ging, entdeckte ich einen Felsbrocken. Entsetzt und verwirrt zu gleich, blieb ich erst mal wie angewurzelt stehen. Bis ein kurzer Moment der Unaufmerksamkeit, das Ding ins Rollen brachte. Instinktiv, rannte ich um mein Leben.
„Ich glaube wohl ich spinne! Die haben sie doch nicht mehr alle!“, brüllte ich, “So was in das Rennen einzuführen! Diese Menschen sind doch lebensmüde!“