CEC Corporation
„Guten Morgen, Brenda!“
Jack stand mit einem strahlenden Lächeln vor dem Schreibtisch von George Carringtons persönlicher Assistentin, die derart in die Pflege ihrer Fingernägel vertieft war, dass sie ihre Umwelt gar nicht wahrzunehmen schien.
Zutiefst erschrocken ließ sie ihre Nagelfeile fallen. „Oh... Jack! Ich habe g-gar nicht g-gehört, dass Sie hereingekommen sind“, stotterte sie peinlich berührt.
Jack bückte sich, hob die Feile auf und reichte sie ihr mit einem breiten Grinsen.
„Macht doch nichts, meine Schöne. Immerhin ist es erst früh am Morgen, da sind die Sinne noch nicht so geschärft. Außerdem bin ich hier für die Sicherheit zuständig, und nicht Sie!“
Sie schmolz unter seinem Blick förmlich dahin und klimperte mit ihren falschen Wimpern.
„Tja, also... Wie kann ich Ihnen helfen, Jack? Mister Carrington ist nicht da.“
„Ich wollte auch nicht zu ihm, sondern zu David.“
„Zu David.“ Sie sprach den Namen aus, als höre sie ihn eben zum ersten Mal, doch Jack zeigte sich betont geduldig. Er kannte Brenda lange genug und wusste, dass sie, was manche Dinge betraf, nicht unbedingt der hellste Stern am Firmament war. Ihr Hauptaugenmerk galt in erster Linie der Pflege ihres eigenen Aussehens. Über das Ergebnis ihrer Bemühungen konnte man geteilter Meinung sein, denn obwohl sie erst Anfang Dreißig war, wirkte sie durch ihre kosmetischen Entgleisungen um einiges älter. Allerdings, so vermutete Jack, schien es George nur Recht zu sein, dass seine persönliche Assistentin keine geistige Leuchte war. Darüber hinaus zeichnete sie sich auch nicht durch besonderen Fleiß aus, aber – und das war entscheidend - sie stellte ganz sicher keine unnötigen Fragen, sondern war ihrem Boss in bedingungsloser Loyalität treu ergeben.
„Also“, riss ihn die blondierte Vorzimmerdame aus seinen Gedanken, „David… ähm, ich meine, Mister Edwards ist zwar da, aber ich glaube, er hat nachher irgendwann einen Termin.“
„So, glauben Sie? Na gut.“ Jack atmete tief durch, stützte sich am Schreibtisch ab und sah ihr tief in die jadegrünen Kontaktlinsen. „Dann scheint heute mein Glückstag zu sein. Ich würde ihn nämlich gern sofort sprechen und nicht erst nachher irgendwann. Wäre das okay, Brenda?“
Sie schluckte sichtlich beeindruckt.
„Ja, natürlich! Ich melde Sie an!“
„Danke, das ist nicht nötig, ich kenne den Weg.“
Er zwinkerte ihr vertraulich zu und ging hinüber zu Davids Büro.
Brenda sah ihm mit einem schmachtenden Blick hinterher.
SUN CENTER
Selina schreckte aus dem Schlaf hoch, als irgendwo im Haus eine Tür ins Schloss fiel.
Zerknirscht stellte sie fest, dass sie unter Kopfschmerzen litt und es bereits nach neun Uhr war.
„Kein Wunder“, murmelte sie frustriert und rieb sich die schmerzenden Schläfen. „Soweit zur berühmten ersten Nacht in einem neuen Bett.“
Nachdem sie sich weit nach Mitternacht irgendwann in einen unruhigen Schlaf gegrübelt hatte, war sie früh am Morgen erneut durch Nick geweckt worden. Er musste zur Arbeit und konnte im Chaos des gestrigen Umzugs sein Rasierzeug nicht finden. Am liebsten hätte Selina ihn heute in die Klinik begleitet, nur um nicht allein zu bleiben. Aber das ging nicht, und außerdem würde Jason, der heimliche Grund ihrer inneren Unruhe, nicht nur hier im Haus, sondern auch dort im Medical Center allgegenwärtig sein.
Jedenfalls war sie, nachdem Nick gegangen war, noch einmal fest eingeschlafen, hatte nur wirres Zeug geträumt, und nun fühlte sie sich wie zerschlagen.
„Kein Selbstmitleid“, befahl sie sich selbst und sprang entschlossen aus dem Bett. Im Wandspiegel gegenüber erblickte sie ihr verschlafenes Gesicht und streckte sich demonstrativ die Zunge heraus.
„Es ist total schön hier“, sagte sie, als müsse sie sich selbst von dieser Tatsache überzeugen. „Ich werde ab jetzt das Beste aus der Sache machen und versuchen, Jason Stone aus dem Weg zu gehen, genau wie Alli es mir geraten hat.“
Sie überlegte kurz, ob sie es wagen könnte, mit nichts weiter als ihrem hauchdünnen kurzen Negligé bekleidet über den Flur ins Badezimmer zu gelangen. Aber schließlich waren es ja nur ein paar Schritte, und um diese Zeit waren sicher alle bereits ausgeflogen.
Tatkräftig marschierte sie los und wollte eben schon die Klinke zum Bad herunterdrücken, als die Tür schwungvoll von innen geöffnet wurde und sie unsanft mit jemandem zusammenstieß.
Erschrocken blickte sie hoch, geradewegs in Jasons dunkle Augen.
„Oh“, entfuhr es Selina.
Peinlich berührt über den heftigen Zusammenprall und ihr ziemlich spärliches Outfit trat sie schnell einen Schritt zurück. „W... was machst du denn hier?“
Jason, ein Handtuch lässig über die Schulter geworfen und nur mit der orangefarbenen Rettungsschwimmer-Shorts bekleidet, musterte sie sekundenlang mit unbewegtem Gesichtsausdruck.
„Ich wohne hier“, knurrte er. „Schon vergessen?“
„Wie könnte ich“, erwiderte Selina betreten.
Jason presste wütend die Lippen aufeinander und schob sich wortlos an ihr vorbei, um in sein Zimmer zu gehen. Spontan griff sie nach seinem Arm.
„Warte bitte...“
„Was ist?“, fragte er abweisend und starrte böse auf ihre Hand. Sofort zog Selina sie zurück, als hätte sie sich verbrannt.
„Wir... ähm, wir sollten miteinander reden.“
„Worüber?“ fragte Jason schroff. „Darüber, dass du mich zu deinem Zeitvertreib ein bisschen verschaukelt hast, und nun als Krönung deines Erfolges mit deinem überaus sympathischen Verlobten auch noch in mein Zuhause eindringst und dich hier breit machst?“
Fassungslos starrte Selina ihn an. Sie fühlte sich völlig zu Unrecht getadelt und bemerkte, wie langsam ein Gefühl der Wut in ihr aufzusteigen begann und den unangenehmen Druck hinter ihrer Stirn noch verstärkte.
„Ich habe dich nicht verschaukelt“, versuchte sie sich erbost zu rechtfertigen. „Und ich bin ganz gewiss nicht hierhergekommen, um dich zu ärgern oder auf deinen Gefühlen herumzutrampeln! Ich habe ja bis gestern Abend noch nicht einmal gewusst, dass du hier wohnst!“
„Na, nun weißt du es ja“, erwiderte er kalt. „Und ich hoffe, du bist wenigstens fair genug, zum nächsten „Ersten“ wieder auszuziehen und bis dahin in meiner Gegenwart nicht mehr halbnackt hier herumzulaufen.“
Mit diesen Worten ließ er sie stehen und verschwand am Ende des Flures in seinem Zimmer.
„Arroganter Mistkerl!“, entfuhr es Selina, der seine letzte Bemerkung glatt weg die Schamröte ins Gesicht trieb. Tiefgekränkt drehte sie sich um und eilte ins Bad. Sie warf die Tür hinter sich zu und verriegelte sie. Tränen der Wut schossen ihr in die Augen und ließen sich nicht zurückhalten, als sie sich tief durchatmend an die kühle Fließenwand lehnte.
„Ich werde nicht wieder ausziehen“, murmelte sie stur vor sich hin. „Ich bleibe hier! Jetzt erst recht!“
Mainstreet
Alli war früh aufgebrochen, um auf dem Wochenmarkt einige Einkäufe zu machen.
Auf dem Nachhauseweg entdeckte sie in der Mainstreet eine kleine Agentur mit der Aufschrift „Jobvermittlung“.
Unschlüssig blieb sie stehen.
„Ich brauche eine Arbeit, wenn ich hierbleiben will“, überlegte sie und plötzlich huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. Der Gedanke, für längere Zeit in Destiny Beach zu bleiben, gefiel ihr mit jedem Tag mehr.
Sie straffte die Schultern.
„Warum nicht. Vorerst“, sagte sie zu sich selbst und betrat entschlossen die Agentur.
CEC Corporation
„Jack“, rief David erfreut und erhob sich hinter seinem Schreibtisch, um seinen Freund mit Handschlag zu begrüßen. „Was gibt es Neues?“
„Ich war letzte Nacht unterwegs. Was ich herausgefunden habe, wird dir nicht gefallen“, begann Jack, als David plötzlich die Hand hob und ihm andeutete, einen Moment zu schweigen. Er ging zum Schreibtisch zurück und drückte den Knopf der Sprechanlage.
„Brenda?“
Die Stimme der Chefsekretärin klang erschrocken, als sie sich fast sofort meldete.
„Ja, Mr. Edwards?“
“Würden Sie uns zwei Kaffee bringen? Bitte schwarz und ohne Zucker.“ Er zwinkerte Jack zu, bevor er mit vielsagendem Grinsen hinzufügte: „Ach ja, und... Brenda?“
„Ja, Mr. Edwards?“
„Schalten Sie die Wechselsprechanlage aus. Dieses Gespräch ist vertraulich.“
Kommentarlos knackte es kurz in der Leitung, bevor Stille eintrat.
„Spioniert sie wirklich so offen für George?“, fragte Jack amüsiert.
David lachte.
„Sie versucht es gelegentlich.“
Er setzte sich auf den Rand des Schreibtisches und sah seinen Freund gespannt an.
„Nun erzähl schon, was hast du herausgefunden?“
Während Jack berichtete, was er in Erfahrung gebracht hatte, verdüsterte sich Davids Gesicht und er zog ungläubig die Stirn in Falten.
„Ist das dein Ernst? Ich weiß ja, dass George mitunter ziemlich skrupellos ist, wenn es um Geschäfte geht, aber Verbindungen zur Mafia? Das könnte uns allesamt in Teufels Küche bringen.“
Jack nickte.
„Ich war bisher nicht sicher, doch es deutet alles darauf hin, dass er mit einem der führenden Bosse in irgendwelchen geschäftlichen Verhandlungen steht.“
David schüttelte verständnislos den Kopf.
„Aber momentan läuft es doch in der Firma finanziell recht gut, dem Bau der Ferienanlage steht nichts mehr im Wege. Ich frage mich ernsthaft, weshalb er so ein verdammtes Risiko eingehen sollte?“
Jack strich sich mit der Hand über die Stirn.
„Ich denke, er hat sich etwas verspekuliert, David.“
„Was?“
„Du weißt, ich habe seit einiger Zeit schon diverse Nachforschungen angestellt. George hat größere Summen aus dem Treuhandfond der Firma für private Investitionen eingesetzt und verloren. Ich vermute, Jonathan hatte davon etwas mitbekommen. Deshalb musste er sterben, einen unauffälligen sauberen Unfalltod.“
David überlegte einen Moment und nickte dann.
„Jetzt wird mir einiges klar. Jonathan hinterließ mir eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter, dass er dringend mit mir über eine bestimmte Sache sprechen müsse. Das war an dem Abend vor seinem tödlichen Unfall…“ Er unterbrach sich selbst mitten im Satz und starrte Jack fassungslos an. „Glaubst du, George hat etwas mit seinem Tod zu tun?“
„Ich würde in meinen Vermutungen sogar noch einen Schritt weiter gehen.“
„Du meinst, er selbst hat den Auftrag dazu gegeben?“
Sekundenlang lag eine unheilvolle Stille über dem Raum.
„Ich bin mir noch nicht ganz sicher“, erwiderte Jack schließlich. „Aber du solltest ihn nicht aus den Augen lassen, David. Und du solltest dir auch eventuelle neue Geschäftspartner genau ansehen. Was Jonathans Sohn Jeff betrifft, so könnten wir ihm zwar vertrauen, allerdings hegt er inzwischen denselben Verdacht wie ich. Wenn es sich tatsächlich bestätigt, dass jemand seinen Vater absichtlich in den Tod geschickt hat, wird Jeff sich rächen wollen. Und du weißt so gut wie ich, was das bedeutet: Rache macht blind. Außerdem wäre es gut, wenn jemand in der Firma für dich arbeiten würde, der absolut loyal und unbestechlich ist.“
David seufzte.
„Wem sagst du das! Ich trage mich seit längerem mit dem Gedanken, eine persönliche Assistentin einzustellen. Ich schaffe den Bürokram schon so kaum, und wenn wir mit dem Bau der Ferienanlage beginnen, wird es noch schlimmer. Aber wo bekommt man heutzutage wirklich gute Leute her? Es müsste eine Person sein, der ich hundertprozentig vertrauen kann, und die dann auch noch mit Brendas Schnüffeleien fertig werden müsste.“
Jack nickte, und ein Lächeln umspielte seine Lippen.
„Ich glaube, ich hätte da genau die Richtige für dich.“
„Ach ja?“, fragte David sichtlich erfreut. „Kenne ich sie?“
Jack beantwortete die Frage mit einem bedeutungsvollen Nicken. David überlegte einen Augenblick, dann zog ein Lächeln über sein Gesicht.
„Lass mich raten: Reden wir hier gerade von Alli?“
„Du hast es erfasst.“
„Mh“ David strich sich nachdenklich übers Kinn. „Sie ist intelligent und sie scheint mir recht clever zu sein. Ganz davon abgesehen, dass sie auch noch fantastisch aussieht.“ Er grinste und zwinkerte Jack zu. „Perfekt, her mit ihr!“
„Nicht so hastig“, bremste sein Freund. „Da gibt es nämlich ein Problem. Ich muss sehr diplomatisch an die Sache herangehen. Alli legt großen Wert darauf, ihre Entscheidungen allein zu treffen. Ich weiß nicht einmal, ob sie überhaupt in Destiny Beach bleiben wird.“
David klopfte ihm wohlwollend auf die Schulter.
„Dann finde es heraus. In meinem und in deinem Sinne. Ich zähle auf dich!“
Jobvermittlungs-Agentur
„An welche Art Job hatten Sie denn gedacht?“, fragte die schlanke ältere Dame hinter dem Schreibtisch und musterte Alli abschätzend über den Rand ihrer Brillengläser hinweg. „Haben Sie einen Beruf, in dem Sie bereits tätig waren?“
`Oh ja, den habe ich.. Meinen absoluten Traumberuf`, dachte Alli mit einem Anflug von Bitterkeit. Schnell besann sie sich und nickte eilig.
„Ich bin, das heißt, ich war Arzthelferin.“
Die Dame begann geschäftig in ihren Unterlagen zu blättern.
„Ah ja.“ Sie war anscheinend fündig geworden und schaute zufrieden lächelnd auf.
„Sie haben wirklich Glück, Miss Tyler. Im Huntington Hospital wäre eine Stelle als Krankenschwester frei. Allerdings im Schichtdienst. Und die betreffende Person sollte mindestens zwei Jahre Berufserfahrung nachweisen. Sie besitzen doch sicher irgendwelche Referenzen?“
`Oh nein!`, dachte Alli verbittert. `Meine Referenzen habe ich allesamt mit meiner Vergangenheit zurückgelassen.`
Die Agentur-Mitarbeiterin deutete ihr Schweigen falsch und fügte schnell noch hinzu: „Huntington liegt nur knappe zehn Minuten mit dem Auto von hier entfernt. Und falls Ihnen die Referenzen fehlen, da gäbe es in Absprache mit der Klinikleitung sicher auch eine Möglichkeit. Eine angemessene Probezeit beispielsweise. Was meinen Sie, wäre das etwas für Sie?“
Alli kaute nervös auf ihrer Unterlippe. Sie merkte, wie eine bedrohliche innere Unruhe langsam von ihr Besitz ergriff. Schlagartig war alles wieder da, was sie über Monate beharrlich verdrängt hatte.
Sie sah ein vertrautes Gesicht vor sich, blass und schmerzverzerrt, Augen voller Todesangst, Augen, die sich für immer schlossen, während sie und Andrew auf dem Weg in den OP verzweifelt um dieses Leben kämpften. Sie hörte das Flüstern, jene letzten Worte, die sich unauslöschlich in ihr Gedächtnis eingebrannt und ihr Leben von einer Sekunde auf die andere von Grund auf verändert hatten...
„Nein!“, entfuhr es ihr, während sie krampfhaft versuchte, sich die in ihrem Inneren aufsteigende Panik nicht anmerken zu lassen. „Nein, ich glaube, das ist nichts für mich.“
„Was haben Sie denn?“, fragte die Dame von der Jobvermittlung erschrocken. „Sie sind ja plötzlich ganz blass! Ist Ihnen nicht gut?“
„Doch doch, mir geht es hervorragend“, beeilte sich Alli zu sagen und versteckte ihre zitternden Hände in den Taschen ihrer Jacke. „Aber ich wollte eigentlich nicht mehr in einem Krankenhaus arbeiten. Mir wird in letzter Zeit nämlich immer schlecht, wenn ich nur an Blut denke.“
„Oh, verstehe.“ Mitleidig nickte die Dame. „So etwas könnte ich auch nicht.“
Sie überlegte einen Moment.
„Was halten Sie davon, wenn ich Ihnen erst einmal ein Formular mitgebe, und Sie füllen es zu Hause in aller Ruhe aus. Dann können wir morgen oder in den nächsten Tagen noch einmal gezielt nachsehen, ob wir etwas Geeignetes für Sie finden.“
Alli nahm das Formular und nickte dankbar.
„Ja, das wird das Beste sein. Haben Sie vielen Dank!“
Schnell verließ sie die Agentur. Draußen spürte sie erleichtert den kühlen Wind auf ihrer schweißnassen Stirn und atmete tief durch.
Die quälenden Schatten der Vergangenheit, sie tauchten immer dann auf, wenn man sie am wenigsten erwartete, und alles, was man vergessen glaubte, war plötzlich wieder da... So intensiv und überdeutlich, dass sie ein erneutes Zittern nicht zu unterdrücken vermochte.
Panikattacken nannten es die Ärzte. Sie selbst nannte es Schicksal.
„Ich konnte dich nicht retten, Susan“, murmelte sie leise und starrte einen Augenblick gedankenverloren in die Ferne. „Ich kann nicht mehr in einer Klinik arbeiten, weder als Krankenschwester, noch als... Nein, nie mehr!“
SUN CENTER
Als Jack am späten Nachmittag nach Hause kam, saß Alli auf dem Sofa im Wohnzimmer und brütete über dem Fragebogen aus der Job- Agentur.
„So allein?“, fragte Jack beiläufig, während er neugierig über ihre Schulter äugte. „Wo sind denn die anderen alle?“
„Selina kauft noch ein paar Kleinigkeiten für ihr Zimmer, der Doktor ist bereits seit dem frühen Morgen in der Klinik, Tom spielt mit ein paar Freunden Beachvolleyball, und wo Jason ist, weiß ich nicht“, erwiderte Alli, während sie auf das noch unausgefüllte Blatt starrte und dabei nervös auf ihrem Stift herumkaute.
Mit einem gekonnten Sprung schwang sich Jack über die Sofalehne und landete genau neben ihr.
„Und womit ärgerst du dich gerade herum?“
„Ich suche einen Job.“
„Ach ja?“ Er tat überrascht. „Das klingt ja fast so, als hättest du dich tatsächlich entschlossen, in Destiny Beach zu bleiben!“
Alli blickte kurz auf und hob erstaunt die Augenbrauen.
„Wie kommst du denn darauf? Immerhin gibt es Jobs, die nimmt man nur mal für ein paar Tage an.“
„Stimmt“, nickte er in beifälligem Ton. „Eigentlich schade. Ich hätte da ein interessantes Angebot für dich, aber wenn du nur auf einen Zeit-Job aus bist, dann wird leider nichts daraus.“ Er griff nach der Fernbedienung vom Fernseher und tat so, als wäre das Thema bereits für ihn erledigt.
Überraschenderweise ging sein Plan auf, denn Alli hob interessiert den Kopf.
„Warte doch mal... Was ist denn das für ein Job?“
Er drehte die Fernbedienung spielerisch in den Händen.
„Ach nichts Besonderes. David sucht zufällig gerade eine persönliche Assistentin in der CEC Corporation, seiner Firma.“
„Persönliche Assistentin?“, wiederholte sie irritiert. „Und dabei hat er zufällig an mich gedacht?“
„Ich habe dabei an dich gedacht“, stellte Jack richtig.
„Muss man für so einen Posten nicht besonders qualifiziert sein?“
„Nicht in diesem Fall. Allerdings stellt David gewisse Ansprüche.“
„Und die wären?“, fragte Alli misstrauisch.
„Zuverlässigkeit, Flexibilität, Verschwiegenheit und unbedingte Loyalität. Ach ja, und du müsstest so viel Profil haben, dass du mit einer zickigen und viel zu neugierigen Vorzimmerdame fertig wirst.“
„Klingt interessant.“
„Sag ich doch. Allerdings…“
„Ja?“
„Wie bereits gesagt, die betreffende Person sollte möglichst nicht nach ein paar Tagen schon wieder das Handtuch werfen.“
Er sah sie abwartend an. Diesmal wendete sie den Blick nicht ab, wie sonst, wenn sie sich in die Enge getrieben fühlte, sondern betrachtete ihn lächelnd.
„Geschickt eingefädelt, mein Lieber!“
„Ich weiß gar nicht, was du meinst.“
„Oh doch, das weißt du genau.“
„Bist du interessiert an dem Job oder nicht?“, fragte er herausfordernd.
Ihre dunklen Augen hielten seinem Blick stand.
„Wann kann ich mich bei David Edwards vorstellen?“
Jack fiel ein Stein vom Herzen, doch er verbarg seine Erleichterung darüber, dass sie bleiben wollte und gab sich betont lässig.
„Lass uns nach dem Abendessen zum Strand runtergehen“, schlug er vor. „Dann erzähle ich dir alles über die Firma, was du wissen musst.“