Als ich immer noch nicht reagiere, klopft es wieder an die Tür. Wie erstarrt liege ich auf dem Bett und wage es nicht, mich zu rühren, geschweige denn zu antworten.
„Susi“, ruft Bogdan abermals. „Komm, mach auf, ich weiß doch, dass du da bist.“
Erst denke ich, ich habe mich verhört, aber es ist tatsächlich Bogdan, der um Einlass bittet. Ehe er das ganze Hotel aus den Betten klopft, gehe ich lieber und lasse ihn, nachdem ich mir den Bademantel übergezogen habe, ein.
„Was machst du denn noch einmal hier? Wir haben uns doch schon verabschiedet“, frage ich ihn, als ich die Tür öffne. „Aber komm erst einmal rein, ehe du hier alle aufweckst.“
Bogdan kommt meiner Bitte sogleich nach. Als er die Tür hinter sich schließt, sagt er: „Ich dachte mir, ich besuche dich noch mal, ehe du nach Hause fährst.“
„Hattest du nicht gesagt, du hättest keine Zeit, noch eine Nacht hier zu verbringen“, versuche ich seine Erinnerung aufzufrischen.
„Ja, schon“, gibt er zu. „Aber ich konnte nicht anders, ich musste einfach noch einmal herkommen. Wer weiß, wann wir uns wieder einmal sehen werden.“ Während er dies sagt, errötet er wie eine überreife Tomate. Verlegen wie ein kleiner Junge, der bei einem Streich erwischt wurde, schaut er zu Boden.
Ich muss jetzt doch grinsen. Mir kommt es so vor, als hätte er sich in mich verliebt. „Das wird doch nicht der einzige Grund sein?“, bohre ich weiter.
Wieder sieht Bogdan, im Gesicht rot wie eine Tomate, zu Boden. „Du hast recht“, gibt er dann schweren Herzens zu. „Es gibt noch einen Grund.“
„Und der wäre?“ Neugierig schaue ich ihn an.
„Ich habe mich in dich verliebt“, platzt er plötzlich heraus. „Und als ich dann hierher schlich, an deiner Tür lauschte um zu hören, ob du alleine bist dabei Geräusche hörte, wie du ganz offensichtlich einen Orgasmus hattest, dachte ich, du bist mit einem anderen Mann im Zimmer und vergnügst dich mit dem. Da bin ich – verzeih bitte - irgendwie eifersüchtig geworden und wollte unbedingt hier rein.“
„Ach Bogdan“, seufze ich. „Wie konnte denn das nur passieren? Du in mich verliebt.“
„Ich weiß es doch auch nicht, es ist einfach so passiert.“
„Du weißt doch, dass ich verlobt bin und die Abenteuer die ich so nebenbei auf Reisen habe, nicht von Dauer sein dürfen und auch nicht sollen. Mein Verlobter Jörg weiß, dass ich um meine Geschichten für das Magazin schreiben zu können, auf Reisen halt ab und an mal erotische Abenteuer brauche, um die Geschichten für das Magazin realitätsnah schreiben zu können. Sooo groß ist meine Erfahrung halt doch noch nicht, dass ich da fehlerfrei darüber schreiben könnte. Er hat im Prinzip nichts gegen mein Interesse am lernen. Kommt es im Enderfolg, doch ihm selbst zu gute. Er gesteht mir das zu. Allerdings soll es nie mehr als ein Abenteuer werden. So ist die Abmachung.“
„Ich dachte aber…“, Bogdan bricht ab und schaut, sichtlich betreten wieder zu Boden. „Ich dachte, es könnte etwas werden mit uns beiden.“
Ich nehme Bogdans Hand und ziehe ihn in Richtung Bett. Dann lasse ich ihn sich setzen. Ich nehme neben ihm Platz. Er tut mir leid. Wie soll ich es ihm nur erklären, dass zwischen uns nicht mehr als nur Sex war und sein wird. Er hat die letzte Nacht doch ebenfalls genossen, genau wie ich. Und nun das. Ich bin ratlos, das erste Mal in meinem Leben ratlos wie man mit einer Liebeserklärung umgeht, denn davon hatte ich noch keine. Nun weiß nicht, was ich ihm noch sagen soll. So entsteht eine längere, fast peinliche Gesprächspause.
Als ich ihn wieder ansehe, bemerke ich, dass es um seine Augen etwas feucht ist. Ist es womöglich Trauer? Trauer um mich? Ich nehme Bogdan in den Arm und küsse ihm die Tränen weg. „Sei nicht traurig“, versuche ich ihn zu trösten. „Es gibt noch so viele schöne Mädchen hier in Polen. Da brauchst du mich nicht.“
„Die sind aber nicht so wie du“, sagt er fast trotzig und zieht die Stirn in Falten.
„Das denkst du“, widerspreche ich ihm. Ich entschließe mich, meinen Erlebnissen hier zu berichten und beginne ihm zu erzählen, was ich vorhin bei Pa im Zimmer gesehen habe.
Je mehr ich erzähle, desto interessierter hört er zu. Als ich meinen Bericht beendet habe, sage ich ihm: „Du musst es allem Anschein nach, ganz einfach nur zulassen, dass ein Mädchen voll aus sich heraus gehen kann. Dann geht offenbar alles. Siehe doch nur die Aktion deiner Mutter. Sie ist zwar kein Mädchen mehr, sondern eine reife Frau, aber die jungen Frauen sind auch sehr offen in der Beziehung. Ich habe es selbst gesehen.“
Als ich Bogdan dann noch von Danuta, der heißblütigen Polin erzähle, mit der ich im Bad zur Sache kam, fallen Bogdan fast die Augen aus dem Kopf. Danuta suche ganz offensichtlich einen offenen Mann, bei dem sie ihre Lust ausleben könne, heize ich ihn dann noch auf. Sie sei doch etwas für ihn. Sie wäre heißblütig und offen in Sachen Sex und auch bereit, neues auszuprobieren. Sie wolle allerdings einen Mann, der auch sexuelle Erfahrungen hat und keinen Jüngling, mache ich sie Bogdan noch mehr schmackhaft. Der bekommt immer größere runde Augen.
Als ich geendet habe, gibt er zu, Danuta wäre schon eine Frau für ihn.
„Na dann, ran an den Speck“, sage ich lachend zu ihm. „Mache ihr den Hof, verführe sie und dann, schau einfach, was passiert. Aber – überstürze nichts. Lass ihr Zeit. Frauen lieben es, verführt zu werden und den Hof gemacht zu bekommen. Mache ihr kleine Geschenke, bringe dich immer wieder in ihre Erinnerung. Du wirst sehen, das klappt und bald wirst du eine schöne Frau an deiner Seite haben, die auch noch sexy und im Bett eine Bombe ist.“
Nun lächelt Bogdan endlich wieder. Der Kummer scheint fast vergessen. „Darf ich dich trotzdem noch um etwas bitten?“, fragt er auf einmal.
„Natürlich“, antworte ich.
„Darf ich die Nacht hier bei dir schlafen? Ich möchte einfach nur neben dir liegen und deine Wärme spüren. Bitte. Ich will keinen Sex, einfach nur hier sein.“
Ich überlege kurz, dann sagte ich mir, warum nicht.
Bogdan ist hoch erfreut über meine Zusage. Flugs ist er aus seinen Kleidern geschlüpft und unter der Bettdecke verschwunden. Ich ziehe meinen Bademantel wieder aus und schlüpfe nackt zu ihm.
Eng kuschelt sich Bogdan an mich heran. Ich rieche sein leichtes Rasierwasser, spüre seine Bartstoppeln, die nach der letzten Rasur wieder nachgewachsen sind, und seinen Atem in meinem Nacken. Eine seiner Hände verirrt sich auf einen meiner Hügel und umschließt ihn sacht. Sein Glied, das letzte Nacht noch so aktiv war, macht keine Anstalten, sich zu erheben. Kurze Zeit später höre ich ein leises Schnarchen neben mir. Bogdan ist eingeschlafen. Als ich mich vorsichtig umdrehe, sehe ich im Schein des Mondes, der durch das Fenster ins Zimmer herein schaut, wie er im Schlaf lächelt. Von was er wohl träumen mag?
Ich bin aber immer noch etwas aufgewühlt von dem bei Pa gesehenen und noch viel mehr von Bogdans Geständnis. Nun hoffe ich inbrünstig, ihn nicht verletzt zu haben. Liebe soll ja was sehr zerbrechliches sein, vor allem im Anfangsstadium. Dass mein Jörg mich liebt, weiß ich, darüber habe ich mir allerdings nie große Gedanken gemacht. Mohammed ist längst Vergangenheit. Aber von einem netten Polen, so ein Geständnis? Einerseits fühle ich mich viel größer und begehrenswerter als ich bin. Andererseits, Danuta wäre vielleicht wirklich die richtige Frau für ihn, sind meine letzten Gedanken, als ich, innerlich doch sehr bewegt, einschlummere …