Die Perlenkette liegt fest in meiner Hand und ich spüre, wie die einzelnen Perlen sich immer tiefer in meine Handflächen bohren, je fester ich die Kette drücke. Wenn es mir möglich wäre, hätte ich sie warscheinlich schon längst in meiner Hand zerdrückt, bis sie in Staub zu Boden gefallen wäre. Stattdessen blicke ich stur auf das Meer hinaus, während meine Hand zu pochen beginnt und sich die Fingernägel leicht in meine Handfläche bohren, wo sie nicht auf Perlen treffen. Ich bin mir fast sicher, dass meine Haut an einigen Stellen aufplatzt und vielleicht sogar etwas Blut die reinen weißen Perlen beschmutzt. Eigentlich wollte ich loslassen, aber jetzt wo ich tatsächlich hier bin, drückt sich meine Hand gegen meinen Willen immer stärker zusammen, als sei ich zu schwach, um tatsächlich loszulassen. Dabei sollte es so viel leichter sein, die Perlenkette einfach in das Meer zu werfen. Ich kann förmlich sehen, wie sie im Mondlicht schimmert, bevor sie in dem fast schwarzen Wasser versinkt. Aber letztendlich bleibt sie doch in meiner Hand. Ich atme tief durch und zwinge mich, meine Faust zu lockern. Blut strömt zurück in meine Finger und sie beginnen seltsam zu kribbeln.
Sanft hebe ich die Perlenkette in die Höhe. Entgegen meiner Erwartung ist sie gänzlich weiß geblieben. Eigentlich ist sie sogar ganz schön, wenn sich das Mondlicht in den blass weißen Perlen spiegelt. Dabei habe ich sie immer gehasst. Perlen waren mir immer zu altmodisch, zu prozig. Ich dachte, ich hätte dich schon längst gehen lassen, dass es mir leicht fallen würde, loszulassen. Dass es jetzt schwieriger ist, einen Gegenstand loszulassen, als dich, ist eigentlich ironisch. Denn ich weiß, dass du materiellen Dingen nie verbunden warst. Nur dieser Perlenkette. Aufeinmal werde ich wütend. Du hattest nicht das Recht mich alleine zulassen. Ich habe dich gebraucht, brauche dich noch immer. Am Krankenhausbett meintest du, ich käme schon klar. Das ich das schaffen würde. Ich weiß nicht, ob du wusstest dass du gelogen hast. Meine Hand zittert, so wie deine gezittert hat.
Du hättest gewollt, dass ich sie an den Ort zurückgebe, woher sie gekommen ist. Aber was weiß ich schon, was du gewollt hättest. Schließlich hast du mich bis zu deinem Tod belogen und mir Hoffnung gegeben. Und dann hast du meine Hoffnung platzen lassen, wie eine Seifenblase im Wind. Ich weiß nicht, ob ich dich dafür hasse, dass du mich verlassen hast oder dafür, dass du es freiwillig getan hast. Warscheinlich läuft beides auf das Gleiche hinaus.
Mit einem Ruck zerreiße ich die Kette und die Perlen fallen zu Boden wie glitzernde Tränen. Der Sand schluckt sie und ich weiß, dass das Wasser zu weit entfernt ist, um sie noch zu erreichen. Aber das ist wohl ihr Schicksal. Unser Schicksal. Ich drehe mich um, und lasse die Perlen zurück, so wie du mich zurückgelassen hast.