Am späten Nachmittag, hatten Tomoe, Kaede und ich noch ein letztes Gespräch, bevor die Königin am nächsten Morgen wieder zurück nach Kamakura gehen würde.
Der Abend hingegen, sollte laut Harukas Worten ruhiger für mich ausgehen, doch da hatte sie nicht die Rechnung mit den Mädels gemacht, die sich alle mit feinen Kimonos in Schale geschmissen hatten, nur um meine Rückkehr zu feiern. Dieses mal, sollte Haruka sie überwachen, damit es nicht zu so einem Desaster kommt wie nach der Feier bei der Todai. Währenddessen saß ich in meinem Zimmer auf den Boden und dachte nach. Ich konnte mich noch wage an eine ähnliche Zeit in der „Roten Zone“ erinnern. Es wurde sich mal ausnahmsweise nicht geprügelt, es flogen keine Flüche durch die Halle. Aber es hielt noch nicht mal einen Tag lang. Hier, war es anders. Gut, auch hier gab es ab und zu mal kleinere Meinungsverschiedenheiten, aber wenigstens brachten sich die Menschen hier nicht gegenseitig um.
Als alle Mädels wieder mal etwas angeschickert im Garten saßen und lallten, kam Tomoe zu mir und sie wirkte etwas erschöpft.
„Dachte ich mir doch das du hier bist.“, sagte sie und setzte sich zu mir, “Bei dem Theater was die da unten wieder veranstalten, hätte ich wohl auch das Weite gesucht.“
„Sollte Haruka nicht auf sie Acht geben?“, fragte ich verwirrt.
„Wo denkst du hin? Die hat sich vorhin dazu gesetzt und ist eine von denen geworden. Keitaro liegt auf der Veranda und pennt.“
„Das ist also auch mit mir passiert als ich zu viel getrunken hab. Ein Glück, das dass vorbei ist.“
„Du warst noch harmlos. Du bist ja nur mitten in der Nacht aufgestanden und abgehauen. Aber egal. Ich bin nicht hier um dich an deine Dummheiten zu erinnern.“, sie wurde ernst und setzte sich mir gegenüber, “Wie geht es dir?“
„Klagen kann ich nicht. An mein Trauma kann ich mich ja wieder erinnern. Wie es ausgelöst wurde und was dafür verantwortlich war. Aber du hast auch einiges durchgemacht.“
„Ganz recht. Wir beide haben in den letzten Wochen, einige schwere Tiefschläge einstecken müssen. Es war ein langer, steiniger Weg, den wir beide gehen mussten, aber wir haben es überstanden.“
Ich schluckte und lies den Kopf hängen.
„Ich muss dir etwas gestehen.“, murmelte ich, “Im Krankenhaus, gleich nach meiner Vision, in der ich wieder im Feuer der Psychiatrie stand,.......habe ich aufgeben wollen.“
„Was soll das heißen?“, fragte sie besorgt und ballte die Fäuste.
„Mein Verstand und mein Körper, hatten aufgegeben. Ich konnte und wollte einfach nicht mehr. Drauf und dran, meinem Schicksal zu entkommen......hätte ich dich beinahe darum gebeten.......mich mit deinem Katana....“
„Schluss.“, sagte sie angespannt, “Ich will nichts davon hören. Du hast es nicht getan und ich denke wir sollten das so schnell wie möglich vergessen. Auch ich, muss dir etwas erzählen.“
„Und das wäre?“
„Während du noch im Koma lagst, saßen die Mädchen und ich fast jeden Abend in der heißen Quelle. Sie fingen an mich die absurdesten Sachen zu fragen. Ob wir uns schon mal geküsst haben.....ob ich schon Dates hatte, als ich aus der Psychiatrie raus war. Und dann noch die Sache mit dir, Kanako und Kitsune.....“
Ich unterbrach sie.
„Moment, aber wir haben uns doch schon mal geküsst.......“
Sie gab mir einen Faustschlag auf den Kopf, damit ich schwieg.
„Ja, aber das war kein Kuss aus Liebe, du Dummkopf! Denk doch mal ein bisschen nach!“, sie atmete tief durch, “Während der Abende beiden Quellen....habe ich etwas wieder gefunden.....und zwar mein.......m-mein...“
„Komm schon, jetzt spuck schon aus. Meine Beine schlafen bald ein, es ist spät und ich will.....“
„Mein Schamgefühl!“, brüllte sie mich an, “Ich, habe mein Schamgefühl wieder gefunden!“
Verdutzt starrte ich sie an.
„Wie das?“, fragte ich.
„Ganz einfach. Früher, kam Yu doch ständig in die Dusche, splitterfaser nackt und das hat mein Schamgefühl über die Jahre zerstört!“
„Aber wie hast du es wieder gefunden?“
„Naja......die Mädels albern gerne mal beim Baden herum. Weiberkram eben. Zu erst hat Kitsune damit angefangen....meine....meine Brüste zu....du weist schon......ach egal!“, sie wurde knallrot, wodurch ihre feuerrote Haarpracht verblasste, “Jedenfalls hat sich hier einiges geändert. Und für uns, wird sich auch einiges ändern.“
„Wie meinst du das?“
„Ganz einfach.“, erklärte sie und nahm meine Hand, “Die Therapeutin und Yanagi haben mir gesagt, was du demnächst zu tun hast, damit du langsam wieder rehabilitiert wirst.“
„Und ich dachte ich wäre das Krankenhaus ein für alle mal los nach den ganzen Schlamassel.“, brummte ich.
„Du, sollst nun jeden Abend deinen Kummer vor mir ausbreiten. Alles was du am Tag erlebt hast, sollst du mir erzählen, damit wir an deinen kleinen, sozialen Problemen arbeiten können.“
„Und was wenn ich keinen Kummer habe?“
„Glaub mir, den wirst du früher oder später noch haben. Der Stress für die Uni ist gnadenlos. Ein ganzer Tag kann stressig oder auch ruhig und langweilig ablaufen. Egal was auch eintritt, wir besprechen jeden Abend deinen Kummer den du am Tag durchlebt hast. Und wenn es nichts gibt, ist das auch in Ordnung.“
„Von mir aus.“, nickte ich ab.
Ich stand mit ihrer Hilfe kurz auf und atmete tief durch.
„Sollen wir runter zu den anderen gehen und das schlimmste verhindern? Es mag zwar jetzt kein guter Zeitpunkt sein, aber vielleicht könntest du jetzt mit Kanako und Kitsune......“
Ich umarmte sie und presste sie an mich.
„Ich......bin dir so unendlich dankbar, für das was du in den letzten Wochen für mich getan hast.“, hauchte ich, “Oft stand ich kurz davor alles wegzuwerfen....., aber du hast mich da wieder raus geholt. Und es tut mir leid.........das du wegen mir so viel durchmachen musstest!“
Sie tätschelte mich und seufzte.
„Hey, nun zerbrich dir darüber mal nicht deinen Dickschädel du, Holzkopf. Ich habe dir schon oft gesagt, dass wir beide nicht immer einer Meinung sind, aber das bedeutet noch lange nicht, das wir einander hassen müssen. In letzter Zeit sind beißende Worte gefallen, doch das liegt nun hinter uns.“
Ich hörte das Geräusch einer Kamera glaubte ich zumindest. Doch ich ignorierte es und lies Tomoe wieder los.
„Wann geht es mit der Uni weiter?“, fragte ich.
„In einem Monat glaube ich. Aber jetzt, kommst du mit runter. Sonst marschieren die alle nachher noch hier rauf und fallen über dich her!“
„Unter einer Bedingung.“, sagte ich und hielt sie zurück, als sie versuchte mich hinter sich her zu schleifen.
„Und die wäre?“
Am Tag darauf, fuhren Tomoe und ich zu einer alten Bekannten. Meine Mitbewohnerin sträubte sich zunächst dagegen, doch Haruka konnte sie glücklicher Weise noch mal umstimmen.
„Ich halte das immer noch für unnötig.“, knurrte Tomoe und verschränkte die Arme.
„Du wolltest mir den Gefallen tun. Und wenn ich dir meinen Kummer ausbreite, sollst du auch nicht zu knapp kommen. Also ziehst du das jetzt durch!“, sagte ich mit ernster Mine und klingelte an der Türe.
Kurz darauf, zeigte sich uns Isshina in ihren üblichen weißen Kimono. Mir schenkte sie sofort ein strahlendes, wenn auch etwas eisiges Lächeln und nickte mir zu.
„Es ist eine Freude, dich wiederzusehen, Akumaru.“, sagte sie, “Kommst du um das Essen zu Zweit in Angriff zu nehmen?“
Ich schüttelte den Kopf und schob Tomoe nach vorne, die sich wieder aus dem Staub machen wollte.
„Muss das wirklich sein?“, meckerte sie.
„Du hast es mir versprochen. Also los!“
Es dauerte eine Weile bis Tomoe sich dazu entschloss, Isshina direkt anzusehen.
„Korukawa.....ich.....möchte dir nur sagen,.....das Rayo, nicht an einem Essen zu Zweit mit dir interessiert......“
„Nein.“, fuhr ich ihr dazwischen, “So haben wir das nicht eingeübt. Noch mal von vorne. Mit Gefühl, Feuerlöckchen.“
Für den letzten Satz, rammte sie mir ihren Ellbogen in die Rippen.
„Isshina, ich.....möchte mich....bei dir bedanken, für deine Fürsorge die du Rayo hast zukommen lassen. Auch wenn du dich anfangs echt unmöglich.“, ich stach ihr mit den Finger in die Hüfte, woraufhin sie mich anblitzte, “Und ich will mich, offiziell bei dir...entschuldigen. Es war unsportlich von mir, dich dauernd zu beleidigen und nieder zu machen. Dazu hatte ich kein Recht.“
Isshina hob erstaunt eine Augenbraue und ihr Lächeln, verblasste ein wenig.
„Reicht dir das?“, fragte ich.
Isshina verneigte sich kurz.
„Es läge mir fern, eine ehrliche Entschuldigung zu missachten und nicht zur Kenntnis zu nehmen. Betrachtet sie als angenommen. Ich hege keinen Groll gegen dich....“, sie musste ein Kichern unterdrücken und flüsterte Tomoe etwas ins Ohr, “Feuerlöckchen.“
„Vorsicht, treib es nicht zu weit.“, knirschte Tomoe.
„Akumaru, ich werde dir eine Nachricht zukommen lassen. Dann können wir genauer darüber sprechen, wie es mit unserem Essen aussieht.“
„Von mir aus.“, sagte ich dumpf und verneigte mich, “Komm Tomoe, wir sind hier fertig.“
„Na endlich!“, stöhnte sie und stapfte hinter mir her, aber nicht ohne mich an den Haaren zu ziehen, “Idiot! Das hättest du dir wirklich sparen können!“
„Aua, jetzt lass es doch mal gut sein! Warum lässt du deinen Frust jetzt wieder an mir aus!“
„Weil sonst kein anderer da ist, du Holzkopf!“
Während wir uns stritten, ging Isshina kopfschüttelnd wieder hinein.
„Klug gespielt, Darakaija. Aber diese Beute, wirst du mir nicht entreißen.“