Und nun, beginnen wir mit dem Tag, an dem alles komplett aus dem Ruder gelaufen ist. Ein Tag, den ich mit Freuden gerne vergessen würde. Dabei fing doch alles ganz harmlos an. Wie konnte das alles, dann nur so gnadenlos schief gehen?
Alles begann am 20. Mai. Es war ein Tag wie jeder andere auch. Nur mit der Ausnahme, dass mich niemand aus dem Bett riss und ich sogar mal durchschlafen konnte. Albträume hatten mich auch keine geplagt. Dennoch wachte ich früh auf, etwa so gegen 9:00 Uhr. Als ich jedoch aus der Tür schritt, fand ich einen Zettel auf, der am Rahmen klebte. „Frühstück und Mittagessen sind im Kühlschrank!“
„Wie jetzt?“, murmelte ich und kratzte mich am Kopf, “Was soll das denn?“
Ich zerknüllte den Zettel und rannte nach unten, um nach den anderen zu suchen. Doch ich fand niemanden. Also ging ich in den Garten, aber selbst dort war alles verlassen. Drum schnaufte ich und stapfte wieder nach oben, klopfte an jede einzelne Türe. Doch jedes mal wurde ich enttäuscht, denn niemand war daheim. Das gesamte Ryokan war wie leergefegt. Nicht mal Haruka war zu sehen. Fast schon war ich gewillt nach diesem Kentaro zu suchen, der für Haruka schuften musste. Aber selbst der war nicht aufzufinden.
Schnell wurde mir langweilig. Nachdem ich mein Frühstück runter geschlungen hatte und ein wenig an diesem komischen „Handy“ oder was auch immer mir mein Arzt nach der Operation gegeben hatte, rumgespielt hatte, vertrat ich mir ein wenig die Beine. „Vielleicht ist Nagaoda ja nicht all zu beschäftigt. Er könnte mir ja beibringen wie man diese Rauchkügelchen von Tomoe effektiv verwendet.“ Auch verspürte ich einen Drang dazu, mich in den nächsten Bus zu setzen und Isshina einen Besuch abzustatten. Etwas in mir wollte ihr die Situation beim Schwimmkurs genauer erklären. Nur wie sollte ich das anstellen ohne all zu viel auszuplaudern? Vielleicht suchte ich auch noch mal das Fitness-Studio auf, um ein wenig mit Lee zu trainieren.
Letzteres tat ich dann auch nach langen grübeln. Zwar war das Studio wieder bis zum bersten Gefüllt, aber weder Lee, noch den Trainer konnte ich entdecken. Ich entschied mich also wieder dazu, umzukehren um mich irgendwie im Ryokan zu beschäftigen. Wo konnten die alle nur abgeblieben sein? Und dann auch noch ohne mir was zu sagen. Irgendwie, sah das den Mädels gar nicht ähnlich.
Doch glücklicher Weise, änderte sich meine Situation bei meiner Rückkehr zum Ryokan. Es mochte sich albern und banal anhören, aber als ich einmal kurz gähnen musste, lief ich in jemanden hinein. Es war Muzumi. Sie wirkte leicht gestresst. Offenbar kam sie gerade vom einkaufen, denn sie trug mehrere schwere Einkaufstüten mit sich. Selbige hatte sie beim Zusammenstoß fallen lassen und als ich ihr aufhalf, schreckte sie vor mir zurück und wurde plötzlich ganz hysterisch.
„R-Rayo!“, stotterte sie und grinste,“Wa-Was machst du denn hier draußen?! I-I-Ich dachte du verschläfst den ganzen Tag!“
Ich zuckte die Achseln und steckte meine Hände in die Hosentaschen.
„Ich bin eben mal von alleine wach geworden. Irgendwie ist heute alles komisch. Das ganze Ryokan ist verlassen. Kannst du mir wenigstens verraten wo all die anderen hin sind?“
Sie schluckte und trat einen Schritt von mir weg.
„Oh sieh mal, da kommt ja Tomoe!“, sagte sie plözlich.
„Wirklich....“, ich hatte mich umgedreht, nicht ahnend, was als nächstes passieren sollte,“Ehm.......Muzumi?!“
Doch sie war schon davon gerannt und hatte mich in eine Staubwolke gehüllt.
„Tut mir Leid! Wir sehen uns später!“, rief sie.
„Hey! Sag mal was soll denn das?! Sofort stehen bleiben!“, brüllte ich und rannte hinter ihr her.
Zu erst wiegte ich mich in Sicherheit, sie relativ schnell zu packen zu kriegen, doch meine Überheblichkeit wurde mir zum Verhängnis, als sie einmal kurz im zick-zack lief und ich stolperte. Rasch, sprang ich wieder auf und schaffte es gerade noch, durch den kleinen Spalt der Haustüre.
Oben an der Treppe, musste sie verschnaufen, während ich unten versauerte und Luft holen musste.
„Ach Mist!“, fluchte sie kurz.
„Hätte nicht gedacht.......das du mir so knapp entkommen kannst, Muzumi!“, keuchte ich.
„Da kannst du mal sehen. Bis später!“
Wieder flüchtete sie.
„Das....ist doch'n schlechter Witz! Ich hab für diesen Monat genug trainiert!“ knirschte ich und quälte mich die Treppe hoch.
Während sie den Gang entlang lief, zückte sie ein Walky-Talkie.
„Naru! Ich bins!“, brüllte sie.
„Was ist passiert?! Oh, sag mir jetzt bitte nicht, dass er dich entdeckt hat?!“, kam es von Naru.
„Doch und es tut mir Leid! Wer hätte denn ahnen können, dass er nach draußen geht?! Was mach ich denn jetzt?! Er ist direkt hinter mir!“
Sie bog um eine Ecke und lies sich gegen die Wand fallen.
„Keine Sorge, wir kriegen das schon geregelt.“, sagte Naru und erteilte den Anderen gerade wohl Anweisungen,“Kannst du ihn noch ein wenig hinhalten? Su müsste gleich mit ihrem Part fertig sein! Hast du denn wenigstens die Zutaten alle dabei?“
„Ja, ich hab alles kriegen können.“, sie blickte kurz um die Ecke und atmete angespannt aus,“Bitte, ihr müsst mich irgendwie hier raus schmuggeln. Ich hatte ganz vergessen, wie schnell er eigentlich ist!“
„Mach dir darum keinen Kopf.“, sagte nun Kitsune,“Kanako wartet auf dem Dach. Bring ihr die Zutaten und komm dann irgendwie wieder zu uns in den Garten.“
„Was auch immer passiert: Rayo darf dich nicht erwischen, sonst waren alle Vorbereitungen für die Katz!“, sagte Kanako.
Muzumi nickte und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
„Gut.....ich geb mein Bestes. Dann werd ich jetzt einfach mal.......“
„Kuckuck!“, johlte ich hinter ihr.
Vor lauter Schreck, verlor sie die Einkaufstüten und versuchte ihr bestes um sie noch auf zu fangen.
„Bitte nicht schon wieder!“, rief sie verängstigt.
„Jetzt hab ich dich!“, schnaufte.
Jetzt war ich wirklich drauf und dran sie zu fassen, doch wieder einmal, wurde ich abgelenkt. Diesmal, war es Su. Sie war mir von hinten auf den Rücken gesprungen und klammerte sich an mir fest.
„Mich wirst du nicht so schnell los, Rayo!“, lachte sie und verband mir die Augen.
„Hey! Sag mal was soll denn das?! Runter von mir?!“, fluchte ich und versuchte sie von mir abzuschütteln.
„Wollen wir mal sehen, wie gut du blinde Kuh spielen kannst! Zeit für den Kreisel!“
Sie drehte mich wild um Kreis herum. Ich torkelte benommen auf dem Gang herum und lief dann automatisch gegen die Wand.
„Warte nur.......das wirst du mir noch büßen!“, knurrte ich und musste erst mal darauf klar kommen, dass sich alles vor mir wild im Kreis drehte.
„Na los, du musst uns schon fangen, du alter Griesgram.“, lachte Su immer noch.
Natürlich nutzten die beiden die Chance auch knallhart aus und dampften wieder ab. Zwar drehte sich alles immer noch, aber ich wusste wo sie sich befanden. Natürlich konnte ich ihre Anwesenheit genau spüren, zwar schwach, aber erkennbar. Also versuchte ich irgendwie aufs Dach zu kommen, was zwar anstrengend war, aber es klappte. Allerdings hatte ich leichte Schwierigkeiten die ersten Stufen zu besteigen. Als ich dann jedoch endlich oben ankam, war ich völlig geschafft. Muzumi und Su waren jedoch nicht zu sehen, was mich leicht verzweifeln lies.
„Ach.......kommt schon!“, fluchte ich,“Mir kommt das ganze langsam gar nicht mehr lustig vor!“
„Hallo Rayo.“, hörte ich Kanako hinter mir.
Wo war sie plötzlich hergekommen? Und warum standen dort zwei von ihnen? „Ach ja, ich war noch immer ein wenig benommen.“
„Kanako.“, sagte ich und knickte kurz ein,“Kannst du mir verraten was hier los ist? Wozu das ganze Versteckspiel?! Und wo sind Tomoe und die anderen?“
„Erst beruhigst du dich mal wieder.“, sagte sie und kam auf mich zu,“Sieh dich nur an. Bist ja ganz verschwitzt.“
Ich setzte mich hin und schnaufte.
„Was du nicht sagst.“, sagte ich erschöpft.
„Tut mir leid, dass wir dich so durch die Gegend hetzen mussten. Aber du hättest dir sonst die ganze Überraschung versaut.“
Ich rollte mit den Augen. Doch das erwies sich als Fehler und ich fiel nach hinten.
„Ich......steh nun mal nicht so auf Überraschungen.“, entgegnete ich.
„Du bist schon wirklich ein komischer Kauz.“, erwiderte sie und setzte sich mit gekreuzten Beinen neben mich,“Wenn du dich erholt hast, gehen wir in den Garten. Wir müssen dir nämlich was zeigen.“
„Und wo ist Tomoe?“, harkte ich nach.
„Die ist noch unterwegs. Ich hoffe mal, dass sie nicht zu spät kommt.“, sie richtete sich ihre Haare und sah mich dann nachdenklich an.
„Wo wart ihr eigentlich die ganze Zeit?“, fragte ich weiter.
„Unterwegs um Besorgungen zu machen. Aber, das ist jetzt erst mal unwichtig.“, sie holte tief Luft,“Erinnerst du dich noch an unsere kleine Feier, nach der Aufnahme an der Todai?“
„Nur noch dunkel.“, sagte ich knapp,“Wieso?“
„Na ja, du weist bestimmt noch, das wir alle, etwas viel getrunken haben und besonders ich, Kitsune.......und vorallem du....“
„Meinst du, dass mit dem Küssen? Kitsune hat es mir schon erzählt.“
„Genau das. Gut, Kitsune hat nicht so viel getrunken wie wir anderen. Und sicher hat sie dich auch schon einladen wollen.“
„Hat sie.“, nickte ich,“Willst du........mich jetzt etwa auch irgendwohin einladen? Ich meine gut, ich hätte nichts dagegen und Tomoe sicher auch nicht. Aber, mehr kann ich dir leider nicht bieten. Tut mir leid.“
Nach dem letzten Satz, fühlte ich mich unwohl. Vielleicht lag es einfach daran, dass ich und Tomoe nicht auffliegen durften. Manchmal wünschte ich mir, ich könnte ihnen die ganze Wahrheit sagen. Doch das konnte und durfte ich einfach nicht.
„Nimm dir das doch nicht so zu Herzen, du großer dummer Holzkopf.“, lächelte Kanako und tätschelte mich.
„Aber... mir ist dabei so..... unangenehm. Es liegt nicht an euch und auch nicht an mir. Es sind die Erfahrungen die ich früher gemacht habe, verstehst du?“
„Mach dir keinen Kopf. Aber eins musst du mir versprechen.“, sagte sie und hob einen Finger.
„Und was?“
„Sollten wir beide Jemanden gefunden haben, der uns das gibt was wir uns wirklich wünschen und mit dem wir unser gesamtes Leben verbringen wollen, müssen wir unbedingt auf ein Doppel-Date gehen. Ich möchte sehen wie gut du dich bei so was anstellst.“
Ich dachte nach und musste sofort grinsen.
„Wenn wir dann essen gehen und ich die ganze Speisekarte probieren darf, bin ich dabei!“, lachte ich.
„Tse, damit du uns genauso die Haare vom Kopf wegfressen kannst wie Isshina?“, kicherte sie,“Träum ruhig weiter, du Gierschlund! Jetzt aber los, sonst war alles umsonst!“
Sie nahm mich also bei der Hand und führte mich nach unten in den Garten. Und eigentlich sollten wir da etwas vorfinden, doch offenbar wurde ich übel gelinkt, denn hier war nicht zu sehen.
„Sag mal, hier ist doch garantiert was faul!“, maulte ich,“Gibs zu, das war doch alles nur ein Trick um mich an der Nase herum zu führen!“
Plötzlich knallte es um uns herum mehrere male, Konfetti wirbelte durch die Luft. Mehrere Rauchkügelchen explodierten wenige Meter von mir. Als der Rauch sich verzog, stand dort ein langer Tisch mit einem wahnsinnigen Buffet darauf. Ich wirbelte herum und erblickte kurz darauf ein Banner was hinter mir aufgespannt wurde auf dem „Alles gute“ stand. Und gleich darunter standen Naru, Keitaro und alle anderen.
„Überraschung!“, riefen sie alle,“Alles gute zum Geburtstag, Rayo!“
Jetzt applaudierten mir alle aus irgendeinen Grund und kamen auf mich zu.
„Haben wir es also doch Geschafft, dich in die Irre zu führen!“, sagte Kitsune grinsend.
„Wie darf ich das denn schon wieder verstehen?!“, fragte ich, immer noch sichtlich verwirrt.
„Ja glaubst du denn, dass das einfach war, das alles hier vorzubereiten?“, sagte Motoko.
„Wieso? Wie lange hattet ihr die ganze Sache hier schon geplant?“, entgegnete ich,“Verratet mir das mal!“
Nun trat Naru vor.
„Im Grunde, haben wir damit angefangen, als du gerade frisch aus dem Krankenhaus entlassen wurdest.“, sagte Naru.
„Und als deine Mutter dich spontan abgeholt hat, um zu deinen Verwandten zu fahren, kam uns das sehr gelegen. Also konnten wir alles bis ins kleinste Detail proben.“, fuhr Keitaro fort.
„Außerdem war es ganz leicht herauszufinden wann du Geburtstag hast. Deine Mutter hat uns da sehr geholfen. Auch wenn ihre Ideen, ein wenig Übertrieben waren, wie die Party aussehen sollte.“, sagte Shinobu mit schiefen Lächeln.
„Ich hätte aber gerne den Tag beim Gokart-Rennen verbracht.“, meldete sich Su.
„Ein andermal vielleicht.“, erwiderte Kanako.
Während alle mir noch mal persönlich gratulierten, merkte ich, dass jemand fehlte.
„Sagt mal, wo steckt eigentlich Tomoe?“, fragte ich.
„Das kann ich dir gerne verraten.“, sagte Haruka, die das ganze Spektakel bisher mit einem Lächeln beobachtet hatte,“Sie ist unterwegs um die restlichen Gäste abzuholen. Aber wer noch alles kommt, verrate ich nicht.“
„Ach jetzt komm schon! Wieso mich auf die Folter spannen?!“, drängte ich.
„Du willst dir doch nicht die Überraschung verderben, du Holzkopf. Oder?“, sagte sie und grinste schelmisch.
„Ich hasse es im Ungewissen gelassen zu werden.“, jammerte ich.
Sie fuhr mir durch die Haare und kniff mir dann in die Wange.
„Du hast wohl vergessen, dass ich gut mit deiner Mutter befreundet bin.“
„Nein, das habe ich nicht vergessen.“, brummte ich.
„Und über das Mysterium, wie und wann ihr beide euch überhaupt kennengelernt habt, hast du uns auch noch nicht aufgeklärt!“, sagte Keitaro.
Doch Haruka zwinkerte nur und schlug die Beine übereinander.
„Und das, wird auch immer ein Geheimnis bleiben.“, sagte sie.
Dann, hörten wir eine Hupe.