Mila schlug die Augen auf und blickte verschlafen an die Decke, während sie langsam aus ihrem Traumland zurückkam. Noch immer spürte sie die Hände auf ihrer Haut und schauderte jedes Mal, wenn die Decke sie streifte. Sie hätte sich dieses Hörbuch wirklich nicht anhören sollen. Hätte sie gewusst, dass dieses nur um Erotik ging, hätte sie wahrscheinlich ein anderes gewählt. Aber so hatte sie einen Traum, von dem sie nicht wusste, was sie davon halten sollte.
Das war ihr einfach alles viel zu suspekt. Und doch konnte sie es nicht mehr vergessen. Die Erinnerungen an den gestrigen Abend und die darauffolgende Nacht, klebten in ihrem Kopf.
Sie hatte sich gut gefühlt und auch sehr gut geschlafen. Selbst jetzt noch war ihr Körper ganz empfindlich, was dafür sorgte, dass Mila ein wenig rot im Gesicht wurde. Dennoch musste sie jetzt aufstehen und in die Schule. Auch wenn sie nicht wollte.
Sie sollte sich lieber beeilen, bevor das Hausmädchen oder gar ihre Mutter nach ihr sehen würden, weil sie dachten sie hätte verschlafen.
Schnell warf sie die Decke zur Seite und rannte fast schon ins Bad, um sich unter die Dusche zu stellen und sich fertig zu machen.
Ihre Mutter war nicht anwesend, dafür aber das Dienstmädchen, welches ihr einen Guten Morgen wünschte und einen Salat servierte.
„Ich glaube da steht jemand für Euch", erklärte die leise kichernd. Wenn ihre Mutter nicht da war, war Anna eine sehr angenehme Gesellschaft.
„Was meinst du?", wollte Mila wissen und die Frau lachte erneut leise. „Der Nachbarsjunge scheint sich nicht durchringen können zu klingeln", erklärte sie und Mila blickte zum Fenster, sah aber nicht viel. Elon war hier?
Und selbst wenn ... wieso sollte er nicht klingeln, wenn er denn etwas von ihr wollte? Womöglich hatte sich Anna auch einfach verguckt ... doch wieso sollte sie das tun? Dieser Morgen war wirklich eigenartig. Ebenso wie der gestrige Tag wie Mila sich eingestehen musste.
„Ich denke nicht dass er wegen mir hier ist", meinte Mila, aß aber schneller, um sich schließlich ihre Tasche mit Büchern und Essen zu schnappen und hinaus zu laufen, um Elon vielleicht doch zu entdecken.
Als sie die Tür öffnete, entdeckte sie ihn tatsächlich, sitzend auf ihrer Veranda, als würde er dort nur kurz eine Rast machen.
„Kann ich dir helfen?", fragte sie, musste aber unweigerlich an den gestrigen Tag denken. Es fühlte sich seltsam an so mit ihm zu sprechen. Vor allem, da auch ihr Traum noch sehr nah war.
Elon zuckte leicht zusammen, als Milas Worte sein Gehör erreichten. Jedoch drehte er sich nicht um, sondern stand lediglich auf.
„Ich würde engagiert dir eine Fahrt anzubieten", erklärte er und klimperte mit den Autoschlüsseln.
Mila legte den Kopf schief. „Wie meinst du das? Wer hat dich engagiert?", wollte sie wissen, weil sie ihm nicht so ganz folgen konnte.
Elon seufzte und senkte wieder die Hand mit dem Schlüssel, ehe er ihr mit einem Kopfnicken zu verstehen gab ihm zu folgen. „Komm einfach mit und sei nicht so Spießig", murmelte er und ließ ungeduldig den Bund in seiner Hand hin und her rutschen.
Mila schob sich den Taschenhänkel über die Schultern. „Warum nicht", murmelte sie und folgte Elon einfach. Sie war so neugierig, dass sie gar nicht daran dachte, wie ihre Mutter reagieren würde, wenn sie zurückkam.
Wenn sie es überhaupt erfahren würde. Auch wenn sie wirklich gut darin war, einfach alles aus Milas leben mitzubekommen, doch einen Versuch war es wert.
Mila ließ sich auf dem Beifahrersitz nieder und schloss die Tür, während auch Elon Platz nahm und den Wagen startete. Aus dem Augenwinkel beobachtete sie ihn. Seine Ambitionen waren ihr noch immer nicht ganz klar. Warum wollte er sie mitnehmen?
Doch statt ihr die Frage zu beantworten oder auch nur mit ihr zu reden, hielt er das Lenkrad mit der rechten Hand und lehnte mit dem linken Arm, am Fenster worauf er seinen Kopf abstützte. Sein Blick starr auf die Straße gerichtet.
„Warum wolltest du mich mitnehmen?", fragte sie nun laut, weil er sie scheinbar ignorierte. Das fühlte sich nicht gut an. Sie wollte, dass er mit ihr spaßte, sie vielleicht sogar aufzog, wie er es sonst immer tat.
„Ich wollte nicht, ich sollte", korrigierte er Mila murmelnd, regte sich aber nicht großartig.
„Was heißt das denn jetzt?", wollte Mila irritiert wissen. Wer konnte denn Elon sagen, dass er sie abholen sollte?
Elon seufzte, ließ den Arm aus dem offenen Fenster hängen und ließ den Kopf gegen die Lehne sinken. „Deine Mutter wird es sicherlich nichtgewesen sein. So viel Auswahl gibt es da nicht."
Mila verdrehte die Augen und lehnte sich nun ebenfalls gegen die Fensterscheibe. Ihre war geschlossen geblieben, weil sie es nicht so mochte, wenn die Luft komplett durch das Auto zog. „Dein Vater?", schlug sie vor, auch wenn sie es selbst nicht glaubte.
Sie konnte erkennen wie Elon leicht die Augen aufriss. „Nein!", erwiderte er wie aus der Pistole geschossen.
Leise musste die junge Frau kichern. Aber Elon hatte Recht, so viele Leute gab es nicht, die Elon um so etwas bitten konnten. „Chris?", wollte sie nun wissen und blickte zu Elon, um auf eine Reaktion zu warten.
Dieser nickte widerwillig und fuhr an der Straße vorbei, welche zur Schule führte.
Mila wirkte überrascht. „Wieso denn das?", fragte sie neugierig und besah sich Elon genau. Warum ließ er sich von Chris um sowas bitten?
„Was weiß ich. Vermutlich irgendwas mit seinen Hormonen", grummelte der Blonde und kam langsam zum Stehen vor der Einfahrt eines hübschen kleinen Anwesens, welches zwar nicht billig wirkte aber doch etwas heimisches hatte.
„Hier wohnt Chris?", wollte Mila neugierig wissen und öffnete sogar das Fenster, um hinaus zu schauen.
„Ja ... schon immer", stimmte Elon zu und schielte vorsichtig zu Mila, um ihre Reaktion zu begutachten. „Wirkt jetzt viel attraktiver wo man weiß, dass er nicht arm ist oder?", fragte er sarkastisch, doch ein gewisser ernst schwang dennoch mit.
„Zumindest wird meine Mutter nicht sofort ausflippen", erklärte sie nüchtern, besah sich aber dennoch neugierig das Haus. Im Gegensatz zu ihrem Zuhause wirkte dieses hier nicht so steril.
Ganz im Gegenteil. Der Garten war reichlich bestückt mit allerlei Blumen, doch auch viel Kinderspielzeug wie schaufeln und andere Dinge in einem Sandkasten waren vorzufinden.
„Sie sind aber wohl nicht so reich wie ihr. Chris Mutter hat ja einen Catering Dienst und macht daher auch öfter die Planung für Events. Aber eher kleinere. Das Haus ist so groß, weil es gleichzeitig ihr Arbeitsplatz ist, der auch manchmal für kleinere Events vermietet wird. Zumindest das untere und erste Geschoss."
„Es wirkt so heimisch", erklärte sie und durch die regelrechte Unordnung wirkte es für sie noch viel einladender.
Mila bemerkte wie jemand die Vorhänge im unteren Zimmer zur Seite schob, kurz hinausblickte, sich dann umdrehte, womöglich etwas rief und dann wieder verschwand. Kurz darauf öffnete sich die Tür und Chris, der ein breites Grinsen zur Schau trug, kam zur Tür hinaus.
Auch wenn er sich wohl nicht zu sehr beeilen wollte, so war sein Schritt doch recht flink und so erreichte er in kürzester Zeit auch schon den Wagen.
Mila schenkte ihm ein Lächeln. „Ich habe gehört dir habe ich diesen Service zu verdanken", meinte sie als Begrüßung und versuchte ein wenig verführerisch zu klingen. Einfach, weil ihr danach war.
Auch Elon fiel dieser Ton wohl auf, worauf er einen komisch fragenden Blick zu ihr warf. War sie bei dem Date auch schon so gewesen? Er konnte lediglich spekulieren, aber Chris hatte davon nichts erwähnt.
Chris, der sie schon lange bemerkt hatte, grinste noch breiter und wank ihr mit einem lauten: „Guten Morgen. Schön dich zu sehen", zu.
Mila schmunzelte ein wenig, weil Chris so gute Laune hatte, doch er wirkte genauso aufgedreht wie das letzte Mal bei ihrem Date.
Ein wenig niedlich war er ja schon. Große braune Hundeaugen, gemeinsam mit dem dunklen Haar ließen ihn einfach nur liebenswert wirken. Noch dazu die nervöse Art, die er immer in ihrer Gegenwart aufwies, rundete das Bild noch zuzüglich ab.
„Guten Morgen", grüßte Mila zurück und stieg sogar aus dem Auto aus, um ihn kurz zu umarmen. Da sie hier nicht in der Nähe ihres Zuhauses waren, war es unwahrscheinlich, dass ihre Mutter sie sah, also machte sie sich darüber keine Gedanken.
Dieser wirkte ebenso überrascht wie Elon und warf dem Blonden sogar über Milas Schulter hinweg einen Blick zu, als könnte er es selbst nicht fassen. Elon zuckte lediglich die Schulter und schüttelte stumm den Kopf. Mila schien heute wirklich anhänglich zu sein ...
Als beide die Türen geschlossen hatten, ließ Elon den Motor wieder an und fuhr in Richtung Schule. Hinter sich konnte er das Gespräch der beiden belauschen, die sich ein wenig unterhielten. Zwar mehr über belanglose Dinge, doch Mila hatte es geschafft mit Chris ein Gespräch über sein Haus und die Arbeit seiner Mutter zu beginnen.
Zum Glück war der Weg von Chris bis zur Schule nicht allzu weit, so dass Elon dieses hin und her nicht allzu lange würde ertragen müssen.
Er hatte gar nicht gewusst, dass beide sich so gut verstanden. Aber er hatte auch nicht explizit nach dem Date gefragt. Vielleicht war mehr passiert, als sie zugeben wollten? Oder Chris hatte es irgendwie geschafft, dass Mila auftaute.
So oder so sollte er sich eigentlich freuen. Immerhin hatte er sein Ziel wohl erreicht, Chris das Mädchen seines Begehrens zu beschaffen und er würde sich nicht mehr sein Gejammer anhören müssen.
Wobei er sich jetzt wohl seine Schwärmereien anhören musste. Ob das eine gute Idee war, wusste er noch nicht so genau.
„Danke, dass du mich abgeholt hast", erklärte Mila plötzlich auf dem Weg zum Schulgebäude und lächelte Elon zu.
Elon räusperte sich langsam und bedacht, hielt den Blick jedoch auf dem Boden vor ihm, während er weiterlief. Wieso sprach sie jetzt mit ihm? Sie hatte doch Chris zum Reden! Das machte alles nur noch unangenehmer. Mit einem: „Mhm", betrat Elon das Gelände und hoffte, sich sobald wie möglich von den beiden trennen zu können.
Allerdings hatten sie dieselben Stunden zusammen, was hieß, dass er den Großteil des Tages mit ihnen verbringen würde.