Gerold kam gerade noch gut aus dieser Misere mit Wilhelma heraus, die ihn vor ein paar Monaten mit einem Knüppel niedergeschlagen und danach versucht hatte, ihn zu vergewohltätigen. Er hatte bei diesem Zusammenstoß zwar einige Blessuren abbekommen, doch die waren schnell verheilt. Die Frau war seit einiger Zeit wie vom Erdboden verschluckt und niemand wusste, wohin sie ging. Gerold hatte seitdem seine Ruhe. Allerdings hatte er von diesem Augenblick an die Lust auf Sex vollkommen verloren. Nachdem es ihm schon nach der Entdeckung des Kochs in der Sattelkammer so ergangen war, traf es ihn nach diesem Anschlag noch schlimmer. Seit jedoch Sieglinde, die jüngere Schwester der Burgherrin auf der Burg weilte, fanden seine Gedanken immer mehr in Richtung körperlicher Gelüste zurück. Die zarte, schlanke Frau gefiel ihm und regte seine Triebe an. Er versuchte, sie zu unterdrücken, immerhin war die junge Frau die Schwester der Burgherrin und für ihn, den einfachen Bediensteten der Burg, wohl unerreichbar.
Sieglinde, die öfters in Begleitung ihrer Nichte Sigurd über den Burghof spazierte, stach Gerold gleich nach deren Ankunft in der Feste ins Auge. Die junge Frau, kaum den Kinderschuhen entstiegen, war eine Augenweide für den nach Frauenliebe ausgehungerten Gerold. Brunhild war schon eine Schönheit, doch Sieglinde mit ihren wallenden rotgoldenen Haaren war noch sehr viel anmutiger anzusehen. Er geriet jedes Mal ins Schwärmen, wenn er ihrer nur ansichtig wurde.
Warum Sieglinde zu Besuch bei ihrer Schwester weilte, sei hier schnell erzählt. Sieglinde wohnte mit ihrem Ehemann Walther von Trinsberg etwa zwei Tagesritte von hier entfernt. Die Burg, die Walther und Sieglinde ihr Eigen nannten, wurde eines Tages überfallen und ausgeraubt. Sieglinde kam gerade noch so mit heiler Haut davon, während viele der Bewohner bei dem Angriff ihr Leben lassen mussten. Fast wäre auch ihr geliebter Walther Opfer der Banditen geworden. Doch ein mutiger Sprung über die Wehrmauer ins Wasser des Burggrabens rettete ihm das Leben. Er versteckte sich in der Nähe und wartete auf eine günstige Gelegenheit, Sieglinde aus den Fängen der Banditen zu befreien. Seine Frau, sehr gewitzt und klug, hatte sich noch rechtzeitig mit ihrer Zofe in ein geheimes Versteck in der Burg zurückgezogen und harrte dort auf ihre Befreiung durch ihren Angetrauten. Nachts schlich sich Walther durch einen Geheimgang zurück in seine vom Feind besetzte Feste und brachte die beiden Frauen sicher aus ihrem Versteck in die Freiheit. Die Flüchtigen machten sich umgehend auf den Weg zur Behausung der Schwester und deren Ehemann, wo alle unverzüglich Unterschlupf fanden.
Gleich am nächsten Tag beratschlagten die beiden Männer, wie sie des Schwagers Besitz zurückerobern könnten. Die Übermacht der Banditen war groß und die Garde Arthurs klein, während die meisten Bediensteten Walthers bei dem Überfall ums Leben kamen oder von den Banditen gefangen genommen wurden. So stand Walther ohne Bedienstete da und war auf die Hilfe seines Schwagers angewiesen.
„Was hältst du davon, die Herren der umgebenden Burgen um Verstärkung zu bitten?“, fragte Walther seinen Schwager, als sie gemeinsam in Arthurs Gemach bei einem Krug Bier beisammen saßen und sich über einen Plan zur Rückeroberung unterhielten. „Da sind bestimmt einige dabei, die mit den Banditen noch ein Hühnchen zu rupfen haben.“
„Du hast recht“, erwiderte Arthur von Burghausen. Er dachte nach, welcher seiner Nachbarn ihm am meisten schuldete und welche ihm wohlgesonnen waren, ihm auch in einer verzwickten Situation unter die Arme zu greifen.
„Ich hab es“, Arthur sprang auf und schritt durch die Stube. „Ja, genau. Der Nachbar östlich schuldet mir noch einen Gefallen. Den werden wir zuerst aufsuchen. Eine recht große und gut bewaffnete Garde hat er auch.“
„Noch wer?“, wollte Walther wissen. „Nur ein paar Männer, wenn auch gut bewaffnet, werden uns nicht besonders behilflich sein. Wir brauchen eine starke Macht, um die Banditen dingfest zu machen. Es sind viele, die im Kampf erprobt sind.“
Arthur überlegte weiter. Während er weiter im Sturmschritt durch die Stube lief, wurde die Tür geöffnet und seine Frau nebst ihrer Schwester betraten den Raum.
„Geliebtes Weib“, sprach Arthur die hereinkommende Frau an, „Schwägerin“, begrüßte er auch deren Schwester mit einem galanten Handkuss. „Was führt euch in meine triste Stube. In eurer Kemenate ist es viel bequemer als hier.“
„Arthur, was soll nun mit Walthers Burg geschehen. Ihr werdet diesen Frevel doch wohl nicht auf sich beruhen lassen“, antwortete Brunhild kämpferisch auf die Begrüßung.
„Aber nein“, erwiderte Arthur. „Walther und ich werden uns auf den Weg zu unseren Nachbarn machen und dort um Hilfe bitten. Einige sind uns noch einen Gefallen schuldig.“
„Wann soll es denn losgehen?“, fragte Sieglinde ganz aufgeregt.
„Gleich morgen früh, Geliebte“, antwortete Walther anstatt Arthur. „Bis dahin sollten wir noch schöne Dinge miteinander tun. Wer weiß, wann wir uns wiedersehen werden und wie lange wir nicht beieinanderliegen können“, dabei schaute er seine Frau verliebt an.
Sieglinde errötete und senkte schamhaft den Blick.
„Aber Walther, doch nicht vor meiner Schwester“, schalt sie ihren Ehemann scherzhaft und drohte ihm mit dem Finger.
Arthur, der dieses Techtelmechtel interessiert beobachtet hatte, lachte schallend.
„Brunhild, dein Schwesterchen schämt sich. Aber es ist eine gute Idee. Lass uns selbiges tun“, wandte er sich an Brunhild. „Komm, geben wir unseren Bediensteten Anweisungen für die Vorbereitungen und dann lass uns Liebe machen.“
Gesagt, getan. Schnell waren Anweisungen für die Vorbereitung der Zurückeroberung getan und die Paare verschwanden in ihren Kammern, woraus schon bald lüsternes Stöhnen der Frauen zu hören war. Was allerdings Walther seiner Frau antat, das erzählt nun diese Geschichte.
Walther und Arthur waren bereits drei Wochen unterwegs und immer war noch nichts vom Gelingen oder gar Misserfolg des Unterfangens zu hören. Nur ein Herold berichtete, die Bittsteller hatten Erfolg bei den Nachbarn und zogen nun stark bewaffnet und etwa hundert Mann stark in Richtung Burg Trinsberg, um sie zurückzuerobern.
An einem schönen Abend saßen Brunhild und Sieglinde in ihrer Kemenate und unterhielten sich bei einer Handarbeit angeregt miteinander. Sieglinde erzählte, Walther und sie würden wohl bald Nachwuchs erwarten.
„Oh, wie herrlich“, freute sich die Schwester. „Ich werde Tante. Endlich!“ Sie sprang auf und drückte ihre jüngere Schwester herzlich an sich.
„Ich habe allerdings seit ich guter Hoffnung bin, ein kleines Problem“, begann Sieglinde ein intimes Gespräch mit ihrer Schwester.
„Erzähl“, sagte Brunhild. „Mir kannst du alles sagen.“
„Gut“, begann Sieglinde, dabei zart errötend. „Wie gesagt, habe ich ein kleines Problem.“ Sie räusperte sie, als würde sie einen Frosch, der sich in ihrem Hals festgesetzt hatte, herunterschlucken wollen.
„Nun sag schon“, drängelte Brunhild neugierig.
„Ich habe seitdem unheimlich viel Lust auf … hm, nun ja, körperliche Liebe. Walther war davon natürlich sehr angetan. Doch nun, seit er mit deinem Manne weg ist, plagt mich unheimliche Lust nach einem Mann. Immerhin sind sie nun schon über drei Wochen unterwegs.“
„Ja, wenn es nichts weiter ist“, erwiderte Brunhild lachend. „Wenn du möchtest, kann ich dir hier einen potenten und diskreten Mann vermitteln.“
„Da gibt es noch ein Problem“, gab nun Sieglinde errötend zu.
„Wie? Noch ein Problem?“, sagte Brunhild erstaunt.
„Ja, ein großes Problem“, rückte die Schwester mit der Wahrheit heraus. „Du weißt doch, Walther ist so eifersüchtig und kann es nicht ausstehen, wenn mich andere Männer auch nur anschauen. Er sieht in jedem noch so kleinen Dienstboten einen Rivalen. Jedem, der mich nur einen Augenblick zu lange anschaut, unterstellte er schlimme Dinge, die er mit mir tut. Doch ich liebe nur ihn, das habe ich ihm schon tausende Male versichert. Allerdings jetzt, da er abwesend ist und meine Gier nach einem Mann beinahe nicht mehr zu bändigen ist, weiß ich nicht mehr, was ich tun soll. Walther hat mir einen Keuschheitsgürtel angelegt, dass ich mir nicht einmal selbst an mir Hand anlegen kann“, beschämt senkte Sieglinde die Augen. Ihr Gesicht glühte vor Verlegenheit.
„Welch ein Tyrann“, begann Brunhild zu schimpfen. „Warum hast du mir nicht schon eher etwas gesagt. Ich hätte mir deinen Walther schon zur Brust genommen.“
„Es bringt doch nichts bei seiner Eifersucht“, weinte Sieglinde fast.
„Doch! Es ist eine Unverschämtheit von deinem Mann, dich so zu behandeln als wärst du eine Dirne. Ich habe auch schon eine Idee, wie ich dir helfen kann. Und zwar …“, Brunhild beugte sich zu ihr hinüber und begann von Gerold, dem Schmied zu erzählen.
„Und du meinst, dieser Gerold kann mir helfen?“, kicherte Sieglinde verlegen, als ihre Schwester geendet hatte.
„Aber natürlich. Er ist nicht umsonst Schmied“, berichtete Brunhild. „Und außerdem hat unsere Sigurd auch ein kleines Geheimnis mit ihm. Sie kann seine Qualitäten als potenter Liebhaber persönlich bezeugen. Im Notfall könnten wir das gegen ihn verwenden, wenn er sich weigern sollte.“
„Woher weiß sie das?“, hinterfragte Sieglinde.
„Also liebes Schwesterlein“, tat Brunhild bestürzt. „Du willst mir doch nicht weismachen, dass du dir nicht vorstellen kannst, woher meine Tochter das weiß.“
Sieglinde überlegte. Dann kam ihr eine Idee.
„Sie hat doch wohl nicht …“, sie mochte den Satz gar nicht beenden und schlug vor Überraschung ihre Hand vor den Mund.
„Doch, sie hat“, flüsterte Brunhild verschwörerisch. „Aber zu niemanden ein Wort! Arthur wird sonst außer sich sein, wenn er erfährt, wie umtriebig seine Tochter ist“, trichterte sie ihrer Schwester noch ein.
„Ist er sehr gut?“, wollte die noch wissen. Sieglinde war schon ganz aufgeregt und konnte es kaum erwarten, diesem Schmied vorgestellt zu werden.
„Natürlich. Wenn ich meinen Arthur nicht hätte, dann wäre ich Gerold schon längst auf sein Lager gefolgt“, gab nun Brunhild zu. „Doch Arthur ist ebenfalls ein sehr guter Liebhaber, der all meine Gelüste zu befriedigen weiß.“
„Du hast es gut“, war nun Sieglinde ein wenig neidisch. „Doch nun lass uns erst einmal zu diesem Gerold gehen, damit er mich endlich von meiner Pein befreit.“
„Gut, gehen wir ans Werk. Hoffentlich kann dir Gerold wirklich helfen, in beiden Dingen“, meinte Brunhild und zog ihre Schwester mit sich, über den Burghof in Richtung Schmiede, wo Gerold sein Tagwerk tat.