Ich blicke in Anna Augen und weiß was sie sagen will. Das ist die Gelegenheit. Was haben wir schon zu verlieren. Ich zucke mit dem Schultern, dann folgen wir ihr durch die Tür.
»Ich glaube trotzdem, dass es eine Falle ist«, flüstere ich Anna zu. »Es klingt zu gut«
»Warte es ab. Was haben wir schon zu verlieren? Ich meine wir werden hier nicht ewig durchhalten. Und vielleicht bekommen wir ein paar Informationen von ihr«
Mein Magen meldet sich mal wieder, doch ich ignoriere es.
Als wir durch die Tür gehen, werden wir von dem grellen Licht geblendet.
»Warum muss es hier immer so hell sein?«, frage ich.
»Ist es bei euch immer dunkel?«, interessiert schaut Emma mich an.
»Nein«, antwortet Anna und ich nicke. »Tatsächlich ist es bei uns sogar niemals dunkel.
»Wie funktioniert das?«, fragt Emma weiter. »Dort geht es weiter«
»Wohin geht es?«, antworte ich nur auf ihre zweite Frage.
Plötzlich trifft mich etwas nasses. »Was ist das? Kommt hier Wasser vom Himmel?!«
Doch Emma zuckt nur mit dem Schulter. »Das ist Regen. Völlig normal. Der Regen hat noch gar nicht richtig angefangen. Und wir gehen zu einem Freund«
Wir gehen weiter über die Wiese. Überall dieses grün. Vor uns wieder ein Wald. Wie soll man sich hier bloß zurecht finden. »Kann man das nicht einfach abstellen? Am Anfang gefiel es mir hier ja ganz gut«, stelle ich fest. »Aber mittlerweile...wenn es hier sogar Wasser regnet...«, ich schüttele den Kopf und gehe etwas schneller Richtung Wald.
»Tut mir Leid«, entschuldigt sich Anna.
Emma meint nur: »Was soll es sonst regnen?«
»Alles aber kein Wasser! Und ich habe es verstanden. Brauchst dich nicht bei jedem Wasser zu entschuldigen. Die Magie hatte einen schlechten Tag. Aber macht deine Geschichte bestimmt lustiger, wenn ich über jedes Wasser so aufrege«
Noch ein Tropfen fällt auf meinen Kopf. Ich muss hier weg. Ich renne zum Wald und bleibe unter den Ästen stehen. Plötzlich beginnen sich alle zu bewegen und zu rascheln. Luft weht durch meine Haare.
»Kommt es mir nur so vor oder ist es dunkler geworden?«, fragt diesmal Anna.
»Das ist ganz normal. Ein kleines Unwetter. Vielleicht blitzt es gleich auch noch, aber das ist völlig normal«
Langsam gehen wir weiter. Jeder Ast scheint nach mir greifen zu wollen. Auf einmal ist es so dunkel geworden.
»Stimmt. Es macht meine Geschichte bestimmt interessanter. Ohne dich wäre sie langweilig. Ich verstehe noch immer nicht, warum es ist meine Geschichte ist und nicht deine«
»Wer war im Himmel?«, erinnere ich sie.
»Wir beide!«, stellt sie fest.
»Ihr wart im Himmel?«, wiederholt Emma verwundert.
Ich antworte Anna: »Wer hat mit der Göttin gesprochen?«
»Du hast mit einer Göttin gesprochen?«, fragt Emma verwundert nach.
»Aber...ja ich habe mit der Göttin gesprochen. Aber vielleicht hast du ja auch mit deinem Gott gesprochen. Wer weiß?«, zu zuckt mit den Schultern.
»Ich weiß. Aber es wäre der Gott. Bei mir ist es der Gott«
Anna fragt weiter nach: »Hast du mit ihm gesprochen? Und ist er vielleicht auch zufällig Autor?«
»Gott ist Autor?«, fragt Emma verwirrt nach.
»Nein. Obwohl vielleicht. Wer weiß das schon. Aber es geht hier doch um deine Geschichte«
Sie schüttelt den Kopf. »Es geht um unsere Geschichte«
»Was mache ich in eurer Geschichte? Da ihr mich ja die ganze Zeit ignoriert...Was redet ihr für merkwürdige Dinge. Ich meine ihr seid wirklich verwunderlich. Und nur mühsam zu ertragen. Wenn euer ganzen Volk so ist...dann erklärt es vielleicht die Geschichte«, erklärt uns Emma.
»Was willst du damit sagen?«, rufen Anna und ich gleichzeit.
»Endlich haben wir euch gefunden«, meint eine Frauenstimme von vorne. »Jetzt sind sie sogar zu dritt« Lautes Gelächter schallt durch den Wald.
»Ich habe es befürchtet. Mist«, Emma beginnt sich wild im Kreis zu drehen, um alle Soldaten zu sehen, die uns umstellen.
»Macht dir keine Sorgen«, flüstere ich ihr zu. »Ich habe keinen Plan. Also kann er auch nicht schief gehen. Wir schaffen das schon«
Langsam gehe ich nach vorne.
»Was wollt ihr?«, rufe ich in den Wald rein.
»Rucksack«, flüstere ich nach hinten und Anna reicht mir meinen Rucksack.
Vorsichtig öffne ich den Rucksack und gehe einen Schritt weiter.
»Wir mögen dieses Gesindel wie euch nicht. Und lass den Rucksack in Ruhe!«, hallt eine laute Stimme zurück. Ich kann unmöglich sagen, aus welcher Richtung sie stammt. Überall Männer und Frauen. Einige sind hinter Bäumen versteckt, andere stehen offen und starren uns an.
Langsam gehe ich noch einen Schritt weiter.
»Nicht!«, ruft Emma von hinten.
»Hör auf deine Freundin«, spottet sie Stimme.
»Sie ist nicht meine Freundin. Vielleicht noch nicht. Aber darum geht es auch nicht. Lasst uns einfach durch und es wird ihr nichts passieren«
»Sie interessiert uns nicht, sie ist eine Verräterin!«, erklärt die Stimme.
»Gut«, antworte ich und krame in meinem Rucksack. »Ihr wird auch nichts passieren. Egal was ihr tut. Aber der da«, ich deute auf die Frau vor mir.
»Lasst deinen Rucksack in Ruhe!«, schreit die Stimme nun.
»Ich wollte nur die Bombe dort entschärfen, aber wenn ihr nicht wollt...dieser Rucksack muss immer in Bewegung sein«
»Leg ihn auf den Boden und schiebe ihn langsam zurück. Die Verräterin soll ich bekommen«, bellt die Stimme.
»Wie ihr meint« Ich gehe langsam zurück und reiche Emma den Rucksack. Unauffällig nicke ich Anna zu und gehe wieder auf meinen Platz.
»Und nun, jetzt wo der Rucksack an einem besseren Ort ist, können wir mal über eure Zukunft sprechen«
»Nein!«, bellt die Stimme.
»Ich meine ihr steht hier nur rum. Ihr habt bestimmt eine Aufgabe. Wir sind unbewaffnet. Warum fällt es euch so schwer unbewaffnete zu töten? Übrigens eure Kollegen haben es nicht geschafft. Dabei wurde es nicht einmal annähernd so lustig, wie es hätte sein können«
»Er lügt«, schreit eine fremde Stimme. »Ich war dabei«
»Ansichten können variieren«, stelle ich fest. »Aber was ich gesehen habe, waren ein Haufen von Leuten, die wegen eines kleinen Buh um ihr Leben gerannt bin. Und wenn er Recht hätte, warum bin ich dann hier? Stimmt es Anna«, frage ich.
Ich spüren den nervösen Blick der Menschen. Wie leicht sie doch zu verwirren sind.
»Ganz genau. Ich habe es auch gesehen«, stellt Anna klar.
»Seht ihr. Wir sind völlig unbewaffnet. Aber sobald das Blut fließt, wird sich die Monstermade durch eure lebendigen Körper fressen, wie ein Pfeil durch die Luft. Euer Körper wird zittern, stärker als im Eiswasser. Vielleicht sind wir bis dahin tot, aber wollt ihr es wirklich riskieren? Und um ehrlich zu sein, dann wäre ich lieber tot. Der Tod kann eine Erlösung sein. Aber das werdet ihr dann auch spüren. Aber keine Sorge. Ihr werdet noch einige Zeit leben. Die Made mag am liebsten frisches Fleisch, wird euch deshalb erst ganz zum Schluss töten. Da könnt ihr euch auch selbst in den Kopf schießen. Gibt auch eine Sauerei, aber ist deutlich angenehmer. Aber wäre schade, wenn die Made mal wieder hungern müsste. Schon beim letzten Mal, waren alle weg, bevor sie da war. Das wäre wirklich schade. Wollen wir doch nicht oder?«
Ich drehe mich zu den beiden um und meine: »Worauf wartet ihr noch. Kommt her«
Nach kurzem Kopfschütteln kommen sie tatsächlich zu mir »Folgt mir. Aber bleibt dicht hinter imir, was auch immer passiert. Macht es einfach«
Langsam gehe ich auf die Frau zu, die beiden direkt hinter mir. »Schieß oder mach mir Platz«
Ich schaue ihr in die Augen. Blaue Augen. So schöne blaue Augen. Wir gehen immer näher auf sie zu, wir sind nur noch einen Meter entfernt.
»Lasst sie nicht entkommen!«, brüllt die Stimme.
»Dann schieß doch selbst«, ruft eine andere Stimme hinterher.
Ganz langsam geht die Frau zu Seite und wir gehen durch das Loch in der menschlichen Wand hindurch. Plötzlich ein greller Licht. Ein tiefes Grollen zerreißt die Luft.
»Keine Sorge. Nur ein Blitz«, beruhigt mich Emma von hinten.
Nach kurzer Zeit sind wir aus dem Wald heraus. Sofort bin ich völlig durchnässt. Ich hasse Regen.
»War das eben eigentlich dein Ernst«, fragt Emma nach. »Ich habe noch nie so eine Bescheuerte Aktion gesehen. Wir hätten alle sterben können! Warum helfe ich euch, wenn du so etwas machst?«
»Wir hätten sterben können, ganz richtig«, antworte ich. »Aber wir haben es überlebt. Es hat funktioniert. Anders hätten sie uns umgebracht«
»Das macht er immer so«, meint Anna. »Das ist für ihn normal. Aber es funktioniert irgendwie«
»Wie ist er überhaupt so weit gekommen?«, Emma schüttelt den Kopf.
»Du musst es nicht verstehen. Es ist nicht logisch, aber es macht Sinn«
»Nein, nicht das schon wieder«, stöhnt Anna.
»Wie hältst du es mir ihm aus?«, fragt Emma.
»Wie haltet ihr es mit dem Regen aus?«, mische ich mich in das Gespräch ein. Es funktioniert. Manchmal muss man einfach andere Wege gehen.
Mitten im Regen taucht ein Haus aus. Ein kleines unscheinbares Haus und doch irgendwie besonders. Doch im Regen kann ich nichts erkennen und bin froh, als wir rein gehen.
Sofort empfängt mir Wärme.
Ein großer Kamin weckt meine Aufmerksamkeit. Wie das Feuer dort knistert.
Mein Blick schweift weiter und bleibt bei ihm hängen. Ein junger Mann, komplett in Blau gekleidet. »Wen hast du jetzt schon wieder mitgebracht?«, fragt der Mann und kommt auf uns zu.