In vier Wochen ist die Hochzeit von Rosie und PH. Bis dahin wollte ich mir eigentlich noch ein wenig Ruhe gönnen. Aber es kam anders, als ich dachte. Mikel rief an und fragte, ob ich Interesse an einem Auftrag in Afrika hätte. Übermorgen soll es schon losgehen. Er würde auch den Flug bezahlen. Ich könne noch eine Person meiner Wahl mitnehmen. Mit Ismael hätte er auch schon telefoniert, der wäre einverstanden, dass ich meine Recherchen von seiner Lodge aus mache.
„Was genau soll ich dort tun?“, frage ich Mikel.
„Nun ja“, meint er. „Ich möchte eine Reportage über das Liebesleben der Afrikaner machen. Vielleicht kannst du ja auch über Hochzeitsrituale recherchieren. Irgendeine Hochzeit ist derzeit dort ganz bestimmt. Da du in Afrika ja Verwandtschaft hast, dachte ich mir, dir käme es vielleicht gelegen, da Recherchen darüber zu machen. Vielleicht kannst du ja auch noch eine kleine Geschichte dazu schreiben.“
Natürlich war ich interessiert, auch wenn mir der Abreisetermin ein wenig knapp war.
„Was genau möchtest du haben?“, frage ich weiter.
„Einfach alles. Du kannst dort recherchieren, wie du möchtest. Meinetwegen auch ein wenig spannen“, als Mikel das in den Hörer spricht, sehe ich ihn vor meinem inneren Augen grinsen.
„Okay“, antworte ich. „Ich rede aber erst einmal mit Jörg, was er dazu sagt und ob er mitkommen möchte. Wenn nicht, dann fliege ich alleine oder suche mir als Begleitperson jemand anderen. Notfalls musst du in den sauren Apfel beißen und mich begleiten.“
„Ich dich begleiten? Warum nicht“, kommt es prompt von Mikel. „Aber ganz klar, rede erst mit Jörg, ich erwarte deinen Anruf“, damit beendete er das Telefonat.
Ich rufe kurz Jörg an und bitte ihn, in unsere Suite zu kommen, ich würde da auf ihn warten.
„Du Jörg, ich muss dir was sagen“, begrüße ich meinen Liebsten, als ich in unsere gemeinsame Suite komme. Ich bin ganz aufgeregt.
„Du bist ja ganz hibbelig“, fängt Jörg an zu lachen. „Was gibt es denn so Dringendes, dass du mich hierher orderst?“
„Mikel hat eben angerufen und gefragt, ob ich einen Auftrag in Afrika annehmen würde. Was meinst du? Soll ich, oder soll ich nicht?“
Jörg schaut mich etwas verdattert an. „In Afrika? Das auch noch so kurz vor PHs Hochzeit mit seiner Rosie. Wir haben noch so viel zu tun bis dahin. Kann er niemand anderen schicken?“
„Ach Schatz, komm. Bis zur Hochzeit sind noch vier Wochen. Wenn wir zurückkommen, haben wir immer noch eine Woche bis dahin“, versuche ich Jörg die Reise schmackhaft zu machen. „Was das Beste daran ist, ich kann eine Person meiner Wahl mitnehmen und Mikel zahlt auch für diese die Flugkosten“, bearbeite ich ihn weiter.
„Gut“, antwortet Jörg mit einer etwas finsteren Miene. „So ganz passt mir das zwar nicht. Ich lasse dich fliegen, wenn du mich mitnimmst.“
Jubelnd werfe ich mich an seinen Hals und knutsche ihn wie eine Wilde ab. „Danke Schatz, natürlich kommst du mit. Ich habe es gehofft, dass du mit willst.“
„Ach ja, noch was. Ich fliege nur mit, um auf dich aufzupassen. Es könnte ja sein, dass du schwanger bist, denk daran“, mahnt mich mein Liebster.
„Ja, natürlich denke ich daran. Ich werde vorsichtig sein. Und an unsere Abmachung halte ich mich auch: kein anderer Mann mehr“, beruhige ich Jörg. „Ich rufe gleich Mikel an und gebe ihm Bescheid, auch, dass du mitkommst“, was ich dann auch gleich tue. Immerhin gibt es keine Zeit zu vergeuden. So eine unverhoffte Reise nach Afrika ist nun mal keine Reise in die Nachbarschaft.
Zwei Tage später
Die zwei Tage bis zur Abreise nach Afrika vergehen viel zu schnell. Am Flughafen nach dem Einchecken werden wir sogleich in die VIP-Lounge weitergeleitet, wo wir gut versorgt auf den Abflug warten. Der Flug verlief ohne Zwischenfälle und recht entspannt. Am späten Abend erreichen wir endlich Ismaels Lounge, wo wir schon sehnsüchtig erwartet werden.
„Endlich seid ihr da, herzlich willkommen“, begrüßt uns Ismael herzlichst. Er umarmt und küsst erst mich, dann Jörg, der den Kuss allerdings mit ein wenig gemischten Gefühlen entgegennimmt. „Mebina“, ruft mein Bruderherz dann. „Wir haben Besuch, schau mal, Pele und Jörg sind endlich angekommen.“
Wir hören einen Schrei aus der Küche, gleich darauf kommt meine Schwägerin auf mich zugestürzt. „Pele“, schreit sie und umarmt mich. Fest umschließen ihre Arme mich, dass ich fast annehme, sie will mir alle Knochen brechen.
„Hey, nicht so stürmisch“, will ich sie lachend bremsen.
„Seit wann bist du so mimosenhaft“, scherzt Mebina. „Ach, da ist ja auch der Jörg. Willkommen Schwager“, begrüßt sie nun auch meinen Verlobten und knutscht ihn tatsächlich ab.
„Hattet ihr einen guten Flug“, plappert Mebina weiter, ohne dass wir zu Wort kommen können. „Und was ist mit Nachwuchs? Immer noch keiner im Anmarsch“, bearbeitet sie mich weiter und schaut mich dabei so komisch an, als würde sie mich mit ihren Blicken durchbohren wollen.
Ehe ich antworten kann, redet sie aber auch schon weiter. „Kommt erst einmal, ich zeige euch eure Unterkunft. Ihr habt natürlich das beste Zimmer.“ Sie nimmt mir mein Handgepäck ab und stürmt in ihrer gewohnten forschen Art von dannen.
Ich gehe ihr hinterher und bedeute Jörg, er solle uns kurz alleine lassen. Er versteht meinen Wink mit dem Zaunpfahl und bleibt mit Ismael zurück.
„Mebina“, beginne ich, als wie die Stufen zum Baumhaus nach oben steigen. „Ich müsste mal kurz mit dir reden. Allein.“
„Hast du ein Problem?“, fragt sie erstaunt und bleibt abrupt stehen, dass ich fast gegen sie pralle. Sie schaut mich interessiert an und mustert mich von oben bis unten. „Schwägerin, Liebste, wo brennt die Luft?“, will sie dann wissen.
„Naja, eigentlich nicht“, beginne ich. „Jörg und ich wollen ein Kind. Wir arbeiten auch schon fleißig dran. Wir waren letztens sogar extra im Liebesurlaub, um die Produktion unseres Nachwuchses anzukurbeln.“
„Ich werde Tante?“, freute sich Mebina.
„Noch nicht“, bremse ich sie ein wenig. „Aber vielleicht doch. Du hast doch Erfahrung mit Kinder kriegen. Du kennst doch bestimmt die Anzeichen einer Schwangerschaft?“
„Natürlich kenne ich mich damit aus“, beginnt Mebina. „Immerhin habe ich bereits zwei Kinder zur Welt gebracht. Wann hattest du das letzte Mal deine Regel?“
Ich überlege und rechne nach. „Ich müsste jetzt wieder dran sein“, antworte ich. „Aber könnte man nicht schon jetzt feststellen, ob es geklappt hat oder nicht?“, überschütte ich sie mit Fragen.
„Das könnte man schon, aber immer ruhig mit den jungen Pferden. Wir könnten einen Test machen, aber hier einen zu bekommen, da müsste ich in die Stadt. Also musst du wohl oder übel darauf warten, ob deine nächste Regel auch kommt. Wenn nicht, könnte es sein, dass … Aber denke dran, Klima – und Ortswechsel, oder auch Aufregung könnte die Periode verschieben. Aber wenn es dir am Morgen oft übel ist, dann könnte das ebenfalls ein Anzeichen dafür sein, oder wenn du Heißhunger auf Dinge hast, die du sonst nie anrühren würdest.“
„Och, auch das noch. Ich will es aber wissen“, murre ich.
„Wissen deine Eltern schon davon?“, fragt Mebina noch.
„Nein, selbst wenn es geklappt hat, sollen sie es erst zu Jörgs und meiner Hochzeit zu Silvester dieses Jahr erfahren“, gebe ich ein wenig kleinlaut zu. „Ich möchte auch nicht, dass du mit jemanden darüber redest“, bitte ich sie. „Auch mit meinem Bruder nicht“, bitte ich Mebina noch.
„Hallo die Damen“, höre ich Jörg auf einmal unten an der Treppe. „Darf ich nach oben kommen oder bin ich noch unerwünscht?“
„Ja, komm rauf“, rufe ich zurück. Dabei werfe Mebina nochmals einen bittenden Blick zu.
„Ist schon in Ordnung“, sagt die leise zu mir. „Ich halte den Mund. Wenn du noch was wissen willst, frag mich halt einfach später, ich gebe gerne Auskunft.“
Gerade als ich etwas darauf sagen will, geht die Tür auf und Jörg steht im Rahmen. „Frauengespräche mal wieder“, meint er lachend. „Ismael lässt ausrichten, das Abendessen wäre soweit. Er würde nur noch auf euch warten.“
„Oh“, erwidert Mebina. „Dann mal los, gehen wir zum Essen. Ihr werdet bestimmt Hunger haben. Euer restliches Gepäck wird gleich noch jemand nach oben bringen und auspacken.“
Wenig später sitzen wir am reich gedeckten Tisch in der Lounge.
„Sind keine weiteren Gäste da? Es ist so ruhig hier“, will ich von Ismael wissen.
„Doch, es sind noch welche da. Aber die sind alle auf Safari und kommen erst in ein paar Tagen wieder zurück“, gibt mein Bruder mir Auskunft. „Aber erzähl mal, was euch hierher führt. Mikel war so geheimnisvoll am Telefon.“
So beginne ich meinem Bruder und seiner Frau den Auftrag, den ich von Mikel erhalten habe, zu erklären. Dabei hoffe ich sehr, dass die beiden mir ein wenig behilflich sein können.
Als wir unser Beisammensein abbrechen, ist es schon spät in der Nacht. Ismael und Mebina verabschieden sich müde von uns, während Jörg und ich uns in unser Baumhaus zurückziehen. Mal sehen, ob der Zauber der Lodge auch schon diese Nacht bei uns wirkt.