Caesar hat inzwischen die meisten seiner Offiziere vorausgeschickt und ich nutze den Moment, um mich an seine Seite zu begeben. Ganz leicht streiche ich mit meinen Fingern über seinen Handrücken. Er greift danach und erwidert die Berührung. Sein Blick ist indes auf den Scheiterhaufen gerichtet, dessen Flammenspiel sich in seinen Augen widerspiegelt.
„Was denkst du?“, frage ich leise.
„Das ich ihm das schuldig war. Wegen Julia.“
„Du hast ihm damit Ehre erwiesen“, sage ich leise.
Seine Augen verharren einen Moment auf den Flammen. Denkt er jetzt an ihren Scheiterhaufen oder an ihren Tod im Kindbett? Ich wage nicht, ihn darauf anzusprechen, denn in seinem Blick liegt auf einmal eine unendliche Trauer.
„Vielleicht sind sie jetzt wieder vereint“, meine ich hoffnungsvoll.
„Ich würde es ihnen wünschen“, meint er nach kurzem Zögern. „Er hat sie wirklich geliebt, das habe ich nie bezweifelt. Und er war bis zum Schluss bei ihr. Er hat dafür gesorgt, dass sie ein Grab auf dem Marsfeld erhält, was normalerweise nur Feldherren zusteht und er hat wirklich um sie getrauert, das glaube ich ihm sogar. Doch als nächstes hatte er nichts Besseres zu tun, als die Tochter meines Gegners Metellus Scipio zu heiraten und sich gegen mich aufhetzen zu lassen. Und so ist es zu diesem unseligen Bürgerkrieg gekommen!“ Er seufzt.
„Es war nicht deine Schuld!“, versichere ich ihm. In der Dunkelheit hat sich meine Hand wie von selbst auf seinen Rücken gelegt, in dem Versuch ihm Zuversicht und Trost zu spenden.
„Nein. Aber der Mord an ihm macht es nicht einfacher. Hätte er sich ergeben, wäre der Bürgerkrieg zu Ende. Aber so werden seine Anhänger weitermachen“, entgegnet er zynisch und sein Blick gleitet dabei zu Potheinos, der inzwischen neben Ptolemaios steht und leise auf meinen Bruder einredet. „Aber glaub mir, Kleopatra: Pompeius‘ Mörder werden nicht ungestraft davonkommen. Auch wenn das nur ein schwacher Trost ist. Soviel bin ich Julia schuldig.“
„Theodotos hast du bereits verbannt“, räume ich ein.
„Ja. Und für den guten Dioiketes werde ich mir auch noch etwas einfallen lassen!“ Ich höre die Bitterkeit in seinen Worten, doch als er mich wieder anblickt, ist nichts als Zuneigung in seinen Augen. „Aber nicht heute, meine kleine Göttin. Wir haben der Toten heute zur Genüge gedacht. Die restliche Zeit gehört uns Lebenden und die Nacht möchte ich mit Dir verbringen, meine schöne Geliebte!“
~*~
Es ist mitten in der Nacht. Die Zeit scheint stillzusehen und vergeht doch viel zu schnell. Vielleicht ist es der Gedanke an Pompeius und wie schnell alles zu Ende gehen kann, aber in dieser Nacht liebt Julius Caesar mich mit einer Sanftheit, die ich niemals von ihm erwartet hätte. Immer wieder streicheln und umarmen wir uns, während wir einander Zärtlichkeiten zuflüstern und uns in diesem Gefühl der gegenseitigen Nähe treiben lassen und verlieren.
Sicher und geborgen liege ich danach in seinen Armen, doch durch die hohen Fenster dringt noch immer das Dröhnen des Windes zu uns herein. Über dem Hafen zieht ein Sturm auf, als würden auch die Götter das Schicksal des Pompeius beklagen.
„Die Schiffe werden einige Tage nicht auslaufen können“, murmele ich schlaftrunken an Caesars Brust, die sich unter seinen ruhigen Atemzügen hebt und senkt.
„Die Nordostwinde haben eingesetzt. Aber damit war zu rechnen. Und so können wir die Zeit wenigstens für angenehme Dinge nutzen“, erwidert er leise, um sich dann über mich zu beugen und mich erneut leidenschaftlich zu küssen. „Tatsächlich verspüre ich momentan nicht die geringste Lust, Alexandria zu verlassen.“