Soldaten? Das ist nicht gut. Warum jetzt?
Sie zerren an mir herum und zwingen mich zu gehen. War es zu hart, was ich zu Anna gesagt habe? Ich musste es ihr erzählen. Ich hätte es nicht ertragen, ihr das zu verschweigen. Doch war es richtig so? Doch was, wenn sie niemals die gesamte Wahrheit erfahren würde?
»Lauf schneller!«, bellt mich eine Stimme an.
Was wenn die Soldaten mich umbringen werden? Ich konnte Emma niemals die Wahrheit erzählen. Ich konnte Max nicht die Wahrheit erzählen, denn da war er schon tot.
Alle die mich lieben sind gestorben. Wird sie die nächste sein?
Ich versuche mich umdrehen, um Anna zu sehen, doch ich spüre einen Schlag in meinen Rücken und schaue wieder nach vorne.
Vor uns taucht eine große Höhle auf. Ein graues Haus steht rechts und verschwindet in den Wänden der Höhle. Zielstrebig führen sie uns zu dem Gebäude. Eine Frau geht an mir vorbei und öffnet die Tür.
Ich versuche mich umzudrehen, doch ich kann Anna nicht sehen. Sofort werde ich durch die Tür gestoßen. Sie führen mich sofort nach rechts, bevor ich etwas von dem Raum sehen kann.
Ein Mann öffnet eine der vielen schweren Türen und sie stoßen mich in den leeren Raum.
Mit einem Krachen fliegt die Tür hinter mir zu und lässt mich alleine.
Ein Bett und ein Klo kann ich in der Finsternis erkennen.
Wo ist Anna? Ich will mich aufs Bett legen, doch ich habe noch meinen Rucksack auf. Warum haben sie ihn mir nicht abgenommen? Wahrscheinlich weil sie wissen, dass auch der Rucksack mir nicht helfen kann. Ich lege den Rucksack neben dem Bett ab und mich dann hinein. Doch das Bett ist härter ist als ein Steinboden. Eine Decke gibt es hier nicht.
Ich liege auf dem Bett und starre an die Decke. Warum sterben alle in meiner Nähe? Alle die sich in mich verlieben sterben. Ich kann es nicht mehr. Ich kann nicht zusehen, wie alle in meiner Umgebung sterben. Was habe ich falsch gemacht? Ich habe immer versucht alle meine Fehler wieder gut zu machen. Doch es scheint nicht zu reichen.
Was passiert jetzt wohl mit Anna? Ich habe viel darüber gelesen. Sie sollen sich in der Vergangenheit sehr stark abgeschottet haben. Keinen Kontakt nach außen ermöglicht haben.
Doch wieso konnten wir dann jetzt schon auf sie treffen? Der Weg war bisher viel zu einfach.
Das hätte versperrt sein müssen.
Ich habe mich von Anfang an beobachtet gefühlt. Sind sie uns die ganze Zeit gefolgt? Kann es sein, dass sie es mit den Steinen waren? War es vielleicht gar kein Unfall? Ist ein großer Zufall, wenn die Steine genau zur richtigen Zeit herunter fallen.
Aber warum sollten sie uns bis nach unten folgen? Das macht keinen Sinn. Dafür müssten sie doch fast oben gewesen sein, so nah am Ausgang. Wie ich sie bisher einschätze, würden sie es niemals tun. Obwohl...Anna und Max waren auch oben. Das das ist anders. Das macht irgendwie alles keinen Sinn.
Ob sie mir glauben werden, wenn ich ihnen von den Medikament erzähle? Wahrscheinlich nicht oder? Schließlich sehen sie mich als ihren Feind. Sie werden glauben, dass ich sie vergiften will. Warum sollten sie auch anderes glauben?
Aber ich muss doch irgendwie hier raus kommen. Ich muss weiter nach unten kommen. Das hier kann noch nicht mein Ziel sein.
Mein Ziel ist bestimmt weiter unten. Das hier sieht eher aus, wie ein Wachposten. Doch wir waren viel zu weit weg. Wussten sie, dass wir kommen würden?
Das macht doch alles keinen Sinn.
Ich höre ganz leise Schritte. Schnell springe ich auf und schnappe mir meinen Rucksack.
Schon geht die Tür auf und zwei Gesichter blicken mich an. Eine Frau und ein Mann.
»Denk nicht daran, zu fliehen«, meint die Frau. »Hier kommst du nicht raus. Es ist einfacher, wenn du tust, was wir von dir wollen«
»Was wollt ihr?«, frage ich zurück.
»Du sollst mitkommen«, sie gehen beide einen Schritt zurück und ich trete durch die Tür. Die beiden laufen vor mir, doch drei weitere laufen hinter mir her. Keine Chance zu fliehen. Außerdem: Ich muss zuerst herausfinden, wo Anna ist.
Sie führen mich in einen anderen Raum, in dem ein Mann an einem leeren Tisch sitzt.
Er deutet auf dem Platz ihm gegenüber und ich gehe langsam hinein. Vorsichtig setzte ich mich auf den Stuhl. Ein merkwürdiger Geruch liegt in der Luft. Es riecht geschimmelt. Ich blicke mich um, doch ich kann die Quelle der Geruchs nicht entdecken.
Mit einem Wink seinerseits verschwinden alle und schließen die Tür hinter sich. Das Krachen der Tür hinterlässt Stille. Ich spüre, wie der Mann mich betrachtet und versucht einzuschätzen.
»Was mache ich hier?«, frage ich ihn.
»Ich habe keine Ahnung was du hier tust. Das solltest du selbst besser wissen oder?« Er grinst mich an. »Du bist schließlich zu uns gekommen«
»Ich bin hier, um einen Fehler gut zu machen«, stelle ich klar.
»Der Fehler ist, dass du hier bist«, stellt er fest.
»Das stimmt. Es ist ein Fehler«, gebe ich zu. »Aber es ist nicht mein Fehler. Es ist dein Fehler. Euer Fehler. Ich muss nicht nach unten«
Er schaut mich merkwürdig an und ich beginne zu grinsen.
»Warum bist du hier?«, fragt er erneut.
»Das solltest du dich selbst fragen«, erwidere ich.
»Was hast du vor?«
»Ich?«, ich lehne mich nach vorne. »Ich habe vor dein Volk zu retten. Ich habe sogar ein Medikament dabei«
»Das kann nicht sein«, stellt er fest. »Du erinnerst mich an jemanden. Aber der ist schon längst tot«
»An wen sollte ich dich erinnern?«, frage ich nach.
»Das Medikament. Woher hast du das?«
»Von oben«, erkläre ich ihm.
»Woher weißt du das überhaupt? Du solltest es nicht wissen. Das ist unmöglich«
»Ich habe so meine Quellen«, langsam lehne ich mich zurück. »Ich weiß es von Max und Anna. Anna wurde mit mir gefangen, was ist eigentlich mit ihr?«
»Max?«, stellt er verwundert fest. »Das ist unmöglich. Er ist tot«
Ich zucke mit dem Schultern. »Jetzt schon. Von Steinen erschlagen«
»Aber, dann hatte er vielleicht doch recht. Mist«, murmelt er vor sich hin. »Vielleicht hatte sie doch recht. Dann hat sie mich vielleicht doch nicht angelogen. Ihre Geschichte ist so lächerlich und doch ist alles andere unmöglich«
»Vielleicht hat es was mit Max zu tun. Der hat auch immer abenteuerliche Geschichten. Aber soll ich dir was sagen:«, ich beuge mich nach vorne, »Max hatte immer recht, egal wie unmöglich es schien. Keiner konnte das Gegenteil beweisen. Leider ist er jetzt gestorben. Ich kannte nicht lange, aber ich habe ihn echt lieb gewonnen«
»Er kann es nicht gewusst haben. Aber wieso ist er jetzt tot? Ich dachte er sei unsterblich«
Er ruft laut: »Hallo« und die Tür geht auf. »Schafft Anna herbei«, befiehlt er. Es kommt ein »Ok« von der Tür, dann fällt sie wieder ins Schloss.
»Dann müssen wir wohl ganz kurz warten«, stellt er fest.
Anna lebt noch. Ein kleines bisschen Hoffnung wächst heran. Vielleicht gibt es ja doch noch eine Chance.