Wie kann er in einer solchen Situation nur an Spaß denken? Wir sind gefangen, wer weiß was die alles mit uns machen wollen. Meine Arme kribbeln, doch ich kann sie hinter meinem Rücken nicht bewegen. Dieser Raum sieht fast aus wie unter der Erde. Ähnlich trostlos. Ein komplett leerer und grauer Raum.
Ich schaue herüber zu Max: »Und was machen wir jetzt?«
Er dreht seinen Kopf in meine Richtung und meint: »Keine Ahnung. Das gleiche wie bisher? Wir bleiben beim alten Plan«
»Wir hatten einen Plan?«, verdutzt schaue ihn an und schaffe es endlich mit an der Wand hochzuziehen. Nun sitze ich mit dem Rücken an der Wand. Schon angenehmer.
»Nein. Aber genau deshalb können wir weiter bei diesem Plan bleiben«
Er rollt sich in meine Richtung.
»Ein toller Plan« Ich versuche mich an der Wand hochzuschieben.
»Ich weiß. Hätte mein Plan sein können« Er steht auf. »Was machst du die ganze Zeit dort?«
»Ich versuche vielleicht meine Fesseln zu lösen?«, mühsam ziehe ich mich weiter hoch.
Er zeigt mir seine freien Arme. »Wie hast du das gemacht?«, will ich von ihm wissen und schaffe es endlich mich aufzurichten.
»Einen Idioten, der von nichts Ahnung hat, braucht man nicht zu fesseln. Nicht so stark. Als ob der wüsste, wie einfach solche Fesseln zu lösen sind. Woher soll der Idiot das auch wissen? Dreh dich mal um«
»Du schafft es auch immer, irgendwas sinnloses zu erzählen oder?«, frage ich ihn und drehe mich um. Eine Sekunde später fällt das Seil zu Boden und meine Arme sind frei.
»Vielleicht. Aber oft hat es einen Sinn. Nur einen anderen Sinn. Wenn man mit Logik nicht mehr weiterkommt, hilft es oft eine andere Logik anzuwenden. Muss keinen Sinn machen, muss nur logisch sein«
Warum muss er immer solche Sachen sagen, die keiner verstehen kann. »Wo ist da der Unterschied? Wenn etwas logisch ist, macht es doch Sinn oder?«
»Nein eben nicht. Genau von dieser Vorstellung musst du dich befreien. Logik hat nichts mit Sinn zu tun. Es ist logisch, dass wir hier sind, aber es ist nicht sinnvoll«
»Das ist doch klar. Es ist nie logisch gefangen zu sein«
Langsam gehe ich auf die Tür zu, auch wenn ich nicht damit rechne, dass es so einfach wird.
»Siehst du. Langsam verstehst du es. Ist doch nicht so schwer«, erklärt er mir von hinten.
»Macht trotzdem keinen Sinn«, erwähne ich und versuche die Tür zu öffnen.
»Stimmt. Aber es ist logisch«, meint er. Seine Stimme kommt auf einmal von oben. Ich drehe mich um und Max ist weg. Ich sehe nach oben und sehe seine Füße durch ein Loch in der Decke verschwinden.
Kurz darauf steckt er seinen Kopf wieder durch das Loch und hält mir seine Hand hin: »Worauf wartest du? Ich dachte du willst hier raus«
»Wie bist du da hoch gekommen?«
»Ich bin hochgeklettert. Manchmal musst du einfach mal nach oben sehen«
Ich ziehe mich an seiner Hand hoch. Wie ist er dort alleine hoch gekommen, wenn ich mit Hilfe schon Probleme habe?
Ohne ihn wäre es nur halb so interessant. So oft, wie er mich jetzt schon gerettet hat.
Endlich quäle ich mich über die Kante. Der Tunnel ist so niedrig, dass man hier nur krabbelnd vorwärts kommt. Still folge ich Max durch den düsteren Schacht, der raue Boden kratzt an meinen Knien und der Staub kitzelt in der Nase.
»Wohin geht`s?«, frage ich Max, doch er kriecht weiter, ohne mir zu antworten.
Immer weiter kriechen wir durch den dunklen Schacht – wie gut das ich schon vorher keine Orientierung hatte, so kann ich diese wenigstens nicht mehr verlieren.
Ich stoße Max an. Warum bleibt er auf einmal stehen? Wobei er würde sich jetzt fragen, ob stehen das richtige Wort ist, schließlich stehen wir ja gar nicht. Worüber er sich immer Gedanken macht. Aber ist oft auch irgendwie hilfreich. Ohne diese Gedanken wären wir ja gar nicht hier.
»Ist dir schon aufgefallen, dass wir ohne deine Fantasie gar nicht hier wäre?«, frage ich ihn. »Ist schon faszinierend. Ohne deinen Glauben wären wir nicht hier. Der Glauben kann wirklich viel veränd...« - »Sei Still!«, zischt er mir zu und stupst mich mit seinem Fuß an.
Ganz leise höre ich eine Stimme etwas sagen. Max rührt sich noch immer nicht.
Eine weibliche Stimme ruft: »Wer auch immer ihr seid, kommt da oben raus. Was macht ihr da. Ist doch viel zu staubig dort«
So eine schöne Stimme. Sie klingt so nett. Wie lange habe ich keine nette Stimme mehr gehört.
Doch Max schiebt mich zurück. »Das ist eine Falle. Weg hier«, drängt er mich zurück.
»Es tut mir Leid«, rufe ich doch ich kann nicht weg. Sie klingt so nett, wir brauchen Hilfe. Aber es ist eine Falle. Doch was haben wir noch zu verlieren?
»Immer das gleiche und normale wird gut, aber niemals die Grenzen sprengen«, erkläre ich ihm. »Es muss so sein. Wir müssen die Grenzen sprengen«
Ich schiebe ihn mit aller Kraft wieder zurück. »Der Spruch hätte von mir sein können«, stellt er fest und wehrt sich schon weniger.
»Der Spruch ist von dir. Ich habe ihn mir nur für diese besondere Situation ausgeliehen«, beichte ich ihm.
Er lässt sich durch das Loch vor seinen Füßen folgen und ich springe hinterher.
»Aber weglaufen würde sich nicht gut in der Geschichte machen oder?«, frage ich Max
Wir sind in einem großen hellen Raum. Voller mit merkwürdigen Dingen.
»Hm ja. Da hast du recht. Weglaufen würde die Geschichte nicht unbedingt verbessern. Aber dumme Handlungen machen sie auch nicht besser«, stellt er fest und beginnt sich die Regale anzuschauen.
»Von wem kommen, denn die ganzen dummen Handlungen?«
Jetzt erst bemerke ich die Frau und betrachte sie aus den Augenwinkeln. Sie ist völlig in weiß gekleidet. Sie erinnert mich ein wenig an die Frau aus dem Himmel.
»Sie funktionieren aber immer. Ich habe einen Plan. Ich weiß was ich tue«
»Dein Plan besteht daraus keinen Plan zu haben«, stelle ich fest.
»Na und. Die Leser werden sich jetzt sicher fragen, warum wir uns hier streiten und nicht mit der Frau sprechen, die uns die ganze Zeit im Auge behält, aber nicht weiß, wie sie reagieren sollte. Aber du hattest wohl recht. Ich wollte aber nicht immer die Leute hier so verstören«
Langsam kommt die Frau auf uns zu und wir drehen uns gleichzeitig zu ihr um.
»Ich bin Emma und nun völlig verwirrt«
»Max ist nur ein bisschen anders«, erkläre ich ihr. »Hallo Emma. Ich bin Anna«
Sie schaut zu Max. »Warum will er anders sein?«
»Will ich doch gar nicht. Und warum redest du über mich und nicht mir mir?«
»Warum willst du nicht du selbst sein? Ist doch besser als jemand anderes zu sein. So wie ihr darüber redet. Ich habe das meiste zwar nicht verstanden, aber war vielleicht auch nicht für mich bestimmt«
»Wer bist du?«, fragt Max nach. »Du passt hier nicht hin«
»Sagt der, der absichtlich anders sein will und nicht aus dieser Welt zu sein scheint«
»Woher weißt du das?«, fragt Max nach.
Ich starre das Bild an der Wand an. So viele Farben in einem Bild. Wie sich die Farben vermischen und doch kein Muster ergeben.
»Das sieht man sofort. Wo auch immer ihr herkommt, hier könnt ihr nicht bleiben. Diese Welt hält nicht viel von euch. Ihr solltet mitkommen«
»Warum willst du uns dann helfen? Ich meine du gehörst in diese Welt«, ich wende meinen Blick vom Bild ab und schaue sie an.
»Immer das gleiche und normale wird gut, aber niemals die Grenzen sprengen«, wiederholt sie meinen Satz. »Außerdem...ich kenne jemanden der euch helfen könnte. Er würde es mir nicht verzeihen, wenn ich euch jetzt gehen lasse«
»Es klingt irgendwie merkwürdig«, stelle ich fest.
»Ist es bei euch merkwürdig, wenn man jemanden helfen möchte? Merkwürdiger als, wenn man durch die Decke erscheint, etwas von Büchern und Geschichten erzählt und euch streitet, was für einen Plan ihr habt, nämlich gar keinen. Und das vor einem potenziellen Feind. Und dann findet ihr es merkwürdig, wenn ich euch helfen will?«, sie fängt an zu lachen. »Ihr könnt mir folgen oder es sein lassen. Falls ihr mir folgt, bitte unauffällig. Eure Entscheidung«
Sie geht durch die Tür, wir schauen uns ganz kurz an und sind uns sofort einig.