Der Rückweg in den Palast gestaltet sich erfreulicherweise unkompliziert. Die Stimmung auf den Straßen ist noch immer ruhig, doch zu dieser Tageszeit ziehen die meisten Menschen ohnehin den Schutz der Häuser vor. Und so sind es nur ein paar Gruppen gut gekleideter Alexandriner und eine Reihe von Dienstboten und Sklaven, die beim Anblick unserer goldenen Sänften respektvoll die Köpfe senken oder auf die Knie gehen. Im Anbetracht der drohenden Missernte frage ich mich allerdings, ob das nicht die Ruhe vor dem Sturm sein könnte. Aber mit dem Segen der Götter und vernünftigen Maßnahmen lässt sich der Sturm vielleicht abwenden. Ich blicke zu meinem Bruder hinüber, dessen im Sonnenlicht golden glänzende Sänfte neben meiner getragen wird. Er schaut mit ausdruckslosem Gesicht geradeaus, auch als sich unser Zug teilt und seine Träger samt seiner Gefolgsleute in Richtung des Lochias-Palastes abbiegen. Einen Augenblick schaue ich seiner Erscheinung nach. Von weitem wirkt er in seiner kostbaren Kleidung auf der mit geflügelten Göttinnen dekorierten Sänfte wie die erhabene Statue eines jugendlichen Königs. Vermutlich liebt man ihn dafür in Alexandria. Doch so vieles ist bei ihm nur Schein – der die einfachen Menschen zu blenden vermag, aber nicht die Mächtigen.
Und wieder schweifen meine Gedanken zu Caesar. Es wäre alles so viel einfacher, wenn ich ihn als Gemahl an meiner Seite hätte. Doch es hilft nichts. Caesar wird nur ein paar Monate in Ägypten bleiben. Und selbst wenn er auf göttlicher Ebene mein Gemahl und Gefährte ist, ich brauche einen Mitregenten. Ägypten braucht einen Pharao. Denn die Alleinherrschaft einer Königin wird immer nur als Übergangslösung akzeptiert. Ich habe es in meinem ersten Regierungsjahr allein probiert und bin damit grandios gescheitert. Ich brauche also meinen Bruder, um regieren zu können, so wie er mich braucht, um mit Sinn und Verstand zu regieren.
Und es gibt so vieles zu tun. Wir müssen die Stimmung beruhigen und Ordnung in all dies Chaos bringen, das der Bürgerkrieg angerichtet hat. Und die aktuelle Nilschwemme trägt nicht gerade zur allgemeinen Entspannung bei. Mit einigen Steuererleichterungen und Schuldenerlässen wird es nicht getan sein. Ptolemaios und ich müssen Einigkeit demonstrieren und uns zusammen zeigen, so wie wir es bereits heute und in den letzten Tagen getan haben. Das Imhotep-Fest ist ein weiterer wichtiger Schritt, aber wir sollten auch ein Treffen mit den lokalen Strategen und eine Reise nach Oberägypten in Erwägung ziehen. Die Bevölkerung unserer Stadt, aber auch die Menschen in den Gauen müssen wieder Vertrauen zu ihrem Königspaar fassen und das Gefühl haben, dass ihre Herrscher für sie da sind.