Wie ungemütlich, dachte Isabelle, als sie aus ihrem Auto stieg. Eilig stülpte sie sich ihre Kapuze über, um sich vor dem Regen zu schützen, der gerade stärker wurde. Aus dem Kofferraum nahm sie ihre Sporttasche. Sie kam gerade vom Fitness und hatte mit ihrer Freundin Tina trainiert. Nun freute sie sich auf die warme Wohnung und eine Schmuseeinheit mit ihren Katzen. Zügig überquerte sie die Straße und ging mit großen Schritten dem Wohnhaus entgegen. Sie bog ab und ging durch den kleinen Durchgang Richtung Haustür. Abrupt blieb sie stehen, als sie jemanden auf der Treppe sitzen sah. Niemand sonst war hier im Innenhof zu sehen. Zögerlich ging sie weiter, bis sie erkannte wer dort saß.
"Jan!", rief sie erstaunt aus und er hob den Kopf. "Du bist ja klitschnass, wie lange sitzt du denn hier schon?", fragte sie und steckte den Schlüssel in das Schloss. Er stand langsam auf und zuckte mit den Schultern. Isabelle hielt die Tür auf und folgte ihm dann ins Treppenhaus.
"Ist was passiert?", wollte sie wissen, während sie die fünf Stufen zu ihrer Wohnung hochging und auch dort die Tür aufschloss. Als sie beide in der Wohnung standen, sah sie ihm prüfend ins Gesicht. "Was ist denn los?", fragte sie erneut und hing ihre Jacke an die Garderobe und nahm ihm seine ab. "Ich hole dir mal schnell ein Handtuch."
Als sie aus dem Badezimmer kam, war Jan schon ins Wohnzimmer gegangen und stand am Fenster. Sie reichte ihm das Handtuch, damit er sich zumindest die Haare und das Gesicht trocknen konnte. Ganz offensichtlich fror er, seine Kleidung war tropfnass.
"Okay, ich hab hier irgendwo noch ein paar alte Klamotten von Mike. Du solltest dich umziehen ehe du dir den Tod holst." Sie fand in einer Kiste auf dem Schrank die gesuchten Sachen und drückte Jan einen Pullover und eine Jogginghose in die Hand. Dann zog sie ihn in Richtung Bad. Er musste aus den Sachen raus, danach musste sie herausfinden, was mit ihm los war.
"Das Testergebnis ist da", sagte Jan mit einem Mal.
Isabelle ließ ihn los.
"Oh. Okay", meinte sie dann. Er sprach nicht weiter und Isabelle sah ihn fragend an. "Na gut, dann reden wir gleich drüber. Du kannst gerne warm duschen. Ich mache uns derweil Tee, magst du was essen?" Jan schüttelte den Kopf und verschwand im Badezimmer.
Während sie darauf wartete, dass das Wasser zu kochen begann, dachte Isabelle nach. Es gab ja nur zwei Möglichkeiten. Jans seltsames Auftauchen irritierte sie. Kam er zu ihr, weil das Ergebnis negativ war und suchte Trost? Oder war er hier, weil er ihr unbedingt sagen wollte, dass David sein leibliches Kind war? Sie wurde aus ihm nicht schlau. In den letzten Tagen war er immer schweigsamer geworden, gesehen hatten sie sich seit dem Wochenende nur in der Kita. Seufzend goss sie das Wasser in eine Teekanne und brachte diese nebst zwei Tassen ins Wohnzimmer. Sie hörte die Dusche rauschen. Jan würde also noch einen Moment brauchen. Leo und Mimi verlangten nach ihrer Aufmerksamkeit und nach einer kurzen Streicheleinheit richtete sie deren Futter. Sie sah im Kühlschrank nach, was sie noch im Haus hatte und schmierte schnell ein paar Brote. Das Meiste ließ sich aus ihrer Sicht besser ertragen, wenn man nur einen gefüllten Magen hatte. Sie schnitt die Brote durch und brachte den Teller ebenfalls nach nebenan.
Ein paar Minuten später kam Jan herein und setzte sich zu ihr auf die Couch. Sie reichte ihm eine Tasse mit heißem Tee und zeigte auf den Teller.
"Greif` ruhig zu." Er nippte am Tee.
"Das tut gut", sagte er nach dem ersten Schluck. Isabelle lehnte sich zurück, hielt ihre Tasse in der Hand und sah ihn an.
"Wie lange bist du denn schon dort unten gesessen?", erkundigte sie sich. "Vielleicht zwei oder drei Stunden", murmelte Jan leise. "Ich war vorher mit dem Auto unterwegs und bin herum gefahren. Irgendwie wusste ich nicht wohin", ergänzte er.
"Musst du nicht arbeiten?", wunderte sie sich. Er schüttelte den Kopf. Langsam sah er sie an.
"Krankgeschrieben", antwortete er knapp. Sie reagierte mit einem Stirnrunzeln.
"Warum das?", hakte sie nach.
Mimi sprang in diesem Moment zu ihnen und sah Jan interessiert an. Gedankenverloren kraulte er die Katze. Isabelle wurde ungeduldig. Sie wollte ihm nicht alles aus der Nase ziehen müssen.
"Verdammt, Jan. Nun erzähle doch bitte was los ist und warum du hier bist? Was ist mit dem Test?"
Mimi kuschelte sich an Jan heran und begann leise zu schnurren, fast als wolle sie ihn beruhigen.
Mit Tränen in den Augen antwortete er dann.
"Er ist von mir, David ist mein Kind."
Verwundert sah Isabelle ihn an. Warum freute er sich denn nicht? Seitdem er ihr gesagt hatte, dass David tatsächlich sein leibliches Kind war, weinte Jan hemmungslos. Die Tränen hörten gar nicht mehr auf und er hatte die Hände vor sein Gesicht geschlagen. Sie rückte näher zu ihm und streichelte beruhigend seinen Rücken.
"Hey, alles ist doch gut", flüsterte sie dabei. Mimi hatte sich auf den Kratzbaum verzogen und beobachtete das Geschehen von dort. Jans ganzer Körper bebte und er schluchzte immer wieder laut auf. Vorsichtig nahm sie seine Hände vom Gesicht. Sie zog ihn zu sich, so dass er seinen Kopf an ihre Brust lehnen konnte und hielt ihn einfach nur fest. Sie konnte später nicht sagen, wie lange sie dort so saßen. Sie erkannte erst jetzt, wie groß seine Angst gewesen sein musste. Behutsam brachte sie sich in eine liegende Position, so dass sie ihn besser in den Arm nehmen konnte. Seine Tränen durchnässten ihre Bluse und nur langsam kam er zur Ruhe. Sie streichelte ihm weiter den Rücken, das Gesicht und die Hände, bis er sich endlich entspannte und der Tränenstrom versiegte. Sie gab ihm einen sanften Kuss auf die Stirn und schob seine Haare aus derselben. Er hatte die Augen geschlossen und rührte sich nicht. Sie murmelte weiter beruhigend auf ihn ein. Dabei war sie selbst sehr durcheinander und der Gefühlsausbruch nahm sie mit. Irgendwann spürte sie, dass er eingeschlafen war, sein Atem ging ruhig und gleichmäßig Erleichtert sah sie ihn an.
Mimi kam wieder zurück auf das Sofa und schnupperte an Isabelles Hand. Sanft lächelte sie und löste sich aus der Position. Vorsichtig, damit er nicht wach wurde, kletterte sie über ihn. Die Katze nahm ihren Platz ein und kuschelte sich an Jan. Verschwörerisch blinzelte sie Isabelle zu. Leise räumte sie das Wohnzimmer auf und nahm in der Küche ihr Handy in die Hand. Schon fast Mitternacht, dachte sie erstaunt und hörte die Mailbox ab. Jules besorgte Stimme tönte durch den Lautsprecher. Offenbar war sie auf der Suche nach Jan, der am Mittag einfach verschwunden war. Oh je, die war sicherlich in heller Aufregung. Schon vor einigen Stunden hatte sie angerufen. Isabelle schickte ihr eine kurze Nachricht und schrieb ihr, dass Jan bei ihr sei, sie solle sich keine Sorgen machen.
Nachdenklich stand sie dann wieder vor Jan und deckte ihn zu. Sie wollte ihn nicht wecken, auch wenn sie ihn lieber mit ins Bett genommen hätte. Aber so konnte ihm zumindest Mimi Gesellschaft leisten, dachte sie. Sie ließ ein kleines Licht auf der Kommode an und ging dann ins Bett. Dort kuschelte sie sich tief ein und ließ ihren Gedanken freien Lauf.
Sie hatten sich nur immer kurz gesehen und am Telefon war Jan sehr einsilbig gewesen. Mit keiner Silbe hatte er erwähnt, dass er krank geschrieben war. Geschweige denn warum. Nur von dem Jobangebot aus München hatte er ihr erzählt. Und direkt geäußert, dass er eigentlich gar nicht nach München wollte. Gestern hatte er sich dann in der Kita von David verabschiedet, den dann Diana abgeholt hatte. Es war auch den Kolleginnen nicht verborgen geblieben, dass der Junge wie ausgewechselt gewesen war. Fein säuberlich hatte Hannah auch das in der Akte vermerkt. Gleichzeitig hatte sie sich über Isabelle gewundert, die sich bezüglich der Einschätzung des Kindes auffällig zurückgehalten hatte. Aber sie hatte einfach nicht gewusst, wie sie damit umgehen sollte. Noch wollte sie die Kollegin nicht einweihen. Die Angelegenheit mit Jan war noch so frisch. So fragil. Die Nähe, auch emotional, die sie durch das Wochenende getragen hatte, war deutlich geschrumpft. Sie hatte seine Ängste durchaus verstanden. Ihm hatte der Test schwer im Magen gelegen. Isabelle drehte sich zum Fenster und seufzte.
Sehr viel später nahm sie im Halbschlaf war, wie Jan zu ihr ins Bett kam und sie zu sich zog. Er ließ sie die ganze Nacht nicht mehr los.
Sie hatte sehr früh raus gemusst. Kurz nach Sechs stand sie unter der Dusche und packte dann eilig ihre Sachen, versorgte die Katzen und sah dann nach Jan. Der schlief noch immer tief und fest. Sie gab ihm einen sanften Kuss und zog die Schlafzimmertür wieder fest hinter sich zu. Sie schrieb ihm ein paar Zeilen und machte sich dann auf zur Arbeit. Auf dem Weg dorthin musste sie an den Abend denken. Ihr wurde ganz schwer ums Herz. Sie hatte die ganze Zeit gedacht, wenn der Test positiv wäre, dass er dann seine Traurigkeit verlieren würde. Dass es dann insgesamt leichter werden würde. Im Moment schien ihr das in weite Ferne gerückt zu sein. Und sie verstand es nicht.
Ihre Kollegin Hannah war schon da, als sie ankam. Zusammen erledigten sie die Vorbereitungen und tranken einen Kaffee, ehe die Kinder eintrafen. David wurde von seiner Oma gebracht und war ziemlich still. Er spielte für sich alleine und Isabelle ging irgendwann zu ihm.
"Na, magst du heute nicht mit deinen Freunden spielen?", fragte sie ihn. Der Junge schüttelte den Kopf und sah sie dann mit großen Kulleraugen an.
"Isi, wo ist der Papa?", fragte er sie dann. Sie schluckte und versuchte ihm zu erklären, dass er seinen Vater bestimmt die Tage sehen würde.
"Ich will nach Hause!", erklärte David bestimmt und verzog seinen Mund.
"Aber bei der Mama ist doch auch dein Zuhause", argumentierte sie. Damit schien der Kleine nicht zufrieden.
"Mit Mama bin ich bei Oma und Opa", stellte er fest. Isabelle seufzte. Und es rührte sie gleichzeitig. Gespannt sah sie der Kleine an. Er hoffte offenbar, dass sie ihm aus seinem Dilemma helfen würde. Sie schüttelte ratlos den Kopf und fuhr ihm durch die Haare.
"Alles wird bestimmt wieder gut, David." Sie hoffte es so sehr. Für den Kleinen, für Jan und auch für sich selbst.
Wie so oft am letzten Tag vor den Ferien war in der Kita nicht viel los gewesen. Isabelle hatte sich von Hannah verabschiedet, die die Ferienbetreuung zusammen mit Kristina übernahm. Vor Isabelle selbst lagen ein paar freie Tage. Ursprünglich hatte sie überlegt, eine Freundin und deren Familie am Bodensee zu besuchen, aber irgendwie hatte sie dies dann aus den Augen verloren. Auf dem Heimweg entschied sie, für sich und Jan einzukaufen. Er hatte ihr am Morgen geschrieben, dass er ihr einen Zweitschlüssel da gelassen hatte und hoffte, dass sie das Wochenende zusammen würden verbringen können. Seitdem aber hatte sie keinen Ton mehr von ihm gehört. Ihre letzte Nachricht kurz nach der Mittagspause hatte er nicht Mal gelesen. Die Nachbarin versprach nach den Katzen zu sehen und Isabelle packte sich ein paar Sachen zusammen. Sie wollte sich Zeit nehmen für Jan. Ihm auf den Zahn fühlen. Instinktiv spürte sie, dass er ihr noch mehr zu erklären hatte, als er angedeutet hatte.
Im Dunkeln kam sie bei ihm an und betrat die Wohnung. Nur ein kleines Licht aus Davids Zimmer war zu sehen. Leise sah sie sich um und brachte den Korb in die Küche. Sie fand Jan schlafend auf dem Sofa im Kinderzimmer. Das Leselicht an Davids Bett brannte. Nachdenklich streichelte sie ihm über das Gesicht. Wieder hatte er Davids Nähe gesucht. Er fühlte sich etwas fiebrig an und sie beschloss, ihn nicht zu wecken. Stattdessen räumte sie die Lebensmittel in den immer noch leeren Kühlschrank und inspizierte dann die Küche. Da sie mächtig Hunger hatte, begann sie direkt mit der Zubereitung einer Suppe. Die würde auch Jan gut tun, sollte sein Regenabenteuer nicht folgenlos bleiben. Leise machte sie die Küchentür zu, damit der Lärm Jan nicht weckte.
"Isabelle?", hörte sie ihn dann aber doch leise fragen. Er stand in der Tür und wirkte ziemlich verschlafen.
"Hey, du bist ja wach. War ich zu laut? " Sie schob den Topf mit der Kürbissuppe auf den Herd und kam dann zu ihm, um ihn in den Arm zu nehmen.
"Alles okay bei dir?", fragte sie dann.
"Kopfschmerzen. Halsweh", antwortete er leise.
Sein Blick war leicht glasig und er sah müde aus. Mit ihrer Hand fuhr sie über seine Stirn.
"Du hast Fieber", meinte sie anschließend. Nickend setzte er sich auf einen Stuhl und zog sie auf seinen Schoss.
"Danke, dass du da bist. Du hast mir gefehlt", flüsterte er heiser. Er küsste sie vorsichtig und sie lehnte sich an ihn.
"Selbstverständlich, ich bin jederzeit für dich da." Sie sah zum Herd. "Jetzt mache ich uns erst mal was zum Essen, du hattest doch bestimmt wieder nichts vernünftiges über den Tag." Sie rutsche von seinem Schoss und ging zum Herd zurück.
"Eigentlich hab` ich gar keinen Hunger", murmelte er.
"Nichts da. Du brütest was aus und brauchst was ordentliches in den Magen." Dann hielt sie kurz inne. "Bist du deswegen nicht am Theater?", fragte sie dann nach.
Darauf hatte er ihr gestern gar keine Antwort gegeben. Jan holte tief Luft.
Erstaunt hörte sie ihm dann zu, als er vom dem Mittagessen im Angelo erzählte. Das Versagen auf der Bühne. Die Untersuchung danach, die mit der Krankschreibung geendet hatte.
Isabelle blieb die ganze Zeit an der Arbeitsplatte stehen und rührte nur ab und an in der Suppe. Mühsam schluckte sie eine Erwiderung herunter. Es traf sie, dass er ihr erst jetzt von seinen Zusammenbrüchen erzählte. Ernst sah sie ihn dann an.
"Damit ist nicht zu spaßen, ist dir das klar?" Er nickte und spielte mit dem Besteck, welches Isabelle schon auf den Tisch gelegt hatte. Zerknirscht fuhr er fort.
"Hanno ist mit mir die Werte durchgegangen heute. Ich bleibe krank geschrieben und auch er möchte, dass ich zu dieser Dr. Jäger gehe, die Alex mir empfohlen hat. Er meint, ich brauche vielleicht mental eine Auszeit. Er hat mir zu verstehen gegeben, dass er mir die Bescheinigung für München nicht ohne Abklärung dort ausstellt." Betrübt sah er sie an. "Egal wie ich es drehe oder wende, ich muss diesen Job annehmen. Daher habe ich für Montag einen Termin gemacht." Er sah zum Boden.
Isabelle schmeckte die Suppe und nickte. Sie nahm kein Blatt vor den Mund, als sie Jan antwortete.
"Ich halte das für eine sehr gute Idee, Jan. In den letzten Wochen ist unheimlich viel passierte. Vielleicht kann diese Ärztin dir helfen, das alles ein bisschen zu sortieren."
Sie brachte die inzwischen gefüllten Suppenteller zum Tisch und setzte sich zu ihm. Als er nur lustlos herumrührte, griff sie nach seiner anderen Hand.
"Iss, Jan. Das wird dir gut tun", forderte sie ihn auf. Auch in dieser Woche hatte er wieder an Gewicht verloren. Schließlich nahm er ein paar Löffel. Tatsächlich leerte er seinen Teller dann vor ihr. Während sie ihn beobachtete, kam ihr eine Idee.
"Du bist also die ganze Woche krank geschrieben?", fragte sie nach.
"Ja", brummte er leise.
"Wir haben ja Herbstferien, weißt du.", begann sie. "Wir wechseln uns mit der Ferienbetreuung immer ab, und ich habe diesmal frei. Wie wäre es, wenn wir für drei oder vier Tage irgendwo aufs Land fahren?", schlug sie dann vor. "Einfach mal raus, gutes Essen, lange Spaziergänge und viel Ruhe." Zweifelnd sah er sie an.
"Und wo willst du da so kurzfristig hin?", wollte er wissen. Milde lächelnd zwinkerte sie ihm zu.
"Lass` mich mal machen. Jetzt schauen wir erst einmal, dass dich die Erkältung nicht völlig umhaut."
Energisch schickte sie ihn nach dem Essen ins Wohnzimmer. Als sie nach dem Aufräumen zu ihm kam, döste er schon wieder. Er hatte den Fernseher angemacht und sie angelte sich die Fernbedienung. Nachdem sie sich in die andere Sofaecke gekuschelt hatte, zappte sie ein wenig und blieb bei einer romantischen Komödie hängen. Der Film war lustig und sie musste immer wieder leise lachen. Zwischendurch war Jan kurz wach, schlief aber die meiste Zeit. Als sie in einer Werbepause kurz das Sofa verließ griff er ihre Hand, als sie an ihm vorbeiging.
"Bitte geh` nicht weg", flüsterte er. Schmunzelnd beugte sie sich zu ihm und gab ihm einen Kuss. Seine Augen glänzten wieder und sie fühlte nach seiner Stirn, strich ihm eine feuchte Haarsträhne zurück.
"Natürlich nicht", beruhigte sie ihn. Er hatte die Augen schon wieder geschlossen, hielt aber ihre Hand weiter fest. Behutsam löste sie sich aus dem Griff und küsste ihn erneut.
Er schlief unruhig. Mitten in der Nacht half sie ihm sich umzuziehen, da er alles durchgeschwitzt hatte. Behutsam hatte sie ihn im Bett sitzend abgetrocknet und hielt ihn dann beim Einschlafen im Arm. Dennoch fühlte sie sich am nächsten Morgen frisch, ausgeruht und voller Tatendrang. Nach einer ausgiebigen Dusche spazierte sie zum Bäcker, bei welchem sie nach ihrer ersten Nacht bei Jan schon eingekauft hatte und besorgte frische Brötchen. Zurück in der Wohnung machte sie sich Kaffee und sah kurz nach ihm, der aber noch schlief.
Leise tappte sie ins Wohnzimmer und platzierte sich mit dem Kaffee und einem Buch in den Sessel am Fenster. Der Platz hatte ihr vom ersten Moment an gefallen. Ein schönes Eckchen zum Lesen und man konnte, aufgrund des bodentiefen Fensters parallel zur Straße hinunter sehen. Es war kalt draußen, aber die Sonne schien. Vielleicht hatten sie ja Glück und Jan hatte sich gesund geschlafen. Immerhin war er in den letzten 12 Stunden kaum wach gewesen. Und tatsächlich sah er besser aus, als er eine Stunde später im Raum stand und sie anlächelte.
"Wie geht es dir?", fragte sie ihn, als er sich auf die Lehne setzte und sie dann küsste. Er überlegte kurz.
"Ich fühle mich, als hätte ich einen Schleudergang in der Waschmaschine hinter mir. Aber die Kopfschmerzen sind besser. Und der Hals tut nicht mehr weh", stellte er fest. Sie fühlte seine Stirn.
"Fieber hast du keins mehr", stellte sie zufrieden fest.
Warm eingepackt und eng umschlungen spazierten sie am Mittag langsam durch den Park. Die Sonne schien an diesem perfekten Herbsttag und ließ die Kälte fast vergessen. Die frische Luft tat beiden gut, machte Jan aber wieder müde. Isabelle kochte wieder um sie kuschelten anschließend auf dem Sofa. Gerne wäre sie auch etwas weiter gegangen, aber sie spürte Jans Müdigkeit. Da er sich noch ziemlich matt fühlte, verabschiedete er sich dann auch früh ins Bett. Isabelle blieb noch ein wenig auf und prüfe dann vorm Schlafengehen noch ihre Emails. Am Vorabend hatte sie ihre Freundin angeschrieben und sich erkundigt, ob sie mit Jan vorbeikommen könnte. Sie hatten Glück. Marie würde ihnen eine der beiden Ferienwohnungen vorbereiten. Hoffentlich würde Jan die Idee gefallen. Ein Tapetenwechsel würde ihn bestimmt auf andere Gedanken bringen und sie würden viel Zeit füreinander haben.
Als sie am Morgen wach wurde, war die andere Bettseite leer, aber noch warm. Sie rekelte sich ein wenig und öffnete dann die Augen. Der Wecker zeigte gerade erst Acht Uhr an. Viel zu früh für einen Sonntag, ihrer Meinung nach jedenfalls. Die Schlafzimmertür ging auf und Jan kam zurück ins Bett. Sie kuschelte sich in seinen Arm.
"Guten Morgen, hast du gut geschlafen?", wollte er wissen und küsste sie auf die Stirn. "Hm, wunderbar.", murmelte sie und streichelte seine Brust.
"Du auch?", fragte sie zurück und er nickte leicht. Dann erzählte sie ihm von ihrer Idee.
Gespannt wartete sie auf seine Reaktion. Nachdenklich sah er sie an und begann dann zu lächeln.
"Klingt schön. Vielleicht eine ganz gute Idee", antwortete er dann zögerlich.
Dann lachte er leise und zog sie wieder zu sich um sie zärtlich zu küssen. Stürmisch erwiderte sie den Kuss und spielte auffordernd an seiner Pyjamahose. Die Lust überfiel sie geradezu. Als sie seine Hände auf ihrem Rücken spürte und er ihr dann schnell das Top auszog, stöhnte sie laut auf. Lustvoll drängte sich ihre Hüften ihm entgegen. Seine Hände glitten tiefer und suchten sich ihren Weg über ihre Taille hin zu ihrem Po. Diesmal nahm er ihr Tempo an und zögerte auch nicht. Er rollte sich mit ihr zur Seite, sie zog ihm die Hose aus und sah die Erregung in seinem Blick.
Noch immer atemlos küsste er sie anschließend. Sie schloss die Augen und genoss diesen Moment. Durch die Rollläden ließen sich Sonnenstrahlen erahnen, sie hatten den ganzen Tag für sich, wonniglich schmiegte sie sich in der Löffelchenstellung an ihn. Er hatte seine Finger mit den ihrigen verschlungen und atmete jetzt gleichmäßig in ihr Ohr. Sie musste kichern, denn es kitzelte sie ein wenig.
"Was magst du heute machen?", fragte sie ihn entspannt.
"Lass` uns im Bett bleiben", murmelte er schläfrig. Schmunzelnd küsste sie seine Hand.
"Wenn es regnen würde mein Schatz, dann könnte ich mich überreden lassen", alberte sie.
"Mach die Augen zu und stell` dir vor es regnet", schlug er vor und küsste sie sanft in den Nacken. Nun musste sie lachen.
"Kindskopf", kommentierte sie.
"Musst du heute nicht zu deinen Eltern?", fragte er dann.
"Nein, die sind übers Wochenende weggefahren und kommen heute Abend wieder. Ich bin aber morgen früh mit meiner Mutter zum Frühstück verabredet."
Jan spielte mit einer ihrer Haarsträhnen.
"Wann wollen wir dann an den Bodensee fahren?", fragte er. "Ich muss ja morgen zu dieser Psychotante und zu Alex ins Büro. Könnte aber gegen Mittag wieder hier sein", ergänzte er. Isabelle drehte sich zu ihm herum und gab ihm einen kurzen Kuss.
"Nimm` das morgen bitte ernst.", bat sie ihn. Er nickte und sah ihr in die Augen. Ein wenig Unsicherheit konnte sie in seinem Blick lesen.
"Dann lass uns doch morgen Nachmittag fahren, dann sind wir gegen Abend bei Marie und bleiben bis Freitag früh", schlug sie vor. Mit einem Ruck zog er sie an sich.
"So machen wir das."
Sie hatten gerade geduscht und Isabelle war noch im Bad, als es klingelte. "Erwartest du Besuch?", fragte sie erstaunt. Achselzuckend ging er durch das Schlafzimmer zum Flur.
"Eigentlich nicht", meinte er während er die Tür öffnete.
Ehe er begriff, warf sich David an ihn und Diana sah ihn mit säuerlicher Miene an.