Elaines Plan:
"Ihr habt gesehen, dass wir selbst mit den Pferden nicht schnell genug sind", fuhr Elaine fort, als sie sich der Aufmerksamkeit aller anderen sicher war. "Ifrit ist zu schnell. Früher oder später gehen uns die Gebäude aus, die wir ihr auf den Kopf werfen können – eher früher, denn Xeris Kraft ist aufgebraucht, weitere Spielzeuge von Piek haben wir nicht mehr und ich selbst werde auch nicht mehr lange durchhalten."
Sam hatte bereits in vielen aussichtslosen Situationen gesteckt. Er hatte sowohl Elaine als auch Elizabeth mit ihren Fähigkeiten an ihre Grenzen gehen sehen und wusste inzwischen, dass er ihrem Urteil in dieser Hinsicht unbedingt vertrauen musste – die Regeln für Magie waren von Welt zu Welt verschieden, und da Sam selbst keine Magie wirken konnte, fehlte ihm die Intuition dafür, was wo möglich war.
"Was schlägst du vor?", fragte Elizabeth, die einen Blick zurück zu den Trümmern warf. Weitere Teile waren in Bewegung geraten. Ihnen blieb nicht mehr viel Zeit, bis Ifrit auftauchen würde.
"Wir teilen uns auf", sagte Elaine.
"Das ist doch Regel Nummer Eins in Horrorfilmen, niemals aufteilen!", widersprach Xeri sofort.
"Das wissen wir", unterbrach Elizabeth die Hexe scharf, bevor sie Elaine fragend ansah.
"Nicht wir teilen uns auf", fuhr die Blonde fort, "sondern wir trennen uns von den Pferden. Nachtwind kann sie aus der Stadt führen und gleichzeitig eine Fährte hinterlassen, die Ifrit eine Weile beschäftigt halten wird. In der Zwischenzeit versuchen wir, uns heimlich zum Ausgang zu schleichen."
Sam und die anderen schwiegen. Niemand widersprach, doch Sam sah, wie Kassie besorgt schluckte.
"Zu Fuß sind wir Ifrit noch hilfloser ausgeliefert", gab er leise zu bedenken.
Elaine nickte. "Es ist ein Risiko. Wir müssten über die Dächer gehen, und dabei helfen uns Andys Spielzeuge."
Sie zog kurz an dem Riemen des Rucksacks, den sie über der Schulter trug, und Sam wurde sich des Gewichts des eigenen Gepäcks wieder bewusst.
"Klingt nach einem Plan", meinte Elizabeth mit einem irren Grinsen.
Sam nickte Elaine zu und Xeri ließ mit einem widerstrebenden Seufzen die Schultern hängen.
"Also gut." Elaine trat zu ihrem schwarzen Hengst und zog seinen Kopf zu sich herab, um ihm ins Ohr zu flüstern. Das große Tier schnaubte, spielte mit den Ohren und warf Sam am Ende einen beinahe herausfordernden Blick zu.
Dann trat der Friese zurück, hob den Kopf und stieß ein hartes Schnauben aus.
Die anderen Pferde trotteten zu ihm, selbst der wilde Luzifer hatte den Kopf gehorsam gesenkt.
"Lauf, mein Freund", hörte Sam Elaine flüstern, als Nachtwind wendete und an der Spitze der kleinen Gruppe fort galoppierte, noch langsam genug, dass die anderen Pferde ihm folgen konnten. "Lasst euch nicht erwischen."
Sam legte ihr tröstend eine Hand auf die harte Schulter. "Du sprichst hier von Nachtwind."
Elaine sah ihn an und für einen kurzen Augenblick schimmerten ihre grünen Augen mit Tränen, als ihre harte Kampfmaske bröckelte. "Er ist kein Herdenpferd, Sam. Ich hoffe, er denkt daran, dass nicht alle Pferde so sind wie er."
Sam konnte nichts erwidern, denn mit einem Mal dachte er an seinen braven, faulen Samsung und Angst ballte sich in seinem Inneren zusammen. Er drückte lediglich Elaines Schulter fester und sah, wie das Eis in ihren Blick zurückkehrte.
"In das nächste Gebäude, los", befahl sie und die Gruppe stahl sich heimlich wie Diebe von der Straße und in die staubbedeckte Eingangshalle eines großen Gebäudes, dessen Bodenfliesen unzählige Sprünge aufwiesen. Unkräuter und sogar kleine Bäumchen wuchsen in Ritzen zwischen den Platten nahe der Fenster, ein paar alte, zerbrochene Holzmöbel lagen auf einem dicken, mottenzerfressenen Teppich verteilt.
"Auf's Dach", dirigierte Elaine die Gruppe.
Sam warf Kassie und Mo einen Blick zu: "Und oben haben wir ein paar Geschenke für euch."