Die Nacht war bereits hereingebrochen, als Eric am Steuer seines Pick-Up's leise ein gutes Stück entfernt der Ranch parkte. Elon hatte sich zuzüglich der Mütze, sogar extra einen dunklen Pullover mit Kapuze angezogen, da er seinen Vater nur zu gut kannte. Sie würden sicher nicht offiziell dieses Gelände betreten.
„Dir ist doch klar, dass die Zäune elektrisch geschützt sind oder?", meinte Elon der vom hinteren Sitz zwischen den beiden lehnte und sich die Kapuze aufzog.
„Dir ist doch klar, was dein Vater dir in die Wiege gelegt hat", erwiderte Eric lediglich mit einem Grinsen und stieg aus dem Auto, um auf den Zaun zuzugehen.
Chris musste grinsen, sich aber gleichzeitig wieder an die Unterhaltung mit Mila erinnern. Sie wusste nichts von Elons Gabe, oder?
Er stieg zusammen mit Eric und Elon aus und sah sich in der anbrechenden Dunkelheit um.
„Der Typ hat sie doch wirklich nicht mehr alle", seufzte Elon, die Hände in den Jackentaschen vergraben, während er seinem Vater dabei zusah, wie er am Zaun die Lage auskundschaftete. Sollte nicht eigentlich er derjenige sein, der Elon und Chris von sowas abhalten sollte, anstatt sie auf die Idee zu bringen? Doch so war Eric noch nie gewesen, was Elon gefiel. Doch es ließ ihn schwer mit Autoritäten umgehen.
Elon war es gewohnt zu tun, was er wollte, doch hier hatte er so seine Zweifel. Die Idee war nicht sonderlich gut. Auch Chris war ein wenig nervös. Er hatte nicht erwartet, dass sie Pferde stehlen gehen würden.
„Wie war dein Date eigentlich sonst so?", fragte Elon plötzlich und wandte Chris seinen Blick zu, um ihn zu mustern.
„Ich war nervös", meinte Chris und drehte den Kopf zur Seite, weil es ihm schon ein wenig peinlich war. „Aber sie will mich wiedersehen", erklärte er gut gelaunt. „Ich hatte das Gefühl sie mag mich."
Elon lächelte halbherzig. Zwar freute er sich über den Erfolg seines besten Freundes, doch ein bitterer Beigeschmack blieb. „Hat sie ... dir irgendwas erzählt? Zum Beispiel, wieso sie dich eingeladen hat?", fragte Elon unschuldig.
„Nein. Weißt du warum sie mich eingeladen hat?", fragte Chris neugierig, denn er hörte heraus, dass da irgendwas war.
Elon riss kurz die Augen auf, schüttelte jedoch vehement und überzeugt den Kopf. „Nein, keine Ahnung. Du weißt doch wir verstehen uns nicht sonderlich gut."
„Wirklich nicht?", fragte er und verzog ein wenig die Lippen. „Das ist schade. Sie hat gefragt, ob sie mit uns mal campen gehen kann", meinte er plötzlich.
Elon blieb bei diesen Worten abrupt stehen, als sie bereits den Zaun erreicht hatten und blickte Chris alles andere als begeistert an. „Wie bitte?", fragte er nach, in dessen Worten sein Missfallen deutlich mitschwang.
Chris zuckte die Schultern. „Sie hat gefragt was man hier so machen kann und ich habe ihr erzählt, dass wir campen", erklärte er ruhig und blickte zu Elons Vater, der sie zu sich wank. Scheinbar ging es los.
Eric machte für Chris eine Räuberleiter, damit dieser über den momentan ausgeschalteten Zaun klettern konnte. Elon konnte den unterbrochenen Stromkreislauf spüren, den sein Vater wohl zurückhielt, bis Chris unversehrt auf der Kuppel angekommen war.
Chris blickte sich vorsichtig um. Er spürte den Nervenkitzel und das war wunderbar. Darum war er so gern mit Elons Vater unterwegs.
Es dauerte eine ganze Weile, in der sie ein Pferd auf der Kuppel suchten, während die Nacht alles in Schwärze hüllte. Doch da erblickten sie ihn, einen schwarzen Hengst. Auch wenn das Geschlecht den drei Anwesenden reichlich egal war.
Elons Vater näherte sich dem Tier langsam und vorsichtig. Chris und Elon blieben zurück. Chris fragte sich wie sie das Pferd ohne Sattel und Zaumzeug reiten sollten.
Dabei schwang die unabdingbare Angst mit, von dem Pferd getreten zu werden. Er stand lediglich einige Meter von dem Tier entfernt und spürte bereits hier einen tiefen Respekt vor dem Ungetüm, das nur aus Muskeln zu bestehen schien.
Vielleicht war die Idee doch nicht so gut gewesen. Chris wich ein Stück zurück und stieß dabei an Elon.
„Du bleibst schön hier. Wir sind nur wegen dir hier", warnte Elon mit stechendem Blick und schob Chris zurück in Richtung Tier, welches sich gerade mit gewisser Vorsicht von Eric die Mähne streicheln ließ.
„Aber das Tier hat nicht einmal einen Sattel", flüsterte er und blickte Elon mit großen Augen an.
„Stell dir vor, es ist dein kleiner Phönix ... zähme ihn!", motivierte Elon ihn tatkräftig und gab ihm den entscheidenden Stoß, zum Hengst.
Chris riss die Augen auf. Er sollte was?
Zögerlich näherte er sich dem Tier. Er kannte sich doch mit Pferden überhaupt nicht aus!
Eric schien fasziniert und weniger ängstlich vor dem Tier und strich beruhigend durch dessen schwarze Mähne. „Bleib einfach ganz entspannt und freunde dich erstmal mit ihr ... oder ihm an. Elon! Komm her, du darfst zuerst!", rief Eric plötzlich zu seinem Sohn, der sich bedacht von der Szenerie ferngehalten hatte.
„Was soll das denn heißen? Es ist Chris' Date und ich bin dein Sohn! Solltest du mich nicht vor Gefahren beschützen?", gab er fassungslos von sich und hob defensiv die Hände.
„Tu deinem Freund den Gefallen. Wie soll er denn seine Blüte bestäuben, wenn er von einem Pferd fällt?"
Chris musste bei den Worten des Vaters schon fast schmunzeln, hätte er nicht Angst wirklich von dem Tier zu fallen. Und er machte sich Sorgen um Elon. Dennoch tat er, was Eric ihm sagte und begann das Tier zu streicheln.
Elon derweil grummelte unzufrieden und stampfte unzufrieden zu den beiden und dem Pferd rüber. Er wollte nicht mal hierherkommen und jetzt sollte er sich als erster aufs Pferd setzen? Das war doch Blödsinn!
„Beruhig dich erstmal. Das Tier spürt es, wenn du so aufgebracht bist", wies Eric Elon an und hinderte ihn daran, dem Pferd zu nahe zu kommen.
„Wieso machst du es denn nicht selbst, Pferdeflüsterer?", erwiderte Elon spöttisch und verschränkte die Arme, tat aber wie ihm geheißen.
„Ich habe noch einen Dienst an die Menschheit den ich leisten muss", rechtfertigte Eric sich überschwänglich und gab Elon mit einem süffisanten Grinsen den Weg zum Hengst frei.
„V... Vielleicht ist es doch besser, wenn wir am Tag wieder herkommen und Reitstunden nehmen", merkte Chris an, denn so langsam fühlte er sich unwohl. Auch weil er Elon hineingezogen hatte.
„Nichts da! Das ist doch nur Geldverschwendung", beharrte Eric und hielt Elon neben dem Pferd eine Räuberleiter hin, damit er auf das Pferd kommen konnte.
Das war wirklich nichts gegen jeden bisherigen Campingausflug ...