Um auf andere Gedanken zu kommen, begebe ich mich zusammen mit meinen Gefährtinnen schließlich ins königliche Bad. Das warme Wasser und der Duft nach Milch und Honig wirken entspannend und schließlich werde ich ruhiger und zuversichtlicher. Falls das Testament unter den Papieren ist, werden wir es vernichten, falls nicht, umso besser. In jedem Fall sollte die Angelegenheit in wenigen Tagen erledigt sein und niemand wird von Berenikes Brief erfahren! Caesar und ich haben auch so genug Probleme. Insgeheim rechne ich jeden Moment mit seinem Kommen und auch Charmion und Khered-Anch werfen ab und zu nervöse Blicke zur Tür, was mich insgeheim erheitert und wieder auf angenehmere Gedanken bringt. Nach dem Bad begleiten mich meine Hofdamen noch bis zu meinen Gemächern, wo ich sie für heute entlasse, wohlwissend, dass es eine kurze Nacht für die beiden werden wird.
Ich trage nur noch einen seidenen Chiton für die Nacht und meine Haare fallen mir in weichen Locken über die Schultern. Krone und Juwelen habe ich bereits vor dem Bad abgelegt. Es ist ungewohnt, so alleine zu sein, auch wenn der ganze Flur voller Wachen und Dienstboten ist, die in Rufweite sind, sollte ich etwas benötigen. Unschlüssig durchstreife ich die weitläufigen Gemächer und verweile schließlich im Besprechungsraum. Hier hat alles mit Caesar angefangen. Und in diesen wenigen Tagen ist so unglaublich viel passiert!
Mein Blick wandert über die hohen Fenster, durch die das Mondlicht hereinstrahlt und sich mit dem warmen Schein der Öllampen vermischt. Die Wand darunter gehört zur Außenmauer und wenn ich Charmions Interpretation folge, dann könnte sich dahinter der Geheimgang befinden. Vorsichtig taste ich mit meinen Händen über die mit ägyptischen Szenen bemalte Mauer der Außenwand und klopfe leicht dagegen. Befindet sich dahinter ein Hohlraum? Schwer zu sagen. War da nicht eben ein Geräusch? Ich lehne den Kopf gegen die Wand und lausche angestrengt. Ich bin so darauf konzentriert, dass ich die lauten Schritte im Flur erst höre, als sie schon fast vor der Tür sind. Schnell lasse ich von der Wand ab und eile zum Kartentisch. Ich senke den Blick, als sei ich in die Betrachtung der Karte Alexandrias vertieft. Als die Tür sich öffnet, richte ich mich auf und lächele Caesar an, der zusammen mit Aulus Hirtius im Türrahmen erscheint.
„Ah, Kleopatra. Schön, dass du noch wach bist.“ Der Feldherr lässt kurz seinen Blick über meine Gestalt gleiten und wendet sich dann an seinen Begleiter. „Das wäre alles für heute, Hirtius, du kannst jetzt gehen. Aber sei so gut und formuliere die beiden Briefe noch aus, damit sie morgen früh verschickt werden können!“ Mit einem knappen Gruß zieht der Offizier sich zurück und schließt die Tür hinter sich.
Wir sind allein – zum ersten Mal an diesem langen und ereignisreichen Tag.
„Suchst du etwas Bestimmtes auf dem Stadtplan?“, fragt Caesar interessiert. Wie immer strahlt er Macht und Autorität aus, auch wenn er seine militärische Rüstung bereits abgelegt hat und nur noch die römische Tunika trägt.
„Nein. Ich, ähm…war nur unruhig und hab auf dich gewartet. Gab es noch weitere Zwischenfälle in der Stadt?“
„Nicht der Rede wert, aber die Stimmung ist nach wie vor gefährlich. Ich habe die Sicherheitsvorkehrungen noch einmal verstärkt und du solltest dringend mit Psenamounis und den anderen Priestern sprechen.“
„Damit sie beruhigend auf die Bevölkerung einwirken?“
„Ja, vielleicht irgendeine religiöse Zeremonie mit dem Inhalt, dass die Götter sich Frieden und Einigkeit wünschen. Ihnen wird schon was einfallen. Und wir sollten uns nicht beirren lassen. Morgen besuchen wir wie geplant die Bibliothek und zeigen uns mit deinen Geschwistern in trauter Einigkeit. Auf kurz oder lang sollte das deeskalierend wirken.“
Er lächelt mich beruhigend an und streckt dann wortlos die Hand nach mir aus. Ich flüchte mich in seine Umarmung. Sanft streichelt er mir durch die Haare und ich schmiege mich sofort an ihn. Ein wohliges Seufzen entfährt mir, als die Anspannung endlich von mir abfällt. Seine Kraft und Zuversicht strömen auf mich ein. Er hält mich sicher und fest an sich gedrückt. Mit geschlossenen Augen lasse ich meinen Kopf gegen seinen Hals sinken und atme seinen beruhigenden Duft ein. Zeder und Sandelholz. Wie kann es sein, dass er diese Wirkung auf mich hat? Und wie ist es möglich, dass ich ihm instinktiv vertraue und gleichzeitig so schwerwiegende Geheimnisse vor ihm haben muss? Das Leben ist oft einfach nur absurd!
Caesar hält mit seinen streichelnden Bewegungen inne und hebt stattdessen mein Kinn, damit ich ihn anschauen muss. In seinem Blick ist plötzlich etwas Herausforderndes und ich spüre, wie die Stimmung zwischen uns sich verändert. Und dann fühle ich bereits seine festen, bestimmenden Lippen auf meinen. Zuerst sanft und dann immer fordernder. „Das wollte ich schon den ganzen Tag mit dir machen!“, raunt er mir zu. Seine Hand vergräbt sich in meinen Haaren und zieht meinen Kopf noch näher heran. Dann gleiten seine Hände unter mein Gewand, während er mich durch den Raum schiebt, bis ich die Kante des Kartentisches hinter mir spüre. Er wird doch nicht etwa…
„Ich will mit dir schlafen!“, macht er seine Absicht da auch schon mehr als deutlich. Mit einem Ruck hat er mich hochgehoben und auf den Tisch gesetzt.
„Lass uns ins Bett gehen“, flüstere ich noch, doch da hat er mich schon ein Stück nach hinten gedrückt, bis ich komplett auf dem Kartentisch liege, und sich über mich gebeugt.
„Aber wieso denn?“, fragt er verführerisch. „Ich finde es hier sehr reizvoll und dein Anblick vorhin hat mich daran erinnert, was ich schon am ersten Abend mit dir tun wollte!“ Seine Lippen liebkosen meine Wange und spielen mit meinem Ohrläppchen. Gleichzeitig schiebt er meinen Chiton hoch und beginnt mich auch dort zu streicheln, bis mein Atem sich beschleunigt und ich leise wimmere.
„Na, siehst du, das gefällt dir doch, mein Kätzchen!“, raunt er mir zu, als er meine Beine auseinander drückt und sich dazwischen positioniert, während er sich an seiner eigenen Kleidung zu schaffen macht.
Zumindest meinem Körper gefällt es, aber es würde mir noch besser gefallen, wenn ich nicht befürchten müsste, dass Charmion und Khered-Anch gerade in diesem Moment durch den Geheimgang schleichen und uns hören. Aber dieses Argument kann ich Caesar gegenüber ja schlecht geltend machen. Zumindest kann ich leise sein, also versuche ich mein Wimmern zu unterdrücken, als er in mich eindringt. Und auch als er beginnt, sich langsam und genussvoll in mir zu bewegen.
Ich schließe ergeben die Augen und fühle seinen Bewegungen nach. Man kann auch leise genießen, denke ich noch, als er mein Kinn ergreift und so dreht, dass ich ihm wieder in die Augen sehen muss. Sein Blick ist dunkel und leidenschaftlich, aber dennoch entgeht ihm nichts. „Was ist los, meine Kleine? Gestern im Bad hat dir das doch gefallen!“
„Es gefällt mir ja!“, flüstere ich und schlinge die Beine etwas enger um ihn.
„Und warum bist du dann heute so leise und zurückhaltend, hm?“, neckt er mich, ohne dabei in seinen Bewegungen innezuhalten.
„Die Wachen könnten uns hören…“
„Zwischen uns sind zwei dicke Türen, und selbst wenn: Seit wann geben wir beide irgendetwas darauf, was die Leute denken?“ Und diese Mischung aus Herausforderung und Ironie in seiner dunklen Stimme wirkt tatsächlich betörend und bringt mich dazu, alle Bedenken über Bord zu werfen. Bei seinem nächsten Stoß, drücke ich den Rücken durch und komme ihm entgegen. Mit den Händen greife ich in seine Haare und küsse ihn leidenschaftlich. Er erwidert den Kuss und lässt mich einen Augenblick gewähren, bevor er wieder die Führung übernimmt und mich zurück auf den Kartentisch drückt. Seine Bewegungen werden dominanter und fordernder und ich komme ihm mit derselben Wildheit entgegen. Ich halte mich nicht länger zurück und bin auch nicht länger leise. Er hat recht. Ich habe meine Hofdamen gewarnt, Caesar nicht zu belauschen. Und falls sie es doch tun, müssen sie nun damit leben!
Letztendlich ist es wie bei all unseren Vereinigungen: Ich erlebe mit ihm zusammen diesen Moment der Ekstase, von dem ich mir wünsche, er möge niemals enden. Aber irgendwann geht jeder Moment zu Ende.
Leicht derangiert richte ich mich auf, die Karte Alexandrias unter mir ist genauso verknittert wie mein Kleid und ich bemühe mich, alles wieder zu richten. Caesar reicht mir ein Leinentuch. Sein Blick ist amüsiert und gelassen wie immer. Und ich muss unwillkürlich lachen.
„Was genau erheitert dich so?“, fragt er interessiert.
„Ach, die ganze Situation! Manchmal denke ich, die Götter haben einen merkwürdigen Humor und spielen ein Spiel mit uns.“
„Das tun sie definitiv, Kleopatra. Nur dass wir selbst Spieler sind und nicht nur Spielfiguren.“