Charles stieg aus dem Auto aus, um Mila die Tür zu öffnen, damit diese aussteigen konnte. Sie trat ins Freie und blickte sich neugierig, aber auch vorsichtig um. War diese Schule wirklich das, was ihrer Mutter versprochen worden war? Sie würde es sehen, aber bisher wirkten die Schüler doch sehr... normal.
Zumindest für die Verhältnisse, welche sie bei Elon gesehen hatte. Die Schule war alles andere als groß und ähnelte einer ganz normalen Schule. Zumindest wie sie diese aus dem Fernsehen kannte. Dagegen war ihre Privatschule größer und eleganter gewesen.
Sofort fühlte sie sich fehl am Platz. Sollte sie sich umsehen und zum Direktor gehen? Es war immerhin ihre Zukunft, die sie hier verspielte. Oder sollte sie einfach erst einmal abwarten und schauen, wie so der Unterricht war? Mila wusste es nicht genau.
Doch hineingehen müsste sie so oder so. Vorsichtig machte sie sich auf den Weg hinein in das Gebäude und begab sich direkt ins Sekretariat, damit sie sich anmelden konnte. Die Frau an der Rezeption schien nicht sonderlich gesprächig, sondern leitete sie lediglich weiter an eine Schülerin, wohl die Schülersprecherin, damit diese sie herum und in ihren Klassenraum führen konnte.
Valerie war zwar recht aufgeweckt und freundlich, vielleicht sogar etwas zu freundlich, doch sie schien wenigstens sehr aufgeschlossen.
„Und hier drüben ist die Mensa. Dort gibt es was zu essen, wenn du dir was kaufen willst. Die meisten essen aber immer draußen", erklärte sie erfreut und hüpfte regelrecht beim Laufen.
Mila sprach nur, wenn sie direkt gefragt wurde und sah sich ansonsten stumm um. Diese Schule war überhaupt nicht, was sie erwartet hatte. Ihre Mutter würde, wenn sie davon erfuhr, sofort wieder umziehen. „Ich habe... etwas anderes erwartet", erklärte Mila leise und hielt ihre Tasche fest an sich gedrückt. Das alles wirkte auf sie so fremd und falsch. Sie war doch ganz andere Dinge gewohnt. Das hier war wirklich nur eine ganz normale Schule. Und dafür hatte sie ihre Privatschule verlassen?
„Tut mir leid, wenn ich zu direkt bin, aber ich bin so neugierig. Wo hast du vorher gewohnt?", fragte Valerie und kam vor einem Spind zum Stehen, welcher wohl von nun an Mila gehören würde. Doch statt sich diesen anzusehen, erblickte sie Elon den Flur runter, wie er mit einem Schwarzhaarigen an einem anderen Spind stand, welcher ihn anscheinend zu textete.
„Ich komme aus New York City und war an der Leman Manhattan Preparatory School", erklärte Mila ein wenig schüchtern, da sie sich hier absolut nicht wohl fühlte. Alles wirkte falsch und... heruntergekommen!
Valeries Augen wurden groß und kugelrund, als ihr blonder Zopf plötzlich zum Stehen kam, da sie stillhielt. „Ist die Schule nicht total teuer?", fragte sie verwundernd und verschränkte aufgeregt die Finger ineinander.
Meinte sie das etwa ernst? Mila war in einer Limousine zur Schule gekommen und sie dachte die Schule wäre teuer?
Mila drückte ihre Tasche noch fester an sich. „Meine Mutter ist Anwältin und mein Vater Immobilienmagnat. Für uns ist das nicht teuer", erklärte sie leise. Es fühlte sich für sie so unglaublich seltsam an hier zu sein.
„Wow. Also stimmt es wirklich", murmelte Valerie mit großen Augen und schien beinahe schon zu träumen, wenn man nach ihrem Gesichtsausdruck ging. „Das muss ja echt cool gewesen sein in New York... mit so viel Geld...", lächelte die Blondine breit und setzte den kurzen Weg zu Milas Klassenzimmer fort. „Hier findet dein Unterricht statt. Ich wünsche dir viel Erfolg für deinen ersten Tag."
„Danke", murmelte Mila völlig überfahren und wusste überhaupt nicht, was sie hier machen sollte. Das war keine Eliteschule. Das war einfach nur eine Schule mit stinknormalen Menschen. Eine ganz normale Schule. Wie sollte sie denn hier die Leistung bringen, die sie für ihr späteres Leben brauchte. Trotzdem würde sie es versuchen müssen. Vielleicht war der Unterricht gar nicht so schlecht und fordernd genug.
Langsam trat sie in den Klassenraum ein und sah sich vorsichtig um. Alles wirkte so unzivilisiert.
Mila war sich unsicher ob sie überhaupt im richtigen Klassenraum war. Sie erblickte sogar Elon mit seiner schmierigen Mütze, der weitgehend Milas Blicke mied. Auffälliger ging es wohl nicht. Doch im Gegensatz zu ihm, musterten die anderen Schüler sie umso intensiver. Allen voran der schwarzhaarige Freund neben dem Elon saß.
Ihr Blick glitt weiter durch den Raum, auf der Suche nach einem freien Stuhl. Wo konnte sie sich hinsetzen? Wie waren hier die Regeln? Gab es die überhaupt? Alles wirkte so unorganisiert und wo war der Lehrer?
„Miss Nadasdy", erklang die Stimme einer älteren Frau und Mila drehte sich herum. Sie wirkte freundlich und war auch ganz hübsch, doch sie wirkte nicht so wie die Lehrer, die Mila kannte.
„Ja, das bin ich", erwiderte Mila sehr leise. Sie hatte einen Kulturschock.
Dieser Ort hier war grauenhaft und er schien mit jedem Mal schrecklicher zu werden. „Stellen Sie sich doch der Klasse vor und suchen Sie sich dann einen Platz. Wir freuen uns alle sehr dich bei uns aufnehmen zu dürfen", erklärte die Frau und reichte Mila die Hand.
Wie sie zwischen Sie und Du wechselte, gefiel Mila überhaupt nicht. Bisher hatte sie noch nie eine freundschaftliche Beziehung mit einem Lehrer geführt und niemand hatte es gewagt, sie zu Duzen. Das war ungewohnt. Und was hieß, sie sollte sich vorstellen? Unsicher blickte sie von der Lehrerin zu den Schülern. Das ging nicht. Sie konnte nicht so verloren wirken.
Also straffte sie die Schultern und folgte der Lehrerin in den Klassenraum. „Wir haben eine neue Schülerin", erklärte diese und deutete mit einem Kopfnicken auf Mila.
Diese atmete tief durch. „Hallo, ich heiße Mila Nadasdy, bin 16 Jahre alt und komme aus New York", erklärte sie und versuchte sich nicht ganz so unsicher zu fühlen.
Die Klasse schwieg weitgehend und löcherte sie lediglich mit Blicken.
„Was kann sie denn?", fragte ein Junge in der mittleren Reihe und schien mehr als irritiert. Die Lehrerin warf dem Jungen einen eindringlichen Blick zu, um ihn zum Schweigen zu bringen. „Herzlich willkommen auf unserer Schule, Mila. Wir hoffen alle, dass Ihre Zeit hier schön wird. Setzen Sie sich", wies die Lehrerin sie an und deutete auf einen der freien Plätze. Einige standen immerhin zur Verfügung.
Mila wirkte über diese Aufforderung genauso irritiert, wie über die Frage des Jungen. Was sie konnte? Was sollte das heißen?
Diese Schule war überhaupt nicht das, was sie erwartet hatte. Würde sie dieses Schuljahr überstehen? Ihr war klar, dass sie nicht einfach so wieder wechseln konnte, aber konnte sie hierbleiben, ohne ihre Zukunft in Gefahr zu bringen?
„Dort ist noch ein Platz frei", erklärte die Lehrerin als sie bemerkte, dass Mila sich nicht wegbewegte. Mila folgte der Deutung mit ihren braunen Augen, als sie auf den Platz vor Elon fielen. Dieser wirkte ebenso unzufrieden wie Mila.
Zögernd lief die junge Frau auf einen der freien Stühle zu und ließ sich darauf nieder. Sie spürte Elons Blick im Nacken und erschauderte. Wie sollte sie sich denn so auf den Unterricht konzentrieren?
Schluckend schielte sie umher und bemerkte, dass die Schüler sie noch immer anstarrten. Also holte sie ihr Schulzeug heraus und versuchte sich auf den Unterricht zu konzentrieren.
„Wieso hast du mir nicht gesagt, dass Aphrodite höchst persönlich neben dir eingezogen ist?", fragte Chris und schlug mit einem Satz Elons Spind zu, vor dem er gerade stand.
„Soll das ein Scherz sein? Haben wir zwei unterschiedliche Personen kennengelernt?", erwiderte dieser verständnislos und warf sich die Tasche über die Schulter.
„Hattest du deine Augen zu, als du sie kennengelernt hast?", fragte Chris noch einmal, da er einfach nicht verstehen konnte, wie Elon nur so blind sein konnte. Sie war eine wunderschöne, junge Frau und dazu auch noch reich.
„Nein aber du hattest offensichtlich deine Ohren zu", konterte Elon und machte sich auf den Weg in die Mensa. „Sie ist eine eingebildete, hochnäsige, besserwisserische...", setzte Elon an, als besagte Mila ihnen entgegenlief und Chris ihr plötzlich folgte, um sie anzuhalten. „... Zicke", seufzte Elon seinen Satz zu Ende.
„Hallo, Mila", grüßte Chris unverblümt und sie blieb überrascht stehen, um den Schwarzhaarigen anzusehen.
„H...Hallo", antwortete sie, weil sie nicht wusste, wie sie mit ihm umgehen sollte.
Chris hingegen grinste über seinen Erfolg. „Ich bin Chris. Es freut mich, dich kennenzulernen. Möchtest du nicht mit mir und meinem Freund essen?", wollte er wissen und blickte Mila fragend an.
Diese fühlte sich unter seinem Blick sehr unwohl, wollte allerdings nicht unhöflich sein und nickte vorsichtig. Es war vielleicht besser, wenn sie sich ein paar Freunde machte, solange sie hier war. Auch wenn sie wusste, dass ihre Mutter keinen dieser Schüler für gut genug empfinden würde.
Elon stand einige Schritte entfernt, lehnte an einigen Spinden und versuchte sich möglichst unbeteiligt zu zeigen. „Es würde uns beiden wirklich eine Ehre sein", fügte Chris hinzu und schien bereits alle Hoffnung in diese Bitte gelegt zu haben.
Anders als Elon fand sie Chris höflicher. Zumindest war dieser nicht so frech sich einfach auf ihr Handtuch zu setzen und sie blöd anzumachen. „In Ordnung", stimmte sie letztendlich zu. Immerhin kannte sie sich hier überhaupt nicht aus und es würde ihr sicher helfen, wenn ihr jemand die Dinge hier erklärte. Alles schien so strukturlos zu sein.
Elon ließ mit einem genervten Aufstöhnen den Kopf gegen die Spinde hinter sich fallen, ehe er Chris und Mila den Flur entlang folgte.
„Hast du etwas zu essen dabei oder willst du in die Mensa dir etwas kaufen?", fragte Chris. Auch wenn er versuchte cool zu wirken, so kannte Elon ihn doch lange genug, um zu sehen wie aufgeregt er war. Doch das hieß nicht viel. Immerhin war Chris immer aufgeregt, wenn er mit Mädchen umging.
„Für heute habe ich etwas dabei", erklärte Mila leise und schüchtern. „Ich würde mir die Mensa aber dennoch gerne einmal ansehen", fügte sie hinzu. Immerhin musste sie wissen, ob diese auch Essen anbot, mit dem sie klarkam. Oder ob sie sich immer etwas von zuhause mitnehmen musste. Heute hatte sie einen Salat mit Hähnchenbrust und Obst dabei.
„Gut, das mach ich doch gerne", stimmte er ihr zu und führte sie durch die Mensa hindurch. „Dort kannst du dir was Warmes kaufen, der Menüplan wird jede Woche neu ausgehängt. Es gibt aber auch Automaten mit Sandwiches, Riegeln und son Zeugs", erklärte der Schwarzhaarige mit den entsprechenden Handzeichen in jene Richtungen. Erst als sie raus traten ins Freie, ließ Elon sich an den erstbesten Tisch fallen und schwieg.
Mila blickte sich nachdenklich um, bevor sie sich ebenfalls hinsetzte. Die Stunde war in Ordnung gewesen. Nicht so fordernd, wie sie erwartet hatte, was sie sogar genoss. Dennoch wusste sie, dass es nicht dem entsprach, was ihre Mutter für sie wollte. Es würde riesigen Ärger geben, auch wenn Mila nichts dafürkonnte. Natürlich würde es so nicht schwer sein die Noten zu halten, doch ob diese Umgebung gut für sie war, konnte sie nicht sagen. Immerhin musste sie schon auf das Schwimmen verzichten und für ihre anderen Stunden lange in die Stadt fahren. Und wie es jetzt schien, musste sie sogar auf ihre Lieblingsgerichte verzichten. Sie hatte den Menüplan gesehen und darauf Hamburger entdeckt. Hamburger! Auch wenn sie diese noch nie gegessen hatte, so hatte ihre Mutter ihr doch nahegelegt diese nicht anzurühren. Sie waren schlecht für die Gesundheit. Obwohl Mila nicht verstand warum. Immerhin war es nicht mehr als Brötchen, Fleisch und Salat.
„Diese Schule ist überhaupt nicht so, wie uns versprochen wurde", sagte sie leise, aber mehr zu sich selbst, als zu den beiden Jungen.
„Was hast du denn erwartet?", hakte Chris nach und schien neugierig, denn er lehnte sich quer über den halben Tisch, bis Elon ihn wieder zurück auf seinen Platz zog.
„Das interessiert doch keinen", grummelte Elon und griff nach Chris Rucksack, um sich etwas zu essen daraus zu nehmen.
Mila lächelte schwach und holte auch ihr Essen hervor, ehe sie die recht große Schale mit dem Obst in die Mitte stellte, damit auch die beiden Männer sich bedienen konnten.
„Ich komme von einer Elite-Schule und eigentlich sollte diese hier besser sein, als die, auf die ich vorher gegangen bin", erklärte sie leise und noch immer recht unsicher. „Meiner Mutter wird das hier überhaupt nicht gefallen."
Chris schwieg und wechselte kurz einen Blick mit Elon, den Mila nicht deuten konnte.
„Dann sag ihnen besser nichts davon", erwiderte Elon schulterzuckend und nahm sich ein Sandwich aus Chris Brotdose.
„Es ist meine Zukunft, die ich mit einer mittelprächtigen Schule wie dieser zerstöre", erklärte sie wenig begeistert und begann langsam ihren Salat zu essen. Wo sollte sie nur die Zeit für all die Privatlehrer hernehmen, die sie brauchte, um wenigstens ihre Sprachkurse weiter zu belegen. Hier hatte sie nur Deutsch, Englisch und Französisch. Nicht einmal Russisch, Spanisch oder Latein wurde hier angeboten. Mit Japanisch, auf das sie selbst bestanden hatte, hatte sie nicht einmal gerechnet. Darin hatte sie schon immer einen Privatlehrer gehabt.
„Gut gemacht, Idiot", flüsterte Elon Chris zu und biss erneut in das Brot, das er von Chris gestohlen hatte.
„Na ja, Schicksal und sowas... du weißt schon... nichts geschieht grundlos im Leben", lachte Chris etwas nervös und tippte unbehaglich auf dem Tisch herum.
Das alles kam Mila sehr seltsam vor und sie fragte sich, ob da nicht noch mehr dahinterstand. „Ich glaube nicht an Schicksal", erklärte Mila und nahm sich ein Stück des geschnittenen Hähnchenfilets, um nachdenklich darauf herum zu kauen.
„Ich auch nicht! Das sagt man doch immer nur so daher", stimmte ihr Chris erneut zu und rutschte etwas ungeduldig auf seinem Platz hin und her, als wüsste er nicht wie er sitzen wollte.
Mila sagte nichts. Diese Leute waren seltsam. Sie wusste nicht genau, wie sie mit ihnen umgehen sollte. Es war ganz anders, als das, was sie kannte.
„Vermisst du deine alte Schule denn?", fragte Chris interessiert, während er Mila begeistert musterte. In dieser Kleinstadt musste wirklich gar nichts passieren, wenn sich hier jeder so beeindruckt von einem Stadt-Mädchen zeigte.
„Ich weiß nicht. Eigentlich war ich gerne dort. Es war angenehmer, als mit den Hauslehrern", erklärte Mila ein wenig überfordert von der Frage. Bisher hatte es niemanden interessiert, ob es ihr gefiel.
„Du hattest Hauslehrer? Wann hast du dafür denn Zeit gefunden?", fragte Chris lächelnd und stützte sein Gesicht auf der angewinkelten Faust.
„Die Schule ging von morgens 7 Uhr bis etwa 15 Uhr und danach war noch bis 18 Uhr Hausunterricht und nach dem Abendessen meist 19 bis 20 Uhr habe ich noch Tennis gespielt, Ballett gemacht, oder war Klavier spielen", erklärte Mila, ohne sich groß etwas dabei zu denken.
Chris und Elon dagegen blickten sie ungläubig an und schienen auf eine Auflösung zu warten. Doch es gab keine.
„Meinst du das ernst?", fragte Elon und zog abwartend die Brauen in die Höhe.
„Und wann hast du deine Freunde getroffen oder bist ausgegangen?", fügte Chris hinzu und schien ebenso verwirrt wie sein Freund.
Mila überlegte. „Na ja einige habe ich beim Klavierunterricht oder beim Geige spielen getroffen. Ansonsten gab es manchmal am Wochenende einige Veranstaltungen, an denen wir uns gesehen haben", erklärte sie.
„Das klingt...", setzte Chris an, doch hatte scheinbar Probleme dabei die richtigen Worte zu finden.
„... traurig", beendete Elon seinen Satz und schwang seine Tasche vor sich auf den Tisch, um sich darauf zu legen, als würde er schlafen wollen.
„Meine Eltern erwarten nun einmal viel von mir", erklärte Mila schulterzuckend, als wäre es nicht schlimm. Für sie war es das auch nicht. Sie kannte ja nichts anderes. „Es ist klar, dass ich dafür auch viel arbeiten muss."
Chris runzelte ein wenig irritiert die Stirn.
„Also... macht dir das Spaß?", fragte der Schwarzhaarige und kratzte sich die kurzen Haare.
„Klingt so als wärst du ein Sklave", murmelte Elon durch seine Tasche.
„Na ja so richtig Spaß macht mir eigentlich nur das Schwimmen, aber da mir meine Mutter verboten hat an den See zu gehen und es hier kein Schwimmbad gibt, wird das wohl ausfallen", meinte Mila schulterzuckend, als würde es sie nicht stören, obwohl es das tat und aß ihr Obst auf. Die Pause müsste bald vorbei sein und sie wollte gestärkt in den weiteren Unterricht. Der war zwar nicht so fordernd wie ihr sonstiger Unterricht, doch zur Abwechslung einmal ganz angenehm.
„Du warst doch schon beim See", erwiderte Elon verwirrt und erhob sich ein Stück von seiner Tasche, um Mila zu mustern.
„Ja, war ich. Ich hab ihn mir angesehen", sagte sie, wobei sie das angesehen stark betonte. Wenn Elon ihrer Mutter erzählen würde, er hätte sie im Wasser gesehen, konnte sie immer noch das Gegenteil behaupten. Ihre Mutter würde eher ihr glauben, als ihrem Nachbarn, den sie für Mila bereits als keinen guten Umgang abgestempelt hatte.
Ungläubig zog Elon eine Augenbraue hoch und sah alles andere als überzeugt aus. Dennoch schwieg er. Was sollte er auch sagen? Immerhin ging es ihn nichts an, wo sie sich rumtrieb und vor allem was sie tat.
„Du könntest doch trotzdem zum See gehen. Das hier ist ein freies Land", schlug Elon das für ihn offensichtliche vor.
Mila riss die Augen auf. „Kein Wunder, dass meine Mutter meinte, du wärst kein guter Umgang für mich", damit erhob sich die Frau mit dem kupferfarbenen Haar auch schon und bewegte sich schnellen Schrittes auf die Schule und den nächsten Klassenraum zu. Sie konnte nicht glauben, was sie gehört hatte. Dort wo sie aufgewachsen war, galt es als unzivilisiert Verbote zu missachten, oder den Eltern nicht zu gehorchen. Und für sie selbst war es ebenso undenkbar, dass sie die Verbote ihrer Mutter umging. Auch wenn sie darüber nachgedacht hatte. Doch es von anderen vorgeschlagen zu bekommen war... ungewohnt und stellte ihr Weltbild auf den Kopf.