Unendlich dankbar beobachtete Jan seinen Sohn und Isabelle, als sie am frühen Nachmittag am Spielplatz waren. Er saß auf einer Parkbank in der Sonne, während die beiden an den Spielgeräten beschäftigt waren.
Wieder hatte Diana den Kleinen einfach vorbeigebracht.
Diesmal hatte sie weitere Trumpfkarten ausgespielt.
David habe seinen Vater vermisst.
Und er den Kleinen doch bestimmt auch.
Dass sie ein Problem mit der Betreuung hatte, weil ihre Eltern in den Urlaub geflogen waren und sie es verpasst hatte, einen Platz während der Ferien in der Kita zu reservieren, kam erst peu a peu zu Tage. Isabelle hatte unsichtbar alles mitgehört und Diana anschließend als Hexe bezeichnet. Doch sie hatte auch sofort eine Lösung für die veränderte Situation. Dann würden sie David eben mitnehmen. Ihre Freundin hatte zwei Söhne und David wäre dort gut beschäftigt. Und damit Jan seine Termine wahrnehmen konnte, hatte sie angeboten David mit zum Frühstück bei ihrer Mutter zu nehmen.
Mit ihr was alles so unkompliziert und wie auch immer, sie fand für alles eine Lösung und verlor nie ihre Freundlichkeit. Dass sie diese Woche mit ihm so voller Geduld ertragen hatte, machte ihn sprachlos. Natürlich wusste er, dass er Fehler gemacht hatte. Er hatte es sich in seinem Schneckenhäuschen bequem eingerichtet und dabei vergessen, dass es Menschen in seinem Umfeld gab, die er damit verletzte. Allerdings hatte so die Beziehung mit Diana in den letzten Monaten funktioniert. Sie hatten ja kaum noch gesprochen, über Gefühle sowieso nicht. Jan hatte zwangsläufig alles mit sich selbst ausgemacht und es fiel ihm schwer, dies nun wieder zu ändern. Auch weil Dianas Reaktionen ihm meist zugesetzt hatten. In all den Jahren war sie mit seiner Gefühlswelt nie warm geworden und hatte ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass er aus ihrer Sicht zu Überreaktionen neigte. Vielleicht kam daher diese aufgestaute Traurigkeit und Wut? Ohne Erfolg versuchte er den Gedanken zu verscheuchen. Aber mit etwas Abstand erkannte er nun, was Jule und Alex ihm immer gesagt hatten. Diana hatte einfach nicht zu ihm gepasst. Erst das Lachen seines Sohnes holte ihn zurück ins Hier und Jetzt. David kam lachend zu ihm gelaufen und strahlte ihn glücklich an.
"Wir gehen Kuchen essen!", rief er dann und seine Augen leuchteten. Isabelle klopfte sich gerade etwas Sand von der Jeans und kam dazu. Auch sie lachte und griff nach Davids Hand, die ihr jener vertrauensvoll entgegen streckte.
"Ich habe dem kleinen Räuber hier versprochen, dass er eine heiße Schokolade und ein Stück Kuchen bekommt, wenn er jetzt brav mit uns ins Warme geht", erklärte sie Jan. David zog sie am Ärmel.
"Mir ist aber gar nicht kalt, Isi!", warf er ein. Herzlich lachte sie ihn an.
"Na klar, so wie du hier herumtobst." Dann warf sie Jan einen Blick zu. "Aber der Papa war krank, und daher gehen wir jetzt langsam rüber und schön in das Café da vorne", sagte sie und zeigte in die Richtung. Dann hakte sie sich bei Jan ein und sie spazierten gemeinsam durch den Park, während David vor ihnen her lief.
"Er ist prima, Jan", meinte sie dann. "Ich glaube, er ist jedenfalls sehr glücklich wieder in seinem Zuhause zu sein." Sie betraten das kleine Café und bekamen direkt einen Tisch zugewiesen. Eifrig erzählte David, während er seinen Schokoladenkuchen auseinandernahm, dass das Essen der Oma nicht geschmeckt hatte und der Opa keine Geschichten erzählen konnte. Stirnrunzelnd sah Jan seinen Sohn an.
"Und die Mama?", fragte er vorsichtig nach und erntete von Isabelle ein Augenrollen.
"Nun lass` doch, Jan", meinte sie. Doch David erzählte schon weiter.
"Mama hat gearbeitet, ganz viel." Er nahm einen großen Schluck von seinem Kakao. "Und Onkel Karsten hat die Mama mit dem Auto abgeholt." Langsam vervollständigte sich Jans Bild.
"Vermutlich war sie mehr bei Karsten als bei ihren Eltern", grummelte er. "Hat dich denn die Mama nicht ins Bett gebracht?", fragte er den Jungen nochmal. Der schüttelte wild den Kopf. "Die Oma. Und der Opa", antwortete der wieder. Liebevoll streichelte Jan seinem Sohne über den Kopf.
"Heute Abend erzähle ich dir eine lange Geschichte, versprochen."
David nickte begeistert und schlug direkt all seine Lieblingshelden vor, von denen er hören wollte. Isabelle kicherte und Jan lachte ebenfalls. "Langsam Schatz, nicht alle auf einmal."
Sichtlich glücklich lag David in seinem Bettchen und war friedlich eingeschlafen. Voller Rührung betrachtete Jan seinen Sohn. Erst jetzt begriff er die Tragweite des positiven Vaterschaftstest. Mit einigen Tränen im Auge deckte er den Kleinen zu, schob wie immer den Teddy neben das Kissen und gab ihm einen sanften Kuss. Sein Sohn, dachte er. Gott sei Dank, er ist definitiv mein Sohn. Er schob das Gute-Nacht-Geschichten-Buch in das Regal, steckte das Nachtlicht ein und löschte dann das Leselicht am Bett. Nochmal blieb er am Bett stehen und beobachtete das Kind. David lächelte im Schlaf und sah einfach zum knuddeln aus. "Ich liebe Dich, mein Schatz.", flüsterte Jan leise und verließ mit dem Babyphone das Zimmer.
Nervös betrat Jan die Praxis der Psychotherapeutin. Er wurde an der Anmeldung freundlich empfangen und direkt in das modern eingerichtete Sprechzimmer geführt. Die junge Arzthelferin brachte Tee und Wasser und informierte ihn, dass Frau Dr. Jäger gleich bei ihm sei. Im Raum stand, neben dem Schreibtisch, eine einladende Besprechungsecke. Jan nahm auf einem Sofa Platz und versuchte sich zu entspannen.
Nach etwa fünf Minuten öffnete sich eine kleine Tür hinter dem Schreibtisch und eine dunkelhaarige Frau, etwa 40 Jahre alt, kam herein und begrüßte ihn.
"Guten Morgen Herr Lehmann. Schön dass sie hier sind". Sie lächelte und gab ihm die Hand. Sie schlug die Patientenakte auf und las den Bericht, den Hanno ihm mitgegeben hatte.
"Dr. Krüger hat sie überwiesen?", fragte sie kurz. Jan nickte und räusperte sich.
"Und ein Freund, Alex Sander, hat sie empfohlen."
"Ah, der Alex, schön. Wir haben schon einige Male zusammen gearbeitet. Dann gehören Sie seiner Agentur an?", fragte sie.
Er bestätigte ihr dies, während sie Hannos Brief wieder in den Umschlag schob. Zu dumm, dass er nicht wusste, was dieser dort notiert hatte. Schließlich nickte sie und schenkte Tee ein.
"Ihr Hausarzt bittet mich in seinem Schreiben um eine Bestätigung einer vorläufigen Diagnose. Hat er mit ihnen schon darüber gesprochen?", fragte sie dann uns musterte ihn. Jan schüttelte den Kopf.
Danach befragte sie ihn über die letzten Wochen, die Trennung von Diana, seinen Zusammenbrüchen. Er beantwortete die Fragen jeweils knapp, während sie sich Notizen machte.
"Wie geht es ihnen im Alltag, wie schlafen sie, wie läuft der Job, haben sie an Gewicht verloren oder gibt es Tage, an denen sie keinen Antrieb haben?", hakte sie dann nach.
Er zögerte. Aufmunternd nickte sie ihm zu. "Nur zu, was wir beide besprechen, bleibt unter uns. Ich möchte mir erst einmal nur ein Bild machen, Herr Lehmann. Gewisse Dinge ausschließen oder auch Indizien sammeln." Sie lehnte sich im Sessel zurück und legte dem Block auf ihren Schoß.
"Entspannen sie sich. Ich beiße nicht und werde keine komischen Experimente an ihnen durchführen. Ich weiß, Männer haben oft Vorurteile und tun sich schwer, wenn sie über ihre Gefühle reden sollen. Aber ich denke, dass sie das hinbekommen." Beim letzten Satz zwinkerte sie ihm zu. Er atmete tief ein und aus und lehnte sich etwas zurück. Und dann erzählte er.
Von Diana und wie sehr er sie geliebt hatte und wie verraten er sich gefühlt hatte.
Wie ihre Beziehung in eine Sackgasse lief, was er nicht bemerkt hatte.
Von David, von dem er dann glauben musste, dass er nicht sein Kind sein könnte.
Und davon, dass er hoffte, sich neu verlieben zu können.
Dass er nur noch schlafen konnte, wenn Isabelle bei ihm war.
Von der Angst, dass ihm all das Geschehene seine Leidenschaft für seinen Beruf nahm und dass er nie wieder würde singen können.
Von der Panik, die ihn an dem Abend heimgesucht hatte, als man ihn von der Bühne geholt hatte.
Er gab zu, dass es Tage gegeben hatte, an denen er einfach hatte im Bett bleiben wollen.
Und er berichtete von den 8 Kilo, der er in den ersten 14 Tage nach Dianas Abgang abgenommen hatte, weil er einfach nichts herunter bekam. Dass er auch jetzt oft das Gefühl hatte, er müsse sich übergeben, sobald er nur Essen sah.
Dass es ihn um den Verstand brachte, wie sehr sein Kind litt und er nicht wusste, ob er David ausreichend beschützen konnte. Und dass er große Angst hatte als Vater zu versagen; dass er das Leben mit Kind als Künstler nicht packen könnte.
Nachdem er geendet hatte, gab sie ihm in paar Minuten, damit er sich fassen konnte.
"Das ist eine ganze Menge. Danke für ihre Offenheit", lobte sie kurz.
Sie sah ihre Notizen kurz durch.
"Ihr Hausarzt hat sie krank geschrieben, richtig?", fragte sie.
"Ja, bis einschließlich Montag nächste Woche", antwortete er. Sie reichte ihm ein Rezept und sah ihn dann an.
"Ich schließe mich Dr. Krüger an. Eine depressive Verstimmung lässt sich aber ganz gut behandeln und muss ihnen keine Angst machen." Sie lächelte ihn aufmunternd an.
"Ich werde Ihnen im ersten Schritt ein pflanzliches Mittel aufschreiben. Diese Kapseln basieren auf Johanniskraut; dies wirkt wie ein Antidepressiva, macht den Körper aber nicht abhängig", erklärte sie ihm. "Ansonsten empfehle ich Ihnen viel Zeit an der frischen Luft; denn Licht ist sehr wichtig, um den Serotoninspiegel hoch zu halten. Der wiederum ist für die Müdigkeit verantwortlich. Bewegen sie sich, machen sie ein bisschen Sport, am besten ein leichtes Walking oder Joggen. Wenn möglich, nehmen sie sich ein paar Tage Auszeit, wechseln die Umgebung und gönnen sie sich eine Pause. Das wird Ihnen helfen. Und über die Ängste sprechen wir beide wieder und erarbeiten zusammen Möglichkeiten." Sie blätterte in ihrem Kalender. "Nächsten Montag, gleiche Zeit?" Verwirrt von den ganzen Informationen nahm Jan den Terminzettel und das Rezept entgegen.
"Das bekommen wir hin, machen Sie sich keine Sorgen", versicherte sie ihm bei der Verabschiedung.
In der Agentur schloss Alex die Tür zu seinem Büro und stellte eine Tasse Kaffee vor Jan ab. Dann ging er um seinen Schreibtisch herum.
"Die Idee mit dem Wegfahren finde ich gut", meinte er, als er sich setzte. Jan hatte ihm von seinem Termin bei Dr. Jäger erzählt und dass ein paar Tage weg aus der Stadt sicherlich hilfreich wären. Kurz hatte er überlegt, ob er seinem ältesten und besten Freund von Isabelle erzählten sollte. Doch er hatte sich dagegen entschieden.
"Und nächste Woche sehen wir dann weiter" Alex Blick wurde ernst und er spielte etwas nervös mit seinem Kugelschreiber. "Pass` auf Jan. Cornelius war letzte Woche hier."
Irgendetwas an Alex` Stimmlage ließ Jan aufhorchen. Er war sich plötzlich sicher, dass jetzt etwas unangenehmes folgen würde. Vorsichtig schilderte Alex dann, dass das Theater eine Aufhebung des Vertrages vorgeschlagen hatte. Mit unbewegter Miene hörte Jan im zu. Als Alex schilderte, dass Cornelius Jan nicht mehr auf der Bühne sehen wollte, zuckte er zusammen.
"Was hast du ihm geantwortet?" Ihm war das Herz in die Hose gerutscht. Das Unfassbare war eingetreten. Man würde ihn aus einer laufenden Produktion werfen. Der absolute Super-GAU. Das könnte Folgen auf weitere Engagements haben. Vor allem, da er die Sache in München noch nicht in trockenen Tüchern hatte. Gerade noch hatte er sich etwas besser gefühlt und hatte sich auf die Tage am Bodensee gefreut. Und nun kam wieder ein Tiefschlag daher. Hörte das denn gar nicht mehr auf?
"Ich habe gesagt, dass wir abwarten sollten, wie lange du krank geschrieben bist. Warum du ausfällst habe ich ihm natürlich nicht gesagt." Alex rückte wieder an den Tisch und sah seinem Schützling in die Augen.
"Denke doch einfach die nächsten Tage mal darüber nach, ob das nicht sogar eine Chance ist. Es wären dann so oder so nur noch zwei Wochen. Finanziell also kein Drama. Und du hättest die Möglichkeit vor der Konzerttour etwas abzuschalten. Was vielleicht hinsichtlich des Attests für München auch gut wäre."
Die Konzerttour hatte Jan schon fast vergessen. Richtig, zwei Wochen quer durch Deutschland, dazu Wien und Zürich. Er legte die Stirn in Falten.
Alex seufzte.
"Klar, es ist sicherlich eine unangenehme Situation. Aber lieber ein Ende mit Schrecken.... Und wir könnten Cornelius dann zum Stillschweigen verdonnern." Kurz sah er in Jans Augen wieder den gehetzten Blick der letzten Wochen.
Nach dem Meeting saß Jan wie erschlagen im Auto. Der Drang, sich einfach im Bett zu verstecken, war beinahe übermächtig. Doch Zuhause wartete Isabelle, die mit David schon zurück war. Sie hatte ihm eine Nachricht geschickt, dass sie ihre Sachen schon gepackt hatte und er sich keinen Stress machen sollte.
"Hey, jetzt waren wir gerade fertig mit essen. Magst du noch was?", begrüßte sie ihn herzlich und drückte ihm einen Kuss auf die Wange, als er die Wohnung betrat. Wortkarg lehnte er ab und verschwand im Schlafzimmer. Stirnrunzelnd folgte sie ihm.
"Was ist los? Du hast doch was." Während er einen Koffer auf das Bett warf und für sich und David zu packen begann, wartete sie auf eine Antwort. Nicht schon wieder, dachte sie resignierend. Sie hatten doch gerade die Tage darüber gesprochen.
"Jan, ich habe dich was gefragt", sagte sie leise. Er hielt kurz inne und räumte dann weiter Kleidung in den Koffer. "Bitte, sprich mit mir", bat sie erneut leise. Mühsam schluckte er seinen Kloß im Hals herunter. Sie sah, dass er mit sich kämpfte. Dann setzte er sich auf das Bett und starrte auf den Fußboden.
"Jan?", fragte sie und machte einen Schritt auf in zu. Schließlich sah er sie an und sein trauriger Blick tat ihr in der Seele weh. "Später, Isabelle, okay?", flüsterte er. "Lass` uns packen und uns dann so schnell wie möglich von hier verschwinden."
Der Bodensee tat ihnen gut. Jans Launen aber blieben schwierig. Die Stimmungsschwankungen machten ihm schwer zu schaffen. Am ersten Abend brachte Isabelle noch David ins Bett und überließ Jan sich selbst. Stattdessen verbrachte sie Zeit mit ihrer Freundin und deren Familie. Am nächsten Morgen war Jan zugänglich und Schließlich schlug Jan einen Spaziergang am See vor. Nur sie beide. Er wollte ihn Ruhe mit ihr reden.
Der Tag war neblig und es war kalt. David hatten sie auf dem Hof zurück lassen können, wo er mit den Söhnen spielen konnte und Marie ein Auge auf ihn hatte. Jan war erleichtert, dass sie etwas Zeit für sich hatten. Ihm war klar, dass sein neuerliches Schweigen sie verletzt hatte.
"Weißt du, ich habe gerade das Gefühl, dass jeder positive Moment, jedes kurze Glücksgefühl sofort mit doppelter Kraft zerstört wird. Immer, wenn ich denke, es geht aufwärts, dann kommt eine Abrissbirne und reißt alles wieder ein", erklärte er ihr ruhig, als sie Hand in Hand am Uferweg entlang gingen. "Und dann denke ich, ich will dir das alles nicht antun", ergänzte er. Energisch schüttelte sie den Kopf.
"Ach Jan", seufzte sie. "Was wäre dass denn für eine Freundschaft oder Beziehung, in der man nur die guten Momente miteinander teilt? Du hast Sorgen und Kummer, und die möchte ich dir doch abnehmen", antwortete sie dann. "Aber dass kann ich nur, wenn du sie mit mir teilst. Ich finde es furchtbar, wenn du stattdessen schweigst. Wenn ich genau sehe, dass du leidest und den Mund nicht aufmachst. Dafür sind doch Freunde da."
Sie sah ihm in die Augen, sah wie er mit sich kämpfte. "Jan, nur sprechenden Menschen kann geholfen werden. Wenn Du alles mit dir alleine ausmachst, dann kann dir niemand helfen oder einen Rat geben. Und so wie ich das sehe, ist dein Limit fast erreicht. Dein Körper signalisiert dir doch, dass er nicht mehr kann." Sie blieb vor ihm stehen und legte ihm eine Hand auf die Wange. "Rede mit mir Jan. Vertrau mir doch bitte", flüsterte sie. Er zog sie an sich und nahm sie in den Arm. Sein Kopf ruhte auf ihrer Schulter und er atmete heftig ein und aus. Abrupt ließ er sie los und nahm wieder ihre Hand. Langsam gingen sie weiter. Jan erzählte stockend von seinem Termin bei Dr. Jäger. Bei diesem hatte er sich gut aufgehoben gefühlt, beteuerte er Isabelle mehrfach. Sie sah auf den See und sie schwiegen eine Weile.
"Was ist in der Agentur passiert?", wollte sie dann wissen.
"Das Theater will mich rauswerfen." Er blinzelte eine Träne weg, die sich davon stehlen wollte. "Und Alex ist der Auffassung, dass das vielleicht gar keine schlechte Idee ist", schob er hinterher. Isabelle wusste nicht, was sie sagen sollte. Jan sah sie bekümmert an. "Das fühlt sich einfach an, als würde einem der Boden unter den Füßen weggezogen."
Das konnte sie verstehen. Sie drückte seine Hand. Fast flüsternd begann sie zu sprechen.
"Die Freundin meines Bruder litt vor einigen Jahren an einer depressiven Verstimmung." Nachdenklich sah sie ihn an. "Sie hat es monatelang nicht ernst genommen. Das werde ich bei dir nicht zulassen, Jan." Sie blieb stehen, drehte sich zu ihm. "Ich verspreche dir, du kannst mit allem zu mir kommen; jederzeit. Ich werde auch nicht aufgeben, wenn du nicht reden willst. Verlass` dich drauf. Und du wirst das packen. Du wirst keine Chance haben, dich zu verkriechen." In ihren Augen standen Tränen und Jan musste schlucken. "Hast du mich verstanden, Jan?", fragte sie heiser.
Er kam auf sie zu und wischte mit seiner Hand ihre Tränen weg. Zärtlich küsste er sie und nahm sie dann in den Arm. Sie schluckte und sprach dann weiter. "Ich glaube dir, dass es sich für dich wie eine Katastrophe anfühlt, weil du die Produktion vor dem offiziellen Ende verlassen sollst. Aber gib` dieser Idee eine Chance, bitte."
In ihre jeweiligen Gedanken versunken gingen sie den Weg zurück.