Inhalt: Tagebuch der Hofdame Sei Shonagon, die um etwa 1000 am japanischen Kaiserhof lebte.
Eindruck/Gedanken:
Es handelt sich bei diesem Tagebuch nicht um chronologisch geordnete Eintragungen, sondern um eine Zusammenstellung von Anekdoten vom Kaiserhof, von Essays über die persönlichen Ansichten der Autorin und thematischen Auflistungen. Sie gilt deshalb auch als erste Vertreterin der literarischen Gattung der Miszellen. Das Kopfkissenbuch erlaubt tiefe Einblicke in die japanische Kultur am Kaiserhof der alten Zeit und in das Leben, Fühlen und Denken der Menschen dort, besonders auch in das der Autorin und ihrer Persönlichkeit: Sie ist eine humorvolle und poetische Frau, deren Selbstbewusstsein gelegentlich in Arroganz und Standesdünkel umschlägt, deren Oberflächlichkeit zur Eitelkeit des japanischen Kaiserhofes passt. Im ausführlichen Nachwort wird ihr Leben und der historische Hintergrund erläutert, weshalb das Kopfkissenbuch auch als Hommage und Reminiszenz an die von Shonagon verehrte Kaiserin Sadako gelesen wird, die von politischen Umbrüchen der Zeit betroffen war.
Schon der erste Eintrag zeugt von ihrer poetischen Ausdruckskraft: „Im Frühling liebe ich die Morgendämmerung, wenn das Licht allmählich wiederkehrt, die Umrisse der Berge sich schwach vor dem hellen Himmel abzeichnen und schmale, rosa angehauchte Wolkenstreifen über sie hinwegziehen. / Im Sommer sind es die Nächte, besonders die Mondscheinnächte, die es mir angetan haben. Aber selbst die Finsternis hat ihren Reiz, wenn Glühwürmchen in großer Zahl umherschwirren. […] Regennächte sind ebenfalls stimmungsvoll. / Im Herbst ist es die Abendstunde, wenn die noch kräftige Abendsonne sich immer mehr den Berggipfeln nähert und die Krähen ihren Schlafplätzen zustreben […] Und dazu natürlich noch der sachte Windhauch nach Sonnenuntergang und das Zirpen der Grillen! / Im Winter mag ich den frühen Morgen. Vor allem, wenn Schnee gefallen ist und Raureif alles weiß verziert.“