Nayara
Eine mystische, furchterregende Stimmung hängt in der Luft, sie ist beinahe schon greifbar. In der Vorhalle der Villa haben sich Soldaten an den Wänden aufgereiht, ihre Lider sind geschlossen, in ihren Händen halten sie glühende Steine nach oben, murmeln Worte, die ich nicht verstehe.
Eine Gänsehaut breitet sich über meinen gesamten Körper aus. Auch Talib steht wie angewurzelt neben mir, beobachtet die Szene mit Bedacht.
Es wäre nun so einfach, die Soldaten auszuschalten, ich bin mir nicht mal sicher, ob sie uns bemerkt haben.
Aber Etwas lässt mich innehalten. Und dieses Etwas nimmt mich so sehr in Besitz, dass ich beinahe vergesse unseren Plan einzuhalten.
Es ist Talib, der sich als erstes aus seiner Starre löst. Er packt mich ganz sanft am Arm und beugt sich runter, um mir etwas zuzuflüstern.
„Ich glaube, sie nutzen dunkle Magie um ihre eigene Kraft an jemand anderen abzugeben. Dadurch werden sie zwar schwächer, aber wer auch immer ihre Energie erhält, könnte wirklich zu einem großen Problem werden.“
Ich nicke nur, schlucke den Kloß, der sich in meiner Kehle gebildet hat, runter.
Wir waren darauf vorbereitet, dass sie schwarze Magie nutzen würden, es aber nun mitzuerleben, jagt erneut einen Schauer über meinen Rücken.
„Wir sollten sie ausschalten, ehe sie noch mehr ihrer Magie ableiten können“, fügt Talib hinzu, macht bereits einen Schritt auf die Männer zu.
Ich greife nach dem Röhrchen und einem Betäubungspfeil und schieße es in den Oberschenkel eines der Männer. Seine Lider flattern für den Bruchteil einer Sekunde nach oben, ehe er in sich zusammensackt. Der Stein in seiner Hand fällt mit einem dumpfen Geräusch auf die schwarz-weiß karierten Fließen.
Ich setze erneut an, um auch den blonden Lockenkopf neben ihm schlafen zu lassen, als Leana und Dante vom obersten Treppenabsatz heruntereilen, nahezu im selben Moment, tritt Tarun mit hochroten Wangen, durch die Eingangstür hinter uns.
Dante springt leichtfertig über das Geländer, rollt sich ab und landet aus einer fließenden Bewegung heraus wieder auf den Füßen. Seine Hand vergräbt sich im Magenbereich, des etwas gedrungeneren Mannes am Ende des Raumes. Dann folgt Dantes Knie in diesselbe Stelle. Der braunhaarige keucht auf, seine Flüche halten aber nicht inne. Dann greift Dante nach seinem Nacken, er zieht den Kopf des Feindes nach unten und rammt sein Knie mit voller Wucht in dessen Gesicht. Der Soldat sackt zu Boden.
Aus dem Augenwinkel beobachte ich Leana, die hinterrücks auf einend er Soldaten springt, sie rammt ihren Ellenbogen in seine Rückseite, trifft ganz gezielt einen Punkt in seinem Genick, der auch ihn bewusstlos werden lässt.
Ich lade nach, lasse zwei weitere Uniformierte zu Boden gehen, ehe Talib und Tarun sich um die übrigen drei kümmern.
Es scheint also keiner von ihnen gewesen zu sein, dazu konnten wie sie viel zu leicht außer Gefecht setzen.
Als wir uns durch ein stummes Zeichen dazu verständigen, weiter ins Innere des Hauses vorzudringen, sickert langsam schwarzer Nebel aus dem Nebenraum. Begleitet von dem unheimlichen Klacken, das auf seinen Gehstock schließen lässt.
Fremont, wer denn sonst.
Kalter Schweiß legt sich unangenehm über meine Haut. Ich versuche das Zittern zu unterdrücken und die Panik, die nach mir greift.
Ich kann mich nicht ewig vor ihm fürchten, ich muss einen Weg finden, ihn zu besiegen. Felan wartet auf uns!
Fremonts dunkles, trockenes Lachen dringt hervor.
„Da seid ihr ja, meine kleinen Hündchen“, höhnt er.
Doch wir geben ihm keine Zeit uns zu verspotten. Jeder von uns scheint dasselbe zu denken, nahezu gleichzeitig greifen wir an.
Leana hat ihren Bogen gespannt und mit einem lauten Zischen schießt er durch die Luft, dicht gefolgt von einer meiner magischen Spitzen.
Doch der Nebel um den schwarzhaarigen Mann herum wird dichter, verschluckt unsere Pfeile ohne weiteres. Selbst der Schein, der Leuchtgranaten, die Tarun auf ihn geworfen hat, wird davon verschlungen.
Noch ehe ich begreife, was gerade geschieht, ertönt ein Mark erschütterndes Brüllen. Das Brüllen eines Bären.
Talib, der auf Fremont losgestürmt ist, bremst ab, schafft es gerade noch rechtzeitig der Klaue auszuweichen, die aus der schwarzen Wolke auftaucht.
Er fällt zu Boden, richtet sich aber blitzschnell wieder auf, um den nächsten Prankenhieb zu parieren. Während ich nachlade und einen weiteren Pfeil auf Fremont zurasen lasse, rammt Talib seinen Dolch in die Pfote des Feindes. Doch, der magische Nebel legt sich wie eine zweite Haut um das Fell, beschützt ihn vor unseren Waffen. Nichts scheint durchzudringen.
Auch Dante und Leana, die einen ganzen Schauer an Pfeilen auf ihn jagen, bleiben erfolglos.
Nein! Was sollen wir denn jetzt tun?
Auch in den Gesichtern meiner Verbündeten erkenne ich Ratlosigkeit, doch sie schütteln sie sofort ab und attackieren ihn immer weiter.
„Je mehr wir ihn angreifen, desto mehr Magie büßt er ein und sein Schutzschild wird immer dünner, ehe es sich ganz auflöst“, schreit Tarun über den Lärm des Kampfes hinweg.
Also ist es nur eine Frage der Zeit oder wem von uns die Magie schneller ausgeht,
Talib, der sich mittlerweile in den Nebel begeben hat, schreit auf. Er wird aus dem dunklen Rauch gestoßen, schlittert rückwärts auf dem Boden entlang, ehe er einfach dort liegen bleibt. Mit dem Gesicht nach unten.
Nein!
Hastig renne ich auf ihn zu, doch Fremont macht einen Satz nach vorne. Er brüllt. Seine scharfe Klaue greift nach mir, ich weiche ihr aus, doch die zweite kommt so schnell hinterher, dass sie mich an der Brust trifft. Ich spüre, wie meine Haut zerreißt, warmes Blut, dass herausströmt und die eisige Panik, die mir immer wieder einredet, dass Talib nicht mehr atmet.
Ich schreie auf, presse meine Hand auf die Brust und obwohl Fremont weiter nach mir schlägt, versuche ich vorwärts zu kommen, um nach Talib zu sehen.
Dante hat sich in seine ursprüngliche Form verwandelt. Der hellgraue Wolf mit den weißen Flanken springt Zähne fletschend auf den Bären zu,der vom Nebel fast völlig verschlungen wird.
Wildes Fauchen ertönt, doch ich kann nicht sagen, von wem es kommt.
Tarun hält etwas Sicherheitsabstand, sein Blick ist seien Handflächen gesenkt, von denen ebenfalls eine dunkle Rauchschwade zu entstehen scheint, ehe sie sich in eine Art scharfkantiges Metall zu verformen beginnt.
Endlich erreiche ich Talib, versuche ihn mit meiner unverletzten Hand ein wenig weg zu ziehen.
Ich drehe ihn zu mir, spüre seinen Atem.
Gott sei dank!
Er stöhnt schmerzerfüllt auf, presst dann die Lippen aufeinander, vermutlich um den Schmerz zu unterdrücken.
Vorsichtig fahre ich mit meiner Hand seine Wange entlang. „Geht es dir gut?“
„Ja“, seufzt er angestrengt, doch so wirkt er ganz und gar nicht. „Und dir?“
Ich nicke nur, halte mit aller Macht die Tränen zurück.
Sein rechtes Hosenbein wurde fast vollkommen zerfetzt, dunkles Blut quillt aus einer tiefen Wunde hervor.
Weiteres Knurren und Fachen dringt durch den Raum, fordert meine Aufmerksamkeit. So wie Talib zuvor, fliegt Dantes Körper quer durch den Raum, er fällt mit einem lauten Krachen gegen das Treppengeländer, reißt es mit ein. Doch der graue Wolf springt wieder auf, schüttelt sein Fell aus und hechtet wieder auf den Bären los.
Erst jetzt erkenne ich ein Glühen, das hinter uns nur ganz schwach aufleuchtet.
Leana steht an der Wand, ihre Augen sind geschlossen, die Handflächen hält sich offen nach vorne. Auch sie murmelt unverständliche Worte, so wie die Soldaten zuvor.
Doch Leana wirkt nicht furchteinflößend. Nein, sie strahlt Wärme aus. Sicherheit.
Ich fühle wie diese Wärme sich in meiner Brust ausbreitet und sich dann in einem hellen Leuchten auf meiner Haut absetzt.
Die tiefen Wunden auf meinem Brustkorb schließen sich von alleine. Es kitzelt angenehm.
Langsam richtet sich Talib wieder auf, er schenkt mir ein ermutigendes Lächeln und stürzt sich dann wieder auf den Nebel zu.
Bitte, sei vorsichtig!
Ich schieße weitere Pfeile auf den Bären zu.
Irgendwann muss seine Magie nachlassen und dann dringen sie auch endlich zu ihm durch.
Und dann bemerke ich, dass Tarun seinen Zauber vollendet hat. Eine riesige Bärenfalle taucht aus dem Nichts unter Fremonts Füßen auf, schnappt zu.
Fremont schreit schmerzerfüllt auf, doch seine schützende Hülle scheint nur zu vibrieren, sich aber nicht völlig aufzulösen.
Bald. Bald haben wir ihn.
Zornig schlägt der riesige Bär um sich, schickt Dante erneut eine Runde fliegen. Dieses Mal, sackt dessen Körper gegen die Wand. An seinem Fell klebt Blut, das aus mehreren Wunden zu stammen scheint. Und dieses Mal steht er auch nicht so schnell wieder auf.
Leanas Gemurmel wird lauter, der helle Schein, der sich um mich gelegt hatte, verschwindet und wie feiner Staub, sammelt er sich nun um den verletzten Dante.
Kampfgeräusche dringen aus der schwarzen Wolke hervor, die noch viel dichter zu werden scheint. Sie lässt mich nichts mehr erkennen.
Talibs angestrengtes Keuchen dringt hervor, versetzt mich in Angst. Angst davor, dass ihm etwas zustoßen könnte.
Ich renne zur Treppe herüber, schnappe mir ein längliches Holzstück, das bei Dantes Aufprall herausgebrochen wurde Es verläuft am Ende zu einer Spitze, macht daraus die perfekte Waffe.
Ohne darüber nachzudenken, renne ich auf das neblige Dickicht zu. Es hüllt mich ein, schwächt meine Sinne. Und meinen Mut.
Gerade noch rechtzeitig weiche ich zur Seite aus, als unser Feind Talib zu Boden wirft, sein riesiger Körper drückt ihn nach unten. Ich hole aus und steche mit aller Kraft zu. Wieder und wieder, in der stummen Hoffnung, dass sein Schutzschild endlich geschwächt ist.
Doch es ist vergebens. Er ist in seiner Bären-Gestalt einfach zu mächtig.
Fremont bäumt sich auf, stößt einen erneutes Kampfgebrüll aus und schlägt mich dann weg. Der Aufprall presst sämtliche Luft aus meiner Lunge, mein Oberkörper brennt und in meinem Kopf hämmert es vor Schmerz.
Leanas wohltuendes Licht legt sich um mich, doch es hilft nur wenig. Als ich zu ihr rüber blicke, erkenne ich, wie müde sie wirkt. Ihre Hände zittern und ihre Worte werden immer leiser. Kaum hörbar.
Ich hole tief Luft, rapple mich wieder auf, als ich Talib aufschreien höre.
Ich kann nicht einfach liegen bleiben und mich darauf verlassen, dass die anderen das regeln werden. Ich bin auch eine Wölfin, auch wenn ich mich gerade nicht verwandeln kann, bin ich doch eine von ihnen.
Talib scheint meine Gedanken gelesen zu haben, sein Gejaule hallt an den Wänden wider. Er scheint sich verwandelt zu haben.
Ein stechend grünes und ein blaues Auge blitzen in den Schatten auf, sie verengen sich zu Schlitzen.
Dann ist es der Bär, dessen Schrei gequält ertönt.
Ich wünschte, ich könnte mich verwandeln.
Mit lautem Gekreische, das mit Kraft geben soll, renne ich auf die beiden zu, die Waffe halte ich wie einen Speer vor meine Brust.
Doch ehe mich der Nebel erneut verschluckt, springt ein rot-orangener Wolf auf mich zu, reißt mich zu Boden.
Aiden.
Wütend schlage ich nach ihm, doch er fängt das Holz mit seinem Maul auf und entreißt es mir. Dann schnappt er nach mir, seine scharfen Zähne bohren sich in eben jene Wunde, die Leana fast vollkommen verschlossen hat.
Ich unterdrücke einen qualvollen Laut, schlage ihn mit meinen Fingerknöcheln direkt ins rechte Auge. Er heult auf, zuckt zurück und bietet mir somit die Chance, mich aufzurichten.
Mit bebenden Händen greife ich nach den Betäubungspfeilen und ziele auf Aiden, doch er ist zu schnell für mich.
Ich lade nach, doch ehe ich schießen kann, erkenne ich Fremont aus dem Augenwinkel, dessen silbrige Klauen direkt auf mich zu rasen, dicht gefolgt von seinem weit aufgerissenen Maul.
Und mein Herzschlag setzt aus.
Ich weiß, dass ich nicht mehr ausweichen kann. Dass dies mein Ende ist. Und alles woran ich denken kann ist Talib. Talib, den ich so schrecklich vermissen werde.
Kurz bevor mich seine tödlichen Klauen allerdings erreichen, ist es Talib, der dazwischen springt. Die Krallen versenken sich in seiner Brust, reißen sie auf und dann folgen Fremonts scharfe Zähne. Talibs leidvolles Heulen zerreißt mein Herz.
Tränen treten ungewollt in meine Augen.
NEIN!
Ich halte ihn fest, zusammen sacken wir auf den Boden. Weitere Tränen kullern in sein dunkelgraues Fell, an das ich mein Gesicht drücke. Ich weiß, dass unsere Feinde sich direkt vor mir befinden Ich weiß es, und dennoch kann ich an nichts anderes denken, als an den Wolf in meinem Schoß.
„Talib“, schluchze ich. „Bitte! Geht es dir gut?“
Er reagiert nicht. Das Stechen in meinemr Brust wird unerträglich, gefolgt von einer erdrückenden Leere. Ich schreie. Hitze brodelt in mir, Kälte rinnt meine Wangen herab, ich fühle alles gleichzeitig und doch nichts.
Ich kann ihn nicht verlieren.
Und ehe ich erklären kann, wie mir geschieht, spüre ich einen Sturm in mir toben. Meine Lider öffnen sich automatisch, eine eisige Brise scheint in meinen Augen zu entstehen und ein weißer Hauch wirbelt um mich herum. Er breitet sich auch um Talib aus, der sich zurück in seine menschliche Gestalt verwandelt hat. Das Weiß wird so einnehmend, so intensiv, dass es mich fast zu zerreißen droht.
Talib, der noch eben reglos da gelegen ist, zuckt mit den Augenlidern. Als er eben jene öffnet, entdecke ich ein grünes und ein blaues Auge. Er atmet nur schwach, sagt kein Wort, doch ich spüre eine Energie von ihm ausströmen, die beinahe greifbar ist. Dieselbe Macht, die sich auch in mir entfaltet.
Schneeflocken tanzen in einem stürmischen Wirbel um uns herum, die Luft scheint wie elektrisiert zu sein. Und dann trifft ein dröhnender, gleißend heller Blitz direkt vor uns in den Boden ein.
Er fegt Aiden von den Füßen. Reglos bleibt er auf dem mit Frost überzogenen Boden liegen.
Weitere Blitze folgen, zuerst scheinen wie unwillkürlich einzuschlagen, doch dann erkenne ich das Muster. Sie kesseln Fremont ein.
Ich versuche mich auf die Magie in meinem Inneren zu konzentrieren, so wie Talib es mich gelehrt hat. Ich schließe die Augen, fühle nur noch einen eisigen, prickelnden Funken in meiner Brust nach dem ich zu greifen versuche. Doch so schnell wie er entstanden ist, so schnell erlischt er wieder. Und das Schneegewitter bricht in sich zusammen.
Zwar liegt Aiden immer noch bewusstlos da, auf seinem Fell glitzern feine Eiskristalle, doch Fremont steht uns noch immer gegenüber. Seine Barrikade noch immer errichtet, nahezu unverletzt stößt er ein weiteres Geräusch aus, dass mir bis ins Mark fährt.
Ich zucke zusammen, stoße Talib, der zwar wach zu sein scheint, sich aber immer noch nicht rührt, zur Seite und schaffe es nur halb, der gewaltigen Pranke auszuweichen. Seine Klauen schneiden meinen Rücken entlang, rauben mir den Atem. Tränen brennen in meinen Augen, mein ganzer Körper bebt, sehnt sich nach der Stärke, die noch eben Besitz von mir ergriffen hat.
Als plötzlich die Tür hinter uns aufspringt und mit einem wilden Gekrähe, ein Schwarm schwarzer Raben herein fliegt. Sie scheinen sich miteinander zu verweben, so wie Fremonts Nebelschleier, schenken uns keine Beachtung, sondern strömen direkt auf Fremont zu, picken nach ihm. Ihr Geschreie und das hektische Flügelschlagen dringt in einer schaurigen Melodie an mein Ohr.
Der Bär brüllt, er scheint sich zu wehren. Seine Pranken fliegen durch die Luft, er türmt sich auf und schnappt mit einem Maul nach den Kolkraben, aber er kann sie nicht fassen. Als wären sie nur aus Nebel geschaffen.
Wieso aber, können sie ihn dann verletzen?Sie durchdringen sogar seine Barriere.
Als hätte ich meine Gedanken laut ausgesprochen, ertönt eine unbekannte Stimme. Zuerst meine ich, sie mir nur einzubilden, doch auch Leana, die neben Dante auf dem Boden kniet und die anderen schauen sich ungläubig im Raum herum, als würden sie nach dem Ursprung der Stimme suchen.
„Ich bin Axes, ein Verbündeter aus der Zwischenwelt“, hallt es an den Wänden wider.
Axes, Schattenwandler.
„Zwischenwelt?“, höre ich Leana fragen.
Während die Raben weiterhin auf Fremont herumhacken, ertönt Axes dunkle, monotone Stimme erneut.
„Beschäftigt euch nicht weiter damit. Ich bin hier, um zu helfen.“
Ohne Vorwarnung steigen die Raben höher hinauf, verschmelzen miteinander und Bilden eine dunkle Säule, die sich wie ein Tornado unerbittlich um den Bären zu rotieren scheint. Ihr wildes Krähen erlischt als die schwarzen Raben in Rauch aufgehen und verschwinden. Sie lassen lediglich Fremont zurück, der plötzlich in seiner menschlichen Form vor uns steht. Den schwarzen Nebel, der wie eine zweite Haut an ihm klebte, haben sie ebenfalls mit sich genommen.
Unser Feind scheint genauso wenig zu begreifen, was gerade geschehen ist, wie wir.
Dante, der noch immer schwach wirkt, nutzt die Chance und springt auf. Als er an mir vorbei rennt, sehe ich, wie seine Finger zu glühen scheinen. Zuerst glaube ich, er versetzt Fremont einen Schlag, doch er berührt einfach nur in einer raschen Bewegung dessen Brustkorb, genau über der Stelle seines Herzens und weicht dann zurück.
Fremonts Augen werden auf der Stelle groß, er saugt scharf die Luft durch seine Zähne, hält dann die Hände über seiner Brust zusammen.
„Was...was hast du getan?“, fragt er röchelnd. Seine Stimme versagt.
„Den Fluch abgewandelt“, erwidert Dante mit einem genug tuenden Lächeln. „Jetzt, da der schwarze Schatten dich nicht mehr zu umgeben scheint, habe ich ihn um dein Herz gelegt. Anstatt dich zu beschützen, wird er immer enger. Bis nichts mehr von dir übrig ist.“
Jetzt weiß ich, wieso sie Dante zu ihrem Anführer auserkoren haben. Er begreift schnell. Und handelt noch schneller.
Tarun, der sich an Dantes Seite begeben hat, um diesen zu stützen, lässt ein ersticktes Lachen ertönen. „Tut mir leid, dass ich dich und deine Fähigkeiten ausgelacht habe, Mann.“
Doch Dante ist zu kraftlos um etwas zu erwidern, sein Zauber scheint ihn weiter geschwächt zu haben.
Fremont stolpert nach vorn, in seinen Augen steht die pure Angst geschrieben. Noch ehe wir den Moment genießen können, taucht der finstere Nebel ein letztes Mal auf, schlingt sich um den bärtigen Mann und löst ihn – und sich selbst – in Luft auf.