Ghost Racers:
Mos Name hielt sich. Ohne sich darüber abzustimmen, waren sie zum Team ‚Ghost Racers‘ geworden. Obwohl der ein oder andere murrte: ‚Ghost Racers and the racing Ghosts‘ klänge wie eine schlechte Popband, es gebe doch bestimmt bessere Namen, und überhaupt hätten mehr Leute als nur ausgerechnet Mo an der Entscheidung teilhaben sollen.
Elaine tröstete die (ungemein zahlreichen) Zweifler damit, dass auch der Name für ihr eigenes Team über ihren Kopf hinweg getroffen worden war. Und über den Kopf von Elizabeth und Sam hinweg.
„Unser viertes Teammitglied, Nirfy, hat sich den Namen ausgedacht. Sam war sofort dafür und Lizzy gerade im Krankenzimmer, also heißen wir jetzt ‚Kittehz of Doom‘. Irgendwann freundet man sich mit dem Teamnamen an.“
Und da ihr Name noch nicht im System eingetragen und entsprechend noch nicht vergeben war, setzte sich Mo durch. Bald zierte der Teamname ein Klingelschild neben ihrer Zimmertür in der unterirdischen Basis der Wächter. Sie hatten ein Doppelzimmer mit zwei kleinen Toilettenräumen bekommen, das im Vergleich zu ihrem ersten Zimmer in der Basis richtig luxuriös war: Es gab weiche Betten, einen geräumigen Schrank und einen großen Schreibtisch für jeden, Regale voller Bücher, einen Wandschrank für Waffen, pro Zimmer einen großen Fernseher mit einer riesigen Couch, Spielekonsolen und umfangreiche Film- und Spielesammlungen (wenn auch meistens Spiele und Filme, von denen kaum einer von ihnen gehört hatte, wild durch alle Genres verstreut und natürlich pro Raum unterschiedlich). Sie konnten ihren Raum mit Postern, Pflanzen und Bildern dekorieren und im Grunde machen, was sie wollten: Sie galten als ausgebildete Wächter und diese zwei Räume waren fortan ihre Heimat. Ein trostloses Zuhause. Ihre Familien konnten sie nicht wiedersehen, offiziell täuschten die Wächter ihre Tode vor. Niemand durfte von den Ereignissen der Hell-Hopping-Tour erfahren, dazu ergriffen die Wächter ebenso wirkungsvolle Methoden wie früher Ifrit und Asmodai. Für die acht Ghost Racers gab es kein Zurück in ihr altes Leben. Sie lebten nun in zwei Räumen ohne Fenster, in einer unterirdischen Basis voller Fremder, wurden eindringlich gewarnt, nicht allzu vertrauensvoll zu sein und ihre Fähigkeiten, Erfahrungen und Schwächen besser geheim zu halten. Unter Wächtern gab es Verräter und Spione dunkler Mächte, die danach trachteten, diese Bastion der Menschheit zu zerstören. Wann immer Mo auf den Gang trat, durch die klinisch weißen Flure lief, umringt von Menschen mit unergründlichen Mienen und militärischem Verhalten, fühlte er sich einsam. Seine Freunde würden bald neue Namen bekommen, dann wäre ihre letzte Verbindung zu früher gekappt. Und damit ihre Verbindung zu einem normalen, friedlichen Leben mit Träumen, Hoffnungen, Zukunftsplänen, mit liebenden Familien und Freunden in einer Welt, die keine grausigen Überraschungen kannte.
Nun lebten sie ein Leben als Kämpfer, nur einen Schritt vom Wahnsinn entfernt, vom Kampf gezeichnet. Mo brauchte nur die Hand an die Seite zu liegen und das vernarbte Gewebe über seinen Rippen zu ertasten. Er musste nur die Hand heben, um hindurchzusehen.
Einzig Max schien die Veränderung zu verkraften. Als einziger hatte er keine Alpträume. Er vermisste auch seine Familie nicht. Jedenfalls nicht, solange sie sich in der Basis aufhielten. Dort hatten die Wächter eine Phantasma-Blase installiert, ein Gerät, das Magie auch in der echten Welt möglich machte. Außerhalb dieser Blase funktionierte Ifrits Deal nicht und Max wurde etwas menschlicher. Er blieb ein Psychopath, doch immerhin konnte er Angst empfinden, was die Gruppe gnadenlos ausnutzte. Ihre kleine Form von Rache, da sie Max für die Geisterkörper brauchten.
Mo, Liam und Eve standen einem ganz anderen Problem gegenüber, denn auch Geister konnten in der realen Welt nicht existieren. Sie durften die Basis überhaupt nicht verlassen, was Mo ungemein auf’s Gemüt drückte. So lange, bis Andy Hill ihnen drei Ketten mit winzigen Phantasma-Blasen als Anhänger schenkte, die ihnen den Aufenthalt in der echten Welt ermöglichten, sogar in menschlicher Gestalt statt als bewegliche Glasstatuen – mit dem Nachteil, dass sie gefährliche Wesen aus Phantasma anzogen.
„Aber mal ehrlich“, grinste Andy, als er ihnen die Wirkung der Ketten erklärte. „Solange ihr eure Fähigkeiten und einander habt, werdet ihr mit allem fertig!“
Womit er fünf weitere Ketten hervorzog, die die Fähigkeiten von Max, Kassie, Blaze, Karo und Milo bewahren sollten.
„Aber ich habe keine Fähigkeiten!“, protestierte Kassie.
„Vielleicht beherrscht du keine Magie, aber schon dein Geschick mit den Inlinern ist etwas, worauf du dich in der Realität nicht immer verlassen kannst. In Phantasma stolperst du nur, wenn es wichtig für die Geschichte ist. Hier dagegen kann dir das überall passieren und zu tödlichen Unfällen führen. Die meisten Wächter sterben nicht im Kampf mit Monstern, sondern weil sie vor ein Auto laufen, sich im ungünstigsten Moment eine Grippe einfangen oder einen Schlaganfall bekommen. Diese Ketten beschützen euch davor, an solchen Zufällen zu sterben. Als wärt ihr Figuren in einer Geschichte. Aber ihr seid nun auch acht grelle Leuchtfeuer, die jederzeit Gefahren anlocken können.“
Die Ghost Racers sahen sich zweifelnd an. War es das Risiko wirklich wert?
„Ihr seid Wächter. Ihr werdet sowieso immer in Gefahr sein.“ Andy erriet wohl ihre Gedanken. „Die Ketten machen da nicht wirklich einen Unterschied.“