Schwarze Wölfe:
"Wer ist da?", fragte Blaze nochmal. Seine Stimme zitterte noch deutlicher, obwohl das kaum möglich gewesen war. Er umklammerte die Stahlseiten des Enthinderers. Obwohl der neue Rollstuhl wie ein Panzer war, kam sich Blaze ungeschützt und nackt vor.
"Blaze ...", murmelte Kassie halblaut.
Aus dem düsteren Gang drang ein Knurren, bei dem sich Blaze' Nackenhaare aufstellten. Die Wölfe! Er hatte zu viel Angst und nun kamen sie, um ihn zu holen. Er schloss die Augen und versuchte krampfhaft, keine Angst mehr zu haben - doch es ging nicht. Sein Herz raste wie wild, sein Atem verkürzte sich, bis er nach jedem Luftzug schnappte. Schweiß war ihm auf die Haut getreten.
Etwas bewegte sich in seinem Rücken.
Mit einem Ruck schaltete Blaze den Enthinderer in den schnellsten Gang und schoss vorwärts, direkt in die Schwärze hinein.
"Blaze!", brüllte Mo hinter ihm.
Blaze hielt nicht an. Er raste vorwärts, die Gänge wurden schattenhaft von zwei kleinen Scheinwerfern vorne am Rollstuhl beleuchtet. Er ließ den Enthinderer nach vorne kippen, bis dieser einem Motorrad ähnelte - der Fluchtmodus. Wind rauschte durch seine Haare. Blaze bog um Ecken, so schnell, dass er fast zum Liegen kam. Doch er wagte nicht zu bremsen. Er wusste genau, hinter ihm lauerte ein Maul mit aufgerissenen Zähnen.
Er keuchte vor Angst, als würde er tatsächlich rennen. Trotz allem riskierte er einen Blick über die Schulter: Hinter ihm war Schwärze, durchbrochen von glühenden Augen und blitzenden Zähnen. Die Wölfe waren so schnell wie der Enthinderer, nein, schneller! Einen Moment fühlte sich Blaze, als würde er einfach nicht von der Stelle kommen, während die Alptraumhunde aufschlossen.
Er sah gerade noch rechtzeitig nach vorne, um die Wand zu sehen, bevor er ungebremst hinein fuhr und aus dem Rollstuhl geschleudert wurde. Die Sicherheitsgurte rissen mit lautem Knallen.
Blaze rollte über den Boden und kam zum Liegen. Als er aufsah, kamen die Wölfe auf ihn zu.
"Nein! Nein! Ich habe keine Angst vor euch!", keuchend robbte er über den Boden, schnitt sich die Hände an Schutt und Putz auf. Doch vor ihm war die nächste Wand: Er war in einer Sackgasse.
Mit schmerzenden Armen richtete er sich so auf, dass er mit dem Rücken an der Wand lehnte. Die Wölfe kamen knurrend näher.
"Ich fürchte mich nicht. Ich fürchte mich nicht", flüsterte Blaze fieberhaft.
Doch im tiefsten Herzensgrund wusste er, dass das nicht wahr war. Er fürchtete sich sehr: Davor, im Irrenhaus eingesperrt zu werden, vor dem nächsten Abschnitt der Tour, vor Ifrit und Asmodai und nicht zuletzt davor, dass er, selbst wenn er überlebte, immer noch seinen Eltern die ganze Sache irgendwie erklären musste - oder sie nie wiedersehen würde.
Tobias öffnete die Augen. Die Wölfe hatten angehalten. Siegessicher.
Das Herz schlug ihm bis zum Hals und er riss die Augen auf: "Neeeeeiiiiiiin!"
Die Wölfe sprangen vorwärts und das letzte, was Tobias sah, war der Geifer, der von ihren Zähnen blitzte.
Er hörte seine Freunde, wie sie seinen Namen brüllten.