In der Nacht, schien der Mond stärker. Tomoe wälzte sich hin und her, wachte sogar das ein oder andere mal auf.
„Verflucht.“, brummte sie,“Warum muss es ausgerechnet so kurz vor der Uni sein? Und dann auch noch Rayo! Ich schwöre, bei der nächsten Kenjutsu-Meisterschaft, mach ich Isshina fertig.“
Langsam schloss sie ihre Augen und stand kurz davor endlich einzuschlafen, doch das laute Knallen der Türe, lies sie wieder aufspringen. Hastig, schnappte sie sich ihr Katana und wirbelte herum. Ihr Fenster stand offen. Verwirrt starrte sie auf die Türe und dann aufs Fenster und seufzte.
„Wann hab ich das Ding aufgemacht? Verdammter Mist. Und ich dachte, es wäre sonst was passiert.“
Kopf schüttelnd legte sie ihr Katana wieder beiseite, schloss das Fenster und drehte sich um, bis ein Schrei einmal durch das ganze Ryokan hallte. Eine durchsichtige Gestalt, stand direkt vor ihr. Sie war von Pfeilen durchbohrt, trug eine Rüstung, ähnlich wie die von Tomoe, einen zerfetzten Strohhut den sie tief ins Gesicht gezogen hatte und nur ein Auge schaute darunter hervor. Am Gürtel hing noch ein Katana mit einer langen Klinge. Sie legte eine Hand auf das Heft, zog es rasch aus der Scheide und ging damit ohne zögern auf Tomoe los. Wieder schrie sie laut auf, zog ihr eigenes Katana und hielt es schützend vor sich.
„Tomoe! Tomoe, ganz ruhig!“, rief Motoko und hielt sie fest.
„Was?! Wer......warum?!“, hauchte Tomoe und wich zurück.
„Ich dachte du hättest wieder.........du weißt schon.“, sagte ich besorgt.
Ich gähnte und setzte mich auf ihr Bett.
„Was macht ihr hier?“, fragte Tomoe.
„Du hast laut geschrien und hast mit dem Katana um dich geschlagen.“, erklärte Motoko und führte sie zum Bett.
„Da.....da war.....“, stammelte meine Mitbewohnerin und raufte sich die Haare,“Da war doch gerade noch jemand!“
„Wer soll hier gewesen sein?“, erwiderte ich misstrauisch.
„Ja, habt ihr denn nichts gesehen?!“, zischte Tomoe,“Ich glaube, es war so was wie ein Samurai. Es trug ein Schwert bei sich und überall waren diese Pfeile......“
„Ist ja gut.“, sagte Motoko und seufzte,“Du kannst wieder gehen.“
„Von mir aus. Aber schreit wenn was ist.“, sagte ich und stapfte davon.
„Die Sache mit dem Krankenhaus hat mich wohl härter erwischt als erwartet.“, murmelte Tomoe.
„Mach dir darum jetzt keinen Kopf. Ich, bleibe die Nacht hier. Ganz gleich was du auch gesehen hast – es ist weg.“
„Aber......aber....“
„Leg dich schlafen, ich bin immer in deiner Nähe.“, versicherte ihr Motoko,“Versprochen.“
Am nächsten Morgen. 2 Tage bis zum Beginn der Uni.
Eigentlich hatten wir gedacht, das ich Isshina hätte abholen müssen, doch kaum hatte ich das magere Frühstück runter gewürgt, hörten wir auch schon eine laute Hupe. Tomoe stöhnte genervt auf und summte die Melodie von einem langsamen Trauermarsch, während sie mit mir zur Haustüre schlenderte. Dabei tat sie so, als ob ich gleich meinem Henker gegenüberstehen würde. Kitsune gab mir sogar noch einen letzten Abschiedskuss auf die Wange und schloss sich Tomoes Stimmung an.
„Ihr tut ja fast so als ob ich gleich sterben werde!“
„Du bist ja auch mit Isshina verabredet.“, erwiderte Tomoe.
„Was ich viel seltsamer finde ist, dass du mir gesagt hast, dass ich dich umwerben dürfte. Aber diese kleine Zicke darf gleich mit dir ausgehen. Etwas inkonsequent, findest du nicht?“, warf Kitsune ein.
„Jetzt sei mir deswegen bitte nicht böse. Bei Isshina ist das nun mal was anderes, als bei dir.“, erklärte ich.
„Ja ja.“, sie grinste mich an,“Es ist trotzdem schön das du wieder so schlecht gelaunt und griesgrämig drauf bist.“
Ich verdrehte die Augen.
„Wird dir das nicht irgendwann langweilig, immer die selben Platten abzuspielen?“, fragte ich.
„Wo denkst du hin? Es macht viel zu viel Spaß dich zu ärgern.“
„Hör mal, wenn ich wieder zurück bin, können wir gerne was unternehmen. Wenn Tomoe nichts dagegen hat.“
„Wieso sollte ich was dagegen haben? Bei Kitsune und den anderen ist mir das sowieso egal. Von mir aus können wir morgen noch was unternehmen.“
„Oh, ich darf ihn also nicht mal einen Tag für mich alleine haben?“,jammerte Kitsune.
„Was habt ihr denn auf einmal? Früher wart ihr doch alle hinter Keitaro her! Und jetzt habt ihr Rayo ins Visier genommen?“, sagte Tomoe.
„Na ja, nicht alle.“, sagte Kitsune,“Wir alle mögen Rayo, keine Frage. Aber jeder von uns geht etwas anders mit ihn um. Und mir hat er gesagt, das ich ihn umwerben dürfte. Oder Rayo?“
„Na großartig, da hast du dir aber was ausgedacht.“, seufzte Tomoe.
„Wieso denn? Sie hat Gefallen daran und mir ist es fast schon herzlich egal. Also wo ist das Problem?“, erwiderte ich.
„Nichts. Pass einfach nur später in der Uni auf. Sonst rennen dir nachher noch alle Weiber hinterher und das wollen wir doch nicht!“
Vor der Haustüre, stand schon eine Limousine. Sofort klappte Kitsune die Kinnlade herunter und sank auf die Knie.
„Das ist aber nur ein schlechter Witz oder?“
Eine Türe öffnete sich und uns zeigte sich Isshina, mit langen Rock, Sandalen und einem mitternachtsblauen Oberteil.
„Ich hoffe ich bin noch nicht zu früh dran, Akumaru.“, sagte sie und schenkte mir ein eisiges Lächeln.
„Hättest du nicht schreiben können, das du persönlich herkommst?“, sagte Tomoe.
„Ich ziehe es vor, immer persönlich zu meinen Verabredungen zu erscheinen.“
„Na schön. Aber bring ihn in einem Stück wieder her.“, entgegnete meine Mitbewohnerin.
„Sollte ich Schwierigkeiten haben, schreie ich einfach.“, sagte ich trocken und stieg ein,“Wo geht’s denn hin?“
„Ich habe mir überlegt, dass wir nach Akihabara fahren. Von dort aus, können wir überall hingehen. Jedes Restaurant können wir aufsuchen.“
Und kurz darauf, fuhren wir auch schon los und ließen die beiden am Eingang zurück.
„Alles klar bei dir?“, fragte Kitsune.
„Fast.“, sagte Tomoe knapp,“Ruf die Mädels zusammen. Ich hab da ein Vorhaben.“
Das taten sie dann auch. Alle fanden sich im Foyer ein und Tomoe stellte sich vor ihnen hin um eine Ansprache zu halten.
„Also Leute, gerade ist Rayo mit Isshina losgefahren. Und da ich ihr gegenüber extrem misstrauisch bin, habe ich eine Aufgabe für euch.“
„Und wie sieht die aus?“, fragte Muzumi.
„Ganz einfach. Ein paar von euch, müssen mir den Gefallen tun und den beiden folgen. Nach Akihabara.“
„Findest du das wirklich richtig, sie auszuspionieren?“, warf Keitaro ein.
„Wir alle wissen, das Isshina nicht grade ein Engel ist, aber sollten wir Rayo nicht etwas Freiraum gönnen?“, sagte Kanako,“Ich meine, er hat jetzt mehrere Wochen im Krankenhaus gehockt. Und jetzt hat er mal die Chance, sich zu entspannen, vor der Uni.“
„Vielleicht will Tomoe ja auch nur verhindern, das Isshina Rayo einfach so links liegen lässt.“, sagte Motoko.
„Genau das!“, bestätigte Tomoe,“Also, helft ihr mir und vor allem Rayo?“
Inzwischen waren Isshina und ich in Akihabara angekommen. Ein Ort an dem sich alle möglichen Leute tummelten. Tomoes Rivalin versprach mir überall hinzugehen, wo nach mir der Sinn stand. Hier gab es, alles mögliche an Geschäften. Mal gab es Unmengen an Videospielen, woanders Mangas und die dazugehörigen Figuren und nach den ersten Geschäften bekam ich schon Kopfschmerzen. Das Comicbuch, was Su mir besorgt hatte, war schon durchgelesen. Dadurch hatte diese Reihe von „X-Men“, mein Interesse geweckt und nun war ich auf der Suche nach mehr davon. Das, wollte mir Isshina aber erst später zeigen. Jetzt wollte sie mit mir in jedes Restaurant gehen, in das es mich verschlagen könnte. Und das erste fand sich nach einer schnellen Tour durch eine Spielhalle. Die Speisekarte musste ich jedoch nicht nur schnell überfliegen, sondern genauestens studieren. Denn hier, standen unzählige Gerichte, bei denen mir schon beim bloßen Lesen, das Wasser im Mund zusammenlief.
„Lass dir ruhig Zeit.“, sagte Isshina lächelnd,“Wir haben den ganzen Tag.“
„Wäre es unhöflich zu fragen, ob ich mir einmal jedes Gericht vornehmen könnte?“, fragte ich und überhörte mein Magenknurren.
„Oh. Hast du etwa seit deiner Rückkehr nichts mehr gegessen?“
„Schon. Nur eben nicht das übliche.“
Sie runzelte die Stirn und überflog die Speisekarte.
„Wie wärs, wenn du dir erst mal eine Sache aussuchst und dann, sehen wir weiter.“
„Wenn das nicht zu umständlich ist.“, fuhr ich fort.
„Ach was. Du darfst dich nur nicht entmutigen lassen.“
Irgendwie hatte Tomoe die anderen dazu bringen können, das Su, Shinobu und Muzumi nach Akihabara gehen sollten. Und um meine Mitbewohnerin dauerhaft zu informieren, kommunizierten sie via Handy und Walkie-Talkie.
„Haben sie sich schon gemeldet?“, fragte Motoko.
„Schon. Aber sie sind gerade erst in Akihabara angekommen. Könnte also ne Weile dauern, bis sie die beiden gefunden haben.“
„Ich bitte dich. Einen solchen Griesgram wie Rayo, kann man gar nicht übersehen.“, sagte Motoko, “Aber, genug davon. Du wolltest mit mir, über deinen Albtraum von neulich sprechen oder?“
„Na ja, es war ja kein gewöhnlicher Albtraum. Ich bin offenbar schlaf gewandelt und habe halluziniert. Nur, warum? Ich meine, es ist ja nicht das erste mal, dass mir so was passiert.“
„Ja, ich erinnere mich. Das war für uns alle eine schlimme Nacht.“
„Aber, was habe ich da bitte gesehen? Es, sah aus wie.....ein Samurai.“
„Hmm, eine Theorie hätte ich ja. Aber....nein, das wäre völlig undenkbar.“
„Was denn?“, fragte Tomoe weiter,“Komm schon, ich brauche Antworten! Das muss doch einen Grund haben!“
„Du hast nicht zufällig mal das You-Tou Hinata, heimlich benutzt als wir mal nicht hingesehen haben?“
„Nicht wirklich.“, sagte Tomoe,“Ihr habt mir ja nur davon erzählt und mich davor gewarnt. Ich bin zwar neugierig, aber nicht dumm. Von etwas verfluchtem halte ich mich fern und gehe nicht noch darauf zu.“
„Das dachte ich mir. Deswegen, fällt das schon mal weg.“
Das Walkie-Talkie begann zu rauschen und sofort zuckten die beiden zusammen.
„Tomoe! Tomoe, bitte kommen!“
„Ja, Shinobu was gibt es?“
„Wir haben die beiden gefunden. Sie sind im Izakaya und unterhalten sich.“
„Na ja, eigentlich scheint nur diese Isshina zu reden. Rayo sitzt einfach nur da und nickt zwischen durch mal, während er das Essen in sich rein schaufelt.“, berichtete Su weiter.
„Er tut was?“, fragte Motoko,“Hoffentlich beherrscht er sich, sonst dürfen wir uns später wieder ihr Gemecker anhören!“
„Du musst nicht direkt vom schlimmsten ausgehen.“, kicherte Muzumi,“Er hat Manieren das muss man ihm wirklich lassen. Er kaut erst alles gut durch, bevor er runter schluckt und nimmt sich dann erst den nächsten Bissen.“
Tomoe atmete erleichtert aus.
„Gut. Dann bleibt weiter dran. Und gebt Bescheid wenn sich etwas ändert.“
Sie legte das Walkie-Talkie wieder weg.
„Scheint so, als ob es gut laufen würde.“, warf Motoko ein.
„Der Meinung bin ich auch. Obwohl ich zugeben muss, das dass etwas falsch klingt, wenn man bedenkt wie wir zu Ella stehen.“
„Das werden wir erst sehen, wenn er wieder zurück ist.“, seufzte Motoko,“Leider muss ich dich enttäuschen, was deine Halluzination angeht. Da kann ich dir nicht weiter helfen.“
„Mist!“, fluchte Tomoe,“Gibt es denn irgendein Ritual für sowas? Etwas, was diesen Geist oder was auch immer es war, von mir fern hält?“
„Also......“
„Einen Talisman, einen Zauberspruch, von mir aus auch ein bescheuerter Tanz! Irgendwas, Motoko!“, schrie Tomoe hysterisch und fuchtelte wild mit den Armen herum.
„Jetzt komm mal wieder runter!“, entgegnete Motoko und wich vor ihr zurück,“Es gibt bestimmt eine Lösung für das Problem. Ich werde sehen, was sich machen lässt.“
Tomoe seufzte schwer und raufte sich die Haare und begann sich wieder zu kratzen.
„Tut mir leid. Ich bin nicht mehr die Selbe, seit Rayo ins Krankenhaus gekommen ist. Das war einfach alles zu viel in letzter Zeit.“
„Das ist doch verständlich. Ich meine, ihr beide kennt euch schon eine gewisse Zeit, da gewöhnt man sich aneinander. Ich mag mir gar nicht ausmalen, wie es anders ausgegangen wäre. Aber verrate mir mal, warum du dich so heftig kratzt.“
Verdutzt starrte Tomoe sie an.
„Ich verstehe nicht ganz.“
„Na, du kratzt dich doch. Hast du, dir irgendetwas eingefangen? Hast du Schuppen?“
Immer noch verstand Tomoe kein einziges Wort und kratzte sich weiter.
„Du bist schon die dritte die mir das sagt. Ich kratze mich doch gar nicht!“
Motoko hatte eine säuerliche Mine aufgesetzt und hielt Tomoe einen kleinen Spiegel vor die Nase.
„Sag das noch mal und sehe dabei in den Spiegel! Du kratzt dir noch die Kopfhaut wund!“
Mit Entsetzen starrte Tomoe ihrem Spiegelbild ins Gesicht und rupfte sich wieder ein paar Haare aus.
„Was ist das nur?! Ich verstehe das einfach nicht! Warum merke ich das denn überhaupt nicht?!“
„Vielleicht, machst du dir zu viele Gedanken darum, was bei diesem Essen zu Zweit, mit Rayo passieren könnte. Oder?“
„Ach Quatsch.“, sagte Tomoe schmollend,“Laut Naru mach ich das schon seit ein paar Tagen.“
„Dann ist es halt Stress. Aber, kommen wir noch mal zurück auf diese Erscheinung die du gesehen hast.
„Ich dachte, du könntest mir damit nicht helfen.“
„Ja, das stimmt ja auch. Ich nicht. Aber, ich glaube, ich kenne jemanden der es könnte.“
„Und wer soll das bitte schön sein?“, fragte Tomoe kleinlaut.
„Meine Schwester, Tsuruko. Vielleicht hat sie sogar noch etwas Zeit.“
„Das du ne Schwester hast ist mir auch neu.“
„Du hast halt nicht gefragt!“
Wieder rauschte das Walkie-Talkie und diesmal, klangen Shinobu und die anderen beiden etwas panisch.
„Tomoe! Es gibt ein Problem!“, rief Su.
„Was denn nun?“
„Die beiden.......sie lachen!“, erwiderte Shinobu.
„Wie bitte?!“, sagte Tomoe Zähne knirschend.
„Ja doch. Rayo hat eine Pause vom Essen eingelegt und jetzt, unterhalten die beiden sich und scheinbar bringt er sie zum Lachen.“
Tomoe und Motoko starrten sich mit großen Augen an.
„Sag das noch mal!“, sagte Tomoe,“Rayo lacht?“
„Er sieht.......so ungewohnt glücklich aus.“, sagte Muzumi und klang erheitert.
„Aber wie nur? Irgendwie, ergibt das doch keinen Sinn! Ich meine, natürlich ist es schön zu hören, dass Rayo lacht und so unverhofft gute Laune hat, aber warum ausgerechnet bei Isshina?!“
„Wir melden uns gleich noch mal.“, sagte Shinobu.
Motoko stand auf.
„Entschuldige mich kurz.“, sagte sie knapp und verschwand auf den Korridor.