Es ist Ende September und ein denkwürdiger Tag: Ma und Pa haben Silberhochzeit. Ma kommt wie eine Prinzessin, die sie ja eigentlich auch ist, in ihrem seidenen Kleid und der Fürstenkrone auf dem Kopf, daher geschwebt. Pa geht neben ihr her, mit vor Stolz geschwollener Brust. Er trägt eine rote Seidenhose und eine weiße Smokingjacke, dazu ein zur Hose passendes Hemd. Über den Propeller am Hals muss ich lächeln, damit hat er wohl eine Weile kämpfen müssen. Irgendjemand hat ihm die wohl aufgeschwatzt, gerade ihm, der nicht einmal eine Krawatte tragen mag. Da hat Kitty hat aber auch eine glanzvolle Arbeit geleistet, die beiden für ihren Ehrentag herauszuputzen. Mit Ma hat sie es sicher einfach, die mag es prunkvoll gekleidet zu sein. Aber Pa in seinem edlen Anzug? Das bedeutete für Kitty sicher Schwerstarbeit, ihn dort hineinzubekommen.
Zur kirchlichen Feier werden sie von Luigi mit der Luxuslimousine gebracht. Wir sind schon dort, als sie ankommen. So sehe ich, dass Pa etwas wütend schaut, als er bemerkt, wo Luigi den Wagen parkt. Sie müssen durch die Menge zur Kirche zu Fuß gehen. Dass das Absicht war, können die beiden ja kaum ahnen.
In der Kirche drängeln sich Hunderte von Menschen. Kaum zu glauben, wie viele Leute meine Eltern kennen. Es sieht so aus, als wäre die ganze Stadt auf den Beinen, um dem feierlichen Gottesdienst beizuwohnen. Sogar der Bischof ist da und hält eine Rede. Pa scheint ganz gerührt und Ma kämpft gar mit den Tränen. Ganz ehrlich gesagt, ich hätte am liebsten mitgeheult, so freue ich mich für meine Eltern.
Als es ans Singen geht, kommt Pa ganz offensichtlich in Verlegenheit. Er kann den Text nicht, wie peinlich. Ma aber wohl auch nicht. Ich bemerke, dass sie nur die Lippen bewegt. Guter Einfall, um nicht aufzufallen. Es ist schon ein Vorteil, schlaue Eltern zu haben.
Nach dem Gottesdienst geht es wieder nach draußen. Pa und Ma wollen wieder zurück zum Auto, wo Luigi schon auf sie wartet. Doch zuerst werden sie noch von einer Ehrengarde empfangen, geleitet von Abdullah, dem persischen Riesen, von dem keiner ahnt, was für ein liebenswürdiger Mensch er ist. Heute ist er mal wieder besonders martialisch gekleidet. Er ist den ganzen Tag der Leibwächter von Pa und Ma. Sie weiß das natürlich auch, und ich glaube ich sehe nicht recht, bevor sie ins Auto steigen, wird Abdallah noch von ihr abgeküsst, vor allen Leuten.
Über Mittag sind Ma und Pa eine Weile verschwunden. Sie wollen wohl etwas alleine sein. So wie ich Pa kenne, wird er dabei auch wieder mal die Finger nicht von Ma lassen können. Er hat vorhin schon so komisch drein geschaut.
Am Nachmittag geht dann die Gratulationscour los, oben im maurischen Haus. Ein Gast gibt dem anderen die Klinke in die Hand. Ich bewundere Ma und Pa, wie sie den Trubel jedoch fast gelassen meistern. Der äußere Rahmen ist allerdings auch sehr prachtvoll. Wer auf die Idee kam, einen Thron für sie zu bauen, das möchte ich gerne mal wissen. Die beiden sitzen dort aber auch wie ein Königspaar und halten Hof, als würden sie nie etwas anderes tun. Tante Kitty sitzt wie ihre brave Dienerin leicht im Hintergrund und ist sofort zur Stelle, wenn sie gebraucht wird. Vor allem, wenn gute Freunde der Eltern zur Gratulation kommen, dann gibt es von Kitty gereicht, passende Getränke. Ich sehe allerdings auch, neben zahlreichen Geschenken, die Kitty in einen großen Weidenkorb packt, gibt es teilweise auch ein schreckliches Geknutsche. Das fällt natürlich auch bei den normalen Gästen auf.
Ma hat zu der Nachmittagsfeierlichkeit schon wieder ein anderes Kleid an. Na ja, arm sind sie ja wohl nicht. Aber eines wird mir erst jetzt klar, mein erst neu erwachter Sinn für Mode ist ganz sicher ein Erbe meiner Mutter. So elegant, wie heute Vormittag schon, habe ich sie noch fast nie gesehen. Was sie heute Nachmittag trägt, wow, da ist zwar relativ schlicht, wenn man dem Kleid auch schon den Preis ansieht. Ma sieht allerdings verdammt sexy darin aus. Gut, wir haben von ihr keinen zu üppigen Busen geerbt, aber heute hat sie sichtlich etwas mit ihrem gemacht, ihre Äpfelchen standen stramm nach vorne ab. Jeder der Augen hat, kann sehen, dass sie keinen BH trägt. Zwei Mal, so sehe ich, fallen ihr Brüste fast aus dem schlichten, wenn auch sehr gewagten Ausschnitt. Ich möchte wetten, das ist gewollt. Eines ist sicher, ist der Rummel vorbei, muss sie mir dieses Kleid mal leihen. Die Mutter kann doch nicht besser aussehen als die Tochter.
Die eigentliche Feier ist im großen Festsaal am Abend in der Ruine. 149 Gäste sind geladen. Es wäre das erste Mal, dass nicht alle kommen würden, wenn nicht gar noch mindestens ein Dutzend mehr.
Wir, das heißt mein Bruder PH und die anderen Geschwister Kimba, Maiki und Enrico eskortieren Ma und Pa, mit Ismael und Mohammed im Gefolge, in die Ruine. Alle Gäste klatschen begeistert Beifall. Pa ist es ganz offensichtlich schon fast peinlich, aber Ma genießt sehr hoheitsvoll wirkend die Aufmerksamkeit.
Die Feier wird aber keineswegs feierlich. Das Essen ist auch wunderbar. Es wird wohl der Geschmack aller getroffen. Den ganz großen Knüller bieten aber wieder die Flamenco Dancers, die von Pa vor vielen Jahren in Spanien entdeckt wurden und dann irgendwann zu ihrem jetzigen Weltruhm kamen. Das Schöne, sie haben auch Songs drauf, die sogar mir gefallen.
Was mir noch aufgefallen ist, war, dass auf den Tischen, die etwas höher stehen, also wo Ma und Pa und die anderen Alten sitzen, Tischdecken gelegt wurden, die nach vorne hin alle bis zum Boden reichen. Ich finde nur eine Lösung für das Warum: Keiner soll die Füße der erlauchten älteren Gäste sehen – oder sind die nicht besser als mein Jörg, greifen die ihren Partnerinnen auch gerne mal unter den Rock? Nun ja, ich mag es, wenn sich Jörg um mich kümmert, aber andere geht es nichts an. Ich könnte ja auch mal Pa fragen, aber der ist anderweitig beschäftigt. Inzwischen genießt er den Trubel auch. Ma glüht, ihr ist wohl der Wein etwas zu Kopf gestiegen. Ihr Busen rutscht mehrmals fast aus dem Kleid, das sie zum Abend trägt. Ebenfalls wieder mit sehr gewagtem Ausschnitt.
Ich unterhalte mich lange mit Abdallah. Das ist ein ganz Lieber. Sein Sprechen klingt zwar etwas komisch durch das Gerät, das er dazu benutzen muss, aber es ist ganz lustig. Dabei bemerke ich nicht einmal, dass sich die ersten Gäste schon verabschiedet haben. Abdallah springt sofort auf, als er gerufen wird. Als Leibwächter ist er ja auch verantwortlich, meine Eltern nach Hause zu begleiten. Sie wollen auch gehen und zwar zu Fuß.
Was dann noch später bei Ma und Pa in der Suite geschieht, das kann ich leider nicht übermitteln, das können sie euch nur selber erzählen. Ich kann ja nicht Mäuschen spielen und lauschen, was sie tun, auch wenn ich das liebend gerne mal tun würde. Aber als liebe und wohlerzogene Tochter tut man ja so was nicht …