Während Marianna im Haus des Webers ihre ersten Erfahrungen mit einem Webstuhl sammelte und sich die größte Mühe gab, keine Fehler zu machen, ging Gerold wie vereinbart zu Michel, dem Wachtmeister des Kerkerturms. Michel war gleichzeitig der Hauptmann der Stadtwache und somit für die Sicherheit in der Stadt Buttstädt verantwortlich.
Das kleine Städtchen war für den ehemaligen Schmied noch sehr neu. Daher sah er sich genau um, damit er auch den Rückweg nach Hause finden konnte, ohne sich zu verirren. Schneller als angenommen kam er am Kerkerturm an. Erwartungsvoll klopfte er an die Tür des Wächterhäuschens, das sich wie ein Kätzchen an den hohen Turm schmiegte. Dieser wurde im Volksmund auch Hölle genannt, wohl deshalb, weil man sich genau dahin versetzt fühlte, wenn man dort eingesperrt wurde.
Erst nach mehrmaligem Klopfen wurde die schwere Eichentür geöffnet. Ein verschlafen wirkender junger Mann in einer abgewetzten Uniform kam heraus. Gähnend streckte er sich. „Was willst du“, sprach er Gerold ein wenig mürrisch an. Wahrscheinlich war er soeben aus seinem Schönheitsschlaf gerissen worden.
„Zu Michel, dem Wachtmeister, will ich“, gab Gerold den Grund seiner Störung bekannt.
„Der ist nicht da“, bekam er eine schroffe Antwort. Der junge Mann vor ihm wollte eben die Tür wieder hinter sich zu werfen, doch Gerold hielt ihn davon ab. Flink stellte er seinen Fuß in die Tür.
„Ich lass mich nicht abwimmeln“, knurrte Gerold zurück. Dabei schob er seine Hemdsärmel nach oben und ließ die Muskeln seiner Oberarme spielen. Ein wenig einschüchtern konnte nicht schaden, dachte er sich. Dabei wurden die Augen des Wächters größer und größer.
„Du willst wohl Stunk?“, blaffte er den Schmied an, derart unverfroren war ihm, einem geachteten städtischen Beamten, noch keiner begegnet.
„Nur zum Michel will ich, mehr nicht!“, blaffte Gerold zurück. So wie es in den Wald hinein rief, schallte es auch heraus. „Er weiß, dass ich um diese Zeit hier sein werde. Sebalt hat mich ihm angekündigt. Also sag endlich, wo der Michel ist, ehe ich dir die Hammelbeine lang ziehe!“
Als Gerold den Namen Sebalt nannte, wurde der Wächter deutlich blass um die Nase. Er wusste, Sebalt war ein guter Freund des Wachtmeisters, mit dem nicht zu spaßen war. Ihm auf die Füße zu treten, konnte böse enden. Wenn dieser Kerl vor ihm behauptete, er würde den Weber kennen, war da garantiert etwas Wahres dran.
„Sag es doch gleich. Der Michel ist noch nicht da“, bekam Gerold nun endlich die erwartete Auskunft. „So gegen Mittag wollte er zurück sein. Du kannst warten, wenn du willst. Oder auch nicht. Tu, was immer du willst. Mich geht´s nichts an.“ Immer noch zu Stunk aufgelegt, starrte der Wächter den Schmied an, als wäre er ein bunter Hund. Er fühlte sich in seiner Ruhe gestört und das sollte der vor ihm Stehende zu spüren bekommen.
Gerold ließ sich allerdings nicht beeindrucken. „Ich werde warten“, erwiderte er, ohne sich an dem Unmut des Wächters zu stören. Diesen Gedanken verwarf er aber sehr schnell, denn aus dem Wachhäuschen traf ihn ein übler Mief aus alkoholgeschwängerten Gerüchen. Es roch wie in einer schlechten Spelunke nach abgestandenem Bier. Leise schnarchende Laute wiesen auf einen weiteren Mann im Inneren hin.
Um nicht noch mehr Unmut zu verbreiten, beschloss Gerold, sich inzwischen ein wenig in der Umgebung umzuschauen. „Ich bin dann hier auf dem Platz“, sagte er zum Wächter, ehe er sich umdrehte und sich entfernte.
„Ist ja gut“, hörte er noch vom Wächter, ehe der die Tür mit einem lauten Knall hinter sich schloss.
„Hier scheinen alle irgendwie ständig griesgrämig zu sein“, murmelte Gerold in seinen nicht vorhandenen Bart. „Erst das Dorlein beim Weber, jetzt dieser komische Wächter. Die sind bestimmt miteinander verwandt. Hoffentlich sind die nicht alle so.“ Kopfschüttelnd entfernte er sich.
Interessiert schaute sich Gerold den Marktplatz an. Das Rathaus, das größte Gebäude, war sehr imposant. Die anderen Häuser in der Umgebung sahen dagegen fast aus wie Armenhäuser. Doch er konnte durchaus erkennen, dass die hier Ansässigen wohl über einen reich gefüllten Geldbeutel verfügen mussten. Sogar die Kirche, die sonst in den Städten das größte Gebäude war, konnte dem Prunk des Rathauses nichts gegenhalten.
Während sich Gerold umsah, bemerkte er, wie sich ein Mann mit torkelnden Schritten dem Kerkerturm näherte. Er hatte wohl ein wenig zu tief in den Bierkrug geschaut. Ohne anzuklopfen öffnete er die Tür des Wächterhäuschens und trat ein. Nach einiger Zeit kam er wieder heraus und schaute sich suchend um.
„Ach, das wird wahrscheinlich der Michel sein“, dachte sich Gerold und trat mit raschen Schritten an den offensichtlich etwas angetrunkenen Mann heran. Als sich Gerold näherte, blickte dieser ihm interessiert entgegen.
„Du scheinst der Gerold zu sein, den Sebalt mir angekündigt hat“, begrüßte er den Schmied, der ihn eben erreicht hatte.
„Gott zum Gruße, Ihr habt richtig geraten. Ich bin der Gerold“, erwiderte der Schmied.
„Ich hörte bereits von dir“, meinte der Wachtmeister grinsend. Eine Reihe braun verfärbter Zähne kam zum Vorschein, ein übelriechender Biergeruch entwich seinem Mund, dass es Gerold beinahe den Atem nahm.
„Was habt Ihr denn gehört?“, fragte Gerold interessiert. Er konnte sich nicht denken, was Michel bereits über ihn erfahren haben sollte.
„Das vorhin mit dem einen Wächter“, meinte Michel, dabei weiter grinsend. „Den Bartel hat das mächtig beeindruckt.“
Dazu sagte Gerold lieber nichts. Er wollte nicht gleich am Anfang einen schlechten Eindruck machen.
„Solche Leute wie dich brauchen wir hier. Du machst nur schon vom Ansehen einen gefährlichen Eindruck. Die Leute müssen öfters eingeschüchtert werden, damit sie zahm bleiben“, sprach Michel weiter. „Des Weiteren lockert nur schon dein Anblick die Zungen der Delinquenten, bevor der Henker zu seinen Zangen greifen und zwicken muss. Wenn die dich sehen, gestehen sie von selbst.“
„Das klingt so, als hättet Ihr Arbeit für mich“, erkannte Gerold richtig.
„Das habe ich. Du wirst hier mit Bartel und Veit im Wechsel Wache schieben. Den Bartel kennst du schon, Veit, das ist die Schlafmütze da hinten“, wies er auf einen zweiten Mann hin, der im Wächterhäuschen wie ein Schluck Wasser am Tisch saß und krampfhaft versuchte, den Kopf oben zu halten. „Es gibt noch weitere Männer bei der Stadtwache, die mit Streife gehen, vor allen Dingen nachts. Wenn Befragungen der Inhaftierten stattfinden, wirst du allerdings dem Henker zur Hand gehen“, erklärte Michel. „Letzteres wird deine Hauptaufgabe sein.“
„Das mit dem Henker, muss das sein?“, fragte Gerold. Ganz wohl war ihm nicht zumute, gerade einem Scharfrichter zur Hand gehen zu müssen. Das waren ehrlose Leute und hatten den bösen Blick, mit dem sie rechtschaffende Menschen verfluchen konnten. Diesbezüglich war Gerold sehr abergläubisch. Sollte er ebenfalls ehrlos werden? Das konnte er Marianna nicht antun.
„Stell dich nicht so an. Unser Schinder hier tut niemandem was zuleide, nur wenn er es muss. Er wird dich schon nicht gleich fressen“, meinte Michel lachend. „Es sei denn, du lässt dir etwas zu schulden kommen. Dann wird er sicher auch bei dir Hand anlegen. Gut bezahlt wird die Tätigkeit allerdings auch. “
„In den Turm will ich lieber nicht“, wehrte Gerold ab. „Es bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als auch für den Henker zu arbeiten. Ich brauche Lohn und Brot – die gute Bezahlung kommt mir da gerade recht“, entgegnete er und zeigte seine fast leere Geldkatze, die schlaff an seinem Gürtel baumelte.
„Die nächste Wachablösung ist in zwei Stunden. Sei dann hier, die wirst du übernehmen. Veit muss zur Strafe noch eine Wache schieben. So besoffen wie er ist, lasse ich diese Schicht hier nicht gelten“, befahl Michel seinem neuen Wächter. „Alkohol ist während der Dienstzeit übrigens verboten.“
„Kein Problem, ich trinke nicht“, erklärte Gerold, dem das Alkoholverbot etwas komisch vorkam. Der Hauptmann legte diese Vorschrift für sich und seine Untergebenen wohl sehr großzügig aus. „Ich werde rechtzeitig da sein“, sagte er dann noch. Bis zur Wachablösung wollte er nochmal nach Hause eilen, um die Neuigkeiten seiner Liebsten zu beichten.
Auf dem Rückweg ins Weberviertel verirrte sich Gerold wider Erwarten doch. Er geriet auf Abwege. Dabei kam er durch eine dunkle Gasse. Die Hütten dort sahen nicht gerade vertrauenerweckend aus. Teilweise zusammengefallen und windschief fristeten sie ihr Dasein neben dem schmalen Weg. Die Leute, denen er begegnete, sahen in ihren zerrissenen Kleidern auch nicht aus, als wäre der Reichtum bei ihnen eingekehrt. Sich davon einschüchtern ließ Gerold aber nicht. Gemächlich schritt er voraus. Dabei blickte er sich ständig um, immer Acht gebend, nicht hinterrücks überfallen zu werden. Man wusste ja in solch einer Gegend nie, welch Gesindel einem über den Weg lief.
Einige Meter vor Gerold lief ein Mädchen die Gasse entlang, das einen Korb am Arm trug. Wahrscheinlich war sie eine Magd, die vom Markt kam und nun die Einkäufe nach Hause schleppte. Schnellen Schrittes ging sie ihres Weges, als würde sie es besonders eilig haben, ihr Ziel zu erreichen.
Plötzlich sprangen zwei schäbig aussehende Kerle aus einer Mauernische und versperrten dem Fräulein den Weg.
Erschrocken aufschreiend fuhr die Kleine zurück. Sich ängstlich umschauend suchte sie nach einem Ausweg. Als sie Gerold hinter sich sah und ihres Erachtens der Rückweg abgeschnitten war, wurde sie noch blasser um die Nase als sie schon war. Ängstlich blickende Augen schauten den Schmied an, ihr Mund war zu einem stummen Schrei geöffnet. Dann blickte sie zu den beiden Halunken, die inzwischen direkt vor ihr standen.
„Was wollt ihr von mir“, fragte sie die beiden Kerle vor sich scheu und versuchte, sich an ihnen vorbei zu drängen.
„Dich!“, erwiderte der Eine fies grinsend und stellte sich ihr breitbeinig in den Weg.
„Ich hab nichts, was ich euch geben könnte“, wehrte das Mädchen ab. Sie zeigte ihren Korb mit ihren Einkäufen.
„Was sollen wir mit dem Korb, wenn wir festes frisches Fleisch bekommen können“, sagte der andere, dabei genau so fies grinsend wie sein Kumpan. Dabei griff er sich mit einer obszönen Geste in den Schritt.
Interessiert blieb Gerold mit einigem Abstand stehen und beobachtete die Szene. Anfangs nahm er an, die Beiden wollten dem Mädchen nur einen Schreck einjagen. Doch als er sah, wie sich der andere ebenfalls in den Schritt griff und sich dabei mit der Zunge über die fleischigen Lippen fuhr, wusste er, es war kein Spaß, was hier getrieben wurde. Hier war Hilfe für das wehrlose Mädchen nötig.
Wichtig tuend schritt Gerold auf die drei Personen zu. Das Mädchen bemerkte sein Näherkommen und schaute ihn ängstlich an. Ihre Lippen zitterten, während ihre Augen vor Schreck weit geöffnet waren.
„Was wollt ihr von der Maid?“, wollte Gerold wissen. Dabei stemmte er die Hände in die Hüften, was ihn automatisch größer erscheinen ließ, als er in Wirklichkeit war. Seine Hemdsärmel spannten sich um seine Oberarme und ließen die kräftigen Muskeln erahnen, die sich darunter verbargen.
„Was geht´s dich an“, fuhr ihn der eine Halunke spöttisch an.
„Saubande, das geht mich allemal was an“, spuckte ihm Gerold entgegen. „Das Mädchen hat Angst vor euch. Also lasst sie gefälligst in Ruhe!“
„Wer sagt das?“, meinte der andere Spitzbube, dem ein Ohr fehlte.
„Ich“, entgegnete Gerold resolut und stellte sich neben das Mädchen, das nun begriff, dass dieser fremde Mann ihr unerwartet helfen wollte. Der Schmied schob sie ein wenig hinter sich, um ihr Schutz zu geben.
Hämisches Gelächter scholl ihm entgegen. Indessen sprang der Erste zu dem Mädchen und wollte es an sich ziehen. Doch Gerold kam ihm zuvor. Fest griff er nach dessen Handgelenk und quetschte es mit seiner Faust. Der Halunke stöhnte gequält auf.
„Lass sie gefälligst in Ruhe“, forderte Gerold wieder.
„Von einem Dahergelaufenen wie dir lassen wir uns gar nichts befehlen“, schrie ihm der Ohrlose entgegen. Er ballte seine Hände zu Fäusten und hielt sie Gerold drohend entgegen.
Das wollte sich der Schmied nicht bieten lassen. Er ließ das Mädchen los und schob es noch etwas mehr zur Seite.
„Mach bitte Platz“, flüsterte er ihr zu. Das Mädchen flüchtete sich hastig hinter Gerolds breiten Rücken. Nun war der Weg für den Schmied frei. Er konnte handeln, ohne die Maid zu gefährden.
Grinsend standen die beiden Schufte vor ihm und bedrohten ihn. Doch ehe der eine Gerold einen Fausthieb verpassen konnte, lag er schon rücklings am Boden und zappelte wie ein Fisch auf dem Trockenen. Gerold sah die auf ihn zufliegende Faust schneller als der andere handeln konnte. Mit einem geübten Griff hebelte er seinen Angreifer zu Boden. Der andere versuchte, Gerold mit einem Tritt gegen das Schienbein außer Gefecht zu setzen. Doch da hatte er die Rechnung ohne den Schmied gemacht. Seine Faust flog schneller als der Wind, traf ihn am Kinn und gleich darauf auf der Nase. Es knirschte, der Gauner jaulte schmerzerfüllt auf. Blut schoss aus seiner getroffenen Nase.
Der bereits auf dem Boden liegende Schurke kam mühsam wieder auf die Füße. Drohend stellte er sich Gerold entgegen. Auch hier war Gerold wieder schneller und verpasste ihm einige Fausthiebe ins Gesicht. Gerold bekam ebenfalls einiges ab. Ein Auge lief bereits blau an und schwoll zu. Er ließ sich aber nicht davon abbringen, das Mädchen zu verteidigen.
Plötzlich hörte er hinter sich einen langgezogenen Schrei. Obst, Gemüse und Brot rollten über den Boden. Der Kerl, dem die Nase von Gerolds Hieb immer noch blutete, hielt sich den Kopf, an dessen Stirn bereits eine dicke Beule prangte. Das Mädchen stand mit hoch erhobenen Korb vor ihm und prügelte damit auf ihn ein. Sich mit den Händen schützend, versuchte der Kerl der Attacke der Maid zu entkommen. Doch die war sehr schnell und hatte anscheinend Mut gefunden, waghalsig ins Geschehen einzugreifen.
Gerold nutzte die Chance, um dem anderen einen heftigen Hieb zu versetzen, dass der benommen zu Boden ging und halb ohnmächtig dort liegen blieb. Dann nahm er sich den anderen vor. Schnell war nun auch der außer Gefecht gesetzt. Beide wurden gefesselt, damit sie nicht das Weite suchen konnten.
„Ihr kamt in größter Not“, sagte das Mädchen erleichtert zu Gerold, als sie ihre beiden Angreifer wie Maikäfer auf dem Rücken liegend und zappelnd sah. „Mein Dank gilt Euch.“
„Nichts zu danken“, entgegnete Gerold. „Einem hübschen jungen Mädchen hilft man doch gerne.“
„Wäret Ihr nicht gewesen, wer weiß, was die beiden mit mir gemacht hätten“, erwiderte die Maid. „Aber, sagt, ich habe Euch hier noch nie gesehen? Seid Ihr neu in der Stadt“, wurde der Retter gefragt. Neugierig sah das Mädchen ihn an.
„Ich bin heute erst angekommen“, erklärte der Schmied. „Mit meiner Frau zusammen wohne ich beim Weber Sebalt im Weberviertel. Meine Frau arbeitet dort als Weberin und ich bei der Stadtwache. Eigentlich wollte ich jetzt nach Hause, ich habe mich aber verirrt.“
„Oh, Ihr seid beweibt“, erwiderte die Kleine und errötete. „Solch einen Helden wie Ihr einer seid, wünscht sich jede Frau.“ Schüchtern malte sie mit ihrem Schuh Kringel in den Dreck der Straße.
„Ach was, das ist doch Ehrensache, zu helfen, wenn eine Frau in Not ist“, wehrte Gerold ab. „Doch nun sagt mir, wo wohnt Ihr. Ich begleite Euch nach Hause.“
Sie erklärte Gerold, wo sie hin musste. Dabei sammelte sie die auf dem Boden zerstreuten Sachen zusammen, während Gerold die beiden Schurken am Kragen hochzerrte. Er brachte das Mädchen unbehelligt nach Hause, wobei ihnen auf dem Weg dorthin einige Leute begegneten, die ihnen erstaunt nachblickten. Eine Maid aus der Stadt mit einem Fremden, der zwei verlotterte Kerle am Seil hinter sich her führte. So was hatte man in der Stadt noch nie gesehen.
Als Gerold das Mädchen zu Hause abgeliefert hatte, machte er sich auf den Weg zurück zum Kerkerturm. Als die Halunken bemerkten, wohin es ging, versuchten sie, Gerold zu bestechen. Im Kerker wollten sie keinesfalls landen. Der Schmied allerdings ließ sich von den beiden nicht überreden. „Wir sprechen uns noch“, drohte er ihnen. „Von wegen Frauen überfallen. Nicht mit mir!“ Unbarmherzig zerrte er die beiden hinter sich her. Am Kerker angekommen, übergab er sie dem überraschten Wachtmeister.
„Schon zurück“, sagte der erstaunt zu Gerold, „und auch noch mit Anhängseln. Wo hast du die beiden denn aufgegriffen? Die suchen wir schon lange Zeit. Es gehen Gerüchte um, dass sie wehrlose Frauen überfallen und sich an ihnen vergreifen sollen. Aber niemand traut sich etwas zu sagen, alle haben Angst vor denen.“
„Genau deswegen habe ich die Halunken festgesetzt. Sie überfielen in einer Gasse eine junge Magd und wollten ihr Unrecht tun. Zum Glück kam ich dazu und konnte sie auf frischer Tat ertappen. Ich werde bestimmt nicht vor denen und ihren Drohungen kuschen. Das Mädchen ist nun wohlbehalten zu Hause“, erklärte Gerold. „Allerdings hab ich deswegen meiner Frau nicht Bescheid geben können, dass ich hier angenommen wurde. Doch das kann ich ihr auch heute Abend berichten.“
„Sehr gut“, erwiderte Michel erfreut über den Einsatz und den überraschenden Erfolg seines neuen Wächters, „solche Leute wie dich brauchen wir hier. Es nimmt langsam überhand mit Angriffen auf unbescholtene Bürger der Stadt. Halt also immer die Augen offen, auch wenn du nicht im Dienst bist.“
So begann Gerolds erster Tag in Buttstädt recht aufregend. Eine Maid wurde vor bösen Buben gerettet und zwei lang gesuchte Halunken festgesetzt.