Am nächsten Morgen, herrschte eine freudige Stimmung im Ryokan. Warum, dass wusste ich nicht. Alle befanden sich wie üblich im Garten. Sogar Kaede saß auf der Veranda und ich konnte nicht so genau deuten was sie da tat. Offenbar schien sie die anderen zu beobachten und neben ihr saß ein merkwürdiger Kerl, der sich mit ihr unterhielt.
Das, war Kentaro, ein ehemaliger Rivale von Keitaro, wie ich mir später hab sagen lassen. Er hatte ebenfalls einen Narren an Naru gefressen und konkurrierte mit Keitaro um ihre Gunst. Doch im Moment, war er bei Haruka angestellt, um zu arbeiten und zwar für lächerliche 1,50 Yen pro Stunde. Er war es auch, der Tomoe und den anderen den Tipp gegeben hatte, dass Isshina mich mit zu sich genommen hatte, um meinen Rausch auszuschlafen. Persönlich hatte ich ihn bis dato noch nicht kennengelernt, aber das sollte sich jetzt ändern.
Ich schlich mich an die beiden heran, aber das war bei Kaede, vergebene Mühe. Sie wusste schon das ich in der Nähe war, ignorierte mich aber. Aus irgendeinen Grund, störte es mich, dass er sich mit ihr unterhielt. Vielleicht war es der Gedanke, dass er auch mal so ein Weiberheld wie Shirai und Haitani war. Dass er sich demnach also, so nah an Kaede herantraute, ohne vor Angst zu erzittern, obwohl sie ihn mit Leichtigkeit hätte verstümmeln können, verwunderte mich. Und meine innere Stimme sagte mir „Behalt den da besonders gut im Auge!“. Immerhin soll ich ja verhindern, das Kaede ihren Frust an jemanden auslässt. Also war es eigentlich legitim, dass ich ihn verjagen sollte. Auch wenn das bedeutete, dass ich ihn davor bewahren würde, in Stücke gerissen zu werden. Ich wollte ihm nicht selbst eine Abreibung verpassen so wie Shirai und Haitani. „Schande über diejenigen, die anders von mir denken!“
Ich kam also hinter den Beiden zum stehen, baute mich langsam auf, meine Augen begannen zu glühen und nur ein einziger Gedanke, quälte mich in diesem Augenblick. „Korosu!“. Ich fuhr also einen meiner Vektoren hervor und wollte ihn still und heimlich aus dem Weg räumen, doch Tomoe, die mir offensichtlich gefolgt war, stoppte mich, indem sie mir einen Schlag in die Rippen verpasste. Sie zog mich von den beiden weg, ohne das die etwas merkten und bog mit mir um die nächst Ecke.
„Du sollst doch auf meine Anweisungen hören, du Idiot!““, zischte sie, “Hör also auf damit!“
„Was denn? Ich wollte doch nur verhindern, das Kaede ihn ins Jenseits befördert!“, brummte ich.
„Indem „DU“ ihn selbst ins Jenseits beförderst?“, meckerte sie und gab mir immer wieder Schläge mit der Faust auf den Kopf, “Was wolltest du damit überhaupt bezwecken? Oder bist du etwa eifersüchtig?!“
„Warum sollte ich wegen einem schwächlichen Menschen, eifersüchtig werden? Und überhaupt, habe ich kein Interesse an Kaede!“, knurrte ich.
„Du wolltest also „Nur“ ihre Ehre als Königin deiner Rasse verteidigen? Willst du mir das damit sagen, du Holzkopf?“
„Wozu sie verteidigen? Er sollte nur wissen, dass sie schon vergeben ist und......“
„Nichts und! Dein Drang, immer alle beschützen zu wollen, macht mich noch mal ganz krank. Lass dir mal bitte eines gesagt sein Rayo und hör gut zu, denn ich werde dir das immer wieder sagen müssen: Du kannst nicht alle retten! Lass Kaede ihre Probleme selbst lösen. Wenn sie ein Problem mit Kentaro hat, wird sie ihm das schon sagen. Und wenn er mit ihr flirtet und ihr macht das nichts aus, hat dich das nicht zu interessieren, da du ja sowieso kein Interesse an ihr hast. Darüber hinaus weiß sie, dass sie niemanden in den ewigen Schlaf schicken darf, also ist das Thema für dich auch vom Tisch.“
Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Kaede Kentaro wegschickte.
„Sie hat ihn abblitzen lassen. Beruhigend......“
Doch von Tomoe kam eine Ohrfeige.
„Sieh mich an, wenn ich mit dir rede!“, befahl sie und seufzte darauf schwer, “Du weißt, das ich noch ziemlich wütend auf dich bin, aber du machst es mir auch nicht gerade leicht.“
„Du mir aber auch nicht, Feuerlöckchen.“
„Und hör auf mich so zu nennen!“, hauchte sie und hielt mir den Mund zu, “Wo hast du den Spitznamen überhaupt her?“
Ich zuckte die Schultern.
„Während einer Fernsehserie, wurde das immer wieder gesagt.“
Ihre Mine verzog sich und kleine Äderchen pulsierten in ihrer Stirn.
„Shiori!“, knurrte sie, “Gut hör zu. Du hast doch sicher nicht vergessen, was ihr beide euch gestern noch geschworen habt, oder?“
„Nein, hab ich nicht.“, sagte ich geknickt und kratzte mich am Nacken.
„Na bitte. Also vertrag dich mit ihr. Wenn das nicht funktioniert, geh ihr einfach aus dem Weg. Eure kleinen Machtkämpfe, könnt ihr auch anders bewältigen.“
Ein wenig später sollte genau dass eintreten. Alle wollten im Garten Frisbee spielen und da ich das noch nicht kannte, empfahl Tomoe mir, mit zu machen. Es war ganz einfach: Eine runde Plastikscheibe wird einfach durch die Gegend geworfen und ein anderer musste sie fangen.
Damit es nicht zu lange dauerte, hatte Naru eine zweite Scheibe dazu geholt. So wurde die Chance erhöht das jeder mal mindestens eine Scheibe in den Händen hielt und werfen konnte.
„Und sowas macht ihr Menschen in eurer Freizeit?“, fagte ich Tomoe und folgte der Flugbahn der Scheiben.
„Hey, spiel das ja nicht so runter.“, sagte Tomoe,“Es mag zwar nicht so wirken, aber so bekommst du Bewegung, die Hand-Augen-Koordination wird gefördert.“
„Hast du sowas früher auch gemacht?“, hackte ich nach.
„Nicht mehr seit jener Nacht. Aber davor schon.“
„Was ist mit Yu?“
Doch Tomoe schüttelte den Kopf.
„Sie ist zwar jetzt in einer Pflegefamilie, fürchtet sich aber vor sich annähernden Objekten. Sie würde eher davon rennen, als die Scheibe zu fangen.“
Sie trank weiter ihren Eistee, während ich mich ins Getümmel stürzte.
„Gibts bei sowas auch einen Sieger?“, warf ich ein.
„Ach was! Beim Frisbee gibt’s sowas nicht!“, rief Su.
„Wirklich? Wie kann das denn Spaß machen? Könnten wir das ganze nicht etwas anspruchsvoller machen?“
„Und was schwebt dir so vor?“, fragte Muzumi.
Eine der Scheiben raste mit Wucht auf mich zu, doch ich wich mühelos aus, indem ich mich zur Seite neigte. Während Tomoe das Ding auffing und zu uns stieß, fing ich die zweite auf.
„Wie wärs, wenn wir zu erst das Tempo etwas erhöhen?“, schlug ich vor, “Mag sein das gerade zwei Scheiben gleichzeitig im Spiel sind, aber das geht mir noch etwas zu langsam voran.“
Tomoe sah mich missmutig an.
„Was hast du bitte vor?“, knurrte sie und trat mir kaum merklich in die Kniekehle.
„Keine Sorge, ich übertreib es schon nicht.“
„Das hast du vorgestern auch gesagt und was ist passiert?“, konterte sie und schnippte mir gegen mein Ohr.
„Ich will doch nur, dass es etwas schneller gespielt wird!“, versuchte ich mich zu verteidigen.
„Jetzt zankt euch doch nicht! Wenn er unbedingt möchte, dass wir etwas schneller spielen, sehen wir da gar kein Problem.“, sagte Naru.
„Gibt es denn noch Zusatzregeln, oder bleibt es dann bei der erhöhten Geschwindigkeit?“, fragte Kanako.
Und auf die Frage hatte ich gewartet. Da ich das ganze für ein bisschen Training ausnutzen wollte, überlies ich den anderen, die Aufstellung der Regeln. Außerdem war das alles nur ein Vorwand, um mich nicht wieder von Tomoe verprügeln zu lassen. Es mochte zwar sein, dass sie das nur tat, um mich dazu zu bringen, mich gegen sie zu wehren, aber da sie immer noch wütend auf mich war, könnte die Prügel für mich härter ausfallen als sonst.
„Wie wäre es damit!“, sagte Kitsune,“Derjenige der eine Scheibe nicht fängt, scheidet aus.“
„Und was passiert, wenn am Ende nur noch zwei übrig sind?“, fragte Shinobu.
„Ich würde sagen, der Verlierer muss für eine Woche das Essen kochen! Und zwar Mittag und Abendessen!“, rief Motoko.
Darauf drängte sich Kaede zwischen mir und Tomoe und sofort zuckten wir zusammen.
„Ich schließe mich an.“, sagte sie knapp, “Wenn das Kleinkind verliert, wird er das Essen kochen.“
„Hey, was soll denn das?!“, zischte ich, “Du weißt doch, dass ich genauso schlecht kochen kann wie Kota!“
Doch sie hielt mir den Mund zu.
„Der Verlierer muss jedem aus dem Ryokan, dass zubereiten was er gerne hätte.“, sagte Kanako.
Alle zeigten sich damit einverstanden, doch Kitsune hatte noch einen Einwurf.
„Wenn ich und Rayo als letzte übrig sind und ich ihn besiege, muss er mit mir ausgehen!“, lachte sie.
Jetzt bereute ich es, dass ich ihr das Angebot gemacht hatte, mich weiterhin zu umwerben.
„Ach komm, so etwas kannst du nicht von ihm verlangen, wenn er nicht will!“, rief Keitaro.
Doch ich, schüttelte den Kopf.
„Nein, schon in Ordnung!“, erwiderte ich und alle starrten mich verblüfft an, “Die Herausforderung nehme ich an!“
„Wirklich?!“, rief Kitsune breit grinsend.
Meine Mine verdunkelte sich.
„Aber glaubt ja nicht, dass ich es euch leicht mache!“
Alle waren damit einverstanden, auch wenn Tomoe ein paar Bedenken hatte.
Das ganze ging dann auch zügig los. Wir stellen uns im Kreis auf und warfen uns dann beide Scheiben, völlig willkürlich einander zu. Ich grinste in mich hinein, denn mit meinen Reaktionen, kommt keiner von ihnen mit. Na ja, bis auf Kaede versteht sich. Die dürfte mir weit überlegen sein. Außerdem sah sie nicht gerade danach aus, dass ganze auf die leichte Schulter zu nehmen.
Nach nicht mal zwei Minuten, flog schon Shinobu raus. Einmal schickte Kaede mir eine Scheibe und die, riss mich kaum merklich herum, als ich diese auffing. Doch ich konnte mich noch mal halten. Motoko und Keitaro lieferten sich mittendrin einen Ausdauerkampf, was für meinen neugefundenen Freund Keitaro gar nicht so glimpflich ausging. Tomoe und Kanako waren beide hartnäckig und schenkten sich zunächst nichts.
Ich wollte Su ihre Streiche zurückzahlen, doch dabei hatte ich nicht gewusst, wie gelenkig sie war. Eine Scheibe fing sie sogar mit ihren Füßen auf und schickte diese dann recht kraftvoll wieder zu mir zurück. Dabei rutschte mir das Teil fast aus den Fingern, wodurch ich nach hinten fiel und auf einem Bein stehen blieb. Kaede wollte mit Naru kurzen Prozess machen, doch da hatte sie nicht mit Narus Ehrgeiz gerechnet.
„Hm.....Anfängerglück.“, murmelte Kaede und fing Narus wurf mit Leichtigkeit ab.
Nach und nach schieden sie alle nacheinander aus. Muzumi wurde von Kanako aus dem Spiel gefegt. Su von Kaede und Kitsune von Tomoe.
Demnach waren also nur noch ich, Tomoe, Kanako, Kaede und Naru im Spiel. Kanako und Naru hielten je eine Scheibe in der Hand und warfen gleichzeitig. Tomoe und Kaede fingen je eine Scheibe ab und beförderten Naru und Kanako recht schnell ins Aus. Jetzt waren nur noch wir drei übrig. Tomoe und ich hielten jetzt eine Scheibe in der Hand.
„Los Rayo!“, rief Shinobu.
„Mach den Perversling fertig, Tomoe!“, warf Motoko ein.
Ich schluckte. Wir zuckten hin und wieder, weil wir dachten das der jeweils andere den nächsten Wurf machen würde. Damit sich das ganze nicht unnötig hinauszögerte, holte ich mit meinem Arm aus, wirbelte ein paar mal herum und warf dann meine Scheibe, in Kaedes Richtung, während Tomoe das gleiche tat und ebenfalls auf die Königin zielte. Beide Scheiben flogen über Kreuz und beide, wurden von Kaede gefangen. Mit Entsetzen, stellten sich bei uns die Nackenhaare auf und die anderen, hielten den Atem an.
„Tja, das wars dann wohl.“, sagte Naru.
„Quatsch.“, erwiderte Kitsune,“Komm schon Rayo! Katapultier die beiden raus!“
„Hey, auf wessen Seite stehst du eigentlich?!“, rief Tomoe.
„Auf meiner Seite!“, konterte Kitsune.
Kaedes Grinsen nach zu urteilen, wollte sie mehr als alle anderen, dass ich für sie koche und den Diener spiele. Doch ihr Wurf kam so unglaublich schnell und Präzise, dass wir nicht mal vernünftig reagieren konnten. Wie auch immer Kaede in der Zeit in Kamakura, so mächtig werden konnte, war mir bis heute ein Rätsel. Beide Scheiben flogen auf mich zu. Zumindest sah das auf dem ersten Blick für mich so aus. Doch in Wahrheit, zischten sie auf Tomoe zu. Die schien durch irgendetwas überfordert zu sein. Ihr Blick sprang zwischen Kaede und den Scheiben hin und her.
„So ein verdammter......“, begann sie und sprang, als die Scheiben in zwei entgegen gesetzte Richtungen flogen.
Eine, streifte sie nur mit dem Finger und landete schließlich im Dreck. Die andere, fing ich schließlich auf.
Kaedes Grinsen, verwandelte sich in ein eiskaltes Lächeln, was mich erschaudern lies.
„Dreck!“, fluchte Tomoe und stapfte zu den anderen auf die Veranda, “Mist, so ne Kacke, so ne verdammte Scheiße aber auch!“
„Jetzt reg dich doch nicht so schrecklich auf. Du musst ja nicht für ihn kochen.“, beruhigte Keitaro sie.
„Mag sein. Aber ich hätte gerne mal gesehen, wie er sich in der Küche anstellt, wenn er für mich kochen müsste.“
Ich rollte mit den Augen und gab Kaede die zweite Scheibe. „Natürlich, als ob ich es zu lasse, dass du mich noch mehr herumkommandierst, als ohne hin schon. Träum weiter Feuerlöckchen.“
Jetzt standen nur noch ich und Kaede uns gegenüber. Wir wussten das wir unsere Vektoren nicht benutzen durften. Trotzdem, war es für uns ein Kampf auf Leben und Tod. Kaede brannte schon darauf, mich durch die Gegend zu scheuchen und zeigte mir das auch ganz deutlich einem mörderischen Glimmen in den Augen. Sie wollte das ich daran zerbrach und das nutzte sie auch knallhart aus.
Und dann, warfen wir beide gleichzeitig. Bis wir natürlich feststellten, dass wir beide gleichgut waren. Doch genau das, wollten wir nicht auf uns sitzen lassen. Die Würfe wurden schneller und härter. Einmal knallten beide Scheiben aufeinander, wodurch sie zu uns zurückprallten. Das, stachelte unsere Ungeduld an.
„War das alles was du kannst?“, höhnte sie.
„Du willst noch mehr?! Das kannst du gerne kriegen! Ich mag mein Essen gerne sehr scharf!“
„Das kannst du dir selbst kochen, wenn du ausscheidest und mein Essen gleich mit.“
Die nächste Runde ging genauso unentschieden aus, bis sich die ersten ins Ryokan begaben und nur noch Tomoe und Keitaro zurückblieben.
„Ok, wir haben eine Pattsituation.“, rief meine Mitbewohnerin, “Ihr beide seid gleichermaßen erschöpft und außerdem genau gleichgut. Einigen wir uns auf unentschieden.“
„Vergiss es!“, knurrte ich.
„Erst wenn er für mich kocht.“
Bevor wir beide uns wirklich ernsthaft an die Gurgel sprangen, kam Keitaro dazu und präsentierte uns seine Lösung.
„Wir wärs denn damit: Ihr beide habt gewonnen und deshalb, dürft ihr beide bestimmen was gekocht wird.“
Damit zeigten wir uns einverstanden, zumindest vorerst. Wir stapften also wieder nach drinnen.
„Das du mir ja die Finger von meinem Wasabi lässt.“, merkte ich an.
„Mein Essen wird nicht geschärft, damit das klar ist.“, konterte Kaede.