Ein paar Wochen später, standen wir genau anderthalb Tage vor dem Sportfest. Um uns darauf noch vorzubereiten, hatten sich Su und Kitsune in der Uni, ein Programmheft für besagtes Fest besorgt, damit ich und Tomoe noch etwas üben konnten. Insgesamt war das Sportfest einfach gestrickt. Ein paar Sachen, fanden auf dem Sportplatz statt, andere auf dem Vorplatz der Todai. Zum Schluss, gab es noch ein langes Wettrennen mit vielen Hindernissen, dass einmal durch die gesamte Gegend und einen Wald gehen sollte. Während alle im Garten, ein paar Stationen aufbauten, gönnte ich mir etwas Freizeit mit einem neuen Videospiel, was mit Shirai und Haitani gezeigt hatten. Um das richtig nutzen zu können, hatte Mutter mir einen Fernseher besorgt und allem was so dazu gehörte. Und während ich so vom Spiel regelrecht verschlungen wurde und mit der Steuerung noch üben musste, kam Tomoe rein um mich für das „Training“ im Garten zu holen.
„Rayo kommst du?“, fragte sie und setzte sich zu mir.
„Ja, Moment.“, sagte ich leicht angespannt,“Ach Mist! Nun spring........spring doch einfach!“
„Ist dass, das Spiel was die Jungs dir gezeigt haben?“
„Allerdings! Und es ist gar nicht so einfach!“, erwiderte ich.
Ungläubig starrte sie auf den Bildschirm und schüttelte den Kopf.
„Ist das.........etwa ein LKW?“, fragte sie.
„Ja.“
„Und du bist dieses...........was ist das? Und warum ist es blau?!“
„Laut den Jungs, soll es einen Igel darstellen.“, erklärte ich,“Sieht man das nicht?“
„Aha. Und warum wird dieser „Igel“ von diesem LKW verfolgt? Und warum ist der so riesig?! Und......trägt dieses Vieh da etwa Schuhe?! Warum läuft es auf zwei Beinen? Was soll das alles?!“
„Keine Ahnung, aber erwischt werden, will ich von diesem Truck nicht!“
Sie neigte den Kopf und wusste nicht so recht was sie davon halten sollte.
„Was du dir für seltsame Spiele andrehen lässt. Jetzt komm wir haben nur noch wenig Zeit!“
Sie brachte mich dann in den Garten wo die Mädels und Keitaro schon alles aufgebaut hatten. Die Sonne knallte heute gnadenlos auf uns runter und wir waren schon durchgeschwitzt, bevor wir überhaupt auf den Rasen ankamen. Es gab einen ganzen Spießrutenlauf der gespickt war mit schwere Sandsäcken, Hürdenspringen , ein Labyrinth und einen kurzen Balanceakt, bei dem wir von den anderen mit Softbällen beworfen werden sollten, während wir hindurch mussten. Zum Schluss gab es noch eine Station, bei der wir beide uns mit ähm......wie hatten sie es genannt? „Riesige Wattestäbchen“? Na ja, jedenfalls sollten wir uns die dann gegenseitig um die Ohren hauen, bis einer von uns von dem dünnen Steg runter fällt. Bevor der Spaß aber so richtig losgehen konnte, machten Tomoe und ich noch ein paar Situps und Liegestütze. Die letzten Wochen haben wir hart trainiert und immer wieder unsere Trainingseinheiten mitgezählt.
„9998.......9999..........urgh.....10.000!“, krächzte ich nach ein paar Minuten, als ich endlich mein Limit nach dem Training erreicht hatte,“Also wenn das nicht für das Sportfest reicht, weis ich auch nicht weiter!“
„Du musst es natürlich wieder komplett übertreiben.“, sagte Tomoe und arbeitete noch an ihren Situps,“Warum musstest du auch gleich 10.000 machen wollen! 1.000 hätten doch voll ausgereicht!“
„Du sagtest doch, mach so viele wie möglich vor dem Sportfest. Ich hab jedes mal weiter gezählt wenn wir trainiert haben!“, erklärte ich.
„Du bist aber auch nicht ganz unschuldig Tomoe.“, sagte Su.
„Immerhin hast du ihn ja dazu getrieben so viel zu trainieren.“, erwiderte Naru.
„Aber eines muss man euch lassen.“, warf Kanako beeindruckt ein,“Ihr beide seht einfach unglaublich aus!“
„Ein Glück haben wir uns nicht für das Sportfest eingetragen.“, lachte Keitaro.
„Aber so können wir die beiden wenigstens anfeuern.“, sagte Shinobu.
Tomoe wurde leicht verlegen und winkte alles gelassen ab.
„Ach bitte, nicht so viel loben! Das war doch eine unserer leichtesten Übungen! Oder Rayo?“
„Sicher! Gegen uns können die anderen nur abstinken!“
„Besonder Isshina wird dagegen alt aussehen!“
„Und das alles nur wegen dem Sportfest.“, seufzte Motoko,“Ihr müsst zugeben, dass ihr schon etwas, dezent übertrieben habt. Oder?“
Wir zuckten die Schultern und schlugen dann ein.
„Wir bereuen gar nichts!“, riefen wir.
„Ja, das dachte ich mir.“, entgegnete Motoko.
„Nun aber mal genug der Lobreden.“, sagte Naru,“Mal sehen ob ihr euch den vier qualvollen Prüfungen des Hinata Ryokan stellen könnt!“
Es herrschte eine kurze Zeit lang Stille und ein paar Blätter wurden davon geweht.
„Also daran solltest du noch mal feilen.“, sagte Tomoe.
„Ach komm schon! Ich hab mir damit richtig Mühe gegeben!“, beschwerte sich Naru.
„Wir sind euch ja auch dankbar.“, sagte ich, was Naru wieder beruhigte,“Gut, für euch mag das alles übertrieben sein, was wir hier abziehen aber.......“
„Rayo........, vergiss das „Aber“. Es ist übertrieben.“, fuhr Tomoe mir dazwischen.
„Ja du hast Recht. Legen wir los!“
Den Anfang machte ich dabei. Erst machte ich einen Probelauf. Bei den Sandsäcken versagte ich sofort, weil ich deren Gewicht nicht so richtig einschätzen konnte. Ab der Hälfte davon, fiel ich runter und krallte mich beim zweiten Versuch dann an einen von den Säcken fest, was ich aber nicht lange aushalten konnte. Das Hürdenspringen war dagegen zwar weniger schwer, aber etwas kniffliger für mich. Ein paar mal stolperte ich über jede zweite Hürde und bei der letzten, die eindeutig zu hoch für mich war, grätschte ich einfach drunter durch. Das Labyrinth war dagegen noch verkraftbar. Zwar lief ich drei mal in eine Sackgasse und kam beim vierten Versuch dann wieder am Eingang aus, aber wirklich lange brauchte ich dann nicht um den Ausgang zu finden. Beim Balancieren tat ich mich dann wieder besonders schwer. Besonders weil Su und Motoko ziemlich hartnäckig waren, mich um jeden Preis zu treffen. Wahrscheinlich um sich an mir für das Völkerball-Match zu rächen. Sie trafen mich an Kopf, am Rücken und schafften es sogar mich eine kurze Weile an einer Stelle fest zu nageln.
Danach war Tomoe dran. Bei der Hälfte der Stationen tat sie sich erst weniger Schwer als ich. Das Hürdenspringen und das Labyrinth, brachen ihr dann aber das Genick. Beim Abwerfen schnitt sie aber wieder besser ab. Danach wechselten wir uns immer wieder gegenseitig bei allem ab. Wir übten so lange, bis wir je einmal ohne Fehlschlag durch alles durch kamen.
Das ganze ging aber nicht ohne Schwierigkeiten von statten. Ab einen gewissen Punkt, wurde es wirklich unerträglich heiß, sodass wir nach den Sandsäcken jeweils eine kleine Pause machen mussten. Der letzte Versuch meinerseits, sollte dann erst mal alles für mich entscheiden.
„Su.......“, rief ich erschöpft,“Kannst du uns einen Gefallen tun?“
„Aber klar doch! Was gibt’s?!“
„Bringt uns doch bitte je einen Eimer kaltes Wasser.“, sagte Tomoe,“Wir brauchen dringend eine Abkühlung!“
Das geschah auch ganz schnell, als Shinobu und Su unserer Bitte nachgingen und uns die Eimer über den Kopf auskippten.
„Danke!“, sagten wir und schüttelten uns.
Und schließlich starteten wir beide unsere letzten Versuche. Wir versagten bei jeder Station mindestens einmal. Aber immer bei einer anderen. Meine Achillesferse, war das Hürdenspringen. Während Tomoe bei den Sandsäcken so ihre Probleme hatte. Einmal jedoch, machte ich einen Fehler und wollte einen davon mit der Faust abwehren und wurde sogleich dafür mir einem unsanften Aufschlagen bestraft. Und mit jedem Versagen, staute sich die Ungeduld und der Frust immer mehr in uns,.Die Hitze stachelte uns weiter an und ab einen Punkt, keiften wir uns gegenseitig an, als wir beide durch den Eingang des Labyrinths wollten und feststeckten.
„Ok, ich glaube es reicht für heute! Findet ihr nicht auch?“, fragte Keitaro.
„Genau. Es ist heiß und ihr beide seht furchtbar erschöpft aus.“, warf Mutsumi ein.
„Unsinn!“, winkten wir ab.
„Das letzte bisschen schaffen wir noch.“, stammelte Tomoe und ging kurz in die Knie,“Ich verhau den Dummkopf hier noch mit dem Wattestäbchen, dann können wir Schluss machen.“
„Träum weiter Feuerlöcken!“, brummte ich.
Zwar wollten uns alle noch aufhalten, doch so richtig gewirkt, hat es nicht. Der Kampf mit den Stäbchen dauerte jedoch nicht lange an. Einmal erwischte mich Tomoe etwas hart in den Magen, was ich ihr auch gleich tat und kassierte davon noch einen Schlag in die Rippen. Und beim letzten Schlag, wo wir es wieder einmal nur auf ein Unentschieden bringen konnten, trafen wir uns am Kopf und fielen beide runter. Vor mir drehte sich höchstens alles. Aber Tomoe, schien es etwas schlimmer erwischt zu haben. Sie stöhnte laut und wand sich dann im Gras herum.
„Ist alles klar bei euch?!“, rief Kitsune und stellte sich über mich.
Waren da plötzlich zwei.......oder...doch drei?
„Alles nur für das Sportfest.“ nuschelte ich und tat mein bestes, wach zu bleiben.
Tomoe hingegen, musste von Kanako und Naru auf die Beine gestellt werden, da sie momentan nicht in der Lage war, sich noch länger auf selbigen zu halten.
„Verfluchte Scheiße tut das weh.“, fluchte sie und hielt sich den Kopf.
„Wieder Kopfschmerzen?“, fragte Keitaro,“Die hast du in den letzten Wochen schon häufiger gehabt.“
„Nein. Schlimmer noch!“, sagte meine Mibewohnerin abgehakt,“Ich glaube, diesmal ist es wirklich, ne ganz üble Migräne, gepaart mit nem Sonnenstich.“
„Ok, das reicht jetzt dann aber wirklich.“, sagte Naru,“Bringen wir die beiden rein.“
„Wir bauen schon mal alles ab.“, sagte Motoko.
Noch in der selben Nacht, nach einer langen Überwachung von Tomoe, stieg diese aus ihrem Bett und taumelte mit dröhnenden Kopf ins Badezimmer und stützte sich auf dem Waschbecken ab.
„Großer Gott.......ist mir schlecht.“, hustete sie und sah sich im Spiegel an,“Oh nein.....ich seh ja furchtbar aus. Und morgen muss ich mir noch die Haare färben lassen, wegen diesen.....dämlichen Paintball-Quatsch!“
Doch ein kurzes aufstoßen und ein darauffolgendes würgen, zogen sie zur Toilette. Sie übergab sich und schlich dann wieder leise zum Waschbecken um sich durchs Gesicht zu waschen. Als sie wieder hochkam, bemerkte sie gleich danach die tiefen Augenringe bei sich.
„Mit ein bisschen Makeup, sollte das gut zu verbergen sein. Obwohl ich so nen Mist nicht brauche!“
Wieder wusch sie sich durchs Gesicht und als sie dieses mal hochkam, schreckte sie zurück, als sie plötzlich mich im Spiegel sah. Doch, als sie sich umdrehte, war niemand da. Sie schluckte und atmete danach ein paar mal tief durch. Dann trank sie kurz am Wasserhahn und starrte kurz darauf, in ein völlig fremdes Spiegelbild. Zwar sah sie sich selbst, aber ihre Haare waren etwas länger und leicht wilder geworden. Wieder wusch sie sich durchs Gesicht und als sie wieder hochkam, entfuhr ihr ein fürchterlicher Schrei. Ihr Gesicht und ihre Haare waren noch wilder geworden, ihre Zähne waren spitzer als zu vor und aus ihren Schläfen, wuchsen längliche Hörner, die nach hinten spitz zu liefen.
„Nein..........das kann doch........nicht........“, wimmerte sie und streckte die Hand nach dem Spiegel aus und legte sie darauf ab.
Als sie erkannte dass es wirklich sie selbst war, holte sie rasch mit der Faust aus und schlug damit dann schreiend auf das Glas ein. Es schepperte laut und Tomoe, war auf den Boden in sich zusammen gesunken. In ihrem Kopf hörte sie plötzlich Stimmen, die zu ihr flüsterten und sie verhöhnten.
„Du bist kein Mensch! Du bist kein Mensch, du bist kein Mensch, du bist kein Mensch, du bist kein Mensch!“
„Nein.....aufhören.........Schluss damit!“, flehte sie und schüttelte den Kopf,“Geht weg! Lasst mich in Ruhe!“
„Du wirst verzweifeln! Du bist kein Mensch!“
Und plötzlich, spürte sie etwas in ihrem Kopf, wovon ihr schon oft erzählt wurde, jedoch hielt sie es nicht für möglich, dass selbe zu fühlen. Ein dunkles, schmerzhaftes Fauchen, das sich langsam anbahnte und sich immer tiefer in ihren Schädel hineinfraß. Sie sah plötzlich wieder die Ruinen ihres Elternhauses, stand als kleines Mädchen in einer Blutlache. Und ihr Spiegelbild, zeigte sich wieder mit Hörnern.
„Ich......will das nicht.....sehen!“, ächzte sie und schlug mit den Fäusten auf den Boden ein, “Hört auf damit.........ich.....bin das nicht!“
„Du bist kein Mensch! Du bist kein Mensch..........DU BIST KEIN MENSCH!“
Sie raufte sich die Haare, warf ihren Kopf nach hinten und schrie in die Finsternis.
„Rayoooooooooo!“