Talib
Schwaches Licht dringt durch die bunten Mosaik-Fenster der kleinen Kathedrale. Es färbt sich durch die Scheibe zu roten Punkten, die auf die alten Holzbänke vor uns fallen. Ich lasse einen kurzen Blick durch das schmucklose Gebäude fallen. Die Wände sind weiß und kahl. Durch den langgezogenen Raum breitet sich ein dunkelbrauner Teppich aus, der Ton in Ton in den nach Staub und Schmutz riechenden Bankreihen übergeht. Allein der Altar auf der schmalen, hölzernen Bühne im Vordergrund, strahlt Etwas majestätisches aus. Die schwungvollen, golden lackierten Verzierungen an dessen Säule, die sich zu einem Frauen- und einem Männerkörper ausbreiten, die sich nur mit den Fingerspitzen berühren, halten mich in ihrem Bann gefangen. Unwillkürlich sehe ich Nayara vor meinem inneren Auge. Wie gerne würde ich jetzt mit ihr im Bett liegen und sie einfach nur in den Armen halten. Ihre Nähe genießen.
„Wieso hast du uns gerufen, Talib?“
Aidens Stimme wirkt angespannt, doch er lehnt sich zurück und breitet die Arme lässig über der Lehne aus.
Noch einmal fahre ich mit dem Blick durch das Gotteshaus, doch nachdem wir alleine zu sein scheinen, wende ich mich ihnen zu.
„Es geht um Nayara“, sage ich in die Runde gerichtet.
„Um wen denn sonst?“, bemerkt Candra gähnend, doch ich werfe ihr nur einen vernichtenden Blick zu. Tarun und Leana scheinen aufrichtig besorgt zu sein. Die rothaarige Frau lehnt sich vor und legt ihre Finger auf meinen Unterarm. „Ist etwas passiert?“
„Nein“, beruhige ich sie und sie zieht sich sofort zurück, ein erleichtertes Seufzen entrinnt ihrer Kehle.
„Noch nicht.“ Ich blicke kurz zu den Anderen: Tarun, Leana, Dante, Felan, Candra und Aiden. Alle sehen mich neugierig an.
„Irgend so ein seltsamer Typ ist aufgetaucht. Faye. Er behauptet ein alter Freund aus Nayaras Rudel zu sein. Ich traue ihm nicht.“
Felan schnaubt spöttisch, selbst Aiden grinst dämlich und Candra verdreht entnervt die Augen. „Du hast uns also zusammengetrommelt, weil du eifersüchtig bist?“ Felan boxt mir gegen die Schulter. „Dein Selbstbewusstsein scheint ja noch weniger vorhanden zu sein als dein Charme.“
Ich werfe ihm einen zornigen Blick zu. „Sehr lustig.“
Ich atme tief durch. „Aber es ist mir ernst. Er scheint sich zwischen uns drängen zu wollen. Dieser Faye gefährdet den ganzen Plan.“
„Stell dich nicht an wie ein Mädchen“, entfährt es Aiden. „Zeig ihr, wer der bessere Fang ist.“
Felan bricht in ein tiefes, kehliges Gelächter aus. Es stirbt genauso abrupt ab, wie es angefangen hat. „Na sicher nicht Talib.“
Ich stoße ein warnendes Knurren aus. Wären wir nicht alte Freunde, hätte ich ihn schon längst zum Schweigen gebracht.
„Da ist ein Kerl aufgetaucht, der dir dein Mädchen wegnehmen will, na und? Mach der Kleinen schöne Augen, sodass sie gar nicht mehr wahrnimmt, dass der andere Typ da ist. Du lässt dich doch von so etwas nicht abhalten?“
„Natürlich nicht“, erwidere ich zornig. „Ich wollte euch nur vorwarnen. Dieser Kerl verbirgt etwas und ich weiß einfach noch nicht, was das ist.“
Felan verzieht seine Lippen zu einem schelmischen Lächeln. „Mach dir nicht ins Hemd. Wickel die Kleine einfach um deinen Finger und versuch diesen Faye von ihr fernzuhalten. Das solltest selbst du hinbekommen.“ Er zwinkert mir neckend zu und streicht sich eine dunkle Strähne aus dem Gesicht. „Zumindest, wenn ich dich coache.“
„Felan!“, mischt sich nun Leana ein, die sich zuvor zurückgehalten hat. Auch Dante wirft dem Mann neben mir einen tadelnden Blick zu. Felan nimmt spielerisch die Hände nach oben, als würde er sich ergeben. „Darf man hier nicht einmal mehr Späße machen?“
Tarun klatscht ihm lachend in die Hand, dann sieht er mich belustigt an. „Komm schon Brüderchen, ich verstehe ja, dass dich die Anwesenheit eines neuen Mitstreiters stört, aber so unsicher warst du doch noch nie, wegen einer Frau. Hat dich wohl echt erwischt.“
„Halt die Klappe!“, schnauze ich ihn an. „Darum geht es nicht.“
„Anscheinend ja doch“, presst Aiden hervor und erhebt sich von seinem Platz. „Wenn das alles ist, ich hab noch was vor“, erklärt er nur knapp und drängt sich an Dante und Leana vorbei. Candra folgt ihm wortlos, nickt uns nur zu.
„Ich auch.“ Tarun fährt sich durch die langen, braunen Haare. Ein verschmitzter Ausdruck legt sich auf sein Gesicht. „Da räkelt sich eine hübsche Lady in meinem Bett und wartet darauf, dass ich zurückkomme.“
Dieses Mal ist es Felan, der mit ihm einschlägt. Tarun erhebt sich und schlägt mit seiner geballten Faust schwach gegen unsere ebenfalls geballten Fingerknöchel, als Gruß zum Abschied. „War schön euch alle mal wieder gesehen zu haben.“
Er schaut mich noch einmal kurz an. „Und wenn du Hilfe dabei brauchst, deine Süße rumzukriegen, meld dich.“
Mit der Hand symbolisiert er einen Telefonhörer, den er sich ans Ohr hebt. Dann verschwindet auch er in Richtung Ausgang. „Sonst noch jemand, der mich im Stich lassen will?“ Wieso nimmt mich eigentlich niemand ernst? Es geht hier um unser aller Schicksal.
Dante greift nach Leanas Hand und zieht sie mit sich hoch. „Wenn du so fragst...“ Er drückt seiner Freundin einen liebevollen Kuss auf den Scheitel und gleichzeitig legt sich ein rosa schimmernder Hauch auf ihre Wangen. „Wir sehen uns.“
Ohne ein weiteres Wort, schiebt er Leana mit der Hand in ihrem Rücken voran. Sie winkt uns zu und lächelt breit. „Wenn etwas sein sollte, melde dich.“
Ich nicke knapp. Wieso sollte ich? Scheint ja sowieso niemanden zu kümmern.
„Was ist mit dir?“ Ich schaue in Felans schwarze Augen, die mich sorgenvoll mustern. Ich erwarte einen spöttischen Kommentar, doch seine Miene bleibt ernst. „Du machst dir wirklich Sorgen.“
Das war keine Frage. Ich nicke kaum merklich. Natürlich tue ich das!
„So wie die Kleine dich anschmachtet, wird sie diesem Faye sowieso eine Abfuhr geben.“
„Aber er ist...“ Als die Worte meines Freundes in mein Gehirn einsacken, verstumme ich augenblicklich. „Wie sie mich anschmachtet?“
Ungläubig verlassen die Worte meinen Mund.
Ein erheitertes Lachen dringt aus Felans Kehle. „So wie sie dich anstarrt, könntest du ihr noch heute die Kleider vom Leib reißen und sie hätte sicher nichts dagegen.“
Mein Herz setzt einen Schlag aus. Ist das sein ernst?
Ich kann nicht anders. Wie von selbst schleicht sich ein Lächeln auf meine Lippen. „Das werden wir noch sehen.“
Plötzlich kann ich es gar nicht mehr erwarten wieder zurück in die Hütte zu kommen. Felan erwidert das Grinsen wohlwissend. Freundschaftlich klopft er mir mit der flachen Hand auf das Schulterblatt. Gerade als ich mich erhebe, um mich auf den Heimweg zu machen, fällt mir Fremont wieder ein. Ein eiskalter Hauch zieht sich über meinen Rücken, kribbelt in meinen Knochen und verlangsamt das aufgeregte Pochen meines Herzes. Ich halte in der Bewegung inne und schaue zu Felan herab, der mich mit hochgezogener Augenbraue betrachtet.
„Sag bloß, du ziehst jetzt doch den Schwanz ein.“
„Um meinen Schwanz brauchst du dir sicher keine Sorgen machen“, raune ich ihn an. „Aber da gibt es noch etwas anderes.“ Ich überlege, wie ich ihm am Besten erklären könnte, was ich gesehen habe. Doch im selben Moment vibriert es in seiner Jackentasche. Felan hebt einen Finger in die Luft, um mir zu bedeuten, kurz zu warten. Dann zieht er sein Handy aus der Tasche und drückt auf den Tasten herum. Eine tiefe Falte legt sich zwischen seine Brauen, während er die Nachricht liest. „Hat das Zeit bis später? Ich muss los.“
Ohne eine Antwort abzuwarten, steht er auf und läuft schnellen Schrittes auf die Tür zu. Er dreht sich nur kurz um und hebt die Hand zum Abschied. „Ist vermutlich sowieso nicht so wichtig“, murmle ich zu mir selbst. Ich versuche den Gedanken an den Mann im schwarzen Anzug und dem finsteren Blick in seinen Augen zu verdrängen und verlasse die Kathedrale.
Vermutlich war es gar nichts und ich mache mir völlig umsonst Sorgen. Er scheint mich sowieso nicht bemerkt zu haben.
Als mir die frische Luft entgegenschlägt und durch mein Haar weht, zucken meine Lippen unwillkürlich nach oben. Jetzt sollte ich mich erstmal auf Nayara konzentrieren. Ich beiße mir auf die Unterlippe und male mir den ganzen Weg über aus, wie sie sich nackt unter mir auf dem Bett räkelt und meinen Namen stöhnt.
Ich kann es kaum erwarten.
***
So schnell bin ich noch nie zurück zu meiner Hütte geeilt. Mein Herz schlägt voller Vorfreude und auch ein wenig wegen der Anstrengung, gegen meine Brust. Mein Atem dringt in winzigen Wölkchen, stoßweise an die frische, eiskalte Luft.
Ich hoffe nur, dass Felan auch recht hat und Nayara wirklich etwas für mich empfindet. Aber wie soll ich sie dazu kriegen, es mir zu sagen? Sie fragen? Soll ich sie einfach an mich reißen und ihr die Klamotten vom Leib reißen?
Mit vor Anspannung und gleichzeitig freudiger Erwartung, bebenden Fingern, stecke ich den Schlüssel in das Loch und öffne die Tür. Ich trete ein und sperre die Kälte aus.
„Hey“, rufe ich in den Raum hinein, bemerke wie kratzig meine Stimme klingt. Ich räuspere mich und befreie mich schnell aus meinem Mantel, den ich achtlos auf den Boden fallen lasse.
„Nayara?“ Es dringt immer noch kein einziges Geräusch aus dem Inneren der Hütte. Sie wird doch nicht wieder schlafen?
Auf leisen Sohlen durchquere ich den Essbereich und das Wohnzimmer, welches im Dunkeln daliegt. Das funkelnd-weiße Licht, das vom Schnee draußen reflektiert wird, beleuchtet den Raum gerade hell genug damit ich etwas erkennen kann. Und zwar nichts. Denn sie nicht hier. Ich laufe um die dünne Trennwand herum, streiche mir nervös durchs Haar. Doch auch als ich vor dem Bett stehe, ist es leer. Ungläubig durchwühle ich die zusammengeknüllten Laken, doch es ändert sich nichts.
Sie wird doch nicht weggelaufen sein?!
„Nayara?“, rufe ich nun lauter. Automatisch finden meine Finger den Lichtschalter und als die Schatten von einem strahlenden Gold verdrängt werden, erkenne ich auch, dass selbst die Küche leer ist. Mein Herz hämmert immer unruhiger in meiner Brust. Mein Magen zieht sich zusammen und hinterlässt ein ungutes Gefühl. Beunruhigt eile ich zur Badezimmertür. Ohne anzuklopfen reiße ich die Tür nach innen auf und knipse das Licht ein. Meine letzte Hoffnung, Nayara in der Wanne vorzufinden, verflüchtigt sich.
Aber wo soll sie denn sein? Hat dieser Faye sie mitgenommen? Ist sie von alleine abgehauen? Glaubt sie doch nicht, an eine gemeinsame Zukunft?
Scheiße!
Mit zitternden Fingern ziehe ich mein Mobiltelefon aus der Hosentasche und betätige die Schnellwahltaste, die mich automatisch zu Felan durchstellt.
Normalerweise hebt er immer sofort ab, doch dieses Mal erwische ich nur seine Mailbox. „Ruf mich zurück“, raune ich in den Hörer, erkenne meine Stimme selbst nicht wieder.
„Es wird ihr schon nichts passiert sein“, versuche ich mich selbst zu beruhigen. „Vielleicht hat sie sich spontan zu einer Shoppingtour entschlossen?“
Klar, eine Shoppingtour, du Idiot. Ausgerechnet Nayara. Und mit welchem Geld, bitteschön?!
Das ungute Gefühl in meinem Magen breitet sich nun in meiner Kehle aus und schnürt diese zu.
Fast schon hilflos wähle ich Leanas Nummer. Als diese nicht abnimmt, versuche ich bei Dante mein Glück, doch sein Telefon ist ausgeschaltet. Verfluchte Scheiße!
Das Gleiche wiederholt sich auch bei Aiden, Candra und Tarun. Was ist nur los? Wo sind denn alle?
„Nayara ist weg, ich brauche deine Hilfe!“ Nachdem ich meinem kleinen Bruder eine Nachricht aufs Band gesprochen habe, laufe ich verzweifelt im Raum auf und ab. Wo ist sie?
Ich setze mich auf die Couch, versuche ruhig zu bleiben. Doch das panische Gefühl in meinem Inneren lässt mich keinen einzigen klaren Gedanken fassen. Hat sie mich verlassen? Oder ist ihr etwas zugestoßen?
Beide Gedanken sind so unerträglich, fressen sich unbarmherzig in mein Herz, sodass ich sie schnell zu verdrängen versuche.
Ich kann nicht einfach da sitzen und mich von meinen Gefühlen verrückt machen lassen, ich muss sie finden. Ich will wissen, was los ist!
Entschlossen stoße ich mich vom Sofapolster ab und zerre einen schmalen Notizblock, sowie einen Kugelschreiber unter dem Wohnzimmertisch hervor. Mit krakeliger Schrift hinterlasse ich eine Nachricht für Nayara, falls sie doch einfach nur irgendwo unterwegs ist und sich verspätet.
„Bin auf der Suche nach dir. Melde dich, wenn du das liest.“ Eilig setze ich meine Handynummer darunter und lege den Zettel auf den Küchentisch, da sie ihn dort vermutlich als erstes entdecken wird. Mit einem nervösen Kribbeln im Bauch stürme ich auf die Tür zu, bücke mich nach meinem Mantel und ziehe ihn mir während dem Gehen über.
Bitte, lass ihr nichts passiert sein!
Ich trete in die eisige Kälte heraus. Das ewige Weiß liegt ruhig vor mir, doch mein Herz schlägt nun umso unruhiger. Ich atme tief durch. Wo soll ich mit meiner Suche beginnen? Sie könnte bei Tarun sein. Oder irgendwo in der Stadt. Oder ist sie wirklich dumm genug um ganz allein einen Waldspaziergang zu machen? Die Wölfin ist immer noch an ihrer Haut zu riechen, was andere Tiere anlocken könnte.
Mein Herz verkrampft sich, treibt all die Luft aus meinen Lungen. Ich schüttele den Kopf, muss mich zusammenreißen. Unsicher eile ich durch die hohen Schneemassen in Richtung Stadt, dort liegen meine Chancen vermutlich am höchsten. Doch plötzlich lässt mich ein schwarzer Schatten zusammenzucken, den ich vorher gar nicht bemerkt hatte. Wieder saust er an mir vorbei, stößt ein lautes Krächzen aus.
Der plötzliche Aufschrei durchfährt meinen Körper, setzt sich bis ins Mark fest. Immer wieder umkreist mich der schwarzblaue Vogel, der nun als Kolkrabe zu erkennen ist.
Irgendetwas lässt mich innehalten. Dieser Vogel hat etwas an sich, das mir einfach nicht normal erscheint. Seine dunklen Augen scheinen silbern aufzublitzen.
Erschrocken wedle ich mit den Armen in der Luft, um ihn von mir wegzuscheuchen. Doch er kreischt erneut, dieses Mal so schrill, dass es die Stille der Berge zerreißt.
Ich habe keine Zeit, um mich von diesem Federvieh ablenken zu lassen!
„Verschwinde!“, brülle ich ihn an, doch der Kolkrabe zieht weiter entschlossen seine Bahnen um mich. Sind diese Tiere nicht normalerweise scheu?
Ein plötzlicher, dummer Gedanke durchzuckt mich. Wäre es möglich, dass er weiß wo Nayara ist?
„Weißt du, wo sie ist?“, schreie ich zu ihm in den Himmel hinauf.
Ja, klar. Ein Rabe mit eingebautem Navigationsgerät, samt Überwachungssystem.
Er verlangsamt seine Züge durch die Weite des Himmels, fliegt sogar noch etwas näher an mich heran, lässt mich aufschrecken, sodass ich nach hinten stolpere. Gerade noch so kann ich die Balance halten. Er kräht erneut, das silberne Leuchten in seinen Augen scheint nur noch heller zu werden. Der blauschwarze Rabe stößt erneut seinen kratzigen Schrei hervor, als würde er mir zustimmen wollen.
„Zeig mir, wo sie ist!“ Verflucht, ich rede wirklich mit einem Raben!
Ohne weiter darüber nachzudenken, renne ich dem Vogel nach, der urplötzlich davonfliegt. Er ist so schnell, dass ich ihm kaum folgen kann. Der tiefe Schnee erleichtert mir meinen Weg auch nicht wirklich. Kurzentschlossen gleite ich über in meine Wolfsform. Das Ziehen und Kribbeln in meinem Inneren, das lodernde Feuer hinter meinen Augen nehme ich nur schwach war, denn meine volle Aufmerksamkeit ist auf den Raben gerichtet.
Flink eile ich nun durch die Tiefen des Waldes, das Atmen fällt mir leichter, jeder Schritt wird durch meine kraftvollen Pfoten beschleunigt. Die hohen, in Puderschnee gehüllten Tannen wirken wie eine undurchdringliche Wand, die sich rechts und links neben mir auftürmt. Allein durch meine angestrengten Sinne, kann ich die Umgebung schemenhaft ausmachen, da kaum ein Lichtstrahl von der Sonne zu mir durchdringt. Meine Augen fixieren sich auf das blauschimmernde Gefieder des Raben, das nur schwach am Himmel über mir aufragt.
Doch dadurch sind meine anderen Sinne so eingeschränkt, dass ich die nahende Gefahr erst zu spät bemerke. Ein vertrauter Geruch nach Minze und Honig, der sich nur schwach vom Duft des Tannenwaldes absetzt, steigt mir in die Nase. Ein dunkler Schatten schießt von der Seite auf mich zu, erschreckt mit seinem tiefen Knurren selbst den Raben am Himmel, der mit wild flatternden Flügeln weiter hinauf steigt. Wie gebannt sehe ich die goldgelben Augen mordlüstern auffunkeln, ehe sich mein Herz überschlägt. Ein scharfer, stechender Schmerz durchzuckt meinen Hals, breitet sich wie ein Blitzschlag durch meinen ganzen Körper aus. Schmerzerfüllt heule ich auf, versuche den Angreifer von mir abzubringen, doch dann spüre ich nur noch einen gewaltigen Schlag auf den Hinterkopf. Ein Rauschen in meinen Ohren, mein heftig pochendes Herz, das immer schwächer wird. Und dann kommt die Schwärze.
***
Mein Kopf dröhnt, ein stechender Schmerz breitet sich darin aus und fährt meinen Nacken hinab in alle Glieder. Ein süßer, metallischer Geschmack liegt schwer auf meiner Zunge. Ich spucke aus, huste und ringe nach Luft. Mit der Zunge fahre ich über die Innenseite meiner Wange, an der sich eine Wunde befindet, die gerade dabei ist, sich zu regenerieren.
Was ist passiert?
Ich spüre einen kalten Luftzug, versuche mir über den Körper zu reiben, um die Kälte aus meinen Gliedern zu vertreiben, doch meine Hände sind unbeweglich. Ein metallenes Rasseln mischt sich zum Röhren in meinem Kopf. Angestrengt versuche ich die Augen zu öffnen, doch es fällt mir viel zu schwer. Zuerst bleibt alles dunkel. Als die ersten Lichtstrahlen mein Sichtfeld erreichen, presse ich die Lider schnell wieder aufeinander. Schwarze Punkte tanzen vor meinen Augen. Ich stöhne, winde mich unter den pochenden Kopfschmerzen. Auch meine Beine scheinen sich nicht bewegen zu wollen. Ich atme tief durch, versuche meinen bebenden Herzschlag zu beruhigen. Es riecht nach Wein und Staub. Und getrocknetem Blut.Wo bin ich hier?
Ich reiße erneut die Augen auf, ein grelles Licht überschwemmt mich und ich brauche einen Moment, bis ich wieder klar sehen kann. Ein schmutziger, schlichter Raum. Über mir baumelt eine schmucklose Lampe, schnell wende ich wieder den Blick ab, da das Licht in meinen Augen brennt. Als ich an mir herunter blicke, bemerke ich, dass ich nackt bin. An meinen Beinen befindet sich eine dicke Metallkette, die meinen Körper an der steinernen Wand in meinem Rücken festhält. Erst jetzt entdecke ich, woher der stechende Schmerz in meinen Gliedern stammt. Ich will mich befreien, doch auch meine Hände stoßen auf Unbeweglichkeit, sie scheinen rechts und links neben meinem Kopf festzukleben. Erneut dringt das metallene Rasseln an mein Ohr, dieses Mal lauter als zuvor, da sich das Dröhnen in meinem Kopf etwas gesenkt hat.
Wie bin ich hier her gekommen?
Ich suche mit zusammengekniffenen Augen den Raum weiter ab. Versuche mich an irgendwas zu erinnern.
Auf meiner linken Seite befindet sich ein schwarzes Gitter, das den Raum verschließt und es mir zusätzlich erschwert von hier zu entkommen.
Angestrengt suche ich nach Antworten in meinem noch immer schmerzenden Kopf, während meine Augen abwesend über das kahle Gemäuer wandern, nach einem Anhaltspunkt suchen. Dann bleibt mein Blick in einer Ecke hängen, in der ein Mann bewusstlos in seinen Ketten hängt. Faye. Seine Lider sind geschlossen, sein Gesicht ist geschwollen, die Augenpartie ist dick und dunkelblau. Ich vermag nicht zu sagen, ob er noch lebt. Meine Sinne sind noch leicht betäubt, weshalb ich keinen Puls von ihm ausmachen kann. Oder aber er hat keinen mehr. Aber würde, wer auch immer hierfür verantwortlich ist, eine Leiche gefangen halten?
Seinen nackten Körper entlang ziehen sich tiefe Kratzer und Wunden, an denen getrocknetes Blut klebt. Über seinem Schoss hängt eine rote Decke.
Als ich meinen Blick abwende, entdecke ich Nayara die unweit von Faye an einen Balken gefesselt ist. Urplötzlich verschwindet all der Schmerz aus meinen Kopf und schießt in mein Herz.
Sie liegt auf dem Boden, ihr Oberkörper ist in einer unbequem wirkenden Position an einen Balken gelehnt. Eines ihrer Beine wirkt seltsam verdreht und ihre Hände spannen sich über dem Kopf, eine Spur aus Blut rinnt ihre Arme entlang, die von den einschneidenden Ketten an ihren Handgelenken zu stammen scheint. Ihr schwarzes Shirt ist zerrissen und ich erkenne trotz des dunklen Stoffs, dass Blut daran klebt. Auch an ihren Hosenbeinen befinden sich seitlich lange Schlitze.
Was ist mit ihr geschehen?
In meinem Kopf rauscht es, mein Herz hämmert so heftig gegen meine Brust, dass es mir fast den Atem verschlägt.
„Nayara!“ Ich versuche all den Schmerz aus meinem Herzen zu schreien. Will zu ihr. Doch die Ketten halten mich zurück. Ich winde mich, ignoriere das Stechen, das mir in die Knöchel und Handgelenke fährt, als sich die Fesseln fest in meine Haut beißen.
„Nayara, was ist mit dir passiert?“
Sie zuckt zusammen, doch ihr leerer Blick bleibt auf einen Punkt vor ihr gerichtet. Ein unsichtbarer Punkt, den nur sie zu sehen scheint. Nur schwach hebt und senkt sich ihr Brustkorb, aber immerhin atmet sie. Heißer Schwindel umfängt mich. Ein glühendes Gefühl der Wut, gemischt mit der zerreißenden Machtlosigkeit, die mich innerlich zerfrisst.
„Nayara, sieh mich an!“, fordere ich, zerre weiter an den Ketten. Schreie und fluche.
Wenn ich den erwische, der ihr das angetan hat, werde ich ihn oder sie in Stücke reißen!
Doch sie starrt weiter geradeaus, als wäre ich nicht da. „Nayara, bitte, rede mit mir!“
Nichts. Keine Regung.
Das wilde Pochen in meiner Brust setzt für einen Moment aus, lässt die Zeit still stehen.
Genau in dem Moment breitet sich ein bis ins Mark kriechendes Gelächter im Raum aus. Ein mir nur zu wohlbekanntes Geräusch. Das Gitter öffnet sich quietschend und ein Mann tritt in den Raum. Mit jedem Schritt erklingt das gänsehautbereitende Klicken seines Gehstockes auf dem steinernen Grund.
Er schließt das Gitter hinter sich, erneut quietscht es so laut, dass mir das Trommelfell fast zerreißt. Ein eisiges Lächeln umspielt seine Mundwinkel, das selbst seine sonst so ausdruckslosen, dunkelbraunen, fast schwarzen Augen erreicht und zum Funkeln bringt.
„Talib, mein alter Freund.“
„Fremont“, knurre ich. Mir wird übel und ein Kloß setzt sich in meinem Hals fest, als er näher auf mich zu kommt. Mein Herz rast und versucht sich aus meinem Brustkorb zu befreien. Doch all der Zorn verdrängt die Gefühle und schickt eine brodelnde Hitzewelle durch meinen Körper.
„Was hast du ihr angetan?“
Er schielt zu Nayara herüber, sieht mir dann wieder direkt in die Augen. Sein Grinsen vertieft sich. „Wir haben uns nur ein bisschen unterhalten.“
„Ich werde dich in Stücke reißen!“, zische ich. Das Brennen in meinem Inneren wird intensiver. Ich zerre mit aller Kraft an den Fesseln, doch sie lösen sich nicht aus der Wand. Blitzschnell saust sein Stock auf mich nieder, trifft mit einem surrenden Schmerz auf meinen Brustkorb. All die Luft entweicht meinen Lungen und ich keuche auf. Ein vibrierendes Stechen bleibt in meinem Oberkörper zurück, doch ich unterdrücke das Gefühl. Konzentriere mich auf den Bastard vor meinen Augen.
„Ich glaube nicht, dass in der Lage dazu bist, alter Freund“, meint er mit einem erhabenen Unterton in der Stimme.
Ich spucke angewidert aus, ringe nach Atem. Die unbändige Wut steigt immer stetiger an, darunter mischt sich das Adrenalin. Die Furcht, die mich bei Fremonts Anblick zuvor gefangen genommen hat, ist vollkommen verschwunden. Egal wie oft er auf mich einprügelt, ich werde mich an ihm rächen, für das, was er Nayara angetan hat.
„Wir sind keine Freunde“, fauche ich ihn an. „Sag mir, was du mit ihr gemacht hast!“
Sein schallendes Gelächter durchzuckt erneut den Raum. Nayara dreht den Kopf zu uns, ein panischer Ausdruck hat sich auf ihrer Miene ausgebreitet. Doch ihr Blick ist noch immer leer.
Ein stechender Schmerz durchzuckt meine Brust, der noch schlimmer nachhallt, als Fremonts Hieb.
Amüsiert schaut der schwarzhaarige Mann zwischen ihr und mir hin und her, reibt sich durch den kurzen Bart. „Sie wollte mir nicht verraten, wo ich den Schicksalswolf finden kann.“
„Schicksalswolf?“ Ich ziehe die Augenbrauen zusammen. Wovon redet er?
Fremonts Blick verdüstert sich. „Willst du nun auch den Unwissenden spielen?“
„Ich habe keine Ahnung, wovon du redest.“ Ich erwidere seinen zornigen Blick. „Aber wenn ich dir helfe, dann lässt du sie gehen.“ Es ist keine Bitte, sondern ein Befehl. Mein Gegenüber scheint nicht sonderlich erfreut über meinen fordernden Unterton. Erneut rast sein Stock auf mich nieder. Immer wieder durchzuckt mich ein unwirklicher Schmerz in jedem Teil meines Körpers, der sich unter die gleißende Hitze mischt. Ich beiße die Zähne fest zusammen, lasse den Unterkiefer knirschen.
Meine Glieder fühlen sich taub an, ein prickelndes Ziehen breitet sich nach jedem neuen Schlag darin aus. Es fühlt sich so an, als würden tausend kleine Blitze durch meinen Körper zischen und mich von innen heraus verbrennen.
„Du hast dich verändert“, bemerkt Fremont, holt erneut aus. Die Spitze seines Gehstocks rast direkt auf mein Gesicht zu. Ich wende den Blick nicht ab, blinzle nicht und zucke nicht zusammen. Kurz bevor mich das dicke Holz berührt, hält Fremont in der Bewegung inne und zieht sich zurück. Sein kaltes Lachen schmerzt mehr, als jeder seiner Schläge. „Das gefällt mir.“
„Schön für dich“, blaffe ich ihn an. „Nun sag mir endlich, was du von uns willst.“
Sichtlich amüsiert zieht er seinen Hut weiter aus seiner Stirn, damit er mich besser mustern kann.
„Von dir will ich gar nichts, du bist mir einfach nur lästig geworden, deshalb habe ich dich herbringen lassen.“
Er hält kurz inne. „Ich brauche den Schicksalswolf für unser kleines Ritual, da aber niemand zu wissen scheint, wo er zu finden ist, reicht mir auch sein kleiner Schützling.“ Er nickt zu Nayara hinüber, die uns noch immer anblickt, aber nicht wirklich wahrzunehmen scheint.
„Wovon redest du?“ Nayara, was hat er dir nur angetan?
„Du weißt es wirklich nicht?“ Fremont sieht überrascht aus, als er meinen Blick bemerkt. „Umso besser“, meint er dann. „Deine Kleine ist der Schützling des Schicksalwolfes. Ein mächtiges Wesen, das jedes Schicksal umzuschreiben vermag. Und sein Blut ist auch äußerst wertvoll, genauso wie sein Herz.“
Ohne auf eine Reaktion von mir zu warten, fährt er fort. „Er sollte mir helfen, ein Ritual durchzuführen. Ein dunkler Zauber, der es mir und meinen Anhängern erlaubt unsterblich zu werden“, erklärt er seine bösen Absichten ohne Angst zu haben, dass ich ihn daran hindern könnte. Seine maßlose Erhabenheit setzt sich wie in Kloß in meine Kehle. Ein Brechreiz bildet sich in meinem Inneren und steigt nach oben.
Natürlich kenne ich den Schicksalswolf, jeder Wolf tut das. Er ist unser Schutzpatron. Er allein, kann unser Schicksal lesen und wenn er will, leiten. Aber je weniger Fremont von mir erfährt, desto besser ist es für uns alle.
„Deine kleine Gefährtin trägt einen Teil des Schicksalswolfes in sich. Sie ist zwar nicht so mächtig wie er, doch es sollte genügen.“
Nayara trägt einen Teil seiner Magie in sich? Ist das wirklich wahr?
„Fass sie nicht an!“, fauche ich. Mein Puls rast so heftig, dass sich meine Kehle zuschnürt und mir schwindelig wird. „Wage es ja nicht!“
Fremont lacht erneut auf. „Dafür ist es ein Bisschen zu spät.“
„Du mieser...“ Doch weiter komme ich nicht, sein Stock schnellt in mein Gesicht, reißt es zur Seite.
Die Haut auf meiner Wange platzt auf und ich kann deutlich spüren, wie mein Wangenknochen mit einem lauten Knacken bricht. Noch während ich unter Schmerzen aufstöhne und mein Kopf schwer nach vorn sinkt, fühle ich das heiße Blut, das aus der Wunde quillt. Es rinnt mir den Hals hinunter und tropft dann auf den staubigen Boden. Der metallische Geruch steigt mir in die Nase, setzt sich darin fest. Ich fluche, ehe ich mich dazu zwinge, wieder zu Fremont aufzusehen.
Verfluchter Mistkerl!
„Vorsicht, mein Lieber“, raunt der dunkelhaarige Mann. „Ich mag dich, aber du solltest es wirklich nicht übertreiben.“
Er mag mich?
Als könne er meine Gedanken lesen, erklärt er sich. „Deine Reaktionen erheitern mich und da du sowieso nicht mehr lange lebst, kann ich sie ruhig noch etwas weiter auskosten.“
Eine eiskalte Hand fährt meinen Rücken herab, hält mich im Bann der Furcht und Machtlosigkeit gefangen.
„Willst du denn gar nicht wissen, wieso wir die Unsterblichkeit anstreben?“ Eine weitere, mir nur allzu wohlbekannte Stimme dringt hinter dem Gitter hervor. Sie reißt mich unwillkürlich zurück ins Hier und Jetzt. Der schwache Duft von Minze und Honig schleicht sich in meine Nase und mit ihm steigen die Bilder in mein Bewusstsein auf. Die Bilder, die mir zeigen, was passiert ist. Wie ich hier her gelangt bin. Bilder eines rotorangenen Wolfes, mit einem stechend goldenen Funkeln in den Augen. Nein! Nein, das kann nicht wahr sein!
Mein Freund lacht, als er meinen verzweifelten Blick bemerkt. „Ach Talib, schau doch nicht so bestürzt drein.“ Seine Stimme klingt plötzlich so fremd, gar nicht mehr so wie die meines jahrelangen Freundes.
„Was hat das zu bedeuten?“, zische ich und ich kann meine Verwirrung nicht vollständig verbergen.
„Du weißt doch, wie sehr ich die Menschen verabscheue“, erklärt Aiden schulterzuckend. „Sie sind so schwach und einfältig. Und mit ihrer überheblichen Art gehen sie mir so unheimlich auf die Nerven.“ Er grinst breit und lehnt sich dann lässig gegen die Gitterstäbe.
Aiden, was ist nur mit dir passiert? Das bist doch nicht du!
„Weißt du, was wir tun werden?“, fragt er dann und zwinkert mir zu.
„Was?“, knurre ich mit zusammengebissenen Zähnen. Ich ahnen, dass er nichts Gutes im Schilde führt.
Das Lächeln auf den Lippen des Mannes, den ich zu kennen glaubte, wird breiter. „Wir machen sie zu unseren Sklaven. Und wer sich uns widersetzt, wird einfach ausgelöscht.“ Aiden schnippt mit dem Finger, als würde er ein Leben damit beenden können und ich begreife, dass ich mich vollkommen in ihm getäuscht habe. Niemals hätte ich geglaubt, dass er zu etwas Derartigem in der Lage wäre.
„Wieso?“, will ich wissen, weil ich es nicht verstehen kann.
„Wieso?“, wiederholt er meine Frage und lacht höhnisch auf. „Diese jämmerlichen Geschöpfe haben nichts als Unheil über uns gebracht!“ Seine Gesichtsmuskeln verhärten sich.
„Weißt du wie viele Wölfe durch die Hand der Menschen getötet werden? Aber nicht nur das! Sie holzen die Wälder ab, vernichten unseren Lebensraum. Sie jagen und quälen uns, nur so zum Spaß. Und so ganz nebenbei, ist es dir Schuld eines Menschen, dass ich jetzt in dieser...ekligen Hülle feststecke.“
Er hat nicht Unrecht. Die Menschen können weitaus schlimmere Bestien sein als wir Wölfe,aber es gibt auch gute Exemplare unter ihnen! So wie Johann. Der alte Mann, der uns so selbstlos gerettet hat und uns unterstützte, selbst als wir unser wahres, animalisches Gesicht gezeigt hatten.
„Es war kein Mensch, der dir das angetan hat, Aiden. Ich war es. Ich bin schuld an dieser Misere.“
„Nein!“, schreit er. „Du warst nur ein dummer, kleiner Wolf, der glaubte seinen...Bruder beschützen zu müssen.“ Seine Worte triefen voller Abscheu. „Aber er ist nicht dein Bruder. Er ist ein widerwärtiger Mensch, der in unsere Reihen geboren wurde. Hast du schon vergessen, dass er es war, deine deine Mutter getötet hat?“
„Nein!“ Diesmal brülle ich, unbändige, schiere Wut durchströmt mich. Schenkt mir für einen kurzen Augenblick unendlich viel Kraft. „Es war nicht Taruns schuld und das weißt du genau! Er ist derjenige, der am meisten unter all dem leidet!“
Aidens höhnische Lache lässt mich zusammen zucken. „Rede dir das ruhig weiter ein.“
Ein ungewohntes Lodern entfacht sich in seinen braunen Augen. „Wenn wir erst einmal unsterblich sind, können wir uns die Welt so aufbauen, wie wir es wollen. Und dann, mein Freund, wird es dich und deinen...Bruder nicht mehr geben.“
„Wie kannst du nur...“
Sein wutentbrannter Schrei, schneidet mir das Wort ab. „Halt die Klappe!“, faucht er aufgebracht. „Wie ich nur kann? Ich bin es leid, von den Menschen belächelt zu werden. Sie behandeln mich wie ihren Sklaven, trampeln auf mir rum, nur weil sie meine wahre Gestalt nicht kennen. Aber damit ist jetzt Schluss!“
Er betont jedes einzelne Wort bewusst, sie triefen nur so vor Abscheu.
Hast du mich schon immer so sehr gehasst?
Er deutet mit einem Nicken in Richtung Nayara. „Wenn wir erst einmal deine Süße geopfert haben, kann ich so viele Menschenherzen für ein Umkehrritual nutzen, wie ich will. Wenn dabei ein paar Wölfe draufgehen, damit ich an ihr Blut gelange, dann soll mir das nur Recht sein.“
„Das werde ich nicht zulassen!“
Er lacht, streicht sich seinen orangeroten Pony aus dem Gesicht. „Das werden wir ja sehen. Du bist sowieso schon so gut wie tot. Wir haben keine Verwendung für dich.“