Ein einziger Fehler:
Mo starrte Max an, der sich erhob und ein paar Schritte fort von Xeris blutiger Leiche machte.
Ein Schuss krachte, direkt neben ihm.
Max taumelte, drehte sich um. Blut lief aus seiner Brust.
Dann kippte Max vom Dach. Es ging sehr schnell. In einem Moment war Max noch da, den Blick auf sein nächstes Opfer gerichtet. Dann war er fort.
Elizabeth hatte den Kopf nach dem Ursprung des Knalls gewendet und starrte Mo und Kassie an. Mo erwiderte den Blick ebenso ratlos wie Elizabeth. Er verstand kaum noch, was vor sich ging. Hatte Kassie wirklich geschossen?
In diesem Moment machte Ifrit einen Satz und schloss die roten Kiefer um Elizabeths Oberkörper. Kopf und Schultern der Braunhaarigen verschwanden und blieben verschwunden, als der Tiger den Kopf zurück riss.
Blut spritzte in den Himmel. Nicht viel, wie Mo es aus Splatterfilmen kannte. Nur ein bisschen Blut.
Die Arme fielen zuerst. Dann schwankte Elizabeths Körper und kippte auf die Knie.
"Lizzy!", brüllte Elaine. Ein Schrei, der Mo durch Mark und Bein ging. Elaine warf den Stock fort, mit dem sie gekämpft hatte, und stürmte auf den blutigen Leichnam zu. Feuer stieg wie Flügel von ihrem Rücken auf.
Ifrit erwartete Elaine, riss brüllend das Maul auf. Sie biss zu, Elaine warf sich zur Seite. Nicht schnell genug. Die Zähne krachten in ihren Rücken, ihre Seite, die Schulter. Mit der freien Hand schlug Elaine nach Ifrits Auge.
Mo konnte sich immer noch nicht rühren. Kassie taumelte gegen ihn, er fing sie auf. Schrie sie an, wach zu werden, doch Kassie reagierte nicht.
"Lay!", schrie jetzt Sam und rannte auf Ifrit zu. Die schlaffen Körper noch im Maul, machte Ifrit einen Satz und landete mit den Pranken auf Sam. Die Krallen schnitten durch Fleisch und Sam wurde zerteilt. Sein Körper fächerte sich blutig auf, die einzelnen Scheiben waren noch durch einen dünnen Fleischfetzen verbunden. Mo riss Kassie auf die Beine. Er sah ihre Pistolen auf den Boden fallen und hob sie auf. Dann zerrte er sie mit sich.
"Kassie, komm schon!", flehte er.
Ifrit richtete den Blick auf ihn und spuckte Elaines Leiche aus. Sie folgte ihm.
Mo stürzte sich vom Dach. Das war alles, was ihm im Moment noch einfiel. Er griff nach dem Seilhaken, konnte das schmale Ding zuerst nicht aus dem Hosenbund ziehen, hielt es dann doch in der Hand und richtete es nach oben.
Mit einem Ruck fand der Haken Halt und das Ende wickelte sich um Mos Handgelenk. Es kugelte ihm fast den Arm aus, Kassie noch festzuhalten.
Das Seil löste sich und sie fielen das letzte Stück zum Boden. Über ihnen brüllte Ifrit laut.
"Steh auf, Kassie. Steh auf, wir müssen fliehen!" Er ohrfeigte sie. Flatternd öffnete sie die Lider, schien ihn aber nicht zu sehen.
Mo zog sie hoch. Legte sich ihren Arm über die Schultern. Sie mussten fort, weit fort.
Um sie her waren schlurfende Gestalten, die sie aus trüben Augen anglotzten, die Arme nach ihnen ausstreckten.
"Kassie, lauf! Lauf!"
Endlich bewegte sie die Füße von selbst. Rannte neben ihm her. Mo suchte nach einem Ausweg, doch blutige Erinnerungen tanzten vor seinen Augen.
Kassie starrte ihn im Laufen an. "Wo ist Sam?"
Mo antwortete nicht. Er sah zurück, wo Ifrit gerade von dem Hausdach sprang, bestimmt zehn Stockwerke tief. Der Tiger landete unverletzt auf der Straße und rannte auf sie zu.
"Lauf zum Tor!", schrie er Kassie zu. Denn in seinem Herzen wallte plötzlich Wut auf, Wut über den Tod seiner Freunde.
Ifrit schien zu grinsen, als sie näher kam und sah, wie Mo stehen blieb.
Ihr Grinsen gefror, als er Kassies Waffen hob und aus beiden Pistolen feuerte, still wie ein Fels in der Brandung.
Der Tiger kam näher. Warf den Kopf hin und her, als die Kugeln aus Silber und Eisen trafen. Dann jaulte Ifrit und machte einen letzten, verzweifelten Satz.
Schwarzes Blut spritze um Mo herum auf. Dann drückte Ifrits Gewicht ihn nieder, schwer und warm. Er zappelte, wollte sich befreien.
Ein Röcheln aus der gewaltigen Lunge über ihm. Ein Knurren. Und dann ein Todesbrüllen, trommelfellzerfetzend laut.
Gefolgt von einer Hitze, wie sie Mo nie zuvor erlebt hatte. Es war nur ein Moment, ein heller Blitz gewissermaßen, auf den Dunkelheit folgte. Ein rasender Schmerz, schneller erloschen, als Mo ihn überhaupt wahrnehmen konnte.
Es war schon dunkel und still um ihn her, während Ifrits Feuer durch die Straßen flutete und Unzählige mit ihr in den Tod riss.
Für Mo war es still. Friedlich. Ein Ende.