Ein eigenartiges Geräusch weckte Henriette aus ihren süßen Träumen, die sich um Gerold drehten, der mit ihr die schönsten Dinge anstellte. Noch nie vorher erlebte sie solche Träume. Dass ausgerechnet der Schmied ihr diese bescherte, war für sie recht seltsam. Klar, sie begehrte ihn, aber dass er sie derart in seinen Bann ziehen, dass diese Sehnsucht sie bis in ihre Träume verfolgen könnte, hätte sie sich niemals vorstellen können.
Blinzelnd rieb sich die Zofe den Schlaf aus den Augen. Als sie sich aufsetzte, bemerkte sie, dass sich außer ihr noch jemand in ihrer Kammer befand. Vor Schreck schrie Henriette leise auf. Ihr Herz schlug rasend schnell vor Angst.
„Pst, still doch“, ließ die unbekannte Person vernehmen.
„Wer seid ihr?“, fragte Henriette zitternd wie Espenlaub. Doch war sie auch froh, eine Frauenstimme erkennen zu können. Somit war die Gefahr, ausgeraubt, oder sogar noch sehr viel schlimmer, vergewaltigt zu werden, wohl um ein vielfaches geringer. Trotzdem nahm sie sich vor, vorsichtig zu sein.
„Sei doch endlich still, wir werden sonst noch entdeckt“, wurde ihr erneut befohlen, worauf sie sich ängstlich in die äußerste Ecke ihres Bettes drückte. Bebend beobachtete sie die im Halbdunkel stehende Person. Erst jetzt bemerkte Henriette, dass die Verbindungstür zum Gemach ihrer Herrin nicht vollständig geschlossen war und die Unbekannte wie gebannt durch den Spalt hinüber schaute. Aus dem Nebenraum drangen eindeutige Geräusche sich hemmungslos liebender Menschen herüber.
„Oh nein“, keuchte Henriette auf, als sie erkannte, dass Gerold immer noch im Gemach ihrer Herrin weilte und sich dort lautstark mit dieser vergnügte. Auch wenn sie nur hören konnte, was dort geschah, ließ ihr dies die Schamesröte ins Gesicht schießen. Jedoch auch ein liebliches Kribbeln verbreitete sich in ihrem Unterleib, das sich partout nicht vertreiben lassen wollte. Ihrem Wunsch, ihre eigene Hand in ihren Schritt zu führen und sich selbst zu verwöhnen, traute sie nicht nachzugeben. Ihr Ungemach, eine fremde Person in ihrer Kammer zu wissen, wühlte sie viel zu sehr auf. Vielmehr interessierte es sie, was dieser Jemand hier suchte.
Als Henriette zu der unbekannten Person hinüber schaute, konnte sie erkennen, auch diese schien das Geschehen im Nebenraum nicht kalt zu lassen. Deutlich erkannte sie ihre Hand, die sich unter ihr Nachtkleid verirrt hatte. Und ihre rhythmischen Bewegungen ließen keine Zweifel daran, dass ihr Tun nicht gerade keusch war.
Plötzlich erkannte Henriette, wer die Fremde war. Diese drehte ihren Kopf, hatte womöglich gespürt, dass sie entdeckt worden war. Dadurch konnte die verängstigte Zofe die Konturen des Gesichts im Schimmer des Lichts aus dem Nebenraum erkennen.
„Herrin“, stieß Henriette entsetzt aus. „Ihr seid das? Wie konnte ich euch nur nicht erkennen! Entschuldigt mein ungebührliches Verhalten.“ Panisch sprang sie aus dem Bett und kniete sich demütig nieder, um Brunhild um Verzeihung zu bitten.
„Sei doch still. Das tut jetzt nichts zur Sache“, sprach die ertappte Brunhild leise auf die erschrockene Zofe ein. „Meine Schwester ist wieder unzüchtig. Wie kann sie nur, und das in ihrem Zustand!“, schimpfte Brunhild einfach weiter, ohne auf Henriette zu achten. „ Aber egal, ich gönne ihr die Freuden“, setzte sie großzügig hinten an. „für meine Schwester will ich doch nur das Beste.“
Brunhild wandte ihren Blick wieder dem Türspalt zu.
„Oh nein“, stieß sie auf einmal panisch aus. „Was mache ich nur?“ Ihre Augen weiteten sich vor Schreck.
„Herrin, was habt ihr gesehen?“, fragte Henriette.
„Gerold…“, keuchte die Burgherrin. „Er wird in wenigen Augenblicken Sieglindes Gemach verlassen. Es gibt ja nur diesen einen Weg, durch deine Kammer. Was soll ich nur machen? Ich muss mich verstecken, damit er mich nicht entdecken kann. Was soll nur meine Schwester sagen, wenn sie erfährt, dass ich sie beim Liebesspiel belauscht habe.“
„Herrin, hierher“, rief Henriette geistesgegenwärtig. Sie hielt ihre Bettdecke hoch, damit Brunhild darunter schlüpfen konnte. Diese erkannte die Chance und folgte dem Rat der Zofe. Beide Frauen zitterten vor Aufregung. Ob Gerold es bemerken würde, dass Henriette nicht alleine in ihrem Bett lag. Was wäre, wenn er nun auch das Lager mit ihr teilen wollte und Brunhild hier ertappte?
„Pst“, machte Henriette nur noch, als sich Brunhild im letzten Moment die schützende Decke über den Kopf ziehen konnte.
Kaum war die Burgherrin sozusagen unsichtbar, ging auch schon die Tür auf und Gerold kam heraus. Er sah Henriette staunend an, die unbekümmert tuend auf der Bettkante saß und so tat, als wäre sie eben erst erwacht.
„Bist du immer noch wach?“, fragte Gerold misstrauisch.
„Ich wurde eben aus meinen Träumen gerissen“, entgegnete das Mädchen. „Es waren schlechte Träume, die mir den Schlaf unmöglich machten. Dazu hörte ich noch so eigenartige Geräusche aus dem Gemach meiner Dienstherrin. Deshalb bin ich jetzt wach. Aber an ein erneutes Weiterschlafen ist nun wohl nicht mehr zu denken. Meine Herrin wird wohl gleich nach mir verlangen.“ Henriette streckte sich gähnend und begann, ihre Haube zu richten.
„Dann ist es ja gut“, erwiderte Gerold erleichtert darüber, dass Sieglindes Zofe anscheinend keine Ahnung hatte, was er mit der Schwester der Burgherrin getrieben hatte. „Mache dir keine Gedanken um deine Herrin. Die schläft nun tief und fest. Sie wird deine Dienste jetzt garantiert nicht mehr benötigen.“ Die Kerze, die Gerold auf dem Weg zurück zur Schmiede Licht spenden sollte, ließ sein Gesicht gespenstisch aussehen. „Soll ich dich beschützen, du kleiner Angsthase?“, spottete er lächelnd, als er die anscheinend einschüchterte Henriette betrachtete.
„Nein, nein, es ist alles gut. Ich werde mich gleich wieder schlafen legen, wenn du gegangen bist“, wehrte Henriette den aufdringlichen Schmied ab. So sehr sie es sich wünschte, ihm beiwohnen zu können, in diesem Augenblick wäre dieser Wunsch äußerst ungünstig. Nicht auszudenken, wenn er Brunhild in ihrem Bett entdeckte. Welch ein Skandal wäre dies! „Ich würde mich jetzt gerne schlafen legen“, sagte sie mit versteinertem Gesicht, in der Hoffnung, Gerold bemerkt ihre Aufregung nicht. „Allein natürlich“, sagte sie noch dazu, wie als Aufforderung an Gerold, ihre Kammer zu verlassen.
„Ich hab schon verstanden und geh jetzt zurück in meine Unterkunft“, tat der Schmied beleidigt und trottete wie ein begossener Pudel von dannen. „Noch ist nicht aller Tage Abend“, grummelte er vor sich hin. Sein Wunsch, nun nach Sieglinde auch noch deren Zofe beglücken zu können, löste sich damit vorerst in Luft auf.
„Das ging ja gerade noch mal gut“, schnaufte Henriette, als Gerolds Schritte im Gang verklungen waren. „Ihr könnt jetzt rauskommen“, sagte sie zur Burgherrin und zog die Decke weg.
„Danke“, murmelte Brunhild beschämt, als sie sich klar wurde, in welcher Situation sie von Henriette ertappt wurde. „Bitte, lass nie ein Wort über den Vorfall hier verlauten“, sagte sie leise zu dem Mädchen. Dass gerade die Zofe ihrer Schwester sie dabei ertappt hatte, wie sie ihre Blutsverwandte beim Liebesspiel belauschte, war ihr mehr als peinlich.
„Aber natürlich, Herrin“, erwiderte Henriette lächelnd, worauf Brunhild erleichtert aufatmete.
„Ich danke dir“, entgegnete Brunhild lächelnd. Sie war unheimlich froh, mit sogenannter heiler Haut aus dieser heiklen Situation herausgekommen zu sein. Doch nun plagten sie ganz andere Dinge. Schon als sie Sieglinde mit ihrem Galan beobachtete, konnte sie kaum an sich halten. Das wohlige Gefühl, das sie übermannte, hatte sich besonders an ihrer intimsten Stelle konzentriert. Jetzt, da die Gefahr, von Gerold entdeckt zu werden, vorüber war, überkam sie diese Geilheit erneut. Doch außer Henriette war niemand greifbar, der diese Glut löschen konnte. Das war im Moment aber völlig egal, die Nähe und die Wärme eines anderen Körpers überfiel sie wie ein Fieberschub. Sonst half ihr in solchen Fällen ihr Arthur aus der Misere, doch der war leider weder auf der Burg noch schnell greifbar.
„Henriette“, flüsterte Brunhild ganz leise, so dass es die Zofe kaum verstehen konnte.
„Ja, Herrin“, erwiderte das Mädchen, „was ist euer Begehr? Soll ich euch zurück in euer Gemach begleiten?“
„Nein, es ist nicht das. Nur du kannst mir jetzt weiterhelfen. Bitte, versprich, mir zu helfen“, flüsterte Brunhild weiter. Dabei sprang ihr Herz aufgeregt in ihrer Brust, dass sie dachte, es springt heraus. Noch nie zuvor lag sie in den Armen einer Frau, außer bei ihrer Mutter, doch das war ganz etwas anderes als das, was sie jetzt begehrte.