Er sieht dir zu:
Selbst ihre persönliche Kammer war mit einer Kamera ausgestattet. Karo setzte sich auf das schmale Bett und atmete tief durch. Seit sie angekommen waren, hatte sie keine freie Minute gehabt. Jetzt konnte sie endlich über alles nachdenken.
Norman Bates war tot. Nicht, dass sie ihm eine Träne nach geweint hätte, aber die Angst saß fest in ihrem Nacken. Ein Mord, noch dazu ganz in ihrer Nähe. Sie hätte in der Nacht etwas hören können, aber sie hatte tief geschlafen. Jetzt waren alle nervös. Ihre Anweisung war es, auf alles Ungewöhnliche zu achten. Bis eben hatten sie Schlösser an alle Türen des Hotels gebaut. Offenbar glaubte man, dass der Mörder der Tour folgen würde.
Karo wusste nicht, woher diese Annahme stammte. Aber ihre Finger zitterten. Nicht nur, dass es Werwölfe gab, jetzt auch noch einen Mörder? Und er hatte Norman getötet, der doch im Grunde nur ein Angestellter der Show gewesen war. Stand damit auch sie im Schussfeld? Ihre Finger waren eisig kalt.
Sie fuhr zusammen, als es an die Tür klopfte.
„Wer ist da?“, fragte sie mit schriller Stimme.
„Hallo Karo!“, ertönte eine tiefe Stimme. Sie entspannte sich, als sie Jason erkannte. „Darf ich rein kommen?“
„Natürlich“, sie rückte auf dem Bett zur Seite, als der Mann eintrat und die Tür hinter sich wieder schloss. Er hatte ebenfalls tiefe Ringe unter den Augen.
„Wie geht es dir?“
„Wie soll es mir gehen?“, entgegnete sie überrascht.
Er setzte sich vorsichtig neben sie, eine halbe Armlänge entfernt. Sein Blick war sorgenvoll. „Du hast von Bates gehört?“
Karo nickte und knetete ihre Finger. „Schrecklich!“
„Ja. Und noch dazu so nah. Ich habe ihn gesehen. Das … das ist garantiert nicht geplant gewesen!“
„Wer sollte so etwas planen?“, wunderte sich Karo.
„Entschuldige. Ich meinte, dass das nicht ein Trick der Show ist, so wie mit dem falschen Toten im ersten Hotel. Udo.“
„Achso.“
Einen Moment saßen sie schweigend nebeneinander.
„So hatte ich es mir eigentlich nicht vorgestellt, in den Hotels weiter zu kommen“, murmelte Jason. Karo merkte, dass er sie wieder anstarrte und konnte nicht sagen, ob ihr das unangenehm war oder nicht.
„Ich will nach Hause“, gestand sie leise. „Ich will, dass das hier nur ein Traum oder so ist, und ich aufwache.“
Jason legte ihr zögerlich eine Hand auf die Schulter. „Ich glaube, dazu müssen wir zum letzten Hotel. Danach sind wir frei.“
Karo sah auf. Bis zum letzten Hotel? Hielt sie so lange durch?
„Ich habe Angst!“
„Die habe ich auch“, gestand Jason und reichte ihr plötzlich die Hand. „Lass uns einen Deal machen: Wir kommen zusammen zum letzten Hotel. Ich beschütze dich, und du beschützt mich.“
Karo sah auf seine Hand. „Glaubst du wirklich?“
Jason zog seine Hand sofort zurück und fuhr sich verlegen durch die dunklen Haare: „Nein. Es ist nur ein verrückter Einfall. Nimm das nicht ernst.“
„Doch“, sagte Karo und reichte nun ihm die Hand. „Wir kommen zum letzten Hotel. Beide.“
Jason lächelte sie an. Sein Händedruck war kräftig und warm, und Karo hatte das Gefühl, dass ihr Herz ein wenig höher schlug.