Eine Woche später, musste ich zu einer Kontrolluntersuchung ins Krankenhaus. Naru und Tomoe begleiteten mich dabei.
„Und ihr seid euch sicher, dass ich keine Spritze bekommen werde?“, fragte ich leicht nervös.
„Ja doch.“, entgegnete Naru,“Aber, darf ich dich was fragen?“
„Was denn?“, erwiderte ich und gähnte.
„Nun ja........wie hat sich die Operation angefühlt? War es unangenehm, schmerzhaft?“
Ich zuckte die Schultern und öffnete den beiden die Eingangstüre.
„Anfangs war es leicht unangenehm, als man mir die Narkose verpasst hatte. Und an alles an das ich mich erinnern konnte, war ein lautes Dröhnen.“
„Ab da kannst du stoppen.“, sagte Tomoe,“Du musst nicht jedes kleinste Detail verraten.“
„Auch gut. Bringen wir das nur schnell hinter uns. Ich hab heute noch einiges vor.“, sagte ich und stieg mit beiden in den Aufzug.
„Unternimmst du noch mal was mit Keitaro?“, fragte Naru.
„Nein. Meine Mutter holt mich gleich hiernach ab. Wir fahren kurz nach Akihabara. Ich brauche neue Comicbücher!“
„Da hat dir Su aber genau das richtige Hobby verschafft!“, lachte Naru,“Wie viele hast du schon?“
„Ein paar der X-Men, ein oder zwei von DC und.......neulich bin ich über etwas gestolpert, dass sich „Spider-Man“ nennt.“
Wir fuhren nach oben.
„Du, wirst jetzt aber nicht anfangen dir ein Kostüm oder sowas schneidern zu lassen, um nachts Verbrecher zu bekämpfen oder?“, fragte Tomoe.
„Na ja.......jetzt wo du es sagst.“, murmelte ich.
„Rayo, nein! Schlag dir das gleich aus dem Kopf! Nachher brichst du dir noch was dabei!“, konterte sie.
Wir setzten uns in den Wartebereich, direkt vor Yanagis Büro. Es dauerte nicht lange, bis uns jemand bemerkt hatte und direkt auf uns zukam. Es war der Chirurg, der kurz vor meiner OP noch mit mir gesprochen hatte. Wie immer trug er grüne Klamotten und ein rotes Kopftuch.
„Hey, na wie geht’s Kumpel?“, fragte er und reichte mir seine Faust.
Ich erwiderte den Gruß.
„Alles wieder beim alten.“, erwiderte ich und klopfte mir gegen die Schläfe,“Sie haben da wirklich ganze Arbeit geleistet.“
„Eine meiner leichtesten Übungen.“, sagte er grinsend,“Und wer sind deine reizenden Freundinnen?“
„Das ist Tomoe, meine Mitbewohnerin. Und das ist Naru, sie.......“
Plötzlich stieß Tomoe einen kurzen aber lauten Schrei aus, sodass der Chirurg erschrak und zurücksprang.
„Aaaaaaaaah!“, schrie Tomoe und deutete mit dem Finger auf ihn.
„Aaaaaaaaaah! Uncool!“, fluchte er.
„Stimmt was nicht Tomoe?“, fragte Naru.
„Ja.......aber....seht ihr denn das nicht?! Bin ich die einzige, der so was auffällt!“, beschwerte sie sich,“Wisst ihr denn nicht wer hier vor uns steht?!“
„Wovon zum Teufel redest du da?“, warf ich ein,“Er ist der Chirurg der mich mit seinem Team operiert hat.“
„Ja, das weis ich selbst, aber das ist doch eindeutig......“, wollte Tomoe noch sagen.
Der Chirurg machte plötzlich große Augen und suchte so schnell er konnte das weite.
„I-ich muss ganz schnell zu ner wichtigen Operation und nen Blinddarm raus nehmen! Machs gut Kumpel!“
Wir schlugen noch mal die Fäuste aneinander und es schien so, als ob er vor uns flüchten wollte. „Die Menschen bleiben mir auf ewig ein Rätsel.“ Kurz darauf, musste Naru auf die Toilette und verschwand.
„Also Sachen gibt’s.“, sagte ich Kopf schüttelnd.
„Wem sagst du das. Warum gerate ich immer in solche Situationen?“, fragte Tomoe,“Ich meine,......so was bilde ich mir doch nicht ein oder?!“
„Keine Ahnung.“, sagte ich und mein Blick wurde trüb,“Tomoe, ich......hab nachgedacht.“
„Worüber?“, fragte sie.
„Über unsere momentane Situation. Über das Leben im Ryokan. Mit all den anderen.“
„Was ist damit?“, hakte sie nach und ein Hauch von Furcht, zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab,“Willst du etwa......du weist.....aus dem Ryokan ausziehen und........“
Doch ich schüttelte den Kopf.
„Nein. Ganz im Gegenteil.“, erwiderte ich und sah sie mit unsicheren Blick an,“Ich weis, ich habe Kaede versprochen, nach Kamakura zurückzugehen um für meine Fehler gerade zu stehen. Damit dieser ganze Wahnsinn der dort geschehen ist, gemildert wird.“
„Aber?“, fragte sie weiter.
Ich holte tief Luft.
„Ich......möchte, danach wieder ins Ryokan. Und dort will ich dann auch bleiben.“
Ihre Mine hellte kurz auf und ein schmales Lächeln, zog über ihre Mundwinkel. Dann verschwand es schon wieder.
„Aber, willst du nicht bei Kota und Yuka bleiben? Immerhin haben sie dich ja erst bei sich aufgenommen. Dir Essen und Obdach gegeben.“
Meine Mine wurde ernster.
„Das mag schon sein. Aber denk doch mal ganz genau darüber nach. Was, ist während meiner Anwesenheit dort, alles passiert?“
„Na ja, du hast nicht viel oder oft über dein Leben dort geredet. Nur über deinen Kampf mit Kaede hast du oft gesprochen.“
„Dann erzähle ich dir jetzt mal kurz und bündig, was alles vorgefallen ist.“, entgegnete ich und spürte wie sich ein Kloß in meinem Hals bildete,“Ich habe Nana verletzt, ich habe Kaede verletzt, Kota und Yuka habe ich stellenweise oft harsch von mir gewiesen und ihnen nur Scherereien bereitet! Ich habe Kota beinahe getötet! Durch mich, hat Nana wahrscheinlich ein lebenslanges Trauma, weil sie eine List von Usa Sora, von mir beinahe zerfleischt wurde! Ich konnte sehen was ich ihr antat, doch ich konnte nichts dagegen tun! Also nein Tomoe, ich will nicht mehr dort leben und ihnen noch weiter schaden. Verstehst du das?“
Mein Herz verkrampfte sich und Tomoe schien das bemerkt zu haben, also umarmte sie mich um mich zu beruhigen.
„Sschhhhh.“, flüsterte sie,“Alles ist gut. Ja du hast schlimme Dinge gesehen und auch getan. Aber ich ebenso. Wir beide haben uns gegenseitig fast umgebracht. Und sieh uns jetzt an. Wir sind auf einem guten Weg.“
„Dann verstehst du hoffentlich auch, warum ich beim Ryokan bleiben will.“, erwiderte ich und lies mich erschöpft gegen die Wand hinter mir fallen.
„Natürlich verstehe ich dich. Und wer könnte es dir verübeln? Du hast jetzt Freunde. Und davon sogar reichlich! Oder......nein, das ist nicht ganz richtig. Du hast, jetzt eine richtig große Familie. Wer könnte da schon weg wollen.“
Ich nahm ihre Hand und drückte sie.
„Tomoe ich......will auch das du......“, sagte ich und ich ahnte schon, was sie als nächstes sagen würde.
Sie machte große Augen.
„Rayo. Wir beide stehen das gemeinsam durch. Natürlich will ich......“
Wir hörten lautes Fußgetrappel. Als Naru wieder um die Ecke kam, lösten wir unsere Hände voneinander und taten so, als wäre gerade nichts weiter passiert.
Wenige Augenblicke später, kam auch schon Yanagi und bat uns rein zu kommen. Die Untersuchung verlief relativ schnell. Ein paar Reflextests, mein Blutdruck wurde gemessen und mein Herzrythmus wurde untersucht.
„Du hast dich gut entwickelt.“, sagte sie,“Das Broken-Heart Syndrom hast du überstanden. Hut ab dafür.“
Ich zuckte die Schultern und ein schmales Lächeln, umspielte meine Lippen.
„Ich hatte auch gute Unterstützung.“, sagte ich, woraufhin Tomoe mir einen Knuff gab.
„Ist sein Arzt zufällig hier?“, fragte Naru,“Wir wollten uns bei ihm bedanken.“
„Natürlich. Einen Moment.“, antwortete Yanagi und funkte ihn kurzer Hand an.
Rasch, kam der Arzt ins Behandlungszimmer und löste sofort eine gewaltige Verwirrung bei Tomoe und Naru aus. Er trug wie alle Ärzte, einen weißen Kittel und blaue Klamotten. Seine Haare waren etwas zerzaust, da er wohl gerade eine lange Schicht hinter sich hatte, um sich danach aufs Ohr zu hauen. Das konnte man gut an den tiefen dunklen Augenringen und den blutunterlaufenen Augen erkennen.
„Einen Moment mal.“, sagte meine Mitbewohnerin,“Das ist aber nicht der Arzt der ihn behandelt hat.“
Ich und Yanagi starrten uns verdutzt an.
„Na sicher ist er das.“, sagte Yanagi,“Kageyama Yasou. Ihr habt ihn doch bei Rayos Einlieferung kennengelernt. Wisst ihr das nicht mehr?“
„Live und in Farbe.“, sagte er und grüßte mich,“Alles klar Kleiner? Herz pumpt noch?“
„Alles tip top.“, sagte ich knapp.
Jetzt, mischte sich Naru ein und stand auf.
„Sekunde mal. Rayos Arzt, humpelte doch und musste einen Stock nutzen um laufen zu können! Er trug ein Sportsakko und dazu noch diese ungewöhnlichen Schuhe. Das weis ich genau!“
Jetzt, verstanden wir gar nichts mehr.
„Habt ihr, euch zufällig den Kopf gestoßen, ohne das ich es bemerkt hab?“, fragte ich,“Das ist mein Arzt. Was wollt ihr denn noch für Beweise?“
„Dann kann er uns auch sicher verraten, woran du operiert wurdest.“, sagte Tomoe,“Na los, machen sie schon!“
„Ganz einfach.“, erwiderte er,“Er litt am Broken-Heart Syndrom, weil sein Halbbruder verstorben war. Er sagte mir auch, dass er ständig so ein fauchen in seinem Schädel hören würde. Daraufhin haben wir ihm ein Loch in den Schädel gebohrt und die verletzten Stellen, die das Fauchen auslösten, versorgt.“
Yanagi zuckte mit den Schultern.
„Gut, wir könnten ihm auch Rayos Akte gegeben haben. Aber Kageyama war es auch, der Rayo bei seinem ersten Aufenthalt begutachtet hat.“
Tomoe schüttelte den Kopf.
„Jetzt komm ich überhaupt nicht mehr mit!“, sagte sie,“Wo ist, Dr. House?“
Kageyama sah auf seine Uhr und seufzte schwer.
„Tut mir Leid, aber ich werde dringend gebraucht.“, er verabschiedete sich und wandte sich dann noch mal mir zu,“Ach eh......hast du schon das Spiel durchgespielt, was ich dir gegeben habe?“
„Fast.“, nickte ich,“Es ist gar nicht so leicht!“
„Genau das wollte ich hören!“
Damit verschwand er.
Naru und Tomoe, starrten sich an.
„Ok, jetzt wird es wirklich unheimlich.“, sagte Tomoe.
„Aber wir alle haben ihn doch gesehen!“, erwiderte Naru,“Er war da! Ich weis es noch ganz genau!“
Doch auch Yanagi hatte keine Zeit mehr für uns, da sie zu ihrem nächsten Patienten gerufen wurde.
„Wir sind hier fertig.“, sagte sie und öffnete uns die Türe,“Auf wiedersehen, Rayo. Und ein schönes Leben noch!“
Die beiden gingen schon mal vor, während ich bei Yanagi zurückblieb und darauf wartete, dass sie wieder die Türe schloss.
„Das war verdammt knapp!“, zischte ich.
„Das kannst du aber laut sagen!“, sagte Yanagi angespannt.
„Können sie mir denn sagen wo er ist?“, fragte ich.
„Du hast Glück. Er ist noch in Japan. Und zwar nicht weit von hier. Gerade müsste er in Akihabara sein.“
Ich grinste.
„Sehr gut. Es läuft einfach alles glatt!“
Ein wenig später, zog ich also mit Mutter nach Akihabara, um mir ein paar neue Comicbücher zu holen. Und ich fand auch ein paar die mir gut gefielen. Zum Beispiel eines in dem es um einen Antagonisten ging, der mit einem bloßen Fingerschnipsen, das halbe Universum ausrotten konnte. Auf was für absurde Geschichten die Menschen nur immer kommen. Sicher wird so was nie passieren. „Pass lieber auf , dass du es nicht zu sehr beschreist, du Dummkopf!“ Ein anderes handelte von diesen ominösen „Spider-Man“ der von einer Art schwarzen Schleim besessen war und sein rot-blauer Anzug, sich dem entsprechend schwarz färbte. Doch zu meinem Glück, trafen Mutter und ich auf genau denjenigen, den ich eigentlich treffen wollte. Er saß mit seinem Flammen beklebten Gehstock, dem Sportsakko, seinen Sportschuhen, mit Sonnenbrille und Kappe an einem Tisch und schien uns zunächst nicht zu beachten. Doch sein Geduldsfaden war sehr kurz und er seufzte, als er mich bemerkte.
„Oh nein. Verfolgst du mich etwa?“, brummte er.
„Genauso charmant wie immer.“, kicherte Mutter und setzte sich zu ihm.
„Woher wussten sie, dass ich hier bin?“, fragte Gregory und nahm seine Sonnenbrille ab.
„Yanagi.“, sagte ich knapp und setzte mich dazu.
„Ich wusste, dass es ein Fehler war sie nicht zu feuern. Aber egal. Was willst du von mir, du Giftzwerg?“
„Eigentlich nichts. Vielleicht um mich bei ihnen für ihre Hilfe zu bedanken.“, sagte ich lächelnd.
Er massierte sich die Schläfen und zog seine Kappe aus.
„Hoffentlich hat sie sonst niemanden verraten dass ich immer noch hier bin. Ich wollte eigentlich nach deinem Fall, meine Ruhe haben und mich verdrücken.“
„Und was hat sie dann aufgehalten?“, fragte Mutter.
„Das Essen.“, erwiderte er und deutete auf die Speisekarte,“Die Burger hier, sind einfach großartig. Da konnte ich nicht anders als mich voll zu fressen.“
Ich warf einen Blick darauf und war leicht verwirrt.
„Aber.......der ist ja komplett schwarz!“, merkte ich an,“Warum essen sie einen verbrannten Burger?!“
„Unsinn, der ist nicht verbrannt. Er soll so schwarz sein. Du hast noch einiges zu lernen.“, sagte er.
„Und was zum Beispiel?“
„Na, zum Beispiel was Monster-Trucks sind.“, entgegnete Gregory,“Ich hoffe du hast das langsam mal nachgeholt.“
„Nicht unbedingt, aber lassen sie mich mal eine Sache klarstellen. Godzilla, würde ihre mickrigen Monster-Trucks einfach zertrampeln! Dann bleibt nur noch Schrott übrig!“, konterte ich.
Er schien darauf zunächst keine Antwort zu haben und schüttelte ungläubig den Kopf.
„Du magst keine Monster-Trucks, aber Godzilla? Das ist ein bisschen inkonsequent findest du nicht?“
Ich zuckte mit den Schultern.
„Wenn ihre Monster-Trucks sich zu einen riesigen Roboter verwandeln könnten, wäre der Kampf gegen Godzilla zumindest nicht langweilig.“
Jetzt hatte ich offenbar einen Nerv getroffen, denn er atmete schwer aus und hob eine Hand.
„Soll ich dir mal was sagen, Kleiner? Es gibt etwas, womit ich dich ganz schnell loswerden kann, ohne mich großartig anzustrengen.“
Ich rollte mit den Augen.
„Bitte, wollen sie mir etwa sagen, dass Godzilla nicht real ist? Das weis ich schon, seit ich den ersten Film gesehen habe! Also womit wollen sie mir sonst Angst machen?“
„Es gibt nun mal Dinge, die einfach unvermeidlich sind. Sei es ein Schmetterling, der mit seinen Flügeln in der Wüste von Nevada mit den Flügeln Schlägt und in Manhattan einen Tornado auslöst, oder aber ein Meteorit der jetzt in diesem Moment auf die Erde zurasen und uns alle auslöschen könnte. Oder aber, es ist ein kleines Geräusch, dass eigentlich völlig harmlos ist.“
Er deutete mit seiner Hand ein Schnipsen an und sofort erinnerte ich mich mit Entsetzen an ein bestimmtes Comidbuch zurück, was ich mir vorhin erst gekauft hatte.
„Ach w-was.........sie bluffen doch nur!“, sagte ich mit zitternder Stimme.
„Willst du das wirklich herausfinden? Wenn du nicht zu Staub zerfallen willst, dann lauf weg. Denn ich.........bin unvermeidlich.“
Hastig, nahm ich meine Mutter, die das ganze Schauspiel mit Neugier beobachtet hatte, bei der Hand und zog sie hinter mir her.
„Wir müssen gehen, sofort!“, drängte ich sie.
„Was? Aber Rayo was hast......“
„Keine Zeit für Fragen! Gehen wir einfach! Sonst erleben wir den nächsten Tag nicht.“
„Ist ja gut! Nun zerr doch nicht so an mir!“, sie drehte sich noch einmal um und verabschiedete sich,“Ich hoffe, man sieht sich noch mal, irgendwann!“
Dann deutete sie auch noch an, dass sie mal telefonieren sollten.
„Jetzt provozier ihn doch bitte nicht noch und komm!“, zischte ich.
Grinsend blieb er zurück und lies seine Hand wieder sinken.
„Wäre auch zu schade gewesen.“, sagte er leise, “Ich hätte ungerne das halbe Universum ausgelöscht.“