Ankunft:
Max war todmüde, als ihr Bus endlich anhielt. Dabei gab es in dem finsteren Wald überhaupt keinen Anhaltspunkt für das nächste Hotel. Der Fahrer, ein ein breitschultriger Mann, parkte den kleinen Bus am Straßenrand.
Die Bediensteten stiegen aus und fröstelten in der kalten Luft. Obwohl es nach Max' Zeitverständnis Nachmittag sein musste, was es bereits stockdunkel. So schnell ging die Sonne doch selbst im Winter nicht unter!
„Wo sollen wir denn hin?“, fragte jemand.
„Folgt einfach der Straße“, erklärte ihr Fahrer und klappte seinen Sitz nach hinten. „Nach hundert Metern seit ihr in einem Bereich, aus dem ihr nicht mehr raus könnt – bis morgen früh. Da könnt ihr euch überhaupt nicht verlaufen. Haltet euch von der Hütte fern, aber bleibt in der Nähe im Wald. Ihr dürft nicht gesehen werden, besonders nicht von Hannibal – das ist der Besitzer dieses Hotels. Aber auch nicht von den Gästen. Achtet darauf, dass sich die Kinder nicht im Wald verstecken, sondern immer weiter laufen. Oh, und es scheint, dass wir immer noch unerfreuliche Begleitung haben. Haltet die Augen nach diesen Leuten Ausschau, die ständig andere Mitarbeiter töten. Sie werden wohl versuchen, das Gleiche mit Hanni zu machen.“
Der Fahrer lachte dreckig und lehnte sich dann zurück. „Ihr findet mich morgen genau hier wieder!“
Nach diesen Worten schloss sich die automatische Tür und die Gruppe der Bediensteten, inzwischen deutlich geschrumpft seit dem ersten Hotel, stand frierend in der Dunkelheit.
„Na dann, gehen wir!“, sagte Max und stapfte los. Karo und Jason waren die Ersten, die ihm folgten, danach die anderen. Max interessierte sich nicht besonders für die anderen Mitarbeiter, er merkte sich nur, wer ihm vielleicht Konkurrenz machen könnte – indem er oder sie besser als Max war.
Im Laufe der Hotels waren nur die härteren übrig geblieben. Wer schwach wurde, Zusammenbrüche erlitt oder eine Aufgabe verweigerte, musste in dem Hotel bleiben und wurde nie wieder gesehen. Max fürchtete, dass mit ihnen etwas ähnliches geschah wie mit Maya.
Die Erinnerung ließ ihn heute noch zittern. Als das Feuer scheinbar ohne Quelle aufgeflammt war, hätte er schwören können, dass Samiras Gestalt sich veränderte, dass sie wuchs und Hörner und Flügel bekam wie ein Dämon. Max hatte inzwischen genug gesehen, um an Monster zu glauben. Insbesondere, da Samira genau wie Maya im Feuer gestanden hatte, aber unversehrt geblieben war.
Der Wald wirkte erdrückend dunkel und kalt. Aus irgendeinem Grund kam Max ein altes Kinderlied in den Sinn.
„Der Wald steht schwarz und schweigend, und aus den Wiesen steiget der weiße Nebel wunderbar!“
Er schüttelte verwirrt den Kopf. Das hatte er Jimmy früher vorgesungen. Warum kam die Erinnerung ausgerechnet jetzt wieder? Es lag vermutlich an der düsteren Atmosphäre, an der ständigen Sorge um seinen kleinen Bruder. Max vergrub die frierenden Hände in den Taschen seiner Hose.
Kein Grund zur Sorge. Er würde das hier schaffen und Jimmy befreien.
Er musste.