Während Marianna sich im Untergeschoß befand und von Meister Hans Instruktionen erhielt, erwachte Gerold aus seiner Bewusstlosigkeit. Erschrocken fuhr er hoch, doch ein heftiger Schmerz schoss durch seinen Kopf. Aufstöhnend sank er zurück in sein Kissen. Er griff sich an den Kopf und bemerkte dort einen Verband. Gewaltsam zwang er sich, ruhig zu bleiben und den pochenden Schmerz zu ignorieren. Wo befand er sich nur und warum trug er einen Verband um seinen Kopf? Schemenhaft erkannte er sein Schlafzimmer, das er gemeinsam mit seiner Marianna in Meister Sebalts Haus bewohnte. Wie und warum er nun hier war, wusste er nicht. Er konnte sich nur noch daran erinnern, dass er Nachtdienst im Wächterhäuschen hatte und er dort einen Schlag auf den Kopf bekommen hatte.
Doch jetzt darüber nachzudenken, hatte er weder Lust noch Laune. Das einzige, was ihn quälte, waren ganz gemeine Kopfschmerzen, die sich anfühlten, als würde jemand mit einem Hammer auf seinen Schädel einschlagen. Dazu war ihm auch noch speiübel. Er fühlte sich geschwächt und ausgelaugt. Gerold fielen erneut die Augen zu, sanft schlummerte er abermals ein.
Als Marianna zurück in ihre Stube kam, schlief Gerold den Schlaf der Gerechten. Er sah blass aus. Sein Gesicht war eingefallen und unter den Augen zeichneten sich dunkle Ringe ab. Doch sein Atem ging regelmäßig, was Marianna ein wenig beruhigte.
Seine Ehefrau setzte sich neben ihren Mann auf das Bett. Mit einem Lächeln im Gesicht schaute sie ihn an. Sie dachte zurück an die Zeit, als sie sich kennengelernt hatten. Damals wäre ihr niemals in den Sinn gekommen, dass sie und Gerold jemals ein Paar werden könnten. Vor allen Dingen die Umtriebigkeit, die er in der Burg an den Tag legte, machte ihr Sorgen, ja, sie schreckte sie sogar ab, Kontakt mit ihm zu haben. Ihr gefiel es keinesfalls, ihn ständig mit verschiedenen Frauen anbändeln zu sehen. Kein Rock war vor ihm sicher.
Diesen anfangs verdreckt ankommenden Mann hatte sie allerdings sogleich in ihr Herz geschlossen, auch wenn sie dies nach außen hin nicht zeigte. Immerhin war sie damals noch mit Godfrey, dem Pferdeknecht auf der Burg liiert und eine Eheschließung mit diesem stand bevor. Gerolds Frechheit rettete sie in letzter Sekunde vor einem Fehlgriff. Immerhin kannte er sie gar nicht und dennoch wagte er sich, ihr sogleich Avancen zu machen. Seitdem war eine lange Zeit vergangen und sie beide hatten viel erlebt, Gutes und auch weniger Gutes. Dass sie sich ihm dann doch zugewandt hatte und ihm das Ja-Wort gegeben hatte, bereute sie keine einzige Minute. Und nun sah sie ihren Geliebten bereits zum zweiten Mal verletzt und krank vor sich liegen.
Vorsichtig zog Marianna Gerolds Bettdecke zurecht, die er im Schlaf von sich gestrampelt hatte. Gerold bemerkte von allem nichts. Er schlief tief und fest. Auch Marianna überwältigte die Müdigkeit. Sie löschte das Talglicht, legte ihr Brusttuch beiseite und legte sich an Gerolds Seite. Unter seiner Decke kuschelte sie sich dicht an ihn. Außer einer Bruche* und seinem Hemd trug er nichts am Leib. So hatte sie fast unbehindert Körperkontakt zu ihrem Liebsten. Seine Körperwärme übertrug sich auf sie, was sie wohlig seufzen ließ. So heimelig müsste es immer sein.
Gerold erwachte und brummte leise vor sich hin, als er bemerkte, wie sich Marianna neben ihn legte. Er wollte sich auf die Seite drehen, damit er sie in seine Arme schließen konnte. Doch ein heftiger Schmerz im Kopf, der durch die ruckartige Drehung entstand, hielt ihn davon ab. Sterne blitzten vor seinen Augen wie ein Feuerwerk. „Autsch, verflixt nochmal“, knurrte er und griff sich an die Stirn, hinter der sich der arge Schmerz ausbreitete.
„Nicht bewegen, Liebster“, flüsterte Marianna ihm ins Ohr. „Meister Hans sagte, du sollst deinen Kopf so wenig wie möglich bewegen, damit sich dein Gehirn erholen kann. Der Schlag, den du von einem der Schurken erhalten hast, war nicht ohne. Du kannst von Glück reden, dass du nicht noch schwerer verletzt wurdest.“
„Aber so kann ich dich doch gar nicht in die Arme nehmen“, murrte Gerold, blieb aber dann doch ruhig liegen, als eine weitere Schmerzwelle durch seinen Kopf schoss. „Sag mir lieber, wie ich hierher gekommen bin.“
„Ach Liebster, das ist doch nicht so schlimm“, erwiderte Marianna. „Wir liegen doch nah beieinander. Das ist auch schön. Ruhe dich lieber aus, du bist verletzt. Ich erkläre dir später, wer dich hergebracht hat.“ Marianna kuschelte sich noch enger an Gerold heran, der es sichtlich genoss, so neben seiner Frau zu liegen, auch wenn er dazu gezwungen war, sich so wenig wie möglich zu bewegen. Die ständigen Nachtdienste, die er in der letzten Zeit schieben musste, hatten ihrer intimen Zweisamkeit leider einen Riegel vorgeschoben. Während er nachts Wache schieben musste, schlief Marianna und tagsüber war es umgekehrt: Marianna arbeitete, während Gerold schlief. Die kurze Zeit, die sie abends miteinander hatten, verbrachten sie meist zusammen mit Meister Sebalt und Dorlein in der Küche.
Auch Marianna sehnte sich sehr nach Intimitäten. Erst jetzt, nachdem sie neben Gerold lag und seine Nähe und Wärme genoss, wurde ihr dies bewusst. Obwohl ihr Liebster körperlich angeschlagen war und unbedingt Ruhe benötigte, ritt sie der Teufel. Wenn sie schon auf Zärtlichkeiten verzichten musste, konnte sie ihm welche zuteilwerden lassen. Zärtlich streichelte Marianna über Gerolds Bauch. Ihr Finger zogen Kreise, erst auf der Brust, dann über seinen Bauch.
Gerold lag wie gebannt neben ihr und wagte sich kaum, zu atmen. Zu sehr wünschte er sich, ihre Hand möge sich in tiefere Regionen verirren, sogleich erwachte seine unverletzte Männlichkeit. Als ihre Finger dann doch in die gewünschte Region hinabglitten, hielt er den Atem an. Dann stieß er ihn heftig aus und streckte sich aufstöhnend der liebkosenden Hand entgegen. Seine Kopfschmerzen und die Übelkeit schienen mit einem Mal wie von Geisterhand verjagt, verschwunden zu sein.
„Liebes“, stieß er aus, als er spürte, wie sich sein Gemächt in die Höhe streckte und pochend in Mariannas Hand lag.
„Still“, befahl Marianna und hielt Gerold davon zurück, sich aufzurichten. Ihre Hand ging weiterhin auf Wanderschaft. Wie einem Flügelschlag eines Schmetterlings gleich, flatterten ihre Fingerspitzen über Gerolds aufgerichteten Schaft. Er wurde umkreist, zärtlich an der Eichel liebkost, fest umfasst und gerieben. Dann ging die Reise abwärts. Dort warteten Gerolds prall gefüllte Hoden auf Zärtlichkeiten.
Angestrengt versuchte Gerold, ruhig liegen zu bleiben. Doch wie Feuerstöße durchzog die plötzlich aufkommende Lust seinen Körper, die ihm das ruhig liegen beinahe unmöglich machte. Ihm wurde heiß und kalt. Er schwitzte, obwohl kalter Schweiß ihm über das Gesicht rann. Bald schon stöhnte er voller Wollust unter Mariannas liebevoller Behandlung.
Auch Marianna verspürte dieses Kribbeln in sich, das sie immer wieder überfiel, wenn sie ihrem Gerold beilag. Sie liebte es, mit ihm intim zu sein. Obwohl sie vor ihm bereits Männer hatte und die Dinge kannte, die zwischen Mann und Frau geschehen, wenn sie sich liebten, war Gerold der erste, der ihr die Möglichkeit gab, sich fallen zu lassen. Sie vertraute ihm mehr als jedem anderen vorher. Mit ihm tat sie auch Dinge, die sie früher nie für möglich gehalten hatte.
Wieder stöhnte Gerold auf, als sich Mariannas zarte Hand um seinen prallen Schaft spannte und ihn liebkoste. Als Marianna auch noch die Bettdecke wegschob, seine Bruche öffnete und sich über ihn beugte, um seine Männlichkeit zwischen ihre Lippen zu nehmen, war es aus mit Gerold. Die aufgestaute Lust brodelte in seinem Inneren wie die Lava eines Vulkans kurz vor dem Ausbruch. Zu einem Ausbruch sollte es auch kommen, schneller als es Gerold wollte. Um sich zurück zu halten, war es längst zu spät. Heftig aufstöhnend und keuchend ergoss er sich in ihren Mund.
„Oh, Liebste, das wollte ich nicht“, versuchte sich Gerold zu entschuldigen, als er nach einer Weile wieder zu Atem gekommen war. „Es ging alles viel zu schnell. Ich konnte mich einfach nicht mehr zurückhalten.“
„Das macht doch nichts“, erwiderte Marianna frech grinsend.
„Aber so hattest du nichts davon“, ärgerte sich Gerold über seinen vorzeitigen Erguss.
„Mach dir doch keine Gedanken um ungelegte Eier“, wehrte Marianna ab, „als wäre das je ein Problem gewesen. Und nun schlaf. Du brauchst Ruhe“, bestimmte sie einfach. Sie zog die Bettdecke wieder über sie beide und kuschelte sich erneut an ihren Liebsten.
„Aber…“
„Pst, still…“, flüsterte Marianna und gab ihrem Mann noch einen Kuss.
Nun gab sich Gerold geschlagen. Aufseufzend sah er an die Decke und überlegte. War das eben Erlebte wirklich Realität? Er konnte es kaum glauben. Doch als er neben sich blickte und dort seine Liebste schlummern sah, konnte das nur Wahrheit sein.
Die nächsten Tage vergingen für Gerold viel zu langsam, doch mit jedem Tag, der verstrich, ging es ihm besser. Er fühlte sich wohler, sein Gesicht nahm wieder eine normale Farbe an. Obwohl ihm Bettruhe verordnet worden war, sträubte er sich dagegen, den ganzen Tag sinnlos im Bett liegen zu bleiben und Däumchen zu drehen. Viel lieber wollte er wieder zur Arbeit gehen und seinem Dienst nachgehen. Doch Marianna redete ihm ins Gewissen. Immer wieder hielt sie ihm Meister Hans Worte vor, er solle sich unbedingt schonen und keine Faxen machen.
Meister Hans selber kam alle zwei Tage und kontrollierte Gerolds Kopfwunde, die gut verheilte. Nach einer Woche konnte der Verband gänzlich entfernt werden. Der Henker war zufrieden mit ihm und dem Heilungsverlauf. Er erlaubte ihm, das Bett zu verlassen. Doch zur Arbeit durfte er noch nicht. So machte es sich Gerold zur Gewohnheit, sich im Garten und am Haus zu betätigen. Eigentlich war das neben der Weberei mit Mariannas Aufgabe, doch während er zu Hause bleiben musste, wollte er sich nützlich machen, um nicht gänzlich einzurosten. Nach und nach wurden auch die Kopfschmerzen weniger. Nach knapp zwei Wochen waren sie gänzlich verschwunden, was Gerold sehr erfreute. Die frische Luft im Garten tat ihm gut und er kam nach und nach wieder zu Kräften. Er fühlte sich wie neu geboren.
Gerold musste trotzdem noch einige Tage zu Hause bleiben. Die zusätzliche freie Zeit nutzte er mit Marianna, die abends nach Beendigung ihrer Arbeit nur für ihn da war. Die Abende waren lau und warm. So konnten sie noch Spaziergänge durch die Stadt und die Umgebung machen. Oft genug mussten sie eilen, wenn die Sperrstunde eingeläutet und die Stadttore geschlossen wurden, um noch nach dem letzten Ankömmling durch das Tor zu schlüpfen. Dann liefen sie Hand in Hand wie ein Liebespaar zurück zu Meister Sebalts Haus.
Die viele freie Zeit beflügelte Gerold, seiner Marianna nachts seine Liebe zu zeigen. Oft genug frönten sie der Lust, was ganz in Mariannas Sinne war. Sie genoss die Zeit mit ihrem Mann. Sobald Gerold wieder auf Nachtwache musste, würden die schönen Momente der innigen Zweisamkeit wieder knapp werden. Dass ihre Liebesstunden bald Folgen haben sollten, ahnten sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
*Bruche oder auch Brouche – so nannte man im Mittelalter das einer Unterhose ähnliche Kleidungsstück. Sie glich der heutigen Boxer Short.