Einen Fuß vor den anderen. Nicht stehen bleiben. Nur noch einen Schritt. Und nur noch diesen Schritt. Es ist nicht mehr weit!
Mein Atem wird schwerer. Jeder Atemzug schmerzt in meiner Lunge. Doch ich will weiter gehen.
Endlich dort ist der See. Anna hatte mir früher immer erzählt, dass dies der Weg nach oben sei.
Hinter dem Weg sei der Weg.
Der Boden unter mir wird weicher. Viele kleine Steine.
So groß. Schwimmen kann ich nicht. Mein Fuß berührt das Wasser. Schnell springe ich zurück.
Dort in der Höhle was das Boot. Wasser mag ich nicht.
Zwei Boote. Das sieht besser als. Das andere ist zu kaputt. Ich schiebe es über den Kies ins Wasser. Zu unberechenbar. Das Boot beginnt zu schwimmen; ich springe von hinten rein.
Nichts passiert. Das Wasser hat mich nicht erreicht. Zum Glück. Ich war schneller.
Das Boot rührt sich nicht. Da Ruder.
Ich ramme sie in den Boden und versuche mich vorwärts zu ziehen. Ich gehe hier nicht raus, bis ich das andere Ufer erreicht habe. Langsam beginnt das Boot immer mehr zu schaukeln.
Mit jedem Eintauchen des Ruders schaukelt das Boot zur Seite. Erstaunlich schnell nähere ich mich der anderen Seite. Es funktioniert.
Ein Schlag geht durch das Boot. Zu weit weg vom Ufer. Ich ramme die Ruder ins Boot, doch es bewegt sich nicht. Mist. Mit einem Ruck ziehe ich die Ruder wieder raus.
Mit zitternden Knien stehe ich auf. Dann halt anders.
Ich klettere auf die vordere Seite des Bootes. Die Ruder in der Hand. Ich strecke meine Arme nach vorne und schlage die Ruder vor dem Boot in den Boden.
Immer weiter lehne ich mich nach vorne, stütze mich an den Rudern ab.
Ich liege am Boden. Wasser! Halbe Ruder in der Hand. Ich stoße mich mit den Händen ab; springe hoch und renne. Weg hier.
Das Wasser spritzt hoch. Die Steine geben nach. Und schon wieder liege ich am Boden. Kein Wasser mehr. Nur die trockenen Steine, die mir Haut einschneiden. Besser. Kein Wasser.
Ich bin müde und erschöpft. Die Nassen Sachen kleben an meiner Haut.
Trotzdem stehe ich auf und hole die Fallen aus meinen Rucksack. Hier eine. Und dort hinten die andere. Ich wanke über die Steine. Endlich. Liegen und schlafen.
Eine Bewegung neben mir. Der Kies knirscht. Ich reiße meine Augen auf. »Halt!«, brülle ich die Person an. Doch es ist nur Anna. Sofort wird meine Atmung ruhiger.
»Wollte dich nicht erschrecken«. Sie kommt auf mich zu.
Langsam richte ich mich auf und schaue sie fragend an. »Was machst du hier? Du solltest nicht hier sein. Du musst zurück!«
Sie schüttelt nur den Kopf. »Du solltest auch nicht hier sein«.
Ich drehe mich um und gehe zur Falle. »Das ist was anderes. Das kannst du nicht vergleichen«, rufe ich ihr zu. Hm. Nichts. Ich packe die Falle ein.
»Was ist denn anders?«, ich sehe ihren Blick, wie sie mich ansieht. Nächste Falle. Da eine Ratte.
»In der einen Falle ist eine Ratte. In der andern nicht. Genau das ist der Unterschied. Ein Ratte dort hat es geschafft«. Ich deute nach hinten, wo eben die leere Falle stand. »Die zweite Ratte«, ich halte die Falle in ihre Richtung, »Sie hat es nicht geschafft. Wir haben sie erwischt«
Mit der Ratte gehe ich zurück.
»Was willst du mir damit sagen«. Sie versteht es nicht.
»Zwei Ratten schaffen es nicht. Eine wird erwischt. Wenn nur eine geht, schafft es diese Ratte. Denn eine schafft es. Aber nicht zwei. Deshalb muss ich alleine gehen. Eine Ratte«
»Aber du bist doch keine Ratte. Uns selbst wenn. Wer sagt, dass es nur eine Ratte war? Vielleicht war sie auch alleine und wurde deshalb gefangen? Und vielleicht wäre das ganze anders gelaufen, wenn eine Ratte und eine Monstermade gemeinsam gegangen wären. Dann hätte die Monstermade die Ratte gerettet«
Ich schüttel den Kopf. »Nein! Nein! Nein! Die Monstermade hat nichts damit zu tun. Du verstehst es nicht. Es waren aber zwei Ratten. Und die eine hat es nicht geschafft. Du wirst nicht sterben! Das geht nicht. Die Regeln besagen, dass wenn zwei Ratten losziehen, die eine von der Rattenfalle erwischt wird und es nur die eine schafft«
Ich beiße in die Ratte und reiche sie an Anna weiter, doch sie schüttelt den Kopf.
»Was sind das für Regeln? Und wir sind noch immer keine Ratten. Du bist verrückt. Es gibt keine Oberwelt. Es macht alles keinen Sinn. Es sind nur Geschichten. Es ist alles nicht echt! Du musst mir glauben. Wir müssen zurück! Wir müssen uns um Vater kümmern!«
»Aber«, das kann nicht sein. »Aber, du hast es immer selbst erzählt. Früher. Hast du mich also angelogen?«
Ihr Blick wandert zum Boden. »Ja«, meint sie schließlich leise.
»Also warum sollte ich dir jetzt vertrauen?«
Vorsichtig gehe ich in Richtung Wasser. Muss jetzt meine Flasche auffüllen.
Kurz bevor das Wasser meine Füße erreicht bleibe ich stehen.
»Du bekommst mich dazu umzudrehen. Ich werde gehen! Egal was du tust. Und du wirst nicht mitkommen!«
Ich fülle meine Flasche auf, nehme einen Schluck und lasse sie wieder volllaufen.
Langsam gehe ich zurück zu ihr. Bereit um weiter zu gehen.
»Aber, wie soll ich zurück? Ich kann nicht schwimmen. Ich kann nicht zurück! Das Boot würde noch eine Fahrt nicht überstehen«
Mist. Völlig vergessen. Sie hat recht. Leider.
Ich schnappe meinen Rucksack und gehe los.
»Ich werde mitkommen. Was auch immer es bedeutet. Ich lasse nicht zu, dass du diese Ratte bist!«
»Nein«, versuche ich es ein letztes Mal. Aber ohne Erfolg. Wie erwartet. Die werde ich nicht wieder los. Ihr darf nichts passieren.
Schweigend laufen wie nebeneinander her. Immer den Weg entlang. Endlich wieder feste Steine unter dem Füßen.
Als wir an einer Gabelung ankommen, bleibe ich stehen.
»Kennst du den Weg?«, frage ich Anna.
»Ich dachte du kennst ihn. Du wolltest hier lang. Ich bin dir nur gefolgt. Was hättest du ohne mich getan?«
»Das gleiche wie jetzt auch. Die Mitte ist der beste Weg. Ich spüre es«
Schon laufe ich diesen Weg entlang.
Zwar fragt Anna noch: »Ist es der beste oder der richtige Weg«, aber schließlich folgt sie mir doch.
Das wird schwer. Zwei Ratten. Fast unmöglich. Was da alles passieren kann. Aber was soll ich dagegen tun? Ich kann nur hoffen mich geirrt zu haben.